Protocol of the Session on May 18, 2006

unternehmen, Geschäftsreisende oder Gewerbetreibende im Bereich des Luftfrachtaufkommens sind, Sie haben das Beispiel Parchim angesprochen, da muss man sich dann fragen, warum sie tatsächlich nicht gekommen sind –, Touristen und all diejenigen in unserem Land, die ein regionales Flughafenangebot nutzen wollen. Was kann beziehungsweise was muss das Land jedoch tun, um die Anforderungen der einzelnen Marktteilnehmer und die damit im Zusammenhang stehenden volkswirtschaftlichen Bedürfnisse des Landes in Einklang zu bringen? Oder um es einfacher zu formulieren: Was ist das Ziel der Luftverkehrspolitik unseres Landes?

Grundsätzlich, meine Damen und Herren, gilt, Ziel der Verkehrspolitik unseres Landes ist, die Mobilität von Menschen und Gütern als Voraussetzung für wirtschaftlichen Wohlstand und individuelle Entfaltung zu sichern und dabei die Belange der Sicherheit und des Umweltschutzes zu beachten. Mit einer leistungsfähigen Verkehrsinfrastruktur – und der Herr Wirtschaftsminister hat es hier, glaube ich, deutlich ausgeführt – soll der Wirtschaftsstandort Mecklenburg-Vorpommern gestärkt werden. Für die Erreichung dieser Ziele müssen alle Verkehrsträger – Straße, Schiene, Wasser, Luft – mit ihren jeweils spezifischen Vorteilen genutzt und zu einem attraktiven, umweltschonenden und sicheren Gesamtsystem vernetzt werden. Daraus, meine Damen und Herren, ergibt sich dann auch die Aufgabe der Luftverkehrspolitik des Landes. Die Verkehrsinfrastruktur muss den wachsenden Anforderungen der Nutzer entsprechend weiter ausgebaut werden. Angesichts zunehmender politischer und wirtschaftlicher internationaler Verflechtungen gewinnt die schnelle Erreichbarkeit auch weit entfernter Ziele künftig weiter an Bedeutung. Hier liegen die spezielle Bedeutung des Luftverkehrs und die Anforderung an eine den Interessen des Landes entsprechende Luftverkehrskonzeption. Flughäfen sind wichtige Bestandteile der regionalen Wirtschaftsstruktur, da sie die schnelle Erreichbarkeit der wichtigen Wirtschaftsstandorte ermöglichen. Oder, um es auf den Punkt zu bringen, Regionen in Deutschland, die keinen angemessenen Anschluss an das internationale oder interkontinentale Flugverkehrsnetz haben und auch im nationalen Netz keine Rolle spielen, werden sich zukünftig nicht ausreichend entwickeln können.

(Beifall Ute Schildt, SPD)

Daneben tragen Flughäfen selbst vor allem durch Investitionen und andere Auftragsvergaben zur Stärkung der Wirtschaftskraft und Beschäftigung im Einzugsbereich bei. Zudem sind die Flugplätze Standort für luftverkehrsverbundene Wirtschaftsunternehmen, die wiederum zur Sicherung und Schaffung von Produktions-und Dienstleistungen beitragen. Ich möchte das hier nicht weiter ausführen. Der Wirtschaftsminister ist eindeutig und ausgiebig darauf eingegangen.

Die Luftverkehrspolitik dient damit der Wettbewerbsfähigkeit der Region als Wirtschaftsstandort. Mit der Globalisierung der Märkte und im Hinblick auf die Ausweitung des EU-Binnenmarktes nimmt der Wettbewerb unter den Wirtschaftsstandorten zu. Die Verkehrsanbindung und damit die Erreichbarkeit der Region, das heißt unseres Landes, ist und bleibt dabei ein besonders wichtiger Stando r t faktor. Die regional bedeutsamen Flughäfen für den gewerblichen Luftverkehr und die Verkehrslandeplätze werden als kleinere Knoten im Netz der großen Verkehrsflughäfen besonders von der Wirtschaft benötigt, um Standortnachteile ausgleichen zu können.

Meine Damen und Herren, unser Land liegt – das mag man bedauern, das hat im Bereich des Tourismus auch den einen oder anderen Vorteil, weil es die Landschaft und die Umwelt manchmal schont – im Bereich des Luftverkehrs nicht im Zentrum der nationalen und internationalen Verkehrsströme. Das führt dazu, damit komme ich wieder zum Ausgang meiner Ausführungen, dass unter rein betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten weder der Betrieb der für den Luftverkehr erforderlichen Infrastruktur noch der Luftverkehr selbst über Entwicklungspotenziale verfügt, die einen durch die öffentliche Hand nicht gestützten Luftverkehr ohne Weiteres ermöglichen. Das muss man einfach zur Kenntnis nehmen.

Auch wenn wir zukünftig weiter auf selbsttragende Strukturen dringen müssen, befinden wir uns in einer Situation, in der wir im volkswirtschaftlichen Interesse des Landes auf der Grundlage einer Luftverkehrskonzeption gehalten sind, unterstützend auf den Markt einzuwirken. Dazu dienen auch die Maßnahmen, die der Wirtschaftsminister in seiner Rede dargelegt hat, angefangen von der Förderung der Infrastruktur bis zur voraussichtlich zeitlich begrenzten, ich will es mir jedenfalls wünschen, Unterstützung einzelner Verkehrslinien. Wir können den Markt nicht zwingen. Versuche dieser Art sind in der Vergangenheit gescheitert – auch da kann ich an Parchim denken – und werden auch zukünftig scheitern. Aber wir können die Rahmenbedingungen insbesondere im Bereich der Infrastruktur so mitgestalten, dass die Voraussetzungen für eine angemessene Anbindung unseres Landes an den nationalen und internationalen Luftverkehr vorhanden sind. Das Land hat auf der Grundlage seines Luftverkehrskonzeptes mit hohem finanziellen Aufwand Flughäfen und Landeplätze in Mecklenburg-Vorpommern gefördert.

Ziel war und bleibt es, eine leistungsfähige Infrastruktur zu schaffen, um damit die vorhandenen verkehrlichen und wirtschaftlichen Standortnachteile auszugleichen. Dieses wird auch weiterhin auf der Grundlage der vorliegenden Fortschreibung des Luftverkehrskonzeptes geschehen. Allerdings – auch das muss klar und deutlich gesagt werden – kann dieses aufgrund der immer knapper werdenden finanziellen Ressourcen nur im Rahmen eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen wirtschaftlichen Erfordernissen und finanziellen Zwängen erfolgen. Nicht alles, was regional oder selbst landespolitisch wünschenswert ist, ist finanziell machbar. Damit ist das Luftverkehrskonzept dann allerdings tatsächlich Grundlage und integraler Bestandteil der erfolgreichen Wirtschaftspolitik dieses Landes und findet die Unterstützung meiner Fraktion.

In diesem Zusammenhang schlage ich im Namen der SPD-Fraktion vor, die Drucksache 4/1613 durch die Beratung für verfahrensmäßig erledigt zu erklären und dieser zuzustimmen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und Linkspartei.PDS)

Danke schön, Herr Schulte.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der Linkspartei.PDS

der Abgeordnete Herr Döring. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Zeit ist Geld“ ist ein geläufiger Ausdruck. Ich möchte hinzufügen „Zeit ist Realität“.

(Wolfgang Riemann, CDU: Ja, das Flugwesen entwickelt sich. Das weiß ich.)

Das heißt, wenn in der zur Verfügung stehenden Zeit längere Wege zurückgelegt werden sollen, so sind schnellere Transportmittel notwendig.

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Diese sollen außerdem noch kostengünstig, zuverlässig, mit hoher Transportkapazität und bequem sein, sowohl in der Ausstattung als auch in der Erreichbarkeit. Ich spreche an dieser Stelle unter anderem über moderne Flugzeuge, die diesen Ansprüchen gerecht werden, und den damit notwendigen Einrichtungen für die Be- und Entladung sowie für Start und Landung. Aber die dabei von mir aufgeführten Eigenschaften sind natürlich relativ zu betrachten. Mit dem vorliegenden Konzept wird das aus dem Jahr 1998 stammende Luftverkehrskonzept des Landes fortgeschrieben. Diese erste Fortschreibung geht auf einen Antrag der Koalitionsfraktionen aus dem Jahr 2004, von der PDS-Fraktion eingebracht, zurück und betont die Bedeutung und Notwendigkeit der angemessenen Entwicklung der notwendigen Infrastruktur für die Standortentwicklung sowohl im nationalen als auch im internationalen Rahmen. Auf der Basis der Umsetzung wesentlicher Ziele, Projekte und Vorhaben des „alten Konzeptes“ wurden in der Fortschreibung die neuen Rahmenbedingungen berücksichtigt. Das war auch die Intention unseres Antrages. Die Weiterentwicklung des Konzeptes wird sowohl am fast verdoppelten Umfang als auch an der umfassenden Analyse der Gesamtsicht und Einordnung des Flugwesens – richtig, es entwickelt sich – in Mecklenburg-Vorpommern deutlich.

Damit liegt uns heute ein mittelfristig verwendbarer fachlicher Planungs- und Handlungsrahmen vor, denn das Konzept geht davon aus, dass ein leistungsfähiges Luftverkehrssystem von existentieller Bedeutung für die Entwicklung einer Region ist. Mecklenburg-Vorpommern muss im Vergleich mit anderen Regionen Deutschlands zur Verbesserung seiner Standortqualität an das nationale und internationale Luftverkehrsnetz angebunden bleiben, so eine weitere Kernaussage des Konzeptes.

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Muss aber nicht alles mitmachen.)

Diese Aussage kann ich nur unterstützen.

(Heiterkeit bei Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS)

Meine Damen und Herren, dagegen geht eine Studie der Deutschen Bank vom November 2005 zu deutschen Regionalflughäfen davon aus, dass der Ausbau der meisten Regionalflughäfen nicht notwendig ist. Fazit der besagten Veröffentlichung unter anderem: Der Ausbau der meisten Regionalflughäfen in Deutschland ist eine Verschwendung der ohnehin knappen öffentlichen Mittel. Die Regionalflughäfen sind sowieso nicht wirtschaftlich zu betreiben, erreichen nie die notwendige kritische Größe und sind außerdem nur Prestigeprojekte. Außerdem gebe es genügend Flugplätze in Deutschland. In dieser Studie ist der Flughafen Laage als einer der großen Regionalflughäfen erwähnt, jedoch nicht explizit bewertet worden. Ich will die Aussagen dieser Veröffentlichung gar nicht generell in Frage stellen, meine aber, dass mit Blick auf die Entwicklung unseres Landes und seiner Struktur der Weg in der uns vorliegenden Konzeption der richtige ist.

Die Aussagen der Deutschen-Bank-Studie im Hinterkopf wende ich mich nun einigen Schwerpunkten des Luftverkehrskonzeptes zu. Die damit verbundene Verantwortung drückt sich aus meiner Sicht in der Feststellung des schon erwähnten Masterplans zur Entwicklung der Flughafeninfrastruktur in Deutschland aus, dass mit der Favorisierung von bundesweit acht großen Flughäfen keine Vernachlässigung des Mittel- und Kurzstreckenverkehrs verbunden sein darf. Die Frage nach der Effizienz von dafür eingesetzten Fördermitteln hingegen ist zulässig und notwendig.

Meine Damen und Herren, damit verbunden ist die Frage nach alternativen Transportmöglichkeiten, wobei einseitige Betrachtungen – Herr Kollege Born ist leider nicht da,

(Dr. Ulrich Born, CDU: Doch!)

doch, da hinten – hierbei wenig hilfreich sind. Mecklenburg-Vorpommern ist ein Flächenland mit geringer Bevölkerungsdichte. Dass wir dennoch keine Wüste sind, wurde uns erst kürzlich bestätigt.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Und der Raps blüht auch sehr schön.)

Der Bau der Ostseeautobahn A 20, der geplante Ausbau der Autobahn 241 nach Wismar und der weitere Ausbau des Schienennetzes, hier insbesondere zur Erhöhung der Geschwindigkeit im Fernverkehr, machen aus meiner Sicht die bedarfsgerechte Entwicklung des Luftverkehrs nicht entbehrlich. Zu Standortvorteilen gehört eben auch, dass die Erreichbarkeit des Zielortes so schnell als möglich mit unterschiedlichen Transportmitteln gewährleistet ist. Hier wurde natürlich richtigerweise schon insbesondere die Tourismuswirtschaft angesprochen. Der Regionalflughafen Neubrandenburg zum Beispiel bemüht sich aktuell um die Einrichtung des Linienverkehrs nach München ohne finanzielle Unterstützung durch das Land. Der Regionalflughafen Güttin auf Rügen ringt um die Verlängerung der Start- und Landebahn. Bisher wurden in den Flugplatzausbau circa 300.000 Euro investiert. Die aktuelle Haushaltssituation hemmt zurzeit die Weiterführung.

(Angelika Peters, SPD: Eigenmittel.)

Das besondere Potenzial auf Deutschlands größter und schönster Insel liegt aber nicht nur in der gestiegenen Zahl der Rundflugpassagiere.

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Darin, dass wir auf Rügen den größten Besucherstrom im Land haben und hoffentlich behalten werden, liegt die Chance, dass nach der Verlängerung der Start- und Landebahn die Auslastungsquote genauso deutlich ansteigt.

(Zuruf von Peter Ritter, Die Linkspartei.PDS)

Hauptargument der Befürworter für Neubrandenburg und Güttin sind in beiden Fällen die damit verbundenen Synergieeffekte sowohl für die wirtschaftliche Entwicklung in der Region als auch für die private Nutzung.

Aus der Übersicht für die geplante Luftverkehrsentwicklung in Deutschland bis 2015 wird deutlich, dass der Erhalt beziehungsweise Ausbau von Regionalflughäfen, Regionalflugplätzen und -verkehrslandeplätzen in Mecklenburg-Vorpommern ohne die Unterstützung durch die Landesregierung perspektivisch nicht gesichert ist. Mobilität und der Anspruch, Gesundheitsland Nummer eins zu sein, schließen sich nach meinem Verständnis nicht aus.

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Aber ohne Flugzeuge.)

Im Gegenteil, die Reiselust ist nach wie vor groß, insbesondere bei Senioren und Seniorinnen.

(Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS: Besonders.)

Oder besonders.

Warum also erst aus Vorpommern nach Hamburg oder Berlin fahren, wenn Flugreisen von Rostock oder Neubrandenburg möglich sind.

(allgemeine Unruhe – Angelika Peters, SPD: Seid nicht so laut, sonst kann ich nichts hören!)

Auch der ankommende Tourist wird gemäß den aufgezeigten Entwicklungstrends immer mehr die Reiseauswahl nicht nur nach den Zielorten, sondern vermehrt nach bequemer Erreichbarkeit auswählen.

Meine Damen und Herren, die Schwerpunkte künftiger Luftverkehrspolitik müssen sich sowohl am Bedarf – auch am möglichen beziehungsweise zu erwartenden – als auch an den Möglichkeiten orientieren. Die Entwicklung des Luftverkehrs im Land ist im starken Maß abhängig von der internationalen und gesamtdeutschen Entwicklung. Wir sind noch nicht genügend in der Lage, auf diese Trends Einfluss zu nehmen. Gleichzeitig wird der sich entwickelnde Inlandsbedarf zu neuen oder anderen Bedürfnissen führen, als wir sie im Land befriedigen können. Diese und eine Reihe anderer Faktoren haben wir ständig zu beachten und auch unter Berücksichtigung der Fluglinienförderung ständig zu evaluieren. Der Wirtschaftsausschuss der nächsten Legislaturperiode wird gut daran tun, dieses Thema regelmäßig im Auge zu behalten. Eine ausgewogene Infrastrukturentwicklung ist aus meiner Sicht der richtige Weg zur Verbesserung der wirtschaftlichen Situation. Die vorliegende Fortschreibung des Luftverkehrskonzeptes ist dabei notwendiger Bestandteil.

Meine Damen und Herren, die Fraktion der Linkspartei.PDS schließt sich dem Vorschlag der Fraktion der SPD an, die Unterrichtung durch die Landesregierung für erledigt zu erklären. – Danke sehr.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der Linkspartei.PDS und Rudolf Borchert, SPD)

Danke schön, Herr Döring.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Aussprache.

Zwei Fraktionen haben es bereits erklärt, also kann ich davon ausgehen, dass wir nach der jetzigen Aussprache die Unterrichtung durch die Landesregierung auf Drucksache 4/1613 verfahrensmäßig für erledigt erklären.

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Ja.)

Da ich keinen Widerspruch gehört habe, ist das so beschlossen. Wir haben nur Zustimmung zu diesem Vorschlag.