Protocol of the Session on September 15, 2010

die Polizei, weil sie dafür keine Rechtsgrundlage hat. Und diese Rechtsgrundlage wollen wir schaffen, um so schnell und so eindeutig wie möglich – zum Beispiel bei hilflosen oder vermissten Personen – im Zuge der Auffindung dieser Person, also nicht im Zuge der Strafverfolgung, auch die DNA-Analyse, die auch auf anderen Gebieten sehr viel Gutes bewirkt hat, einsetzen zu können. Und, wie gesagt, auch damit werden wir uns im Ausschuss umfassend auseinandersetzen.

Ich bitte Sie jedenfalls, diesen Gesetzentwurf in den Innenausschuss und im Übrigen auch, das darf ich beantragen, in den Landwirtschaftsausschuss zu überweisen, damit wir uns dann in der parlamentarischen Debatte damit befassen. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke schön, Herr Dr. Timm.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Leonhard von der Fraktion der FDP.

(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und DIE LINKE)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Jetzt haben wir den Innenminister gehört und den ehemaligen Innenminister, der acht Jahre hier Verantwortung gehabt hat, und den heutigen Innenausschussvorsitzenden. Jetzt denke ich mal, dass es dann durchaus angebracht ist, dass wir auch mal wieder die Opposition hier zu Wort kommen lassen sollten.

(Torsten Renz, CDU: Die richtige Opposition. – Michael Roolf, FDP: Die wahre Opposition. – Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, Polizeirecht ist bekanntermaßen zunächst einmal die Gefahrenabwehr im eigentlichen Sinne. Zunehmend sind aber auch die vorbeugende Bekämpfung von Straftaten und die Vorbeugung auf die Gefahrenabwehr hinzugekommen. Aufgabe des Gesetzgebers war und ist es, sehr genau die rechtlichen Vorgaben für das Polizeirecht zu setzen, das den verfas

sungsmäßigen Anforderungen genügen muss. Daran – und da, denke ich, kann ich zumindest jetzt für die demokratischen Fraktionen hier in diesem Hause sprechen – gibt es keinen Zweifel. Das jeweilige Polizeirecht ist aber auch nichts Statisches, das auf immer und ewig festgelegt sein muss, meine Damen und Herren.

(Michael Roolf, FDP: Sehr richtig. – Michael Andrejewski, NPD: Doch.)

Neue Gefahrensituationen und neue technische Entwicklungen können es erforderlich machen, dass das Gefahrenabwehrrecht entsprechend zu novellieren ist. Und das tun wir ja offensichtlich jetzt hier mit einem Entwurf, der von der Landesregierung vorliegt und durch die Koalition hier eingebracht wurde.

(Torsten Renz, CDU: Na, na, na, na, na!)

Insoweit dürfen wir uns sicherlich einig sein, Kollege Renz.

Aber die obligatorische Jubelpressemitteilung, lieber Kollege Renz, die Sie ja bereits Anfang September gegeben haben, mit dem Inhalt, ich darf zitieren: „Für die CDU steht der Schutz der Menschen vor Gewalt, Diebstahl und anderen Straftaten ganz klar im Vordergrund“,

(Egbert Liskow, CDU: Das stimmt auch.)

das ist durchaus nicht strittig. Dem könnten wir uns durchaus als FDP auch anschließen.

(Torsten Renz, CDU: Aber?)

Aber was kommt auf den ersten Blick so belanglos daher?

(Torsten Renz, CDU: Was ist jetzt mit meiner Pressemitteilung?)

Das wirft zumindest die Frage auf, lieber Kollege Renz, ob der Gesetzentwurf, immerhin eingebracht von den regierungstragenden Fraktionen, überhaupt inhaltlich auch so vertreten werden kann durch die CDU. So einfach kann man sich das dann eben auch durchaus nicht machen. Immerhin wird hier die Balance von Gefahrenabwehr, Repression und Prävention deutlich verschoben aus unserer Sicht.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Richtig.)

Denn wie anders ist es zu verstehen, wenn nun dauerhaft legitimiert – wir reden über „dauerhaft legitimiert“ – der Polizei die Befugnis eingeräumt werden soll, verdachtsunabhängige Videoüberwachung auf öffentlichen Plätzen nicht nur in Bild, sondern auch im Ton vorzunehmen.

Und hier sind wir auch bereits bei einem grundsätzlichen Erfordernis, dem dieser Gesetzentwurf genügen muss. Sind diese Befugnisse überhaupt erforderlich und damit letztlich auch verhältnismäßig, meine Damen und Herren?

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Richtig.)

Daran hat meine Fraktion, die FDP-Fraktion, doch erhebliche Zweifel und wird im Ausschussverfahren darauf achten, dass wir auch den Datenschutzbeauftragten in dieser Frage mit einbeziehen.

Und die Beantwortung einer Großen Anfrage aus dem Jahr 2009 zu dem SOG des Landes ist insoweit auch sehr eindeutig, meine Damen und Herren. In Mecklenburg-Vorpommern gibt es bisher keine sogenannten Kri

minalitätsschwerpunkte, aus denen Maßnahmen durch die Ordnungsbehörden und die Polizei abgeleitet wurden. Was hier als Sicherheitszugewinn verkauft wird, könnte man auch als Ausdruck des Misstrauens gegen die Menschen, gegen die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes verkaufen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Michael Roolf, FDP: Sehr richtig.)

Zusätzliche Eingriffsbefugnisse bringen nicht zwangsläufig mehr Sicherheit, meine Damen und Herren, und das will ich ausdrücklich für meine Fraktion hier noch mal betonen. Daran aber wird sich dieser Gesetzesentwurf auch messen lassen müssen. Werden die jeweiligen Eingriffsbefugnisse überhaupt benötigt? Gibt es gewissermaßen überhaupt einen Bedarf?

Der Innenminister, Innenminister Caffier, hat zu dieser Frage bereits – wenn auch ungewollt – geantwortet. Ich darf zitieren aus einer Pressemitteilung in der SVZ am 03.09.2010: „Wenn die Polizei diese Befugnisse derzeit weniger nutzt, würde dies nicht bedeuten, dass sie nicht gebraucht würden.“ Zitatende.

Deutlicher kann man kaum sagen, dass die Verschärfung des Polizeigesetzes nicht anderes ist, dieser Gesetzesentwurf aus dieser Sicht kaum erforderlich ist. Über die einzelnen Befugnisse und deren Erweiterung werden wir in den Ausschüssen noch zu beraten haben. Wie ist beispielsweise der Erfolg des Einsatzes des Kfz-Kennzeichenlesegerätes zu beurteilen? – Wenn dieser Einsatz überhaupt Erfolg gebracht hat, denn man möge sich einfach einmal vorstellen, der Einsatz des Kfz-Kennzeichenlesegerätes ist nach wie vor aus unserer Sicht, aus Sicht der FDP-Landtagsfraktion, verfassungswidrig. Das hat uns nach wie vor auch der ADAC in seinem Bericht bestätigt. Auch hier werden wir in Ausschussverfahren nach wie vor nähere Informationen seitens des Innenministers einfordern.

Zum Einsatz des Elektroschockers – ich will das jetzt mal ganz platt sagen: des Elektroschockers und der Taser – hat sich meine Fraktion bereits öffentlich geäußert. Für den Bereich, und das ist hier mehrmals angesprochen worden, für den Bereich der Spezialeinheiten halten wir diese Geräte für besondere Lagen für eine Möglichkeit als Alternative zu Schusswaffen. Dass auch der jeweilige Einsatz derartiger Geräte jeweils verhältnismäßig sein muss, das versteht sich von selbst.

Und damit wir das auch noch mal eindrücklich aus Sicht der FDP-Fraktion klarstellen: Das, was der Gesetzesentwurf hier momentan zum Regeln und zum Tragen bringt, ist, dass jeder Polizeibeamter in diesem Land einen Elektroschocker, ein Tasergerät, zum Einsatz bringen kann. Und genau das, meine Damen und Herren, werte Kollegen, das wollen wir als FDP-Fraktion nicht.

Und wenn es so sein soll, wie der Innenminister, wie Herr Renz und auch der Kollege Timm hier ausdrücklich zum Tragen gebracht haben, dass die Sondereinsatzkommandos und die MEKs zukünftig Taser/Elektroschockgeräte einsetzen sollten, dann denke ich, dass auch die FDP-Fraktion sich diesem nicht verschließen wird. Allerdings setzt das eine klare und eindeutige Regelung innerhalb des Gesetzesentwurfes voraus, und diese klare und eindeutige Regelung gibt es momentan nicht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Michael Roolf, FDP: Fehlt.)

Und da hilft es auch nicht, lieber Kollege Timm, dass Sie das schöne Land Mecklenburg-Vorpommern mit dem wunderschönen Land Kanada vergleichen. Das mag wahrscheinlich in der Natur so sein,

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das stimmt. Das stimmt wirklich, Herr Leonhard.)

aber ich denke, dass wir tunlichst davon abraten sollten, dass wir Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte in Kanada mit Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten in Mecklenburg-Vorpommern vergleichen sollten. Das sollten wir so tun, meine Damen und Herren.

Schon die Beratungen zu der letzten Novellierung des SOG in der vorherigen Legislaturperiode hatten gezeigt, dass die Erweiterung polizeilicher Befugnisse kein Automatismus sein darf. Und so äußerte sich der Kollege Ritter, der hier heute nicht an der Debatte teilnehmen darf, in der abschließenden Parlamentsdebatte, wohlgemerkt …,

(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Der ist krank. – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Der ist krank. Machen Sie nicht solche dummen Bemerkungen!)

der Kollege Ritter, der krankgeschrieben ist, der nicht an der Parlamentsdebatte teilnehmen kann,

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Ja, kann. Fein, danke.)

wohlgemerkt damals als Mitglied einer regierungstragenden Fraktion – das hat er nämlich damals getan –, als Mitglied einer regierungstragenden Partei: „So teilen wir beispielsweise ganz und gar nicht den Standpunkt, dass die Polizei von Mecklenburg-Vorpommern neue und schärfere Kompetenzen bräuchte …“ Dem können wir uns auch durchaus annähern, meine Damen und Herren. Und so weit möchte ich für die FDP-Fraktion in der heutigen Debatte nicht in der Gänze gehen, zumal in der Tat durch Rechtsprechung manche Debatte von damals hier und heute obsolet ist.

Das sagt allerdings noch nichts über die Erforderlichkeit der Erweiterung der Polizeibefugnisse, meine Damen und Herren. CDU und SPD werden noch zu begründen haben, warum die einzelnen Befugnisse für die Polizei dauerhaft erforderlich und damit letztlich auch verhältnismäßig und angemessen sind. Mit der lapidaren Aussage des Innenministers, man könne den Verbrechern nicht hinterherhinken, ist es jedenfalls nicht getan, meine Damen und Herren, sondern aus Sicht der FDP-Fraktion vor einer SOG-Novelle sorgen wir dafür gemeinsam, dass wir mehr Polizisten im Land Mecklenburg-Vorpommern haben. Dann haben wir die Sicherheit auch in Mecklenburg-Vorpommern gesichert, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Danke schön, Herr Leonhard.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Andrejewski von der Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wer für Recht und Ordnung eintritt,

neigt dazu, weitere Befugnisse für die Polizei blind zu befürworten, nach dem Motto: Der Staat kann gar nicht stark genug sein, das ist doch alles für unsere Sicherheit.

Allerdings verbirgt sich auf diesem Gebiet auch eine Falle. Wenn die Polizei Gegenstand weitgehender und immer neuer Einsparungen wird, dann benötigt sie zum Ausgleich auch immer neue Befugnisse. Eine personell und materiell gut ausgestattete Polizei kann sich mit einer Mindestausstattung von Kompetenzen, auf die man selbst bei optimalen Verhältnissen nicht verzichten kann, begnügen und funktioniert dennoch gut.