Protocol of the Session on April 5, 2006

(Egbert Liskow, CDU: Gar nicht gelöst werden konnten. – Dr. Armin Jäger, CDU: Die werden doch gar nicht gelöst.)

Meine Damen und Herren, mit dieser Gesetzesvorschrift wird deutlich,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Überall steckt in Ihren Sätzen die Unwahrheit!)

dass die Verwaltungsreform kein einmaliger Akt ist, sondern ein fortlaufender Prozess, der in der nächsten Legislaturperiode seine Fortsetzung findet.

Nach meiner Wahrnehmung ging es bei dieser Diskussion nicht allein und schon gar nicht in erster Linie um das Thema Finanzen, sondern es ging um die Frage, wie wir von unten her der Entwicklung unseres Bundeslandes einen Schub verleihen können. Besonders die kreisfreien Städte, die zukünftig große kreisangehörige Städte sind, haben hier fortlaufend in den Jahren, in denen wir darüber diskutiert haben, immer wieder ihr Interesse angezeigt, welches legitim und aus meiner Sicht auch unterstützenswert ist. Deshalb wird es in der nächsten Legislaturperiode ganz besonders um zwei Themen gehen, und zwar um die Förderung der Entwicklungszentren im Lande Mecklenburg-Vorpommern und um die Stärkung der Demokratie auf gemeindlicher Ebene. Das sind Themen für die Weiterführung der Funktionalreform, wie es die Entschließung zum Gesetzentwurf für die Schulangelegenheiten zum Ausdruck bringt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Willy Brandt hat heute mehr Recht als je zuvor.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Der würde sich im Grabe umdrehen.)

Reformen von heute sind Reformen, die sich vor allem morgen auswirken.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Der würde sich wirklich im Grabe umdrehen, wenn er so was hören würde. Peinlich!)

Der Nutzen wird sich erst langfristig einstellen, dann aber gerade bei diesem Vorhaben sehr nachhaltig. Deshalb ist die Richtung entscheidend. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf haben wir gemeinsam die politische Richtung bestimmt, die unserem Land eine eigene und eigenständige Zukunft verschafft. Daran werden wir weiterhin, hoffe ich, gemeinsam in der nächsten Zeit arbeiten. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und Peter Ritter, Die Linkspartei.PDS)

Danke schön, Herr Minister.

Die Fraktion der CDU hat um eine Auszeit gebeten mit einer Dauer von 15 Minuten. Ich unterbreche die Sitzung und wir setzen um 14.35 Uhr fort.

Unterbrechung: 14.19 Uhr

Wiederbeginn: 14.38 Uhr

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Sitzung ist wieder eröffnet. Bevor wir in der Tagesordnung fortfahren, gestatten Sie mir zuerst eine Bemerkung. Wir alle wissen, dass die Debatte sehr kontrovers und angeregt ist, und ich appelliere bei aller Heftigkeit der unterschiedlichen Auffassungen an alle Rednerinnen und Redner, die Würde und Achtung hier im Hohen Hause auch einzuhalten.

Gemäß Paragraf 89 der Geschäftsordnung hat der Abgeordnete Herr Riemann um eine persönliche Bemerkung außerhalb der Tagesordnung gebeten. Bitte schön, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich fühle mich persönlich betroffen

(Heinz Müller, SPD: Ich auch.)

von den Äußerungen des Innenministers, Christdemokraten hätten global als Unterstützer der SED-Diktatur fungiert. Ich persönlich bin betroffen, denn als Christdemokrat war ich in der evangelischen Kirche, die sich damals im Sozialismus als Kirche definierte, und wegen der Teilnahme an der Jungen Gemeinde flog ich von der Fachschule.

Herr Minister, als die Warschauer Vertragsstaaten einmarschierten in die Tschechoslowakei, sollte ich unterschreiben, dass ich diesen Einmarsch gerechtfertigt finde. Ich habe mich geweigert, auch als Christdemokrat. Ich musste deshalb die EOS verlassen und sah in dem Staat keine Perspektive und wurde somit dann auch verurteilt wegen versuchter Republikflucht. Ich frage Sie, Herr Minister: Was haben Sie zu der Zeit getan? Wo haben Sie sich eingesetzt? Wo haben Sie sich eingesetzt für Christdemokraten, die die Erweiterte Oberschule nicht besuchen durften? Wo haben Sie sich dafür eingesetzt, dass dieses System menschlicher war? Sie haben heute eine ganze Personengruppe, nämlich meine Fraktion, pauschal diffamiert und das weise ich zurück. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Damit treten wir wieder ein in die Tagesordnung.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der CDU der Fraktionsvorsitzende Herr Dr. Jäger. Bitte schön, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Wer heute Morgen zum Landtag kam, merkte, dass eine etwas eigenartige Stimmung herrscht. Und es wäre gut gewesen, wenn wir uns alle ein wenig Mühe gemacht hätten mit denjenigen, die ihre Meinung kundgeben wollten – das Demonstrationsrecht ist von unserem Grundgesetz geschützt –,

(Volker Schlotmann, SPD: Das hat auch nie einer infrage gestellt.)

wenn wir uns deren Anliegen auch angenommen hätten.

Herr Innenminister, ich war, als ich ankam, erst freudig erregt. Ich dachte, es ist nett, dass heute mal Polizei als Zuhörer im Zuschauerraum sitzen wird. Das gehört auch zur staatspolitischen Bildung bei der Polizeiausbildung. Dann habe ich aber gesehen, das waren Beamte im Dienst. Da war ich dann doch ein bisschen erschreckt, wie viel Angst Sie vor Kommunalpolitikern haben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Das haben diese nicht verdient. Herr Innenminister, unsere Polizisten sind keine Statussymbole, sondern sie sollen ihre Aufgaben, Sicherheit und Ordnung zu gewährleisten, erledigen. Das heute Morgen war absolut übertrieben und unnötig, was Sie da veranlasst haben.

(Minister Dr. Till Backhaus: Sprechen Sie mal zum Thema!)

Herr Ministerpräsident, Sie haben hier in einer doch sehr zu Herzen gehenden Rede auf die Zukunft unseres Landes hingewiesen. Nein, das meine ich ganz ernst. Ich nehme Ihnen sogar ab, dass Sie das genauso meinen, und das ist überhaupt nicht zynisch. Aber Sie reden über eine Verwaltungsreform, die nicht Gegenstand dieses Gesetzgebungsverfahrens ist.

(Dr. Ulrich Born, CDU: So ist es.)

Wenn es wirklich zutrifft – und da spreche ich mit Ihnen –, würde ich bei jeder Diskussion übereinstimmende Aussagen haben, dass wir dringend eine Reduzierung von Verwaltungsaufwand brauchen, wenn es zutreffend ist, dass wir zu viel Geld im konsumtiven Bereich, insbesondere für die Verwaltung, ausgeben, wenn es zutreffend ist, dass unsere Strukturen zu kompliziert, weil zu vielschichtig und auch wegen der unterschiedlichen Aufgabenverlagerung schwer zu händeln sind.

(Hans-Heinrich Jarchow, SPD: Zwei Minister.)

Herr Ministerpräsident, warum haben Sie nicht endlich angefangen? Warum haben Sie nicht endlich angefangen? Sie haben uns allen einmal Hoffnung gemacht, als Sie sagten, wir reduzieren die Ministerien.

(Hans-Heinrich Jarchow, SPD: Genau.)

Dummerweise haben wir Sie nicht gefragt, wann. In dieser Legislaturperiode, haben wir jetzt gehört, machen Sie es nicht mehr. Sie müssten sich auch sehr beeilen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Aber auch wir als diejenigen, die kommunal gewählte Vertreter sind, fassen uns selbst an die Nase, das durchaus. Auch wir wissen, dass in den kommunalen Verwaltungen Veränderungen erforderlich sind, wenn man zu

kunftsfähig bleiben will. Das war übrigens, Herr Ministerpräsident, nicht erst seit heute, das war immer so. Dieser Wandel in der Verwaltung hat zu sehr unterschiedlichen Entwicklungen geführt. Und wenn Sie querbeet die anderen Flächenländer ansehen, dann hängen wir ganz hinten. Sie tun so, als wären wir ganz vorn. Das ist überhaupt nicht wahr. Andere haben ihre Verwaltungsreformen längst gemacht. Die haben die Einräumigkeit der Verwaltung längst eingeführt,

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

allerdings nicht in der Weise, wie Sie es uns vorgetragen haben. Ich habe mir das ganz bewusst einmal angeschaut. Sie haben sich auf die Äußerung aus 2003 bezogen. Der Herr Kollege Müller hat dankenswerterweise – und ich habe an dem überhaupt nichts zu kritisieren, was Sie vorgetragen haben als Ausschussbericht, ich habe ihn heute Morgen von Ihnen freundlicherweise sogar zur Kenntnis bekommen, das finde ich sehr kollegial – darauf hingewiesen, wie viele Sachverständige wir angehört und wie wir uns mit ihnen beschäftigt haben, wie wir diskutiert haben.

Herr Ministerpräsident, wenn Sie nur ein wenig von den Protokollen gelesen hätten, dann würden Sie nicht von diesen Vorurteilen, mit denen Sie immer noch leben, aus dem Jahr 2003 immer wieder anfangen. Wenn Sie über die Schulwegdiskussion reden, damit haben wir uns lange befasst. Wir haben festgestellt, dass das mit den Kreisgrenzen nichts zu tun hat. Aber gut, wenn Sie es immer noch glauben möchten, wenn Sie das glücklich macht, Herr Ministerpräsident, Sie haben aber auch eine Verantwortung. Ein Ministerpräsident hat nicht nur die Macht, etwas zu entscheiden, sondern er hat auch die Pflicht, sich zu informieren. Sie wirkten heute sehr uninformiert über das, was auf kommunaler Ebene heute schon getan wird.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Heinz Müller, SPD: Oh nein! Oh nein!)

Und, Herr Minister Dr. Timm, was schon richtig interessant war, wie nett Sie die Stellungnahme der Landeshauptstadt Schwerin zitiert haben.

(Barbara Borchardt, Die Linkspartei.PDS: Ja, er kann das eben!)

Ich finde das prima, denn ich gehöre zu denjenigen, die das beschlossen haben, übrigens gegen den Block, Frau Gramkow sitzt ja hier, von SPD und PDS. Und dieser Block wurde im Ausschuss angeführt von einem Mitarbeiter des Innenministeriums. Ich nenne hier nicht den Namen, weil es ungehörig ist. Aber ich sage mal, so etwas habe ich in meinem demokratischen Leben, Herr Minister – so viel zur Demokratie –, noch nie erlebt, dass ein Mitarbeiter der Aufsichtsbehörde entsandt wird für die kommunalen Gremien, das war im Ausschuss. Einen solchen eigens dafür wollen Sie ja jetzt einführen für die nächsten Jahre.

(Heinz Müller, SPD: Wir empfehlen das.)

Da saß also ein Mitarbeiter und hat uns gesagt, was wir machen sollten. Zum Glück hat die Stadtvertretung mit Mehrheit anders beschlossen und wenn Sie die Stellungnahme genau lesen, ist die der Landeshauptstadt Schwerin – für Rostock kann ich nicht sprechen, Sie hatten auch Rostock angesprochen – nicht positiv. Wir hatten sehr viele Fragen, aber leider konnten diese in den Ausschussberatungen – Herr Müller, das war der Fehler in unserem

System – nicht beantwortet werden. Aber dafür können Sie nichts, das lag am Zeitdruck. Viele Fragen von denjenigen, die wir angehört haben – zum Beispiel Frau Dr. Wilcken hat Fragen gestellt und wir haben in unserer schriftlichen Stellungnahme Fragen gestellt –, sind nicht beantwortet worden. Ich habe gefragt, ob diese jemand beantworten kann. Die Landesregierung hat es jedenfalls nicht getan. Und, Herr Innenminister, wenn Sie öfter da gewesen wären, hätten Sie dies alles hier heute nicht so gesagt.