Protocol of the Session on December 16, 2010

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Schulte von der Fraktion der SPD.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich hatte jetzt schon befürchtet, dass wir den Antrag vielleicht noch zurücknehmen müssten, mangels oder aufgrund der Zustimmung von einigen Herren hier. Aber das bleibt uns ja Gott sei Dank erspart.

(Stefan Köster, NPD: Wenn Sie ihn dann zurückziehen, dann stimmen wir zu.)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich, weil hier ja auch Kritik von Frau Schwebs, wenn ich das jetzt richtig in Erinnerung habe, gekommen ist, das gesagt worden ist, was soll dieser Antrag bringen, an dieser Stelle eine Pressemitteilung der IHK Schwerin zitieren vom 13.12. Da „richtet die Industrie- und Handelskammer … zu Schwerin nochmals“, so heißt es in der Pressemitteilung, „einen eindringlichen Appell an die Landtagsabgeordneten, sich für die vollständige Vollendung des ,Verkehrsprojektes Deutsche Einheit Nr. 1‘ gegenüber dem Bund einzusetzen.“ Und wörtlich heißt es dann dort weiter:

„,Vor dem Hintergrund der zu erwartenden Verkehrsentwicklung in den Ostseehäfen und als Voraussetzung für eine weitere erfolgreiche Tourismusentwicklung ist der vollständige Ausbau der Eisenbahnstrecke Rostock– Stralsund im Rahmen des ,Verkehrsprojektes Deutsche Einheit Nr. 1‘ unverzichtbar‘, so Angela Preuß, Geschäftsbereichsleiterin Standortpolitik, International der Schweri ner IHK.

Die vom Bundesverkehrsministerium verlautbarte Abstufung dieses Eisenbahnprojektes auf der Ausbaustrecke Rostock–Stralsund kann sich nach Auffassung der IHK zu Schwerin nunmehr zum Hemmschuh der Wirtschaftsentwicklung im Nordosten entwickeln.

Das betrifft den zweispurigen elektrifizierten Ausbau für eine Geschwindigkeit von 160 km/h der Eisenbahnstrecke zwischen Rostock und Stralsund. Dieses Verkehrsprojekt war in der Vergangenheit durch die DB AG nur zögerlich umgesetzt worden. Nun sollen die erheblich gestiegenen Investitionen nach den aktuellen Berechnungen nicht mehr wirtschaftlich sein.“ Zitatende.

Sehr geehrter Kollege Roolf, ich habe im ersten Moment gedacht, dass das, was Sie dort angesprochen haben, die Kritik an der DB AG, die ich durchaus teile, fast schon ein unanständiges Angebot für die nächste Wahlperiode ist auf eine sozialliberale Koalition.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Michael Roolf, FDP: Bleiben Sie entspannt! Bleiben Sie entspannt! – Zurufe von Egbert Liskow, CDU, und Udo Pastörs, NPD)

Aber ga nz so weit wollen wir jetzt mal nicht gehen.

Aber, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, Sie wissen, dass gerade in unserem Land die SPD sehr große Bedenken hatte gegen die Privatisierung der Deutschen Bahn AG und was damit verbunden war

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

an verkehrspolitischen Konzeptionen innerhalb der DB und auch innerhalb des damaligen Bundesverkehrsministeriums.

(Michael Roolf, FDP: Aber die sind doch Eigentümer, Herr Schulte.)

Herr Kollege Roolf, was die Frage der Eigentümerstellung, ich wäre ohnehin jetzt noch darauf gekommen, betrifft, auch da, das muss man dann deutlich sagen, gab es Differenzen zwischen der SPD dieses Landes, inzwischen wohl wahrscheinlich nicht mehr mit der Bundes-SPD, aber in der Vergangenheit gab es die Differenzen zwischen der SPD dieses Landes, die ganz klar die verkehrspolitischen Aufgaben der Deutschen Bahn AG immer vorrangig vor ihrem betriebswirtschaftlichen Erfolg gesehen hat.

(Udo Pastörs, NPD: Und so ist es auch richtig. Das ist einzig und allein richtig.)

Betriebswirtschaftlicher Erfolg ist sicherlich sinnvoll, weil auch ein im staatlichen Eigentum befindliches Unternehmen betriebswirtschaftlich agieren soll,

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

aber die Deutsche Bahn AG hat darüber hinaus einen verkehrspolitischen Auftrag und der ist die Verkehrsversorgung der Menschen in diesem Land,

(Udo Pastörs, NPD: Absolut richtig.)

also jetzt nicht nur Mecklenburg-Vorpommern, sondern die Bundesrepublik Deutschland.

(Egbert Liskow, CDU: Auch in der Fläche.)

Deswegen gibt es da sicherlich, was den Punkt angeht, auch keine Differenz zu dem, was Sie eben gesagt haben. Nur, man muss es ganz deutlich sagen, das ist nicht die Meinung, auch nicht die Meinung der vorhergehenden Bundesregierung gewesen, jedenfalls nicht in dieser Deutlichkeit, und es ist offensichtlich auch nicht die Meinung der jetzigen Bundesregierung.

(Zurufe von Hans Kreher, FDP, und Udo Pastörs, NPD)

Aber ich möchte noch mal zurückkommen auf das, was die IHK Schwerin gesagt hat. Natürlich kann man sich hinstellen und sagen, alle Messen sind gesungen. Dann muss man im Grunde gar nichts mehr tun. Auf der anderen Seite sollte man vielleicht gerade vor dem Hintergrund der Bedeutung dieser Verkehrsinfrastrukturvorhaben – und damit meine ich jetzt nicht nur dieses, sondern andere auch in diesem Land – immer wieder darauf hinwirken an den verschiedenen Stellen, ob es gegenüber ihrem Staatssekretär ist im Bundeswirtschaftsministerium oder ob es früher vonseiten meiner Partei, meiner Fraktion und auch mir persönlich gegenüber dem früheren Bundesverkehrsminister war, dass diese Projekte doch umgesetzt werden. Und da kann man nur noch mal darauf hinweisen, was die IHK Schwerin gesagt hat: Die Menschen und die Wirtschaft in diesem Land erwarten von uns, dass wir auch in einer Situation, wo es schwierig wird, deutlich machen, wo die Position dieses Landes ist und wo die Position dieses Landtages ist, und nicht dann einfach sich wegzuducken und zu sagen, alle Messen sind gesungen.

Einen Satz erlauben Sie mir an dieser Stelle auch noch, weil man das ehrlicherweise sagen muss, wenn es Gemeinsamkeiten auch zwischen Regierungsfraktionen und Opposition gibt. Ich habe mit Interesse gelesen, auch gerade was Sie, Herr Kollege Roolf, angeht, wie deutlich Sie sich auch in der Vergangenheit schon, in den letzten Tagen, zu diesem Vorhaben des Weg

falls geäußert haben. Ich will das jetzt an dieser Stelle nicht zitieren, aber ich glaube, es ist auch ein Eindruck für die Menschen in diesem Land, dass bei allen politischen Differenzen – und das gilt natürlich für die Fraktion DIE LINKE in gleicher Weise – deutlich wird, dass es hier immer noch einen Grundkonsens gibt, der für die wirtschaftliche Entwicklung dieses Landes wichtig ist, und das sollte man dann auch nicht unter den Teppich kehren, sondern bei passender Gelegenheit auch nach außen stellen.

Ein Zitat erlauben Sie mir dann noch mal, weil das im Grunde auch die Situation vielleicht abschließend beschreibt. Dann erlaube ich mir an dieser Stelle, einen Kommentar aus der „Ostsee-Zeitung“ zu zitieren. Dort hieß es auch im Zusammenhang mit diesem Thema: „Zwei Jahrzehnte und ein knappes halbes Dutzend Verkehrsminister“ – Sie sprachen es selber an – „später bestimmen offenbar nicht kühne Visionen, sondern Erbsenzähler und Buchhalter die Verkehrspolitik des Bundes. Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer konnte gestern nur noch kleinlaut verkünden, was Bahnchef Rüdiger Grube bereits lange angekündigt hatte: Ausgerechnet das Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr. 1 – die Bahntrasse Lübeck–Rostock–Stralsund – wird aufs Abstellgleis geschoben. Wieder so ein Nackenschlag für Mecklenburg-Vorpommern.“ Zitatende.

Meine Damen und Herren, unsere Aufgabe ist es, Nackenschläge dann zumindest nicht unkommentiert zu lassen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD)

Danke schön, Herr Schulte.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 5/3962. Wer dem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke schön. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 5/3962 mit den Stimmen der Fraktion der SPD, der CDU, der FDP, der Fraktion DIE LINKE gegen die Stimmen der Fraktion der NPD angenommen.

Meine Damen und Herren, bevor wir unsere Beratung fortsetzen, gestatten Sie mir noch einen Hinweis. Zwischen den Fraktionen besteht Einvernehmen darüber, den Tagesordnungspunkt 29 morgen nach dem Tagesordnungspunkt 32 sowie den Tagesordnungspunkt 33 heute nach dem Tagesordnungspunkt 28 aufzurufen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen.

Deshalb rufe ich jetzt auf den Tagesordnungspunkt 19: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Interessen des Landes wahren – keine Atomtransporte nach Russland über Mecklenburg-Vorpommerns Häfen, Drucksache 5/3976. Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/4015 vor.

Antrag der Fraktion DIE LINKE: Interessen des Landes wahren – keine Atomtransporte nach Russland über Mecklenburg-Vorpommerns Häfen – Drucksache 5/3976 –

Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE – Drucksache 5/4015 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Griese von der Fraktion DIE LINKE.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Landtagssitzung im November hatten wir bereits einen Dringlichkeitsantrag zu einem ähnlichen Thema eingebracht und hierbei den Herrn Innenminister aufgefordert und gebeten, auf der Innenministerkonferenz gegen die Absicht aufzutreten, atomare Abfälle aus Ahaus möglicherweise über Häfen in Mecklenburg-Vorpommern nach Russland zu verschiffen. Seitdem ist Zeit ins Land gegangen und auch die Entwicklung ist vorangeschritten. Die Situation hat sich verändert.

Erstens. In der Innenministerkonferenz ist es inzwischen Geschichte und wir haben der Presse entnehmen können, dass Minister Caffier die Gelegenheit genutzt hat, im Sinne unseres Antrages aufzutreten. Das war auch gut so. Vielen Dank, Herr Minister, auch wenn er momentan nicht da ist.

(Michael Roolf, FDP: Der ist an den Bahngleisen.)

Leider bleiben Sie, lieber Herr Minister, in einer Zwitterposition, persönlich überzeugt, die Atomtransporte einerseits abzulehnen, andererseits natürlich der Aufgabe entsprechend den Transporten den notwendigen Begleitschutz geben zu müssen.

Zweitens hat sich der Bundesumweltminister entschlossen, vorläufig keine Atomtransporte von Ahaus nach Russland, insbesondere nach Majak zu schicken, was er mit der Außerbetriebstellung dieser Wiederaufarbeitungsanlage begründete. Nun könnte man fragen – und so mancher hat das sicher auch getan –, was unser Antrag überhaupt noch heute soll.

(Michael Roolf, FDP: Ja, gute Frage. – Matthias Mantei, CDU: Richtig, ja.)

Er hätte sich ja damit erledigt. Aber das sehen wir, lieber Herr Roolf, gänzlich anders. Fakt ist leider, der Bundesminister hat geschwindelt,

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der SPD – Zurufe aus dem Plenum: Oh! – Egbert Liskow, CDU: Was?! Was?! – Zuruf von Helmut Holter, DIE LINKE)

mit welcher Absicht auch immer. Man braucht sicherlich nicht viel zu spekulieren, warum. Rückfragen, meine Damen und Herren, im Anlagenkomplex Majak haben ergeben, die Anlage ist nicht stillgelegt. Sie läuft auf Hochtouren. Das Bundesumweltministerium hat besagten Castortransport aus Ahaus – es handelt sich um atomare Abfälle aus dem DDR-Forschungsreaktor aus Rossendorf, wie Sie sicherlich wissen – mit der Behörde im Ural für 2011 vereinbart.

(Michael Roolf, FDP: Woher Sie das alles wissen?!)

Somit sind wir, meine Damen und Herren, mit unserem Antrag, Herr Roolf, up to date,

(Zurufe von der CDU: Oi! – Zurufe von Matthias Mantei, CDU, und Helmut Holter, DIE LINKE)

also wieder voll im aktuellen Leben.