Protocol of the Session on November 17, 2010

Es ist gut, dass das keine Mehrheit gefunden hat.

(Heinz Müller, SPD: Es gibt kein Feld, wo sie es nicht versuchen.)

Meine Damen und Herren, heute geht es nun um einen Antrag der LINKEN. Er befasst sich mit einem wichtigen Thema, den Folgen der Gebührenumstellung für Menschen mit Behinderung, wie gesagt, ein wichtiges Thema, aber eines mit nur sehr geringem Gestaltungsspielraum. In diesem Bereich ergeben sich aus Urteilen des Bundessozialgerichts Vorgaben, die uns weitestgehend festlegen.

(Irene Müller, DIE LINKE: Aus dem Jahr 2000.)

Die Richter haben entschieden, dass die bisher praktizierte Form der Gebührenbefreiung, die einfach nur abstellt auf einen bestimmten Grad der Behinderung, rechtlich nicht zulässig ist, weil sie eine Benachteiligung aller anderen Nutzer darstellt, die natürlich entsprechend mehr zahlen müssen. Und das Hauptargument dabei ist, dass heute nahezu alle Haushalte mit Rundfunkgeräten ausgestattet sind und deshalb nach Ansicht des Gerichtes der Kauf eines Fernsehers oder Radios für niemanden mehr ein zusätzlicher Aufwand ist, als Behinderter, der durch eine Gebührenbefreiung ausgeglichen werden müsste,

(Irene Müller, DIE LINKE: Darum ging es doch niemals.)

auch nicht für Menschen, die zum Beispiel ihre Wohnung nur schwer oder gar nicht verlassen können und die daher für den Austausch mit der Umwelt besonders auf Medien angewiesen sind – das war früher die Argumentation.

(Irene Müller, DIE LINKE: Das ist sie heute noch.)

Jetzt kann ich Ihnen sagen, liebe Frau Müller, das kann man bedauern, aber das ist der rechtliche Rahmen.

(Michael Andrejewski, NPD: Das ist nichts Neues. – Irene Müller, DIE LINKE: Das stimmt ja gar nicht.)

Und deshalb war unser Ziel, liebe Frau Müller,

(Irene Müller, DIE LINKE: Nein, das stimmt nicht.)

dass wir diesen Rahmen soweit wie möglich nutzen im Interesse der Behinderung und das maximal tun. Das haben wir getan.

(Irene Müller, DIE LINKE: Dann müssen Sie das SGB IX ändern.)

Und man kann sagen, dass sich bei den Menschen mit Behinderungen, die sozial schwach sind, nichts ändert. Es müssen nur diejenigen Rundfunkgebühren zahlen, die dazu finanziell in der Lage sind.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das ist ja auch gerecht. – Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Und alle, die zahlen müssen, die finanziell in der Lage sind und deshalb zahlen müssen,

(Irene Müller, DIE LINKE: Falsch! – Udo Pastörs, NPD: Werden zur Kasse gebeten, bis sie nichts mehr haben. – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

zahlen nicht die volle Gebühr, sondern ein Drittel. Das entspricht nach derzeitigem Stand 5,99 Euro pro Monat.

(Irene Müller, DIE LINKE: Das ist doch eine völlig falsche Argumentation.)

Und damit wird berücksichtigt, dass diese Gruppe, die auf der einen Seite finanziell leistungsfähig ist, aber auf der anderen Seite wegen ihrer Behinderung zusätzliche Ausgaben hat, das erkennen wir als Gesellschaft ja an, dass wir also sagen, diese Gruppe hat besondere Aufwendungen, deshalb nicht die volle Gebühr, sondern ein Drittel.

(Irene Müller, DIE LINKE: Beim Nachteilsaus- gleich geht es nicht um finanzielle Schwächen.)

Und was ich sehr gut finde, Frau Müller, und ich bitte da, das auch mal zu würdigen und zu prüfen:

(Irene Müller, DIE LINKE: Nein, das ist falsch.)

Wenn wir gezwungen sind,

(Irene Müller, DIE LINKE: Nein!)

rechtlich von Behinderten Gebühren anzunehmen,

(Irene Müller, DIE LINKE: Sie glauben doch nicht, dass Sie schlauer sind als die ganzen Betroffenen!)

dann ist es, glaube ich, klug – das, was wir verabredet haben –, die Sender zu verpflichten, dass sie dieses Geld, das Behinderte aufbringen, jetzt bitte auch ganz konkret in Projekte für Behinderte stecken.

(Irene Müller, DIE LINKE: Dann muss man das SGB IX ändern.)

Dazu haben sich die Rundfunkanstalten bereit erklärt, das ist auf eine sehr positive Resonanz gestoßen

(Zuruf von Ute Schildt, SPD)

und ich freue mich, dass der NDR dabei einer der Vorreiter ist.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD – Ute Schildt, SPD: Ja.)

Der NDR hat als erste ARD-Anstalt ein spezielles Projekt „Barrierefreier Rundfunkzugang“ aufgelegt und ich würde dazu raten, dass wir den Kampf, den wir rechtlich nicht führen können, aufgeben zugunsten des Einsatzes dafür, dass wir etwas für behinderte Menschen erreichen bei den Sendern.

(Irene Müller, DIE LINKE: Ja klar, wir gehen in Vorkasse.)

Meine Damen und Herren, wir sind bei dem 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag noch in der Diskussion und natürlich können Verbesserungsvorschläge noch eingespeist werden in den Vorgang.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Also haben wir doch Handlungsspielraum. – Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Das kann auch natürlich selbstverständlich hier aus dem Landtag geschehen. Der vorliegende Antrag zielt aber wie gesagt auf eine Regelung ab, die uns rechtlich verwehrt ist,

(Irene Müller, DIE LINKE: Das ist doch gar nicht wahr!)

und dem Antrag können wir deshalb leider, leider nicht zustimmen, Frau Müller.

(Irene Müller, DIE LINKE: Das stimmt doch nicht.)

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Frau Müller, kommen Sie doch mal noch vorne und stellen das richtig!)

Danke schön, Herr Ministerpräsident.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Dr. Jäger von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen!

Mir liegt, Frau Müller, natürlich der beschlossene Antrag des Parlamentsplenums zum Tag der Menschen mit Behinderungen hier im Landtag vor. Ich habe hier oben gesessen, wir haben das diskutiert. Ich habe dort gesagt, dass wir in der Landtagssitzung, wenn dazu Gelegenheit ist, über den Rundfunkänderungsstaatsvertrag reden und nicht einen Einzelpunkt ansprechen werden. Ich werde es dennoch tun.

Der Ministerpräsident ist der Zuständige in unserem Land, denn die Ministerpräsidenten handeln diese Staatsverträge aus, natürlich die Referenten, aber die Ministerpräsidenten sind diejenigen, die schließlich hier ihren Namen druntersetzen, bevor es uns erreicht. Ich sage auch, wir sind sehr frühzeitig mit den Materialien versorgt worden, und zwar nicht nur die Regierungs-, also die Koalitionsfraktionen, sondern auch – gerade

vom letzten Stand, das werden Sie bestätigen – die anderen Fraktionen.

Die Entscheidung des Bundessozialgerichts, Frau Müller, aus dem Jahr 2000 ist so, wie der Ministerpräsident es vorgetragen hat. Ich will allerdings ergänzen, dass das Bundessozialgericht gesagt hat, eine Vergünstigung im Bereich Gebühren – damals ging es um Gebühren – wäre nur dann zulässig, wenn dies nicht auf Kosten der anderen Gebührenzahler gehen würde, Herr Ministerpräsident. Das ist nämlich der Grundsatz, das wissen Sie als früherer Verwaltungsrichter mindestens so gut wie ich, wenn das in den Gesamttopf der Gebührenpflichtigen geht. Da müsste man, wenn man will, intelligente Lösungen finden, damit das nicht stattfindet, wie wir das in anderen Bereichen von Befreiung auch gemacht haben.