Protocol of the Session on November 17, 2010

(Michael Roolf, FDP: Weil das so dünn ist, was herüberkommt.)

Ich will Ihnen sagen, dass es unabdingbar ist, dass der Staat in ganz bestimmten Wirtschaftsbereichen Verantwortung übernimmt, wo die Unternehmer aus ökonomischen oder ideologischen Gründen, FDP, kein Interesse anmelden, wirtschaftlich tätig zu werden. Im Wohnungsbereich zum Beispiel halten die Städte und Gemeinden Wohnraum vorrätig, weil ganz einfach im sogenannten freien Wettbewerb à la FDP oft wegen der Mieten für die sozial nicht so Zahlungskräftigen überhaupt gar keine Wohnung zu mieten ist. Im Bereich der Wasservorsorge – zum Beispiel hatten wir gehört, die Versorgung

mit vernünftigem, bezahlbarem Wasser ist selbstverständlich – ist das ein Gebiet, wo originär die Gemeinden und die Städte selbstverständlich eine monopolartige Stellung beanspruchen müssen aus unserer Sicht.

Die soziale Marktwirtschaft findet bei der FDP nicht statt. Sie wollen die asoziale Marktwirtschaft. Gewinnmaximierung und alles, was Gewinn maximiert, ist richtig. Alles, was keinen Gewinn abwirft, das dürfen dann die Gemeinden oder die Städte erledigen. Ich zitiere aus Ihrem Entwurf, Zitat: „Alle Tätigkeiten oder Tätigkeitsbereiche, mit denen die Gemeinde oder ihre Unternehmen am vom Wettbewerb bestimmten Wirtschaftsleben teilnehmen, um Gewinne zu erzielen, verfolgen keinen öffentlichen Zweck.“ Zitatende.

Also mehr Nonsens habe ich in den letzten Monaten nicht gelesen. Das bedeutet nämlich, die Gemeinden dürfen nur da, wo Defizite zu erwarten sind, tätig werden. Und diese Defizite werden dann sozialisiert über die Steuer und über die Haushalte der Gemeinden und Städte.

Im Gewerberecht oder überhaupt im Wirtschaftsrecht ist geradezu gefordert, dass die Absicht, Gewinn zu erzielen, die Voraussetzung ist, dass man von einer Unternehmung sprechen kann. Und wenn die Gemeinden glauben, wie die Bürgermeisterin hier, etwas verirrt, wie ich meine, Fitnessstudios einrichten zu müssen, dann muss sich selbstverständlich diese – ich halte das für falsch, das ist ein Nonsens, das ist eine Profilierungsattitüde der Bürgermeisterin, nicht mehr – aber hier auch auf dem Feld natürlich dem freien Wettbewerb stellen. Und wenn die Muckibude der Oberbürgermeisterin ganz bestimmten, von der Kundschaft erwarteten Leistungen nicht entspricht, dann werden die eben nicht mehr zu der kommunistischen Oberbürgermeisterin in die Muckibude gehen, sondern in Ihr Fitnessstudio von der FDP, wenn sie da die Leistung besser erbringen für das gleiche Geld oder für etwas weniger.

Sie sind hier auf dem Holzweg. Wo kommen wir da hin, wenn man einen Katalog aufstellt, wo definiert ist, was denn die Gemeinden und Städte dürfen und was sie nicht dürfen im Bereich des Gewerbes oder der Gewerbetätigkeit? Ihr Gesetzentwurf ist nicht mehr als Parteigeklingel für Ihre Klientel. Darauf können wir als NPD verzichten. Wir wollen nicht den Staat als Nachtwächter, Herr Roolf. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sind damit am Schluss der Aussprache.

Wir kommen zur Einzelberatung über den von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurf eines Siebenten Gesetzes zur Änderung der Kommunalverfassung für das Land Mecklenburg-Vorpommern auf der Drucksache 5/3729.

Ich rufe auf die Artikel 1 und 2 sowie die Überschriften in der Fassung des Gesetzentwurfes der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/3729. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um sein Handzeichen. – Danke schön. Die Gegenprobe. – Danke schön. Stimmenthaltungen? – Damit sind die Artikel 1 und 2 sowie die Überschrift in der Fassung des Gesetzentwurfes der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/3729 bei Zustimmung durch die Fraktion der FDP, ansonsten Ablehnung durch die Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und NPD abgelehnt.

Somit ist der Gesetzentwurf der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/3729 insgesamt ebenfalls abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 4: Zweite Lesung und Schlussabstimmung des Gesetzentwurfes der Fraktion der NPD – Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zum Schutz des Bürgers bei der Verarbeitung seiner Daten, auf der Drucksache 5/3665.

Gesetzentwurf der Fraktion der NPD: Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zum Schutz des Bürgers bei der Verarbeitung seiner Daten (Landesdatenschutzgesetz – DSG M-V) (Zweite Lesung und Schlussabstimmung) – Drucksache 5/3665 –

In der 102. Sitzung des Landtages am 15. September 2010 ist die Überweisung dieses Gesetzentwurfes in die Ausschüsse abgelehnt worden. Gemäß Paragraf 48 Absatz 3 der Geschäftsordnung des Landtages wird der Gesetzentwurf spätestens nach drei Monaten zur Zweiten Lesung auf die Tagesordnung gesetzt.

Im Ältestenrat ist eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vereinbart worden. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Als Erster hat das Wort für die Fraktion der NPD der Abgeordnete Herr Lüssow. Bitte, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Unabhängigkeit des Datenschutzbeauftragten muss gestärkt werden. Zu Ihrer Verweigerungshaltung gegen den von uns eingebrachten Gesetzentwurf sagte der NPD-Fraktionsersitzende Udo Pastörs zutreffend nach der Ersten Lesung unseres Gesetzentwurfes, ich zitiere: „Die Borniertheit der Blockparteien im Landtag ist schon beinahe sprichwörtlich. Lieber riskiert man einen Zahlungsbefehl aus Brüssel, bevor man einer berechtigten Forderung der NPD nach Umsetzung eines Gerichtsurteils zustimmt. Diese Verweigerungshaltung ist sachlich unbegründet und wirkt so langsam nur noch lächerlich.“

(Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

„Letztendlich wird man nicht umhinkommen, das Urteil anzuerkennen und umzusetzen. Wenn der Europäische Gerichtshof die Rechte der Bürger gegen den ausufernden Überwachungsstaat stärkt, sind die ansonsten doch so europabegeisterten Vertreter der Altparteien unglaublich träge und langsam.“ Zitatende.

Warum haben Sie ein Problem damit, unserem Gesetzentwurf zur Stärkung der Unabhängigkeit des Landesdatenschutzbeauftragten zuzustimmen?

(Zuruf von Reinhard Dankert, SPD)

Gemäß dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 9. März 2010 riskieren Sie ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland durch die Europäische Kommission. Und wir werden uns nicht scheuen, die Kommission von Ihrer Ignoranz zu unterrichten, wenn Sie auch heute unseren Gesetzentwurf zur Unabhängigkeit des Datenschutzbeauftragten ablehnen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Sie werfen uns vor, wir würden in den Ausschüssen, die in diesem ach so Hohen Hause ja in der Regel im Geheimen, also nicht öffentlich tagen, zu wenig mitarbeiten.

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Gar nicht.)

Sie haben bisher alle Anträge der NPD und alle Gesetzentwürfe der NPD in keinem Ausschuss behandelt.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Zu Recht.)

Also was soll denn ein solcher Vorwurf? Sie sind es, meine Herrschaften, die sich nicht an die demokratischen Spielregeln halten.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Oh doch!)

Was Sie von uns verlangen, lehnen Sie allerdings grundweg ab.

Also nochmals: Wer alle Anträge und Gesetzentwürfe von der nationalen Opposition in keinem einzigen Fall in einen Ausschuss zur Weiterberatung verweist, darf sich doch darüber nicht beklagen,

(Zuruf von Angelika Peters, SPD)

dass wir uns in der Behandlung der von Ihnen eingebrachten Anträge und Gesetzentwürfe in den Ausschüssen eher zurückhalten.

(Reinhard Dankert, SPD: Das ist doch in Ordnung.)

Doch zurück zu unserem Gesetzentwurf: Der Datenschutzbeauftragte unterliegt nach dem derzeitigen Gesetzesstand im Bereich der Überwachung nicht öffentlicher Stellen der Rechtsaufsicht der Landesregierung. Es wird dadurch klar, dass die Unabhängigkeit des Datenschutzbeauftragten dadurch erheblich eingeschränkt ist. Wir wollen, dass die Unabhängigkeit des Datenschutzbeauftragten sichergestellt wird. Sie riskieren durch Ihre Verweigerungshaltung die Verhängung eines Zwangsgeldes durch den Europäischen Gerichtshof.

Damit Sie es vielleicht doch verstehen, fasse ich nochmals den entscheidenden Grund für unsere Gesetzesinitiative zusammen: Mit Urteil vom 9. März 2010 hat der Gerichtshof der Europäischen Union in der Rechtssache C-518/07 im Rahmen eines von der Europäischen Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland angestrengten Vertragsverletzungsverfahrens festgestellt, dass die BRD gegen Artikel 28 Absatz 1 Unterabsatz 2 der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr verstoßen hat, indem sie die für die Überwachung der Verarbeitung personenbezogener Daten durch nicht öffentliche Stellen und öffentlich-rechtliche Wettbewerbsunternehmen zuständigen Kontrollstellen in den Bundesländern staatlicher Aufsicht unterstellt und damit das Erfordernis, dass diese Stellen ihre Aufgaben in völliger Unabhängigkeit wahrnehmen, falsch umgesetzt hat.

Da Paragraf 33a Datenschutzgesetz M-V eine solche vom Europäischen Gerichtshof beanstandete Regelung enthält, wonach der Landesbeauftragte für den Datenschutz bei der Überwachung nicht öffentlicher Stellen der Rechtsaufsicht der Landesregierung unterliegt, ist Paragraf 33a Datenschutzgesetz M-V europarechtswidrig.

Sie werden bei Ihrer Blockadehaltung bleiben. Wir werden ja sehen, wie die Europäische Kommission hierauf reagieren wird. Die NPD jedenfalls setzt sich für die Unabhängigkeit des Datenschutzbeauftragten konkret ein.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Měšťan. Bitte, Frau Abgeordnete.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem in der Ersten Lesung zum vorliegenden Gesetzentwurf bereits das Wesentliche von meinem Kollegen Reinhard Dankert von der SPD-Fraktion gesagt wurde, kann ich mich heute kurzfassen und im Namen der demokratischen Fraktionen erklären, dass wir den Gesetzentwurf der NPD natürlich auch heute ablehnen werden.

Zwei Gründe will ich kurz in Erinnerung rufen beziehungsweise dafür anführen:

Zum einen ist die NPD-Fraktion mit ihrem Anliegen wieder einmal höchst unglaubwürdig und inkonsequent.

(Zuruf aus dem Plenum: Natürlich.)

Sie nimmt ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes zum Anlass, eine Änderung im Landesdatenschutzgesetz vorzunehmen. Ist ja nicht zu fassen,

(Udo Pastörs, NPD: Das ist das Urteil, die Position des Datenschutzbeauftragten zu stärken. Das ist der Unterschied.)

nimmt doch ansonsten die Männerriege der NPD bei jeder sich bietenden Gelegenheit europäische Vorgaben zum Anlass, gegen die Institution der Europäischen Union zu hetzen. So etwa wie aktuell anlässlich der Diskussion des Gesetzentwurfes zum Geoinformations- und Vermessungsgesetz. Immer wieder ist zu hören: Die Bundesrepublik und Mecklenburg-Vorpommern müssten selber entscheiden dürfen, was sie wollen, und dürften nicht fremdbestimmt werden. Nun aber kann es die NPD gar nicht abwarten, Vorgaben der ach so schlimmen Europäischen Union und ihrer Institutionen umzusetzen.

So, so! Was sagen denn eigentlich Ihre Kameradschaften dazu, Herr Lüssow?

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)