Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu zehn Minuten für jede Fraktion vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Als Erste hat das Wort für die Fraktion der CDU Frau Vizepräsidentin Holznagel. Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn auch der Einsatz der grünen Gentechnik immer wieder Gegenstand heftiger Debatten ist, so ist uns doch allen klar, dass grüne Gentechnik Entscheidendes für die künftige Welternährung und die Umwelt leisten kann. Schon heute weisen gentechnisch optimierte Pflanzen eine höhere Schädlingsresistenz und wirksame Abwehrmechanismen gegen Salz und Dürre auf. Aus diesem Grunde benötigen sie einen verminderten Aufwand an Dünge- und Pflanzenschutzmitteln. Hinzu kommt, dass gentechnisch optimierte Pflanzen eine höhere Nahrungsmittelqualität bereitstellen können. Gerade aus diesen Gründen ist es notwendig, dass die Erforschung der Gentechnologie in nationalen und internationalen Forschungseinrichtungen gefördert wird und mehr unterstützt wird. Hierzu gehören unter anderem Demonstrationsfreilandversuche, der Zugang zu gentechnisch
Im Gegensatz zur roten Gentechnologie mangelt es im Bereich der grünen Gentechnologie oft an der sachlichen Informationsarbeit.
(Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU, Vincent Kokert, CDU, und Konrad Döring, Die Linkspartei.PDS – Konrad Döring, Die Linkspartei.PDS: Wer denkt denn so was?!)
Gerade die rot-grüne Bundesregierung hatte mit ihrem Gentechnikgesetz die Wahlfreiheit für Landwirte und Verbraucher ad absurdum geführt und die Anwendung der grünen Gentechnik in Deutschland zum größten Teil verhindert. Für den Forschungsstandort Deutschland und Mecklenburg-Vorpommern war das Gesetz ein verheerendes Signal. Wir haben darüber auch im Landtag eindeutig debattiert. So stellte schon damals die Deutsche Forschungsgemeinschaft fest, das Gesetz ist ein Hemmnis für Forschung und Innovation in Deutschland. Die Anwendung der vorliegenden Haftungsregelungen wird für die Forschung an gentechnisch veränderten Organismen und Freisetzung in Deutschland nicht mehr möglich sein. Der Bundesverband deutscher Pflanzenzüchter gab zu bedenken, dass durch das beschlossene Gesetz zukunftsfähige Märkte ins Ausland abwandern und sich somit für Pflanzenzuchtunternehmen die Standortfrage in Deutschland stellt. Und wir wissen, wie wichtig für Mecklenburg-Vorpommern diese Forschungsarbeit in unserem Land ist.
Klar ist aber, dass wir die ökonomischen und ökologischen Vorteile nicht dem Ausland überlassen dürfen, während andererseits zunehmend gentechnisch veränderte Produkte aus dem Ausland importiert werden. So wurden schon im Jahr 2003 weltweit über 70 Millionen Hektar mit transgenen Kulturen wie Soja, Mais, Raps und Baumwolle angebaut. Seit Jahren werden in Deutschland gentechnisch veränderter Mais oder Soja in der Landwirtschaft verfüttert. Allein diese Tatsache verdeutlicht, dass es schon lange nicht mehr um die Frage geht, ob die Gentechnologie angewendet wird, sondern vielmehr um die Frage, wie sie angewendet wird, meine Damen und Herren.
Mit dieser Frage befasst sich nun auch der vorliegende Antrag. Sie fordern die Landesregierung auf, auf Bundesebene tätig zu werden, um eine europaweit einheitliche und ausnahmslose Kennzeichnung von Lebens- und Futtermitteln, bei denen im Prozess der Herstellung gentechnisch veränderte Organismen eingesetzt wurden, zu erreichen. Mit den von Ihnen beabsichtigten Ergänzungen der derzeitigen Rechtslage kann der Verbraucher immer noch nicht klar definieren, inwieweit seine Lebensmittel gentechnische Produkte enthalten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zielführender wäre es, alle Lebensmittel zu kontrollieren, also auch die ökologisch erzeugten Lebensmittel, und dann entsprechend dem Untersuchungsergebnis zu kennzeichnen.
Ein weiterer Schwerpunkt Ihres Antrages liegt darin, dass ein Ausgleichsfonds, welcher nach dem Gentechnikgesetz dem Ausgleich von wesentlichen Beeinträchtigungen dient, durch diejenigen eingerichtet werden soll, welche einen Nutzen aus der Anwendung der GVO-Technologie ziehen. Ich denke, so habe ich das richtig verstanden, Frau Wien. Hier stellt sich die Frage, wen Sie damit direkt ansprechen. Einen Nutzen aus der Anwendung der GVOTechnologie können sowohl die Endverbraucher durch optimierte Lebensmittel oder neuartige Medikamente als auch die Gesamtgesellschaft durch verminderten Düngeund Pflanzenschutzmitteleinsatz haben. Das sollte man bedenken. So stellt sich für meine Fraktion die Frage, ob Sie die Endverbraucher oder die Gesamtgesellschaft für einen Ausgleichsfonds hier zur Kasse bitten wollen.
Aus diesem Grunde hat meine Fraktion einen Änderungsantrag zum vorliegenden Antrag vorgelegt, der Konkretisierungen aufnehmen soll. Klar ist dennoch, dass die Landesregierung jederzeit die Möglichkeit hat, sich an die Bundesregierung zu wenden und im Bundesrat aktiv zu werden. Inwieweit es dafür einer Aufforderung des Landtages bedarf, bleibt fraglich. Meine Fraktion steht für ein Nebeneinander von grüner Gentechnologie, konventionellem und ökologischem Anbau.
Sowohl Landwirten als auch Verbrauchern muss eine Wahlfreiheit eingeräumt werden. Die Anwendung der grünen Gentechnik darf nicht durch überzogene Haftungsregelungen infrage gestellt werden. Aus diesem Grunde bitte ich Sie, sich den Änderungsantrag noch mal anzuschauen und ihm zuzustimmen, damit auch dieser Antrag die richtige Richtung bekommt. – Danke schön für die Aufmerksamkeit.
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der SPD die Abgeordnete Frau Kühnel. Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Zug der grünen Gentechnik gewinnt immer mehr an Fahrt. Weltweit ist das so, ob wir das wahrhaben wollen oder nicht. Doch der Zug rollt auf sehr unterschiedlichen Gleisen, in Hightechländern wie den USA und anderen auf Gleisen für hohe Geschwindigkeiten, in Deutschland, einem Land mit Spitzentechnologien, eher auf Nebenstrecken, um bei dem Bild der Bahn zu bleiben. Die Politik tut sich zurzeit schwer, mehr schlecht als recht, möchte ich sagen. Die von Herrn Bun
desminister Seehofer kürzlich getätigten Äußerungen lassen hoffen. Er wolle die Forschung beschleunigen, da es viele ungeklärte Fragen gebe, denn schließlich dürfe man nicht in Unkenntnis verharren und warten bis Länder wie China und andere Antworten finden, die Deutschland geben könnte. Wahre Worte, meine Damen und Herren!
Die Bevölkerung als Verbraucher von Lebensmitteln und die Landwirte als Futtermittelabnehmer sind verunsichert. Bestimmte Presseerzeugnisse tragen durch reißerische Aufmachung dazu bei. Die gesetzlichen Regelungen verhindern zurzeit mehr, als sie fördern. Verbrauchersicherheit, Wahlfreiheit, Haftungsregeln und Koexistenz müssen eindeutig und nachvollziehbarer geregelt sein. Es fehlt eine Gentechnikpflanzenerzeugungsverordnung auf der Grundlage des Gentechnikgesetzes.
Und da komme ich direkt zum Antrag der Koalitionsfraktionen. Ziel ist es, die Landesregierung zu unterstützen in ihren Aktivitäten gegenüber der Bundesregierung, um im Bundesrat für allgemein gültige Regelungen der grünen Gentechnik einzutreten. Es geht um den Einsatz, die Kennzeichnung der Produkte und den Ausgleich im Fall von Beeinträchtigungen angrenzender landwirtschaftlicher Kulturen durch die Einführung eines Ausgleichsfonds. Im Wesentlichen wollen wir im Detail zur Aufklärung von komplizierten Sachverhalten beitragen, die undifferenziert betrachtet zu Fehleinschätzungen führen.
Im Einzelnen: Die Verordnung aus dem Jahr 2003 des Europäischen Parlaments und des Europäischen Rates vom 22. September 2003 über genetisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel deckt nur die Kennzeichnung derjenigen Lebensmittel und Futtermittel ab – das sagte Frau Wien bereits, aber ich möchte es noch einmal wiederholen –, die aus einem GVO hergestellt wurden, nicht jedoch solche, die mit einem GVO hergestellt wurden. Das ist schon ein kleiner Unterschied. Insofern besteht eine Grauzone in der Verordnung über die Verwendung von genetisch veränderten Hilfsstoffen für Lebensund Futtermittel. Das beeinträchtigt die Wahlfreiheit des Konsumenten und verunsichert sie. Als vertrauensbildende Maßnahme für Lebensmittelverbraucher und für Nutzer von Futtermitteln sollte daher auf eine umfassende Kennzeichnung gedrängt werden – es wurden bereits Beispiele dafür genannt –, wie sie bei ökologisch erzeugten Produkten bereits die Regel ist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich weiß, dass diese Punkte immer mit sehr großen Emotionen diskutiert werden. Die bisherige gesetzlich geregelte verschuldensunabhängige Haftung bietet keinerlei Absicherung der unterschiedlichen Beteiligten. Mit einem Ausgleichsfonds sollten daher verschuldensunabhängig eingetretene Schäden abgedeckt und in der Art einer Versicherung von den Nutznießern der grünen Gentechnik finanziert werden.
Bei allen noch nicht hinreichend gesicherten Aussagen zur Rechtslage unterstützen wir mit unserem Antrag die Auffassung der Landesregierung, die sich mit der Meinung des Berufsstandes deckt.
Eine Anbauempfehlung für die zurzeit vom Bundessortenamt in Deutschland zugelassenen fünf genetisch veränderten Maissorten wird so lange nicht möglich sein, wie
es keine klaren gesetzlichen Regelungen in Form von Koexistenzregeln für Informationen des Nachbarn, der Mindestabstand zum Nachbarmaisanbau, Warenflusstrennung sowie Reinigung von Technik und Lagerräumen gibt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Vertrauen in die grüne Gentechnik lässt sich nicht erzwingen, es muss durch eine klare Rahmengesetzgebung, ehrliche Verbraucherinformationen auf allen Ebenen und ein Höchstmaß an Anbaudisziplin erworben werden, aber nicht nur mit Ideologie. Mit unserem Antrag wollen wir diese Zielrichtung unterstützen.
Und nun zum Änderungsantrag der CDU, Ziffer I Nummer 1: Sie schlagen hier eine Veränderung vor, dass wir uns nur an die Bundesregierung wenden. Ich bin der Auffassung, dass wir hier alle politischen Entscheidungsträger mit einbeziehen sollten. Es geht in Ihrem zweiten Punkt, den Sie unter Ziffer 1 vorschlagen, nicht nur darum, dass nur nachgewiesene Lebensmittel gekennzeichnet werden sollten. Dazu ist es zu spät. Es sollten die Lebensmittel gekennzeichnet werden, bei denen nachweislich durch GVO Produkte hergestellt werden. Wir wissen alle, dass das in der Ernährungsindustrie schon längst eine Tatsache ist. Damit würde man nämlich auch dem Verbraucher die Möglichkeit geben, wirklich zu wählen. Im Moment kann er teilweise gar nicht wählen, weil ihm vieles nicht bekannt ist.
In Ziffer 2 kommen Sie noch einmal auf die Problematik des Fonds. Darauf möchte ich eingehen. Ich denke, da ist die Politik in Berlin inzwischen schon weiter. Wir sind nicht der Auffassung, dass dieser Passus gestrichen werden soll, da er sehr wichtig ist. Und die Wirtschaft, das habe ich gerade gelesen, hat bereits signalisiert, diesen Fonds mit zu speisen. Ich denke, die sind weiter, als wir es hier vermuten.
Es hat jetzt ums Wort gebeten der Minister für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Fischerei Herr Dr. Backha u s. Bitte schön, Herr Minister, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am Beispiel der Gentechnik zeigt sich sehr deutlich, dass neue Technologien des 21. Jahrhunderts keine Selbstläufer sind. Je weiter sie in ungewisses Neuland vorstoßen, desto kritischer und deutlicher – und längst natürlich auch bekannt in unserem Land, nicht nur in naturwissenschaftlichen Kreisen, sondern auch in der breiten Masse der Bevölkerung – wird die Art des Ausmaßes und letztes Endes auch die Verantwortbarkeit dieser Technologien. Oft schlägt sich hier eine tiefgründige Skepsis am technischen Fortschritt nieder. Auch das nehmen wir in unserem Bundesland zur Kenntnis. Die Landesregierung nimmt die Ängste und natürlich auch die Besorgnisse der Bevölkerung sehr ernst. Die Sicherheit für die menschliche Gesundheit zu gewährleisten und Gefahren für die Umwelt abzuwenden hat dabei allerhöchste Priorität. Auf der anderen Seite – und das ist hier in den Beiträgen ja schon deutlich geworden – muss es in Mecklenburg-Vorpommern und in Deutschland ins
gesamt darum gehen, das Thema der Biotechnologie und damit auch die Gentechnologie wissenschaftlich bearbeiten zu können. Das ist eine Grundvoraussetzung für die weitere Entwicklung unseres Landes.
Nichtsdestotrotz sagen wir, und das habe ich immer wieder deutlich gemacht, wir brauchen die Wahlfreiheit für die Verbraucherin und Verbraucher sowie für die Landwirte. Der Landwirt muss selber wählen können, möchte er konventionelle, möchte er ökologische oder möchte er aufgrund besonderer Entwicklungen auch gentechnisch veränderte Produkte produzieren. Wir brauchen Sicherheit für diejenigen, die mit diesen Produkten umgehen. Deswegen haben wir gerade in den Koalitionsverhandlungen deutlich gemacht, dass der Haftungsfonds ganz klar aus der Wirtschaft selber kommen muss. Das heißt, diejenigen, die im Zusammenhang mit der Gentechnologie die Entwicklung anschieben wollen und einen Vorteil daraus erzielen möchten, sollen in diesen Fonds einzahlen. Das halte ich nach wie vor für absolut richtig.
Der Antrag der Regierungskoalition steht ganz klar für einen verantwortungsbewussten Umgang mit unserer Umwelt, um natürlich die Risiken und auch die Chancen abwägen zu können. Wir sind im Übrigen als erstes Bundesland in den bundesweiten Versuch eingestiegen. Ich möchte ausdrücklich noch einmal darauf hinweisen, weil hier immer wieder gesagt wird, es werden verschiedenste gentechnisch veränderte Produkte im Lande angebaut, dass das so nicht wahr ist. Es gibt zurzeit drei Maissorten, die weltweit und von der Europäischen Union zugelassen sind. Derjenige, der dieses Produkt anbauen will, hat das Recht, diese Produkte anzubauen. Das ist nun einmal geltendes Recht. Dass wir sehr genau aufpassen, wie und auch unter welchen Voraussetzungen das geschieht, ist klar. Ansonsten laufen in Mecklenburg-Vorpommern wissenschaftliche Versuche, mehr nicht, aber auch nicht weniger.
Die Erfahrungen zeigen sehr wohl, dass wir Abstandsregelungen deutlicher entwickeln müssen, als wir das noch vor einigen Jahren gedacht haben. Ich möchte ausdrücklich darauf hinweisen, dass die Wissenschaft uns hier auch etwas schuldig ist, und zwar uns schnell klare Hinweise zu geben, wie man mit solchen Entwicklungen umgeht. Ich halte es nach wie vor für richtig, dass wir den bundesweiten Versuch mit anderen Bundesländern auch hier umgesetzt haben.