Protocol of the Session on May 17, 2006

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und Linkspartei.PDS – Frank Ronald Lohse, SPD: Jawohl.)

Sie muss es der ganzen kulturellen Breite und Vielfalt gegenüber sein, den öffentlichen Institutionen der Aufklärung, sprich den Theatern, den modernen Off-Szenen, den kommunalen Einrichtungen wie Bibliotheken, Musikschulen, Kulturhäusern, den vielgestaltigen lebendigen Projekten, den Medien gegenüber und so weiter und so fort. Außer Frage sollte eine garantiert öffentliche kulturelle Grundversorgung stehen. Und es freut mich sehr, dass in der Einleitung der vom Kulturbeirat erstellten aktuellen „Kulturanalyse für Mecklenburg-Vorpommern“ davon die Rede ist. Ich zitiere: „Die soziale und kulturelle Entfaltung aller Bürger ist ein fundamentales Menschenrecht. Die volle und ungehinderte Beteiligung aller am kulturellen Leben gehört zur Daseinsvorsorge eines jeden Gemeinwesens.“ Aber dazu konkretere Aussagen im Zusammenhang mit der morgen stattfindenden Debatte zur Kultur als Staatsziel.

Viertens geht es um die konkrete Ausgestaltung von Förderrichtlinien, zu denen hier schon einiges gesagt wurde. Gefördert wird Kultur, davon ist auch unser Land nicht frei, im abgesteckten Rahmen als weicher Standortfaktor, der zur Lebensqualität beiträgt und als Touristenattraktion für Umsatzsteigerungen sorgen soll. Aber macht es wirklich immer Sinn, wenn Kulturinstitutionen heute vorrechnen müssen, wie viele Arbeitsplätze sie schaffen, welchen Werbeeffekt sie ausstrahlen und wie viele Folgekosten sie verursachen? Zum Beispiel ist es im Zusammenhang mit der Theaterförderung oft eine Frage gewesen, mit wie viel Euro eine Karte subventioniert wird und ob das auch die entsprechenden Resultate bringt. Wer will aber berechnen, ob bei einer Subventionierung von 4 Euro pro Karte oder bei 120 Euro pro Karte das bessere Theater – sprich Aufklärung für Bürger – herauskommt? Die kulturellen Einrichtungen und Verbände brauchen Planungssicherheit – eine oft genannte Forderung. Es scheint mir unaufschiebbar, dass sich der Landtag zum gesetzlich Möglichen von institutioneller Förderung, darunter im Kulturbereich, verständigt. Die „Kulturanalyse für Mecklenburg-Vorpommern“ unterstreicht diese Notwendigkeit.

Nun habe ich diese vier Problemfelder benannt und denke, dass man sich diesen in Zukunft dringlicherweise zuwenden und Lösungswege realisieren muss, um die eingangs beschriebene qualitative und quantitative Vielfalt an Kultur in unserem Land zu erhalten, denn diese zu erhalten ist notwendig. Wir benötigen sie als dringlichste Aufgabe für unsere Zukunft, nämlich für ein Leben in kultureller Vielfalt in Europa.

Die 31. Generalkonferenz der UNESCO hat am 2. November 2001 in Paris eine zukunftsweisende allgemeine Erklärung zur kulturellen Vielfalt verabschiedet. Darin bekräftigt die Generalkonferenz, „dass“, ich zitiere, „Kultur als Gesamtheit der unverwechselbaren geistigen, materiellen, intellektuellen und emotionalen Eigenschaften angesehen werden sollte, die eine Gesellschaft oder eine soziale Gruppe kennzeichnen, und dass sie über Kunst und Literatur hinaus auch Lebensformen, Formen des Zusammenlebens, Wertesysteme, Traditionen und Überzeugungen umfasst.“ Dafür ist kulturelle Bildung das Fundament von Kulturpolitik und eine Voraussetzung für die kulturelle Kompetenz, die die Menschen in der Gesellschaft der Zukunft benötigen.

In dem Bericht des Europäischen Parlaments vom 2 0. Februar 2004 über die Rolle der Schulen und des Schulunterrichts bei der Förderung eines bestmöglichen Zugangs der Öffentlichkeit zur Kultur werden gerade zu dieser Thematik grundlegende Feststellungen getroffen. Diese sollten wir uns alle noch einmal – auch in den zukünftigen Landtagsfraktionen und in der künftigen Landesregierung – heranziehen, um daraus konkrete kulturpolitische Entscheidungen zu treffen. Und ich könnte fast sagen, wenn sie nicht in diesem Bericht als Forderungen der EU schon vorliegen würden, wir als Linkspartei.PDS können jede der einzelnen 28 Forderungen unterschreiben und auch als unsere deklarieren.

Dort steht unter anderem Folgendes, die Kommission, ich zitiere, „ist der Auffassung, dass die europäischen Bildungssysteme die Wahrnehmung der Kulturen und Lebensarten aller europäischen Völker sowie das Bewusstsein über gemeinsame europäische Werte stärken können; … unterstreicht, dass die jungen Menschen durch kulturelle Tätigkeiten und Strukturen erzogen werden müssen, die von den zuständigen Behörden auf allen Ebenen finanziell unterstützt werden; … verweist darauf, dass der Zugang zum kulturellen Erbe Europas eine Grundvoraussetzung für den Integrationsprozess ist und im Hinblick auf die Festigung des Empfindens einer europäischen Bürgerschaft ein wesentlicher Faktor ist; … weist darauf hin, dass es innerhalb der Schule und des Schulunterrichts eine Vielzahl von Möglichkeiten gibt, den interkulturellen und interreligiösen Austausch zwischen den Schülerinnen und Schülern auch über die kulturellen Grenzen Europas hinweg zu fördern und somit zum kulturellen Lernen beizutragen, zum Beispiel indem die Kinder von ihrem Herkunftsland oder dem Herkunftsland ihrer Eltern erzählen, Sitten und Gebräuche vorstellen und über ihre Erfahrungen als Ausländer in einem fremden Kulturkreis berichten; … fordert die Mitgliedstaaten auf, die Einführung in die darstellenden Künste in der Schule unter einer europäischen Perspektive durch die Zusammenarbeit zwischen Lehrern und Künstlern zu fördern; … unterstreicht, dass die Teilnahme der Kinder an künstlerischen und kulturellen Tätigkeiten einen wichtigen Faktor bei der Entfaltung ihrer kreativen Fähigkeiten darstellt und dass die Entwicklung eines kreativen Potenzials für ihr künftiges privates und berufliches Leben von Nutzen ist; betont in diesem Zusammenhang die Bedeutung der Kooperation zwischen Schule und Elternhaus, die einen wichtigen Beitrag hierzu leisten kann; … ist der Auffassung, dass Musik, Kunst und Theater ein Grundbestandteil der Kultur und Geschichte der einzelnen Mitgliedstaaten und des kulturellen Erbes Europas sind, und empfiehlt daher, dass diesen Fächern in der Schulbildung mehr Priorität eingeräumt wird; …“

Ich könnte noch eine weitere Vielzahl dieser 28 Forderungen hier darstellen. Nicht alle von ihnen kosten im direkten Sinne Geld. Ich denke, wir haben mit der Kulturanalyse vorliegen, dass das Potenzial, um diese Inhalte auch in Zukunft realisieren zu können, in diesem unseren Lande vorhanden ist. Wir müssen alle Aufmerksamkeit darauf lenken, dass in den nächsten Jahren Entscheidungen getroffen werden – auch in finanzieller Hinsicht, aber nicht nur in dieser –, die erreichen, dass dieses Potenzial weiterhin vorhanden bleibt und genutzt werden kann in dem von mir dargestellten Sinne. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS und einzelnen Abgeordneten der SPD)

Danke schön, Frau Schmidt.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache zum Tagesordnungspunkt 10 beendet.

Ich rufe nunmehr auf den Tagesordnungspunkt 11: Beratung des Antrages der Landesregierung – Zustimmung des Landtages gemäß § 114 Absatz 2 Satz 5 des Landeshochschulgesetzes Mecklenburg-Vorpommern, hier: Zielvereinbarungen mit der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, der Hochschule für Musik und Theater Rostock, der Hochschule Neubrandenburg, der Fachhochschule Stralsund und der Hochschule Wismar, jeweils vom 27. April 2006, Drucksache 4/2242.

Antrag der Landesregierung: Zustimmung des Landtages gemäß § 114 Absatz 2 Satz 5 des Landeshochschulgesetzes Mecklenburg-Vorpommern hier: Zielvereinbarungen mit der ErnstMoritz-Arndt-Universität Greifswald, der Hochschule für Musik und Theater Rostock, der Hochschule Neubrandenburg, der Fachhochschule Stralsund und der Hochschule Wismar, jeweils vom 27. April 2006 – Drucksache 4/2242 –

Das Wort zur Begründung hat der Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur Professor Dr. Dr. Metelmann.

Bitte schön, Herr Minister.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Wir, das heißt der Landtag und die Landesregierung, befinden uns mit der jetzt von Ihnen erbetenen Zustimmung zu den Zielvereinbarungen an einer bedeutenden Schwelle. Es geht darum, die betreffenden Hochschulen in ihrer Autonomie zu stärken und eine neue Form der Partnerschaft zu begründen.

Ich darf zunächst in Erinnerung rufen, dass mit der Verabschiedung des Landeshochschulgesetzes im Jahre 2002 die wesentlichen Grundlagen hierfür gelegt wurden. Seinerzeit wurden die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen, um die Autonomie der Hochschulen zu stärken. Insbesondere wurde ihnen das Berufungsrecht zuerkannt. Ebenso erhielten sie das Recht, selbst über die Einrichtung, Änderung oder Aufhebung von Studiengängen zu entscheiden. Dieses Recht war bis zum Abschluss der ersten Zielvereinbarungen noch suspendiert und wird nach Bestätigung der Zielvereinbarungen durch den Landtag in vollem Umfang gemäß den Bestimmungen in Paragraf 28 Absatz 4 gegeben sein. Die entsprechenden Verfahren werden damit wesentlich vereinfacht und beschleunigt.

(Präsidentin Sylvia Bretschneider übernimmt den Vorsitz.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Landesregierung hat mit ihrem Kabinettsbeschluss vom 29.11.2005 über die langfristige strukturelle Entwicklung der Hochschulen in Mecklenburg-Vorpommern mit dem Willen, Wissenschaft und Kunst, Forschung und Lehre zu stärken, und unter Beachtung der demografischen und finanziellen Entwicklung des Landes die notwendigen Entscheidungen für ein abgestimmtes und bedarfsgerechtes Lehr- und Forschungsangebot im Lande getrof

fen. Hierüber wurde das Haus mit der Drucksache 4/1949 unterrichtet.

Der Landtag hat mit der Verabschiedung des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Landeshochschulgesetzes am 2. Februar 2006 in der Übergangsregelung des Paragrafen 114 die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass ohne eine erneute Diskussion um die Festlegung der Eckwerte nach Paragraf 15 LHG das Bildungsministerium bis zum 30. April des Jahres mit den Hochschulen Zielvereinbarungen für eine erste Planungsperiode bis zum 31.12.2010 abschließen kann, um ein landesweit abgestimmtes und bedarfsgerechtes Lehr- und Forschungsangebot sicherzustellen. Von dieser Möglichkeit habe ich unverzüglich Gebrauch gemacht. Ich habe die Verhandlungen mit allen sechs Hochschulen aufgenommen und ihnen ein erstes Angebot zur Einleitung dieses Prozesses zum Abschluss von Zielvereinbarungen unterbreitet

(Wolfgang Riemann, CDU: Nach dem Motto „Und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt.“)

und dabei hat unser Haus von Anfang an allergrößten Wert auf den Versuch, auf das Prinzip der gleichen Augenhöhe gelegt.

(Wolfgang Riemann, CDU: Die Pressemitteilung war schon fertig, bevor Sie gesprochen haben.)

Der Abschluss von Zielvereinbarungen gehört nach der Systematik des LHG Mecklenburg-Vorpommern zum Bereich des Zusammenwirkens von Staat und Hochschule. Und das ist ganz wörtlich zu nehmen. Es handelt sich bei der Hochschulplanung insgesamt weder um eine Selbstverwaltungsangelegenheit noch um eine rein staatliche Angelegenheit. Vielmehr sind Land und Hochschulen in diesem Feld aufeinander verwiesen und zur Zusammenarbeit unter Ausschöpfung aller Möglichkeiten verpflichtet. Zugrunde gelegt habe ich dabei ein bereits im Jahre 2003 mit den Hochschulen abgestimmtes inhaltliches Konzept einer Zielvereinbarung. Dieses beinhaltet nunmehr:

zunächst das Leitbild der jeweiligen Hochschule

die Festlegung der Kompetenzfelder in Lehre, Kunst und Forschung in den übergreifenden Entwicklungszielen zur Gewährleistung eines landesweit abgestimmten Lehr- und Forschungsangebotes

die aus der Sicht der jeweiligen Hochschule und des Landes besonders hervorzuhebenden und die vom Land gesondert, insbesondere aus dem Sammelansatz geförderten Entwicklungsziele

das Finanzbudget bis zum Jahr 2010 mit der Zusage, die Hochschulen auch über diesen Zeitpunkt hinaus wettbewerbsfähig auszugestalten

die Zusicherung eines Stellenbestandes über das Jahr 2017 hinaus

die projektbezogenen Bauinvestitionen bis zum Jahre 2010

die Vereinbarung zur Schließung von Studiengängen

die Regelungen zur Qualitätssicherung in Lehre und Forschung durch Weiterentwicklung der Kosten-Leistungs-Rechnung, des Controllings, des Monitorings, der Evaluierung, der Akkreditierung

und die Weiterentwicklung des Systems der formelgebundenen Mittelzuweisung

Regelungen für die Beendigung des Studiums im Falle zu schließender Studiengänge mussten nicht getroffen werden, weil Einvernehmen mit den Hochschulen über den Abschluss dieser Studiengänge an der jeweiligen Hochschule erzielt werden konnte.

Diese Verhandlungen, meine sehr geehrten Damen und Herren, wurden mit den Hochschulleitungen in Kenntnis der Einbindung der jeweiligen Vertragspartner in ihre Entscheidungsstrukturen geführt, denn für beide Seiten bestehen Bindungen. Die Hochschulleitungen waren an die von ihren Senaten beschlossenen Hochschulentwicklungspläne gebunden und ich insbesondere an die in der Landtagsdrucksache 4/1949 formulierten, vom Kabinett getroffenen Festlegungen. Diese von einem konstruktiven Willen zum Abschluss der Zielvereinbarungen getragenen Verhandlungen führten in fünf Fällen zu einem Einvernehmen. Leider scheiterten die Verhandlungen mit der Universität Rostock kurz vor dem Ziel. Die Hochschulleitung sah sich jedenfalls nicht in der Lage, das Angebot der Landesregierung anzunehmen. Aber darauf werde ich unter dem nächsten Tagesordnungspunkt noch gesondert eingehen.

Seitens der fünf Hochschulen haben die jeweiligen Senate den von den Hochschulleitungen ausgehandelten Ergebnissen zugestimmt. Für die Rektoren und die akademischen Gremien war dies mit schwierigen Diskussionen, mit einem erheblichen Verzicht verbunden. Ich danke an dieser Stelle den Rektoren der Hochschulen für diese Dialogbereitschaft und den Gremien für nicht leichte, aber zukunftsweisende Beschlüsse.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

Und ich danke dafür, dass diese Beschlüsse so rechtzeitig getroffen werden konnten, dass die Zielvereinbarungen am 27. April in einer Veranstaltung hier im Schweriner Schloss von den Beteiligten unterschrieben werden konnten. Damit haben wir eine Ziellinie, den von Ihnen in Paragraf 114 LHG vorgegeben Termin, den 30. April 2006, erreicht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, mit Ihrer Zustimmung zu den Zielvereinbarungen entlassen wir, wie ich bereits eingangs betonte, die Hochschulen in eine größere Autonomie.

(Heiterkeit bei Gesine Skrzepski, CDU)

Einerseits entsteht durch die langfristige Festlegung des finanziellen Budgets die Zusicherung einer Stellenausstattung über das Jahr 2017 hinaus und die bis 2010 vereinbarten Bauinvestitionen geben ein Höchstmaß von Planungssicherheit, wie es von den Hochschulen gefordert wurde.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der Linkspartei.PDS – Angelika Peters, SPD: Ganz recht. – Dr. Gerhard Bartels, fraktionslos: Schön wär’s, wenn es so wäre. – Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Und dann: Die Übergangsregelung des Paragrafen 114 entfällt. Die Einrichtung, Änderung und Aufhebung von Studiengängen erfolgt ab jetzt durch diese Hochschulen und wird dem Bildungsministerium lediglich angezeigt.

(Gesine Skrzepski, CDU: Also dann haben Sie die ganzen Briefe nicht gelesen.)

Andererseits wird durch Ihre Zustimmung zu den Zielvereinbarungen sichergestellt,

(Wolfgang Riemann, CDU: Die unter Haushaltsvorbehalt stehen.)

dass das Land ein landesweit abgestimmtes und bedarfsgerechtes Lehr- und Forschungsangebot vorhält,

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

und dieses wird durch begleitende Maßnahmen der Effizienzsteigerung und der Qualitätssicherung, vor allem durch eine leistungsorientierte Mittelvergabe auf der Grundlage einer Kosten-Leistungs-Rechnung und durch das Controlling ständig à jour gebracht.

(Angelika Peters, SPD: Das ist richtig.)