Protocol of the Session on November 19, 2010

Darüber hinaus fördert das Land, nämlich im Rahmen der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen und Beratung, bei kleinen und mittleren Unternehmen in Mecklenburg-Vorpommern Beratungsleistungen zu verschiedensten Bereichen, wie auch immer man das jetzt nennen will.

In diesem Zusammenhang will ich auch ausdrücklich auf die umfassenden und unabhängigen Beratungsdienste der Kammern hinweisen. Auch die können genutzt werden und bieten sich auch förmlich im Hinblick auf Unterstützung an. Insofern sehe ich keine Notwendigkeit, ich gehe damit auf Ihren Antrag ein, hier noch andere Beratungsstrukturen zu schaffen.

Die Berechnung des zu gewährenden ALG-II-Zuschusses ist gerade dann nicht einfach, wenn Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit zu berücksichtigen ist. Aber hier gilt es eben zu beachten, dass das Arbeitslosengeld II eine nachrangige Fürsorgeleistung des Staates ist. Diesem Charakter des Arbeitslosengeldes II entspricht die veränderte Anrechnung von Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit. Sie ist seit dem 1. Januar 2008 mit der geltenden Arbeitslosengeld/Sozialgeld-, also Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung in Kraft getreten.

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Vor der Neuregelung der Vorschriften zur Berechnung des Einkommens aus selbstständiger Arbeit wurden zur Bestimmung des Arbeitseinkommens die Steuerbescheide herangezogen. In diesen allerdings wurden steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten über mehrere Jahre und ohne Differenzierung hinsichtlich notwendiger/nicht notwendiger Ausgaben berücksichtigt. Damit war das steuerliche Arbeitseinkommen vielfach geringer als das tatsächlich für den Lebensunterhalt zur Verfügung stehende Einkommen.

Mit der Neuregelung sind nur noch tatsächlich geleistete, notwendige Ausgaben abziehbar.

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Nein, man muss das letztlich so machen. Ich sage noch einmal, es geht um Steuergeld, und ich denke, da ist es auch angebracht,

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Es geht immer um Steuergeld, auch bei den anderen.)

konkret und entsprechend vorzugehen.

Für den Hilfebedürftigen wichtig und positiv zu bewerten ist aber Folgendes: Mit der Neuregelung kann eine abschließende Entscheidung über die Höhe der Leistung unmittelbar im Anschluss an einen abgelaufenen Bewilligungszeitraum erfolgen, das heißt, Bearbeitungszeiten verkürzen sich und mögliche Überzahlungen werden vermieden. Darin sehe ich durchaus eine Verbesserung zugunsten des Hilfebedürftigen. Deshalb habe ich auch keine Veranlassung, diese Regelung infrage zu stellen.

Und nun will ich auf den letzten Punkt Ihres Antrages eingehen. Ich sehe keine Notwendigkeit eines eigenen Länderberichtes, weil im Rahmen der Arbeitsmarktforschung des Bundes auch die Situation der Erwerbstätigen mit aufstockenden SGB-II-Leistungen betrachtet und analysiert wird. Wenn wir diesbezüglich Bedarfe haben, dann können wir uns aus diesen Berichten unsere Informationen holen. Insofern kann ich den Abgeordneten nur empfehlen, diesen Antrag hier abzulehnen. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke, Herr Minister.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Schulte. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

Sehr geehrte Frau Borchardt, weil Sie es ja eben auch so moniert haben, dass der Wirtschaftsminister nicht auf die Trennung zum Steuerrecht eingegangen ist, erlauben Sie mir dann gleich, vielleicht ein, zwei grundsätzliche Anmerkungen dazu anzuführen. Aber vielleicht will ich – auch vor dem Hintergrund, dass Wesentliches ja eben auch schon mal deutlich gemacht wurde durch den Wirtschaftsminister und man hier an dieser Stelle nicht alles wiederholen muss – erst mal zu der Frage Ihres Antrages, Betreuung der Selbstständigen im Bereich der Arge beziehungsweise dann ja auch der Optionskommunen sicherlich sowie Qualifizierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in diesen Einrichtungen, berichten.

Es ist richtig, dass wir in diesem Land – und da gibt es sicherlich auch keine Differenz zwischen den demokratischen Fraktionen in diesem Haus – eine viel zu geringe Anzahl von Unternehmerinnen, von Selbstständigen und auch Freiberuflern haben, wobei ich mal darauf hinweisen möchte, weil ich ja nun selber Freiberufler bin, dass auch das unternehmerische Tätigkeit ist, auch wenn sie vielleicht etwas anderen standesrechtlichen Ansprüchen unterliegt als übliche selbstständige Tätigkeit.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Darauf legen die Freiberufler aber großen Wert, das wissen Sie.)

Da lege ich auch selber großen Wert drauf.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Deswegen haben wir das explizit im Antrag formuliert.)

Das ist auch völlig korrekt, Frau Kollegin.

Aber lassen Sie mich in diesem Zusammenhang eine grundsätzliche Aussage machen. Wenn man tatsächlich Maßnahmen ergreifen will, um Selbstständige, Freiberufler oder Menschen, die den Schritt in die selbstständige Tätigkeit wagen, dann zu unterstützen, dann sollte man vielleicht nicht einfach differenzieren oder überhaupt nicht differenzieren zwischen denjenigen, die eine nicht selbstständige Tätigkeit aufnehmen wollen als Aufstocker, so, wie Sie das ja auch eben angesprochen haben, und Freiberuflern.

Sicherlich sind die Anforderungen unterschiedliche. Anforderungen an Selbstständige sind etwas andere und aus meiner Sicht auch vielleicht etwas verantwortungsbewusstere, auch gegenüber sich selber und natürlich auch gegenüber den Personen, mit denen man in Lebensgemeinschaft zusammenlebt, als das vielleicht bei einer nicht selbstständigen Tätigkeit ist. Aber die Frage der Unterstützung, der Betreuung und vielleicht auch der Begleitung ist sicherlich bei nicht selbstständigen Personen, die durch die Argen betreut werden als Aufstocker, und bei Personen, die selbstständige Tätigkeit ausüben, ähnlich.

Und deswegen stellt sich nach unserer Auffassung auch nicht die Frage, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter speziell für diese Einrichtungen zu qualifizieren, natürlich sollte man qualifiziertes Personal dafür haben, aber die Frage, die sich stellt, ist doch, grund sätzlich die Anzahl derjenigen so zu erhöhen, die in den Einrichtungen arbeiten, dass eine sinnvolle Betreuung generell gewährleistet werden kann, und deswegen ja auch in der Vergangenheit die Forderung, auch der Bundes-SPD und der Bundestagsfraktion, in den Argen und den Optionskommunen die Anzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter so zu erhöhen, dass eine vernünftige Betreuung all derjenigen gewährleistet werden kann, die das in Anspruch nehmen wollen.

Ich will jetzt nicht noch mal zusätzlich auf den Punkt 2 eingehen, nur grundsätzlich zu den ersten beiden Punkten, die Sie hier in Ihrem Antrag stehen haben. Man muss natürlich in dem Zusammenhang auch deutlich machen, dass es nicht Aufgabe der Landesregierung ist, in die Organisationshoheit der Argen und der Optionskommunen einzugreifen.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Steht da auch nicht.)

Nein, ich sage das hier an dieser Stelle auch nur.

Man kann natürlich in einen Antrag reinschreiben, den Einfluss dahin gehend geltend zu machen, bloß dann muss man auch ganz deutlich sagen, letztendlich ist es die Organisationshoheit der Argen und Optionskommunen vor Ort, es ist die Aufgabe der BA und der Kommunen vor Ort, die sich dort wiederfinden.

Es ist natürlich eine politische Aufgabe von uns allen, zu sagen, wir wollen die Situation verbessern, aber dann muss man sich natürlich auch fragen, an welcher Stelle diese Forderung tatsächlich berechtigt erhoben wird, weil das ist dann nicht eine Forderung, die allein in Mecklenburg-Vorpommern eine Rolle spielt – Herr Minister hat ja darauf hingewiesen, dass in allen Argen und Optionskommunen durchaus qualifiziertes Personal vorhanden ist –, sondern dann muss das auf Bundesebene erhoben werden.

Und was den Punkt angeht, dass die Selbstständigen durch bestimmte Maßnahmen qualifiziert werden sollen, da kann ich auch nur noch mal ergänzend darauf hinweisen, was Herr Minister eben schon angeführt hat. Es gibt grundsätzlich für alle, die sich selbstständig machen wollen, entsprechende Maßnahmen – auch hier in diesem Land –, die eine Unterstützung für den Schritt in die Selbstständigkeit, aber auch eine Begleitung in die Selbstständigkeit in der ersten Zeit fördern, damit dieser Schritt, der ein großes Wagnis für viele Leute ist, in Unter nehmen dann auch tatsächlich erfolgreich umgesetzt werden kann. Und da nun zu differenzieren, nehmen wir Leute, die in Hartz-IV-Bezug sind, behandeln wir sie anders als diejenigen, die nicht im Hartz-IV-Bezug sind – ich denke mal, das ist dann auch nicht angebracht.

Aber lassen Sie mich, weil Sie das …

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Vielleicht brauchen die eine andere Unterstützung. Vielleicht sollten wir mal darüber reden.)

Frau Borchardt, ich weiß gar nicht mal, ob die tatsächlich …

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Frau Borchardt, ich glaube gar nicht mal, dass dieser Personenkreis wirklich eine andere Unterstützung braucht,

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Doch, ich denke, schon.)

weil ich kann mich noch daran erinnern, 1991 …

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Im ganz Speziellen. Das fordern sie gerade ein.)

Darf ich jetzt gerade eine Antwort auf Ihre Äußerung geben?

Weil ich kann mich selber noch daran erinnern, wie ich mich 1991 in diesem Land selbstständig gemacht habe. Ich war nicht im Hartz-IV-Bezug, das ging damals auch noch nicht, das gab es ja noch nicht.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Sie hatten auch eine andere Grundlage.)

Ich hatte vielleicht auch eine andere Unterstützung.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Zwei andere Bedingungen.)

Aber der springende Punkt, Frau Borchardt, Herr Koplin, ist, was für alle Beteiligten erforderlich ist, dass man frühzeitig denjenigen, die diesen Schritt gehen wollen – und ich kann nur jeden unterstützen, der diesen Schritt gehen möchte –, dass man ihm auch deutlich macht, welche Probleme, welche Risiken und welche Herausforderungen damit verbunden sind.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Die wollen sie ja tragen.)

Und wenn ich hier den Kollegen Waldmüller sehe, dann kann ich mir gut vorstellen, dass er die gleichen Überlegungen damals gemacht hat. Das ist etwas, das für alle gilt, nicht nur für Personen, die im Hartz-IV-Bezug sind.

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Deswegen sollte man an dieser Stelle wirklich nicht differenzieren, sondern alle Beteiligten bei diesem Schritt in die Selbstständigkeit unterstützen, gerade vor dem Hintergrund, was Sie zu Recht angesprochen haben, dass

wir viel zu wenig Selbstständige und Unternehmerinnen und Unternehmer in diesem Land haben.

Aber lassen Sie mich mit einem Schwerpunkt vielleicht auf Ihre Anmerkung eingehen: Anerkennung steuerrechtlicher Vorschriften im Rahmen der Berücksichtigung von Ausgaben. Und da kann ich natürlich Ihre Auffassung überhaupt nicht teilen. Dann muss man auch ganz deutlich unterscheiden, welche Zielrichtung hat das Steuerrecht bei der Behandlung von Betriebsausgaben, welche Zielrichtung hat denn tatsächlich die Angemessenheitsprüfung im Rahmen der Berechnung von Leistungen seitens der Argen beziehungsweise Optionskommunen.