Protocol of the Session on September 15, 2010

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Fünf Jahre haben wir sie nicht gebraucht.)

um den Schutz der Bevölkerung und um die Befugnisse der Polizei zu verbessern,

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

und deswegen sagen wir: Entfristung der vorgenannten Maßnahmen.

Ich will auch kurz noch weitere zusätzliche Änderungen hier benennen, und zwar sollen in Paragraf 27 Absatz 3 in Einzelfällen der Polizei die Befugnisse eingeräumt werden, besondere persönliche Daten wie ethnische Herkunft, religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen oder Daten über die Gesundheit einer Person zu erheben.

Ich will an dieser Stelle auch betonen, uns ist sehr wohl bewusst, dass es sich um sensible Daten handelt, aber man muss einfach konstatieren, wir in der Bundesrepublik Deutschland sind weiterhin Ziel des internationalen Terrors. Insofern müssen wir dieser Gefahr entgegentre

ten und in der Folge sagen wir dann auch, es ist notwendig, so eine Korrektur hier vorzunehmen.

Eine zweite Erweiterung des SOGs wird die sogenannte molekulargenetische Untersuchung betreffen. Auch hier sind wir der Auffassung, dass es notwendig ist. Die Befugnis kann für die Polizei sehr hilfreich sein, wenn es um die Feststellung der Identität einer hilflosen Person oder einer Leiche geht. In der Strafprozessordnung ist die molekulargenetische Untersuchung zum Zwecke der Strafverfolgung geregelt. Zur Prävention und Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung soll nun hier eine Regelungsgrundlage in dem vorliegenden Gesetzentwurf eingeführt werden.

Wir wollen auch die Rechte Betroffener stärken, dazu eine kurze Ausführung: Personen, die von einer Observation betroffen sind, haben nach der heutigen Regelung keine ausreichende Möglichkeit zur gerichtlichen Überprüfung der Maßnahme. Auch das werden wir mit dem vorgelegten Gesetzentwurf korrigieren.

Die letzte Änderung, die ich hier benennen will, ist die Thematik, dass Spezialeinheiten – vielleicht auch gleich für die Opposition hier noch mal der richtige Fachausdruck – mit sogenannten Distanz-Elektroimpulsgeräten, also Tasern, ausgestattet werden sollen und nicht mit elektronischen Schlagstöcken oder Ähnlichem. Das sehen wir vor.

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Wir sind der Auffassung, dass diese Waffe für die Polizei notwendig ist.

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Und das Ganze machen wir, weil wir sagen, wir wollen – das möchte ich noch mal betonen – die Sicherheit der Bürger garantieren, und zwar durch mögliche Maßnahmen, die wir der Polizei an die Hand geben, um die Sicherheit hier in unserem Land zu gewährleisten. Für uns steht der Schutz der Menschen vor Gewalt, Diebstahl und anderen Straftaten ganz klar im Vordergrund.

So viel aus meiner Sicht zur sachlichen Einführung. Ich möchte aber aufgrund der Berichterstattung dann doch zwei Punkte abschließend noch mal separat zur Diskussion stellen, weil ich glaube, es ist notwendig, dass wir von der gleichen Grundlage ausgehen. Ich habe da arge Bedenken, dass das in diesem Hause der Fall ist. Deswegen will ich diese beiden Punkte kurz ansprechen.

Im ersten Punkt geht es um die Videoüberwachung öffentlicher Orte. Dort wurde uns, den Fraktionen, vorgeworfen, insbesondere durch den Datenschützer: Dass die Polizei verdachtsunabhängige Videoüberwachungen auf öffentlichen Plätzen nicht nur in Bild, sondern auch in Ton erlaubt, ist bundesweit einmalig. Er signalisiert also hier, wir werden einen Gesetzentwurf auf den Weg bringen, ich übersetze das mal platt, dass ganz Mecklenburg-Vorpommern unter Videoüberwachung gestellt wird.

(Zuruf von Gino Leonhard, FDP)

Um hier die Diskussionsgrundlage in die richtige Richtung zu bringen, will ich ganz einfach mal den Gesetzentwurf zitieren. Das, was wir Ihnen vorschlagen, lautet wie folgt: „Öffentlich zugängliche Orte dürfen offen mit technischen Mitteln zur Bildüberwachung beobachtet werden, wenn und solange tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass an diesen ein die öffentliche Sicherheit schädigendes Ergebnis in absehbarer Zeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eintreten wird.“

Ich sage Ihnen, das ist die Position der beiden Fraktionen und das hat nichts zu tun mit Beliebigkeit, sondern das ist klar definiert. Wir sehen ganz klar dieses Mittel der Videoüberwachung als ein Mittel für die Zukunft an, was wir sinnvollerweise einsetzen sollen, um im präventiven Bereich Straftaten zu verhindern.

Der zweite Punkt, wo es mir um eine gewisse Klarstellung hier geht, ist die Tatsache, dass Sie ja sicherlich über die Berichterstattung der Medien mitbekommen haben, es geht also um den Einsatz des Tasers. Hier legen wir Ihnen einen Gesetzentwurf vor, wo wir ganz konkret nur in Paragraf 102 Absatz 4 ein einziges Wort einfügen, nämlich „Distanz-Elektroimpulsgeräte“, mehr tun wir nicht.

Das führt dann zu der Berichterstattung, so, wie wir sie in den Medien feststellen müssen, wo Berichte begonnen werden mit umfallenden Menschen und dann im Anschluss durch die Opposition in diesem Lande gesprochen wird – auch hier möchte ich auf die Presse zurückgreifen – von elektronischen Schlagstöcken beziehungsweise man sieht die Gefahr, dass es hier flächendeckend zur Anwendung kommen wird.

Auch hier möchte ich Sie an dieser Stelle zu Beginn der Debatte ganz einfach schon mal beruhigen. Wenn Sie den Gesetzestext gelesen haben, und davon gehe ich aus, dann sind diese Äußerungen, die Sie getätigt haben, bewusst oder unbewusst, das kann ich jetzt nicht abschließend einschätzen, einfach nur falsch, denn es wird so sein, dass wir eine Einführung vorsehen bis 2014 von maximal sechs Geräten. Es wird so sein, dass entsprechende Spezialeinheiten diese Geräte nutzen werden, dass die fachgerecht ausgebildet werden, dass sie über den großen Waffenschein verfügen müssen,

(Zuruf von Gino Leonhard, FDP)

dass sie dann alle drei Jahre erneut geschult werden müssen, dass wir zu speziellen Einsätzen das Ganze vorsehen wie zum Beispiel bei einer Geiselnahme.

Konkreter Fall: Sie haben einen Banküberfall. Der Mann droht, die Geisel, die Bank, alles in die Luft zu sprengen,

(Zuruf von Gino Leonhard, FDP)

dann kommt so eine Spezialeinheit zum Einsatz mit so einem Gerät. Wir sind da der Auffassung, es ist gut und richtig, so ein Gerät dann zur Anwendung zu bringen, um so einen Kriminellen schachmatt zu setzen, und zwar nicht irgendwann, sondern sofort. Insofern befürworten beide Fraktionen den Einsatz dieser Geräte, zumal bei solchen Sonderfällen auch immer entsprechende Sanitäter in der Nähe sein werden.

Das sind Dinge, die mir noch mal wichtig waren hier bei der Einbringung des Gesetzentwurfes. Ich möchte noch mal abschließend sagen, aus unserer Sicht sind die Regelungen notwendig, um Sicherheit und Ordnung in Mecklenburg-Vorpommern zu gewährleisten.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

Lassen Sie uns der Polizei die geeigneten Mittel an die Hand geben, um das zu gewährleisten. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Vielen Dank, Herr Renz.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 90 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Měšťan für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Regierungsfraktionen von CDU und SPD – tatsächlich meine ich aber, vor allem der CDU-Innenminister – bringen heute die Fünfte Änderung des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes in den Landtag ein.

(Torsten Renz, CDU: Sie müssen schon mal lesen, wer der Einbringer dieses Gesetzentwurfes ist!)

Bevor ich einige grundsätzliche Anmerkungen zum Gesetzentwurf mache, möchte ich Ihnen die letzte Änderung des Polizeirechts in Mecklenburg-Vorpommern in Erinnerung rufen. Es bedurfte also nicht Ihres Hinweises, Herr Renz.

(Torsten Renz, CDU: Mache ich doch gerne.)

Zum Ende der letzten Wahlperiode hatte Rot-Rot die Befugnisse der Polizei gestärkt. Neue Regelungen wie etwa zur Bildüberwachung und -aufzeichnung, zur Überwachung der Telekommunikation oder zur Erkennung von Kraftfahrzeugkennzeichen wurden eingeführt. Herr Renz, nicht nur Ihnen dürfte bekannt sein, dass vor allem die SPD auf diese Neuerungen drängte.

Begründet wurden diese Regelungen vor allem mit Schlagworten wie „die allgemein zunehmende Internationalisierung“, „zunehmende grenzüberschreitende Kriminalität“, „zunehmende Terrorismusgefahr“ – mit Blick auf New York und London – oder die fortschreitende technische Entwicklung, mit der auch die Polizei mithalten müsse.

Auch heute ist Ähnliches aus dem Munde der Befürworter zu hören. Damals wie heute ist DIE LINKE von diesen Regelungen im SOG wenig angetan, gleichwohl sie zugestimmt hat. Damals wie heute bezweifeln wir, dass schärfere Sicherheitsgesetze zwingend mehr und bessere Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger mit sich bringen. Damals wie heute sind wir der Auffassung, dass nicht alles, was technisch und rechtlich möglich ist, sich in einem Polizeigesetz wiederfinden muss. Der Argumentation, der Polizei alle möglichen Befugnisse für alle nur denkbaren Szenarien einzuräumen, können wir als LINKE nur schwer folgen.

Meine Damen und Herren, ich will das nicht so stehen lassen, sonst ist Herr Renz vielleicht enttäuscht: Wir hatten daher der letzten Änderung des Polizeigesetzes aus folgenden Gründen zugestimmt.

(Torsten Renz, CDU: Regierungsverantwortung.)

1. Rot-Rot stärkt nicht nur die Befugnisse der Polizei, sondern auch die Rechte der Bürgerinnen und Bürger gegenüber der Verwaltung. Das ist der Grund, warum es in Mecklenburg-Vorpommern überhaupt das Informationsfreiheitsgesetz gibt. Es ist ein offenes Geheimnis, dass mit diesem Gesetz wiederum Teile der SPD Probleme hatten und die CDU es im Übrigen gleich ganz abgelehnt hatte. Insofern freue ich mich heute, dass zumindest der Fortbestand dieses Gesetzes von den damaligen Kritikern nicht mehr in Zweifel gezogen wird.

2. Die neuen Befugnisse der Polizei wurden befristet und grundlegend evaluiert. Nur wenn sich herausstellt, dass sie tatsächlich verhältnismäßig sind, dass es einen tatsächlichen Bedarf dafür gibt, sollten die neuen Befugnisse weiterhin Bestand haben.

Meine Damen und Herren, mit welchem Ergebnis endete die Prüfung der Wirksamkeit der Maßnahmen im Innenministerium?

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Nun sind wir aber gespannt.)

Leider wie von uns befürchtet. Der Innenminister hält an den neuen Eingriffsbefugnissen der Polizei fest, oft mit pauschalen Behauptungen wie „sie seien geeignet“ oder „hätten sich bewährt“ oder „ein Wegfall der Befugnis sei nicht hinnehmbar“ oder, oder, oder …

(Egbert Liskow, CDU: Alles richtig.)

In der Regel wiegt dabei für den Innenminister das Sicherheitsinteresse der Polizei mehr als das Freiheitsinteresse der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Nö.)