Protocol of the Session on October 14, 2010

Ich habe mit Aufmerksamkeit den Antrag der FDP-Fraktion gelesen und muss sagen, dass das, was in der Begründung steht, dass die geltende Rechtslage diese Angleichung nicht vorsieht, schlichtweg falsch ist. Das

ist nicht so. Ich habe es eben ausgeführt, auch die rechtlichen Grundlagen benannt. Ich kann nur davor warnen, dass dieses Problem kleingeredet wird.

Ich sehe mich jedenfalls verpflichtet, hier anzukündigen, wenn wir diesen Weg der einheitlichen Honorare bei Ärzten und auch der einheitlichen Fallwerte bei Krankenhäusern aufgeben, dann werden wir weiter eine Spaltung bekommen, vor allem zwischen Ost und West. Ich finde, dass die medizinische Versorgung der Bürgerinnen und Bürger in Mecklenburg-Vorpommern genauso viel wert sein muss wie in Bayern.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD)

Die FDP will, dass der Antrag im Grunde ergänzt wird. Der Landtag fordert das Ministerium für Soziales und Gesundheit zu einer stärkeren Wahrnehmung einer moderierenden Rolle in den Verhandlungen zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen zu den Landesbasisfallwerten auf.

Sehr geehrte Abgeordnete der FDP, Sie lenken damit von dem Problem ab, dass es hier um das Hauptthema geht, dass wir diese Bundesangleichung brauchen. Ihr Parteifreund, der FDP-Gesundheitsminister Schleswig-Holsteins, sieht es genauso. Deswegen macht er auch diesen Antrag mit uns morgen gemeinsam. Um das Thema geht es. Innerhalb des Landes aus dem Gesundheitsfonds noch mehr auf den Landesbasisfallwert aufzustocken, werden wir ohne den Bundesbasisfallwert nicht hinbekommen, weil wir dann auch nicht die Gelder hierher bekommen.

Deswegen macht es keinen Sinn, dass Sie jetzt ablenken, dass wir da irgendetwas moderieren sollen. Und dazu will ich sagen, diese Moderierung gibt es schon längst. Wir sitzen zusammen mit den beiden Verhandlungspartnern – Krankenkassen und Krankenhäusern – und moderieren zum Landesbasisfallwert. Seit 20 Jahren oder 19 Jahren – wir haben im letzten Jahr damit angefangen – gibt es erstmalig im Ministerium nicht nur eine Runde Krankenkassen/Krankenhäuser, sondern noch mal: Da sitzt sowohl die Kassenärztliche Vereinigung dabei als auch die Ärzteschaft und wir ringen gemeinsam, wie wir die Probleme lösen können. Aber alle haben mir gesagt, dass es entscheidend auf dieses GKV-Finanzierungsgesetz ankommt.

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Deswegen werde ich auch die Bundestagsabgeordneten aller Parteien einladen, noch einmal mit ihnen bereden, mit Einzelnen habe ich das schon getan, parteiübergreifend, dass wir das wirklich stoppen. Ich will noch mal sagen, es geht hier wirklich um die massiven Interessen unseres Bundeslandes.

(Irene Müller, DIE LINKE: Das können Sie doch alles machen morgen im Bundesrat.)

Und so sieht es auch bei den Ärzten aus. Hier hat es auch, was ich schwierig finde, in der letzten Woche verschiedene Meldungen gegeben, die so nicht stimmen. Natürlich hat die Ärzteschaft in Mecklenburg-Vorpommern im letzten Jahr mehr Geld bekommen, aber wir haben nur die Schere geschlossen. Und die ist teilweise in der Ärztelandschaft noch nicht geschlossen. Der Bundesgesundheitsminister war selbst dieses Jahr da und hat sich die Landärzteproblematik angeguckt. Und wenn jetzt 1 Milliarde Euro für die Ärzte ausgegeben wird, wo wir derzeit kein Geld haben für Hebammen, Krankenschwestern und so weiter, und diese 1 Milliarde wieder

nur in Bayern und Baden-Württemberg landet, dann geht die Schere auseinander.

Und das ist auch nicht, so, wie Herr Grabow behauptet hat, die Frage der Selbstverwaltung, Herr Grabow, sondern das ist konkret geregelt im GKV-Finanzierungsgesetz, indem man dort jetzt eine Änderung hat, dass man zu dieser neuen Verteilung kommt.

Ich habe mit Herrn Dr. Eckert gesprochen und der hat es ausdrücklich begrüßt, dass unser Land auch morgen zu diesem Thema eine Initiative macht. Deswegen bitte ich Sie ganz herzlich, hier darf es wirklich nicht darum gehen, wer in der Bundesregierung parteipolitisch Verantwortung trägt. Hier muss es darum gehen, wie es andere Länder uns vorzeigen, wie zum Beispiel Schleswig-Holstein, dass wir ganz knallhart die Interessen von Mecklenburg-Vorpommern vertreten im Sinne der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes,

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

sonst werden wir uns nicht in der medizinischen Versorgung verbessern, sonst werden wir uns massiv verschlechtern. Davor warne ich. Deswegen würde ich mich freuen, wenn es hier eine breite Unterstützung für den Antrag gibt. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD – Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Dr. Linke von der Fraktion DIE LINKE.

(Irene Müller, DIE LINKE: Das ist doch eine Scheinheiligkeit!)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Der Antrag hat zwei Aspekte und ich will auch auf beide eingehen.

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Im Satz 1 soll die Landesregierung sich im Bundesrat dafür einsetzen, dass mögliche aus dem Entwurf eines GKV-Finanzierungsgesetzes resultierende Nachteile für Mecklenburg-Vorpommern verhindert werden. Diesen Hinweis oder diesen Antrag nehmen wir sehr ernst und diese möglichen Nachteile sollten tatsächlich verhindert werden.

(Irene Müller, DIE LINKE: Aber wir wissen, dass die Frau Ministerin das alles macht.)

Frau Ministerin, insofern sehen wir das natürlich wesentlich prinzipieller, dieses GKV-Finanzierungsgesetz. Wir hatten in der Landtagssitzung am 16.09.2010 diesbezüglich einen Antrag eingebracht.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Brauchten wir doch nicht.)

Wir hatten uns positioniert, aber da wurde uns gesagt,

(Irene Müller, DIE LINKE: Machen wir alles.)

die Landesregierung ist so stark, die braucht unsere Anträge, unsere Unterstützung hier im Landtag nicht.

(Irene Müller, DIE LINKE: Frau Ministerin ist schon längst aktiv.)

Nun ja, wir sind tolerant.

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Wir widmen uns dennoch Ihrem Antrag heute. Ich denke, dass es hier um mehr geht als nur um die wenigen Versicherten in Mecklenburg-Vorpommern.

(Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Es gibt in Deutschland von den 82 Millionen Einwohnern 72 Millionen gesetzlich krankenversicherte Menschen, die ihre Kassen gerade wegen des gesetzlich verankerten Solidarprinzips schätzen.

Gesetzliche Krankenversicherung, ich sage es noch einmal, war bisher solidarische Umverteilung der Beiträge unter den Versicherten, also Einkommensumverteilung, Risikoausgleich, Familienlastenausgleich, Generationenausgleich, also Solidarität.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Da sind Sie doch beim Urschleim jetzt, Frau Linke.)

Das heißt also, wir wollen es noch einmal betonen, Solidarität heißt, jeder zahlt nach seinen finanziellen Möglichkeiten,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Beim Urschleim fangen wir jetzt wieder an.)

und zwar bundesweit, und erhält im Bedarfsfall Leistungen entsprechend der Schwere seiner Erkrankung

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Können wir jetzt zum Basisfallwert gerade rüberswitchen? Können wir das?)

und nicht nach der Höhe der eingezahlten Beiträge, Herr Nieszery.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das ist dieselbe Rede, die Sie schon mal gehalten haben.)

Nein, ich sage es noch mal, Solidarität, das ist mit diesem Gesetzentwurf erledigt. Und deshalb halten wir den Punkt 1 Ihres Antrages für wichtig.

Der zweite Grundsatz der GKV, der auch mit diesem GKV-Finanzierungsgesetz auf die, ja, ich sage mal, Schutthalde wandern soll, ist der der Parität. Sie sind leider nicht darauf eingegangen, dass bereits heute die Solidarität und die Parität total ausgehebelt sind, und dass mit diesem Gesetz, das morgen dort im Bundesrat verhandelt wird, der Grundsatz der Koalitionäre, nämlich dass die Versicherten auf der Basis des bestehenden Leistungskataloges so weit wie möglich ihren Krankenversicherungsschutz selbst tragen sollen, das ist hier in Zukunft vorgesehen.

Und das heißt nichts anderes als das, was mit dem Gesundheitsfonds 2009 eingeführt wurde, dass nämlich die Beitragssätze seither durch den Bund festgesetzt werden, und – und jetzt kommt eigentlich das, was problematisch ist, und da wundere ich mich, dass Sie nicht darauf eingegangen sind – es war bisher vorgesehen, sobald die Gesundheitskosten 95 Prozent des Fonds unterschreiten, dass die Regierung dann nämlich die Beitragssätze, die paritätisch entrichtet werden, dass diese Beitragssätze durch den Bund dann erhöht werden. Dieses Recht, diese Pflicht der Bundesregierung, die Beitragssätze künftig zu erhöhen, wird es nach dem neuen GKV-Finanzierungsgesetz nicht mehr geben.

(Harry Glawe, CDU: Richtig.)

Das heißt, Gesundheitskostenentwicklungen werden künftig eben nur noch über die Prämie, über die Zusatzbeiträge allein von den Versicherten zu entrichten sein. Das ist eigentlich das Damoklesschwert, sage ich mal,

dieses GKV-Finanzierungsgesetzes, was über unserem Krankenbett hängt und was letzten Endes auch dazu führen wird, dass Leistungen ausgegliedert werden, denn die Leistungen, die die Versicherten erbringen, sind begrenzt.

Wir haben es erlebt in den letzten Jahren. Es wurden zunehmend Leistungen aus dem Katalog gestrichen.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Die Brille ist nur ein Beispiel.