Herr Koplin, Herr Minister, keine Dialoge hier von der Regierungsbank und dem Pult. Sie als Minister können jederzeit ans Pult treten.
Wissen Sie, Sie machen ja einen Unterschied. Sie machen einen Unterschied. Können Sie sich zum Beispiel erinnern, Helmut Kohl, „Ärmel hochkrempeln“,
dieser Aufruf, oder Ich-AG? Wenn solche Slogans in die Welt gesetzt werden, dann sind die in Ordnung, dann werden die mit Beifall bedacht.
Und wenn das der Fakt ist, muss ich sagen, dann sind Sie ideologisch verblendet, ideologisch verblendet, ja.
Und zur Ideologie noch einen Satz: Ich fand das ja putzig, dass Sie darauf Bezug genommen haben, dass wir ein Herz für Selbstständige entdeckt hätten. Wir haben aus unserer Geschichte gelernt und stehen für die Vielfalt von Eigentumsformen.
(Regine Lück, DIE LINKE: Wenn Sie das nach so vielen Jahren immer noch nicht begriffen haben! – Zuruf von Egbert Liskow, CDU)
Und wir engagieren uns für Selbstständige, die sich mit ihren Geschäftsideen ihre Existenz aufbauen und sichern wollen. Das ist ohne Zweifel. Wogegen wir was haben, ist, gegen Spekulanten, gegen Wucherer,
als aus Geld mehr Geld zu machen. Das ist was anderes. Und da machen wir sehr wohl einen Unterschied.
Und heute ist noch mal gesagt worden, wie viele Menschen in diesem Land in einer solchen Situation sind, dass sie tagtäglich versuchen, eine Geschäftsidee mit allem Know-how, was sie haben, umzusetzen. Was sie nicht haben, ist Geld, sie haben keine reiche Tante, keinen Lottogewinn. Sie haben also einen ganz anderen Background, Herr Schulte, als Sie seinerzeit. Ich fand das ja ganz in Ordnung, dass Sie hier auch differenziert haben und deutlich gemacht haben, in welcher Situation Sie in den Freiberuf gegangen sind. Also man muss da schon unterscheiden, und nichts anderes wollen wir. Man muss aber auch die besondere Situation berücksichtigen, in der diese Menschen leben. Und sie haben eben schlechte Ausgangs bedingungen.
Die Frage ist doch auch: Hätten unter solchen Bedingungen ein Siemens, ein Benz, ein Diesel, ein Zeiss heute noch eine Chance? Hätten die eine Chance?
Den Großen wird der Teppich ausgerollt. Den Großen wird der Teppich ausgerollt und diejenigen über 4.000 haben schwierigere Bedingungen. Und die stoßen, das will ich Ihnen sagen – vorhin so im Gespräch oder im Zuruf zwischen den Reihen, Frau Schlupp, haben Sie gesagt: „Bringen Sie doch mal Beweise!“, die will ich gerne antreten –, also auf absonderliche Widerstände stoßen die Personen.
Zum Beispiel eine Bürgerin, eine angehende Selbstständige, war bei mir im Büro und sagte, sie war beauflagt
worden, für Schreibblöcke drei Angebote einzuholen. Sie wollte nicht mit Schreibblöcken im Großhandel handeln, sondern sollte für ihre Geschäftsidee drei Angebote für Schreibblöcke bringen.
Oder Unverständnis darüber, dass bei der Ertragsvorschau vorgelegt wurde, dass man saisonale Schwankungen in der Einkommensvorschau hätte. Als wäre das nicht das Normalste von der Welt, dass einige kontinuierliche Einnahmen haben mit einer entsprechenden Tendenz und andere eben saisonal bedingt unterschiedliche. Das ist denjenigen abgesprochen worden.
Oder Steuerberatungskosten. Einerseits wurde gesagt, bringt uns attestiert eure Ertragsvorschau. Dann machten sie das, woraufhin natürlich von der Unternehmensberatung/Steuerberatung Stempel drunter, das kostet Geld. Diese Kosten wurden aber nicht anerkannt.
Der Hintergrund ist möglicherweise – also ich bin nicht so angezogen, sind wir alle nicht, dass wir immer sagen, also die böse Behörde –, die Frage ist: Wo ist das Problem? Das Problem ist vielleicht, dass einer seits eine angehende Selbstständige/ein angehender Selbstständiger mit dem Background dort sitzt und auf der anderen Seite ein Verwaltungsfachwirt, der einer ganz anderen Logik, einer ganz anderen Struktur folgt, die Bewertung also aus Verwaltungsvorschriften ableitet. Aber was wir einfordern, ist, dass der Handlungsspielraum, der sich immer noch ergibt, dann auch wirklich genutzt wird. Unser Vorschlag ist unter anderem, Existenzgründerbüros und Argen sollen zu einer engeren Zusammenarbeit finden. Auch hier kann das Land einwirken, Herr Minister.
Ein weiteres Problemfeld: In zunehmendem Maße müssen wir feststellen, dass, also wenn sozusagen Auseinandersetzungen schon stattgefunden haben zwischen angehenden Selbstständigen und der Behörde, es dann zu Gerichtsurteilen kommt, und diese Gerichtsurteile der Sozialgerichte werden schleppend umgesetzt. Das geht so weit, dass die Arge-Chefs, denn das wird immer personifiziert, mit Zwangsgeldandrohungen beziehungsweise sogar Zwangs haftandrohungen, so weit geht das dann schon, konfrontiert werden und sie in letzter Minute das Gerichtsurteil umsetzen. Das ist mittlerweile fast schon in einigen Regionen ein Sport geworden. Da haben wir uns gefragt: Warum ist das so? Warum ist das so? Es wird ja nachge fragt.
Die Personalbemessung ist ohne Berücksichtigung der bearbeitungsintensiven Fälle vorgenommen worden. Es wird gesagt, wie viele sind in Bezug, und danach wird die Personalbemessung vorgenommen. Dass es bei Bezug und Bezug unterschiedliche Bedingungen geben kann, dass gerade Selbstständige im Hartz-IV-Bezug viel, viel bearbeitungsintensiver sind, das wird ausgeblendet.
Unser Vorschlag ist, dass in den zukünftigen Kooperationsausschüssen – und hier kommen Sie wieder ins Spiel seitens der Regierung – in den Ländern mit dem BMAS über die Rahmenbedingungen der gemeinsamen Einrichtungen und Optionskommunen verhandelt und diese Frage der bearbeitungsintensiven Fälle hier noch mal genauer beleuchtet wird.
Ein durchgängiges Problem – das letzte Problem, was ich nennen möchte – ist der Umgang der Behörden mit Gewinn- und Verlustrechnungen sowie Ertragsvorschauen. Die Fahrt- und Werbungskosten werden oft nicht als Betriebsausgaben anerkannt und zuweilen werden Hilfen zum Lebensunterhalt – das sind zwar seltene Fälle, aber kommen auch vor – als Betriebseinnahmen
Unser Vorschlag ist, eine Bundesratsinitiative auf den Weg zu bringen – Frau Borchardt hat darauf hingewiesen, wie hier die Problematik ist, und die steuerrechtliche Anerkennung hat ja schon eine Rolle gespielt –, wir sagen, es muss zu einer Änderung des SGB II kommen, zur Wiederherstellung der Anerkennung steuerrechtlicher Vorschriften, so, wie es bis einschließlich 2007 war.
Also, summa summarum, wenn Ihnen die Selbstständigen in diesem Land allesamt am Herzen liegen – Herr Präsident, ich bin damit am Ende –, wenn sie Ihnen am Herzen liegen, dann geben Sie sich einen Ruck und unterstützen unseren Antrag! – Schönen Dank für die Aufmerksamkeit.
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der FDP der Abgeordnete Herr Schnur. Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich wollte wenigstens noch kurz auf Frau Borchardt und Herrn Koplin eingehen. Ich will das ganz deutlich sagen, ich fand den Beitrag von Herrn Schulte sehr angenehm,