Protocol of the Session on March 9, 2006

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, ja.)

das ist ein Schaufensterantrag, meine Damen und Herren!

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Linkspartei.PDS – Peter Ritter, Die Linkspartei.PDS: Das interessiert doch eh keinen in diesem Hause.)

Und, Herr Dr. Jäger, wenn Sie uns unterstellen, wir würden nicht verstehen, dass eine Enquetekommission auch über den Zeitraum einer Legislatur hinaus arbeiten kann, dann sage ich Ihnen, natürlich wissen wir das. Natürlich würde auch ein neuer Landtag in der Lage sein, die Arbeit dieser Enquetekommission mit einem klaren einfachen Beschluss wieder fortzusetzen. Aber ich habe heute zweimal versucht, hier deutlich zu machen, warum wir eine Enquetekommission für dieses komplexe Thema für nicht geeignet halten.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wie schon angekündigt, wollen wir die vorliegenden Anträge zur weiteren Behandlung in den Bildungsausschuss und in weitere Ausschüsse überweisen. Es gäbe sicherlich die Möglichkeit, im Rahmen der begrenzt noch zur Verfügung stehenden Beratungen des Bildungsausschusses einen gemeinsamen Antrag für eine qualifizierte, weiter ins Detail gehende Formulierung der Arbeit einer solchen Kommission zu besprechen. Wir sollten uns dafür die Zeit nehmen, die man braucht. Aber ein Schnellschuss für einen Bericht zu einer solchen zentralen Frage scheint uns nicht möglich.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Danach wird Sie niemand mehr fragen, das ist Gesetzeslage.)

Und wenn hier formuliert wird – Herr Renz hat es in der Diskussion getan –, dass zum Beispiel die Kommunalisie

rung der Lehrer überhaupt nicht in unserem Antrag enthalten wäre, Herr Renz, wenn unter anderem steht: „Dabei sollen vor allem... das Lehrerpersonalkonzept... besondere Beachtung und Berücksichtigung finden.“,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ach da haben Sie das versteckt!)

dann gibt es natürlich – gucken Sie mal in den Gesetzentwurf zur Funktional- und Verwaltungsreform –

(Dr. Armin Jäger, CDU: Sagen Sie doch, was Sie wollen! Verstecken Sie das doch nicht immer!)

zwischen dem Lehrerpersonalkonzept und der Kommunalisierung von Lehrerinnen und Lehrern einen unmittelbaren Zusammenhang.

(Torsten Renz, CDU: Dann hätten Sie das Verwaltungsmodernisierungsgesetz auch abschreiben müssen, weil es im Lehrer- personalkonzept nicht drinsteht!)

Und, Herr Renz, wenn die CDU genauso wie viele andere Menschen im bildungspolitischen Bereich dafür eintritt, die Selbständigkeit von Schule zu erhöhen, die Autonomie von Schule zu erhöhen,

(Heike Polzin, SPD: Genau. – Dr. Armin Jäger, CDU: Das meinen wir ja.)

dann kann ich überhaupt nicht verstehen, warum die CDU auf einmal so aversiv gegenüber der Variante der Kommunalisierung von Lehrerinnen und Lehrern ist.

(Barbara Borchardt, Die Linkspartei.PDS: Das ist ja komisch. – Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Ja.)

Wie soll denn ein Schulleiter darüber entscheiden, welche Lehrerinnen und Lehrer er beschäftigt, wenn sie auch in Zukunft Landesbedienstete sein werden?

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Linkspartei.PDS – Dr. Armin Jäger, CDU: Das kann man doch mit kommunalen Lehrern auch nicht. Das ist doch unsinnig. Mit kommunalen Lehrern kann man genauso wenig verfahren wie mit staatlichen. Das ist doch wieder Sand in die Augen gestreut.)

Das sind alles Fragen, über die man im Zusammenhang mit der Umsetzung des Lehrerpersonalkonzeptes natürlich reden muss.

Ich sage Ihnen eins: Als ich Ihren Antrag zur Enquetekommission gelesen habe, fiel mir ein Ausspruch von Clemens von Brentano ein, der einmal sagte: „Unkraut jäten allein macht noch keinen Garten, und verhindern ist keine Politik.“

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und Linkspartei.PDS – Dr. Armin Jäger, CDU: Das machen Sie doch gerade! – Zuruf von Heike Polzin, SPD)

Und was Sie wollen mit Ihrem Antrag ist verhindern. Mit uns nicht!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und Linkspartei.PDS)

Danke, Herr Bluhm.

Das Wort hat jetzt der Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur Herr Professor Metelmann.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Das ist eine Debatte mit einem eigentümlichen Verlauf. Ich hatte zwischenzeitlich den Eindruck, hier seien eigentlich schon alle Türen offen

(Dr. Armin Jäger, CDU, und Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Ja.)

und man könnte nur noch durchgehen, weil wir ein gemeinsames Ziel haben,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Aber nicht, wenn hinter der Tür sofort die Wand beginnt, Herr Minister.)

und ich könnte meinen Beitrag darauf beschränken, dass ich sage, wunderbare Idee, das sollten wir jetzt in Angriff nehmen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Die Wand hat Herr Bluhm aufgestellt.)

Aber dann hörte ich plötzlich auch wieder ganz andere Töne: nichts von offenen Türen, sondern Schaukampf und Schaufenster.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Also, Herr Bluhm, das hätten Sie nicht sagen sollen. – Barbara Borchardt, Die Linkspartei.PDS: Kampftechnik.)

Aber zum Glück ist dann auch von dem gleichen Redner das Stichwort von dem gesellschaftlichen Konsens genannt worden. Jetzt will ich versuchen, damit wir etwas daraus machen, damit wir diesen Weg auch aufnehmen können, einzusammeln, was wir an gemeinsamen Punkten haben,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Das ist ein guter Ansatz.)

damit wir in diese Kommissionsarbeit eintreten können.

Ich glaube, wir sind uns darin einig,

(Lorenz Caffier, CDU: Er denkt an das Schulgesetz.)

dass wir hier keine abstrakte Debatte zu führen haben, sondern dass Bildungsfragen ganz konkrete Fragen sind, die jeden Bürger angehen. So schlichte Fragen wie: Was sollen denn unsere Kinder lernen? Was müssen wir in Berufen an Fähigkeiten und Kenntnissen besitzen? Was wollen wir eigentlich als Bürger wissen, um in dieser Gesellschaft – das ist ja auch angeklungen – mitreden zu können? Ich glaube, es gibt, und da sind wir uns auch einig, ganz konkrete Fragen, wenn es um die Methodik und um die Organisation von Bildung geht: Wer soll uns was beibringen und wo und in welcher Form? Und bei in unserer Gesellschaft gleichen Bürgern, die im Übrigen auf Arbeitsteilung angewiesen sind, haben wir natürlich unter dem Stichwort „Chancengleichheit“ zwingend die Frage vor uns: Wie können wir dafür sorgen, dass alle Bürger in dieser Gesellschaft ihren Platz finden und eine Aufgabe ausfüllen können? Was müssen wir tun, damit sie das notwendige Wissen dazu haben?

Ein zweiter Punkt, bei dem ich davon ausgehe, dass wir uns einig sind, heißt: Lernen begleitet unser ganzes Leben. Für eine Gesellschaft, die sich definiert über ihren Wissensstand, hat natürlich Wissen in jeder Form, Kenntnisse, Fähigkeiten, Begabungen, Talente, alles, was dazu

gehört, eine zentrale Bedeutung. Wir wissen auch, dass dieses Wissen in vielfältiger Weise erworben werden kann. Ich glaube, wir sind uns auch darüber einig, dass die Debatte komplex ist, und zwar welche Rolle der Staat und die Gesellschaft dabei spielen können und sollen und wo auch die Eigenverantwortung des Individuums eine Rolle spielt. Aber auf jeden Fall ist, glaube ich, unser Ziel eindeutig: Es geht um gute Bedingungen für gute Bildung.

Ein dritter Aspekt – ich gehe davon aus, dass wir uns auch da einig sind: Bildungspolitik hat viele Komponenten. Der Landtag hat sich mit vielen dieser Komponenten beschäftigt. Ich spreche einfach nur mal die Novellierung des Hochschulgesetzes an, die Neuordnung der politischen Bildung, die Bewertung von Kultur als Bildungselement. Wir haben uns gerade ganz aktuell mit der Verabschiedung des neuen Schulgesetzes beschäftigt, ein Schulgesetz, das aus meiner Sicht gute Voraussetzungen für gute Schule schafft. Aber vielleicht ist das schon ein strittiger Punkt. Trotzdem bin ich an dieser Stelle davon überzeugt, dass wir gute Voraussetzungen für gute Schule geschaffen haben. Wir müssen sie ausfüllen. Ich denke an mehr Selbstständigkeit von Schulen, ich denke an ausgebaute Ganztagsangebote, ich denke an Schulgrößen, die guten Unterricht ermöglichen in langfristig bestandsfähigen Einrichtungen, ich denke an ein Abitur mit allen Hauptfächern unseres Wissens, ich denke an Programme, die individuelles Lernen ermöglichen, und ich denke daran, dass wir gemeinsames längeres Lernen in einer gemeinsamen Orientierungsstufe in diesem Schulgesetz so definiert haben, wie es die weit überwiegende Mehrheit der Eltern dieses Landes bei vielen Gelegenheiten gefordert hat.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und Linkspartei.PDS – Heike Polzin, SPD: 80 Prozent!)

Ein vierter Punkt, den ich aufrufen möchte, wo ich davon ausgehe, dass wir uns darin einig sind, dass wir das als gemeinsame Ausgangslage brauchen, ist: Bildungspolitik braucht einen großen Rahmen, keine Kleinteiligkeit, keine Ressorts, die nebeneinander unverbunden stehen, wir brauchen ein Gesamtwerk. Und wir müssen uns überlegen, was in dieses Konzept hineingehört. Ich will nur drei Hauptbereiche nennen:

Erstens. Lebenslanges Lernen folgt einem durchgängigen Bildungsweg für alle Bürger. Da müssen wir Vorschulbildung und Bildung überhaupt, außerhalb der Schule, Schul- und Berufsbildung, Hochschule und Weiterbildung sowie alle Bildungselemente, die in diesen Formen gar nicht stattfinden, zusammen sehen.

Zweitens. Lebenslanges Lernen ist mehr und mehr auch eine Aufgabe in Eigenverantwortung. Diese Aufgabe wird leichter zu lösen sein, wenn diese Lernangebote inhaltlich, zeitlich, räumlich und so weiter verknüpft sind. Darüber müssen wir reden.

Drittens. Lebenslanges Lernen erfordert ein sorgfältiges Auswählen aus einem umfangreichen vielgestaltigen Bildungsangebot und das wichtigste Kriterium muss Qualität sein.

Wenn wir davon überzeugt sind, dass Lernen unser ganzes Leben begleitet, unsere Arbeitswelt genauso bestimmt wie unsere Privatsphäre, wenn wir wissen, dass Lernen nicht nur mit Schule etwas zu tun hat, sondern auch mit Bibliotheken, Museen, Naturlehrpfaden, Chören,

Sportvereinen und vielen weiteren Bildungsorten und Bildungsgesellschaften, dann ist, glaube ich, die Dimension dieser Aufgabe deutlich, die Dimension an Umfang und auch der Zeitbedarf, den man braucht, um diese Aufgabe zu lösen. Es ist eine Aufgabe, die selbstverständlich ressortübergreifend ist, und es ist eine Aufgabe, die uns am Ende auch handlungsfähig machen muss.

Ich bin davon überzeugt, es geht nicht um kurzfristige gravierende Eingriffe, schon gar nicht um kurzfristige Eingriffe in das Schulleben, denn da haben wir die Situation, dass die Vorbereitung des kommenden Schuljahres nicht gestört werden darf. Die Kinder werden gerade angemeldet und die örtlichen Entscheidungen zur Klassenbildung fallen in diesen Wochen. Gegenwärtig wird festgelegt, welche Lehrer im kommenden Schuljahr den Unterricht übernehmen wollen. Wir brauchen jetzt nicht kurzfristige Störungen an dieser Stelle, sondern wir brauchen eine langfristige Analyse. Wir brauchen große Konzepte und die brauchen eine ausführliche Diskussion.