Protocol of the Session on October 13, 2010

Wir wollen in der Tat, dass alle, ob Alt oder Jung, gleiche Chancen in der Bildung haben. Wir wollen, dass alle den unbegrenzten Zugang zu allen Angeboten haben von Anfang an und lebenslang, denn Bildung bezieht sich nicht nur auf die Kita und die Schule, sondern geht weit darüber hinaus. Und wir müssen über Rahmenbedingungen reden, Rahmenbedingungen wie Selbstständige Schule und wie Ganztagsschule, darüber ist ja auch schon gesprochen worden. Und ich bin genauso wie Sie, wie die SPD, der Überzeugung, die Bildungschips, die jetzt eingeführt werden sollen für die Kinder in Hartz-IVFamilien, können die Angebote in der Ganztagsschule nicht ersetzen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Aber ich kann mich an das Thema Ganztagsschule genauso wie Sie, meine Damen und Herren, sehr gut erinnern. Auch darüber ist schon viele Jahre gesprochen worden. Andreas Bluhm wird mir recht geben: Wie oft haben wir nicht nur über die materiellen Investitionen gesprochen, sondern immer wieder darüber, dass die Ganztagsschule inhaltlich ausgefüllt werden muss? Da fehlt es tatsächlich am Handeln und da fehlen tatsächliche und ausfinanzierte Angebote, um diese Ganztagsschule tatsächlich als Zentren für Schule und Freizeitgestaltung auszugestalten.

Und das, glaube ich, ist die Herausforderung, damit die Kinder tatsächlich die Chancen bekommen, die wir, so produzieren sich ja eigentlich alle hier, erreichen wollen. Und deswegen, glaube ich, ist es richtig, dass die Ganztagsschulen auf der Tagesordnung stehen, aber da sind wir, da sind Sie als Landesregierung gefordert, tatsächlich ein Stück mehr zu tun, um diese Ganztagsschulen auch ausgestalten zu können. Das kann man nach meiner Überzeugung nicht nur mit der These der Selbstständigen Schule erreichen. Natürlich sollen die Kinder mit anderen Kindern aufwachsen und gemeinsam lernen und deswegen sind wir eben der Überzeugung, dass vom ersten Lebensjahr an ein uneingeschränktes Recht auf einen Ganztagsplatz in der Kindereinrichtung gewährt werden muss.

Ich frage mich auch, warum die SPD heute dieses Thema aufgesetzt hat. Hat es etwas mit der ersten Regionalkonferenz zu tun, die Sie am Wochenende zum Wahlprogramm 2011 hatten? Da konnte ich in der Presse lesen, 100 Euro erhalten junge Eltern, wenn wir gewählt werden, um die Beiträge in der Krippe zu senken.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Mit Geldscheinen winken.)

Das ist ja interessant. Eine Absenkung des Betreuungsschlüssels in den Kitas lautet die andere Botschaft und ich kann mich gut erinnern – das Hohe Haus mit mir sicherlich –, dass bei den Haushaltsverhandlungen zum Doppelhaushalt die zuständige Ministerin sich genau gegen die Absenkung dieses Personalschlüssels gewehrt hat. Wo sind wir denn eigentlich? Wo ist denn das, was Sie reden, in Übereinstimmung mit dem, was Sie tun? Und da erkennen wir ganz klare Widersprüche.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Und an die stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende: Nun, landauf, landab ist in allen Medien immer zu lesen, dass sie vom Bund ein echtes Bildungspaket fordert,

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

ansonsten würde die SPD den neu festgelegten Regelsätzen nicht zustimmen. Auf der anderen Seite kritisieren Sie die Intransparenz

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Genau, die Transparenz ist der Grund.)

dieser 5 Euro, also die 5 Euro, die dort gewährt sind. Dann frage ich mich, wes Geistes Kind Sie sind in Ihrer Politik. Das hat nichts mit Chancengleichheit zu tun, das ist im System von Hartz IV. Sie bleiben in Hartz IV und Sie bleiben eine Hartz-IV-Partei. Das würde ich in Ihr Stammbuch schreiben.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Und wenn Sie fordern vom Bund, dass mehr Geld in Kitas und Ganztagsschulen investiert wird und wenn Sie auch über Schulsozialarbeiter und -sozialarbeiterinnen sprechen, dann will ich Sie fragen, wie denn Ihre Politik aussieht hier in Mecklenburg-Vorpommern. Wie soll denn das Konzept zukünftig finanziert werden? Bekannt ist inzwischen im Land, dass die Jugendsozialarbeiterinnen und -arbeiter nicht ausfinanziert werden und riesige Probleme entstehen. Ich frage Sie: Was hat das mit Teilhabe von Kindern in Mecklenburg-Vorpommern zu tun, wenn bei der Jugendsozialarbeit gespart wird?

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Und hier, erlaube ich mir zu sagen, ist gesundes Misstrauen angesagt.

Und wie verhält es sich denn mit der Tatsache, dass die Mittel für die vorschulische Bildung mal eben um 3 Millionen gekürzt wurden, um Ihrem Partner CDU gerecht zu werden, damit die CDU ihre Wahlversprechen einlösen konnte, die Eltern von den Kosten für die Kita im Vorschuljahr zu entlasten?

(Harry Glawe, CDU: Jetzt ist es aber genug hier! – Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Das ist alles nur die Wahrheit, Herr Glawe. Die teilweise Entlastung …

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Wenn Sie eine Aktuelle Stunde aufsetzen und die Wahrheit nicht vertragen können, denken Sie sich mit dem Koalitionspartner ein anderes Thema aus!

(Harry Glawe, CDU: Das ist doch nicht zu fassen! Haben Sie hier geschlafen?)

Die teilweise Entlastung für berufstätige Eltern, wohlgemerkt, erfolgte gegen den Rat der Experten, die dringend gefordert haben, die Mittel anderswo einzusetzen.

(Irene Müller, DIE LINKE: Genau. Darauf warten wir noch.)

Ja, und wir haben hier über die Novelle des KiföG gesprochen. Wir halten das für einen kleinen Schritt. Ich weiß, das muss ich Frau Schwesig zugestehen, dass sie sich auch mehr gewünscht hätte, als in der gegenwärtigen Konstellation tatsächlich zu erreichen ist. Wir müssen hier größere Schritte gehen, als die jetzige Koalition das getan hat,

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Zurufe von Harry Glawe, CDU, und Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

um dem Anspruch Bildung und Teilhabe von Kindern in Mecklenburg-Vorpommern gerecht zu werden. Und zusätzliche Mittel allein reichen noch nicht, sondern sie müssen auch richtig eingesetzt werden, sie müssen rechtzeitig eingesetzt werden und dieses Konzept muss rechtzeitig vorbereitet werden. Wie war es denn mit der Konferenz, die die SPD vor wenigen Wochen und wenigen Tagen in Rostock durchgeführt hat?

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Dann haben wir noch drei weitere.)

Ja, das könnt ihr ja auch machen. Das ist ja auch in Ordnung so.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Kommen Sie mal vorbei! Sie sind gerne eingeladen.)

Gern, da komme ich gern vorbei.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Laden Sie mich ein! Ich komme gern vorbei, da können wir richtig diskutieren.

Aber was haben denn die Erzieherinnen und Erzieher, die Lehrerinnen und Lehrer dort gesagt?

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Zu spät, nicht koordiniert, nicht ausreichend, obendrein falsch eingesetzte Mittel, es fehlen die notwendigen Verordnungen, Richtlinien, Erlasse liegen nicht vor.

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Man kann ja etwas gut meinen, aber man muss es auch gut umsetzen

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das machen wir schon. Das machen wir schon, Herr Holter.)

und an der Umsetzung hapert es. Das ist es und das wurde Ihnen auf dieser Veranstaltung ins Stammbuch geschrieben.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Nein, mit Sicherheit nicht, Herr Holter.)

So ist das nämlich.

Und wenn man über Bildung und Teilhabe spricht …

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Waren Sie dabei?)

Es waren Genossen von uns dabei, ja. Frau Lück war da und …

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Da habe ich eine ganz andere Wahrnehmung.)

Ja, andere auch. Das ist eben so mit selektiver Wahrnehmung. Ja, ja, gut.

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Und wenn wir über Teilhabe reden, dann muss man auch über das kostenfreie Mittagessen sprechen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Machen Sie sich mal keine Sorgen!)