Und gerade vor diesem Hintergrund ist es natürlich auch wichtig, dass mit einem entsprechenden Vergabegesetz dann diese Unternehmen tatsächlich auch gestärkt werden. Ihnen dürfen keine zusätzlichen, durch sie nicht leistbaren bürokratischen Erfordernisse in den Weg gelegt werden. Aber auf der anderen Seite müssen sie natürlich auch mit den Mitteln einer vernünftigen Gesetzgebung befördert und gestärkt werden.
Und da möchte ich, sehr geehrter Herr Kollege Holter, auf einen Punkt explizit eingehen in Ihrem Gesetzentwurf. Man kann darüber streiten, wie eine Kontrolle ausgestaltet sein muss. Das, was Sie an Sanktionen, an Kontrollmechanismen im Einzelnen mit der Auftragsvergabe hier formuliert haben, das werden Sie auch ähnlich, vielleicht nicht im Wortlaut identisch, aber doch in dem Inhalt ähnlich in dem Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen wiederfinden.
Was Sie nicht wiederfinden werden, ist natürlich etwas, was eben auch von Herrn Minister Seidel angesprochen worden ist, eine entsprechende Kommission oder wie man das nennen möchte, die sich dann im Nachgang noch mal über die Auftragsvergabe informiert beziehungsweise Maßnahmen ergreift.
Ich will Ihnen das auch an zwei Gründen erklären, warum ich es an dieser Stelle für nicht sinnhaft erachte:
Erstens ist Ihnen auch bekannt, dass unterhalb der EUSchwellenwerte ohnehin kein Rechtsschutz gegen die entsprechende Auftragsvergabe möglich ist, wenn sie denn einmal erfolgt ist, sodass das Ergebnis einer Kommission insofern für die betroffenen Unternehmen keinerlei Wert hat.
Und zweitens haben wir in diesem Bereich, auch das muss man sagen, für die Unterrichtung des Landes und der entsprechenden Gremien hier gerade in diesem Bereich die Tätigkeit des Landesrechnungshofes, der die ordnungsgemäße und gesetzesgemäße Vergabe öffentlicher Aufträge kontrolliert. Eine zusätzliche Kommission ist daher – und das sage ich gerade als jemand, der immer für ein Vergabe- und Tariftreuegesetz gestritten hat, auch in diesem Haus – sicherlich nicht erforderlich.
Was etwas ganz anderes ist, ist der Punkt, der von Ihnen auch angesprochen worden ist, die Frage von Kontrollmechanismen und Nachweisen im Zusammenhang mit der eigentlichen Auftragsvergabe. Und da halte ich es tatsächlich für selbstverständlich – und das werden Sie dann auch in den gemeinsamen Beratungen beider Gesetzentwürfe sehen –, dass natürlich bei der Auftragsvergabe eingehalten und deklariert werden muss, dass gesetzliche Anforderungen, wie zum Beispiel nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz, dann tatsächlich auch durch den Auftragnehmer eingehalten werden.
Aber lassen Sie mich noch auf einen zweiten allgemeinen Punkt eingehen. Und da, denke ich, gibt es in diesem Haus – zumindest zwischen den Fraktionen von CDU, SPD und DIE LINKE, aber, ich glaube, auch mit der FDP – tatsächlich keinen Dissens. Dieses Land hat, und ich bin immer der Überzeugung gewesen, dass es nicht richtig war, dieses Land hat lange darauf gesetzt, auch unter Sozialdemokraten darauf gesetzt, dass der Lohnfaktor als Kostenfaktor ein Wettbewerbsvorteil dieses Landes war. Ich denke mir, wir sind heute alle klüger, dass das nicht die Perspektive und die Zukunft dieses Landes ist. Wir brauchen gut ausgebildete, qualifizierte Fachkräfte in diesem Land. Und wir wissen, dass wir im Wettbewerb mit anderen Bundesländern, anderen Regionen um den Verbleib dieser Menschen stehen und dass es natürlich dann auch erforderlich ist, dass sie entsprechend bezahlt werden.
Und wenn wir als Parteien, und das sage ich explizit auch für die SPD, auf Bundesebene einen gesetzlichen Mindestlohn verlangen, so, wie das auch in den Gesprächen momentan für die Branche der Zeitarbeit zwischen Frau Schwesig und Frau von der Leyen in Berlin stattfindet, dann ist es nach meiner Auffassung auch noch erforderlich, dass wir hier im Land in dem Bereich, wo wir tatsächlich die Möglichkeit haben, entsprechende grundsätzliche Mindeststandards einziehen. Und das tun wir in dem Bereich des ÖPNV. Das werden wir tun in dem Bereich des ÖPNV. Und das werden wir in all den Bereichen tun, wo das Arbeitnehmer-Entsendegesetz gilt. Da gibt es zwischen den Koalitionsfraktionen und Ihnen offensichtlich keinen Dissens.
Einen Dissens gibt es aber, und das ist dann tatsächlich mehr eine rechtliche Frage als eine politische Frage, ob das, was Sie in Ihrem Gesetzentwurf hier angesprochen haben mit einem vergabemäßigen Mindeststundenlohn von 10,00 Euro, ob das tatsächlich rechtlich umsetzbar ist. Und da möchte ich Sie, sehr geehrte Kollegen aus der Fraktion DIE LINKE, nur auf einen Punkt hinweisen: Es ist offensichtlich selbst da, wo Sie mit an der Regierung sind – und Sie kennen wahrscheinlich das Berliner Vergabegesetz genauso gut wie ich –, es ist offensichtlich selbst dort, wo Sie mit an der Regierung sind, zweifelhaft, ob das so grundsätzlich umsetzbar ist.
Nehmen Sie Ihren Gesetzentwurf – ich brauche da gar nicht reinzugucken, so gut kenne ich ihn inzwischen schon –, nehmen Sie Ihren Gesetzentwurf. Sie haben
dort reingeschrieben, dass dieser Mindeststundenlohn für alle Unternehmen gelten soll, die sich um öffentliche Aufträge bewerben. Vergleichen Sie dazu den Berliner! Der spricht ausdrücklich davon, dass es nur für inländische Unternehmen gelten soll. Da wird schon deutlich, dass es Differenzen gibt. Und wenn Sie die entsprechende Rechtsprechung oder auch die neuesten Gutachten dazu nehmen, dann werden Sie sicherlich ganz erhebliche rechtliche Fragen dann auch im Rahmen der Ausschussarbeit und sicherlich auch im Rahmen der Anhörung dazu beantworten müssen.
Ich denke mal – ohne der Debatte im März vorgreifen zu wollen –, die Koalitionsfraktionen werden einen Gesetzentwurf vorlegen, der in breiten Teilen auch Ihr Interesse widerspiegeln wird, der nicht an jeder Stelle Sie glücklich machen wird, der nicht an jeder Stelle meinen Koalitionspartner glücklich machen wird oder unseren als Sozialdemokraten und der sicherlich auch nicht an jeder Stelle die Sozialdemokraten glücklich machen wird.
Aber ich habe mal gelesen, Koalition ist die Kunst, den Partner mit einem Kaktus zu streicheln. In den Gesprächen, die in den letzten Wochen stattgefunden haben – und ich sehe gerade den Kollegen Waldmüller lächeln –, in den letzten Wochen in den Gesprächen hat der Kaktus ab und zu gestichelt, aber ich denke mal, das Ergebnis ist in Ordnung und Sie werden es hier auch erleben.
Wir werden heute an dieser Stelle, Herr Minister Seidel hatte das im Vorgriff auf die Fraktionen schon angekündigt, Ihren Gesetzentwurf federführend zur Beratung in den Wirtschaftsausschuss überweisen. Ich habe nur eine Bitte an Sie an dieser Stelle: Stellen Sie sich dann aber auch dem Wettbewerb beider Gesetzentwürfe!
Wenn es nach mir geht, wenn es nach meiner Fraktion geht und, ich hoffe, dann auch nach dem gemeinsamen Willen des Wirtschaftsausschusses, werden wir beide Gesetzentwürfe parallel beraten, um dann tatsächlich auch im Rahmen einer sicherlich durchzuführenden Anhörung die Mängel des einen oder anderen oder die Vorteile des einen oder anderen ausgiebig zu bewerten.
Und ich denke, die Koalitionsfraktionen, aber zumindest meine Fraktion wird diesen Wettbewerb auch mit diesem Gesetzentwurf, den Sie hier heute vorgelegt haben, nicht scheuen. Er wird nicht hinter dem zurückbleiben, was der Standard in der Bundesrepublik Deutschland ist. Und alles Weitere wird die Ausschussberatung dann auch zeigen.
Sehr geehrte Damen und Herren, an dieser Stelle, denke ich einfach nur, ist das die vernünftigste Umgehensweise. Deswegen möchte ich auch heute nicht auf die einzelnen aus meiner Sicht vielleicht bestehenden Defizite Ihres Gesetzentwurfes eingehen. Das werden wir sicherlich noch an anderer Stelle machen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei meinen Vorrednern ist es schon deutlich geworden, wir reden ja eigentlich über zwei Gesetze. Das eine sehen wir und das andere werden wir irgendwann sehen.
Sind wir in freudiger Erwartung? Weiß ich nicht, in Erwartung seit viereinhalb Jahren. Aber das werden wir dann irgendwann auch zu sehen bekommen.
Man kann es ja drehen und wenden, wie man will: Wenn ich das nehme, was aus der Koalition kommen soll, dann werden wir nur ein Vergabegesetz haben, was den SPNV, den ÖPNV und dann im Prinzip auch noch das Entsendegesetz betreffen wird, also nicht alle Bereiche. Das soll ja offensichtlich in Ihrem Vergabegesetz drinstehen. Das, was die Kollegen der LINKEN hier vorgelegt haben, ist ein generelles Vergabegesetz, wo man sagt, ich will alles mit einbeziehen, also nicht nur ganz bestimmte Bereiche, sondern generell alles.
Wir halten beides für falsch. Ein Vergabegesetz braucht Mecklenburg-Vorpommern nicht. Und es erschließt sich uns auch nicht, warum wir es, wenn wir es in einigen Bereichen brauchen, wie im SPNV und im ÖPNV, dann nicht wirklich generell diskutieren sollten.
Denn nur den einen Bereich zu sehen, ist in der Logik von Gesetzgebung und von Wirtschaftspolitik nicht nachvollziehbar.
Und wenn wir uns anschauen, was in dem Bereich, jetzt gehe ich einmal kurz auf das, was uns von der Koalition erwarten wird, beim SPNV erwarten wird, da haben wir mittlerweile eine tarifliche Einigung auf Bundesebene. Es gibt eine tarifliche Orientierung. Und man könnte sagen, im SPNV-Bereich brauchen wir es eigentlich überhaupt nicht.
Und im ÖPNV-Bereich? Schauen wir doch auch mal in die Realitäten rein! Es wird so das Bild gezeigt, dass wir uns in einem tariftreuefreien Raum bewegen. Das ist falsch. Drei Buslinien werden in Mecklenburg-Vorpommern gerade europaweit ausgeschrieben. Das sind die Buslinien 233, 244 und 251. Diese Buslinien, die Unternehmer, die sich darauf bewerben, müssen eine Erklärung zur Tariftreue abgeben. So sieht so was aus.
Das kommt aus Brüssel, ist eine Erklärung zur Tariftreue, indem sich die Unternehmerinnen und Unternehmer verpflichten, dass sie nach einem in Mecklenburg-Vorpommern repräsentativen Tarifvertrag ihre Mitarbeiter entlohnen. Also bitte, tun wir nicht so, als wenn es in Mecklenburg-Vorpommern keine Tariftreuevereinbarung gibt! Das europäische Ausschreibungsrecht gibt uns heute schon Tariftreueerklärungspflichten für Unternehmer mit an die Seite.
Und wenn wir dann uns anschauen, was wir in welcher Art eines Vergabegesetzes als bürokratisches Monster, auch davon sprach Herr Kollege Schulte ja, uns aufladen wollen, müssen wir uns doch die Frage stellen: Sind wir bei dem, was wir womöglich an gemeinsamen Zielen haben, eigentlich auf dem gemeinsamen richtigen Weg?
Ja, wir wollen erfolgreiche Unternehmen in der Struktur, so, wie wir sie in Mecklenburg-Vorpommern haben.
Ja, wir wollen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Unternehmen in Mecklenburg-Vorpommern, die für ihre ordentliche Arbeit ein ordentliches Gehalt bekommen.
Wir wollen moderne Unternehmen in Mecklenburg-Vorpommern, die wirklich unseren Vorstellungen eines modernen Landes entsprechen. Und dann stellt sich die Frage: Regeln wir das über Sanktionen, wie es in einem Vergabegesetz hier vorgesehen wird, oder regeln wir es eigentlich über Honorieren und Motivieren?
Und da sind wir eigentlich beim Grundgesetz der Wirtschaft. Das Grundgesetz der Wirtschaft sollte nach unserer Auffassung das Mittelstandsfördergesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern sein, ein Gesetz, was 1993 hier im Landtag beschlossen worden ist, was seitdem mehr oder weniger achtlos vor sich hin dümpelt, und ein Gesetz, was sich hervorragend eignet, einen völlig neuen Ansatz zu bilden und zu sagen: Wie sehen wir, wie definieren wir eigentlich das, was Mittelstand, was Wirtschaft in diesem Land darstellt? Wie sehen wir es? Wir wollen wir es definieren? Und wie wollen wir es als Staat begleiten? Und wie wollen wir es nicht drangsalieren und einschränken, sondern wie wollen wir es begleiten?
Und da kann ich Ihnen dann heute mitteilen, dass wir zur nächsten Landtagssitzung ein komplett überarbeitetes Mittelstandsfördergesetz hier in den Landtag einbringen werden,