Das, meine Damen und Herren, bedeutet aber nicht, dass wir ganz platt und ganz einfach auf der Basis der tatsächlichen Kosten verteilen, sondern – und das finden Sie als zweiten Punkt in der Beschlussempfehlung des Innenausschusses, und auch da waren wir uns einig – selbstverständlich brauchen wir bei der Finanzverteilung eine Anreizkomponente, die bei den kommunalen Körperschaften Kostenbewusstsein stärkt und die sie anreizt, möglichst sparsam mit dem Geld umzugehen, wobei ich von der ganzen Sache so viel verstanden habe, dass dieses nicht nur im Sinne der öffentlichen Kassen, sondern in der Mehrzahl der Fälle im Interesse der betroffenen Menschen ist. Umso mehr sollten wir eine solche Politik anreizen, also nicht einfach Kostenerstattung, sondern stärker hin zur Kostenerstattung, aber weiterhin mit einer Anreizkomponente.
Wir sollten vielleicht in der Zukunft einmal darüber nachdenken, ob man diese Anreizkomponente weiterhin so gestaltet, wie dies der Gesetzentwurf tut, dass man nämlich einen Teil der vorhandenen Mittel nach anderen Kriterien, die mit den realen Kosten nur sehr, sehr vermittelt etwas zu tun haben, verteilt, oder ob es nicht klügere Varianten gibt, eine solche Anreizkomponente zu konstituieren. Aber im Moment haben wir dafür noch nicht die zündende Idee, der wir alle zustimmen können. Deswegen sollten wir die Entwicklung beobachten, sollten schauen, wie sich die tatsächlichen Kosten entwickeln, wie sich das Verhältnis von ambulanter und stationärer Behandlung entwickelt, sollten aber dem Gesetz, so, wie es jetzt auf dem Tisch liegt, zustimmen, weil nämlich genau diese beiden Dinge, stärkere Orientierung an den tatsächlichen Kosten, aber auch die Anreizvariante, darin enthalten sind. In diesem Sinne wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie dem Gesetz zustimmen würden.
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der Linkspartei.PDS der Abgeordnete Herr Koplin. Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Schlupp und ich sind nach der letzten Debatte, also der Ersten Lesung, hier vor der Tür – vielleicht erinnern Sie sich – zusammengekommen. Frau Schlupp sprach mich an und sagte, ich hoffe, das Gesetz wird letztendlich nicht so bleiben, wie es im Entwurf vorgelegt wurde. Ich habe gesagt, dann lassen Sie uns gemeinsam darum kämpfen. Ich bin sehr dankbar allen, die sich eingebracht haben, dass wir alles, was uns vorgelegt wurde, auf den Prüfstand gestellt
haben, alles debattiert haben und versucht haben, weitestgehend parteiübergreifend Einigung und Lösung zu finden. Dass das letztendlich so womöglich nicht stattfindet bis zum letzten i-Punkt liegt wahrscheinlich in der Natur der Sache. Aber ich möchte das schon hervorheben angesichts der konträren Debatte, die es gegeben hat und die es sicherlich heute auch wieder geben wird. Ich möchte aber, weil sich die Diskussion im Moment darum rangt, wie viel Geld eine kreisfreie Stadt oder ein Kreis bekommt, vor allen Dingen noch einmal herausstellen, um wen es hierbei geht mit diesem Gesetz. Es geht um circa 19.000 Menschen, die Hilfen benötigen, 19.000 Menschen in Mecklenburg-Vorpommern, die Hilfen benötigen, weil sie in einem Heim leben, weil sie in Werkstätten für behinderte Menschen wirken. Es geht um Kinder in integrativen Einrichtungen und es geht um Menschen, die psychisch erkrankt sind.
Mit der Umsetzung des Sozialhilfefinanzierungsgesetzes haben wir bisher unterschiedliche Erfahrungen gemacht. Das geltende Gesetz hat positive Erfahrungen mit sich gebracht und negative. Zu den positiven zähle ich die Zusammenführung der sachlichen und finanziellen Zuständigkeit für Hilfeleistungen, die dazu geführt hat, dass wir alle faktisch kostenbewusster und treffsicherer auf die Hilfebedürftigen gewirkt haben in der Umsetzung des Gesetzes, und, was ich hervorheben möchte, wir haben bezogen auf die Länder in der Bundesrepublik insgesamt die geringste Steigerungsrate. Steigerungen gibt es überall in der überörtlichen Sozialhilfe. Wir haben aber die geringste Steigerungsrate in der überörtlichen Sozialhilfe bundesweit.
Negative Dinge gibt es auch. Wir haben, das habe ich vorhin schon einmal in der Einbringung gesagt, keine konsequente Anwendung des Prinzips „Ambulant vor stationär“, zumindest ist sie so nicht darstellbar. Und wir haben, das zeigt die Erfahrung der letzten Jahre, keine Verteilungsgerechtigkeit. Wir hatten neun Kreise und kreisfreie Städte, die mit dem Geld nicht ausgekommen sind, und neun Kreise und kreisfreie Städte, die mit dem Geld sehr gut ausgekommen sind.
Was macht den Umgang mit diesem Gesetz so schwierig? Ich weiß aus Erfahrung, weil ich es in der eigenen Fraktion erlebt habe, dass es irgendwann nervt, wenn die Sozialpolitiker immer und immer wieder mit Themen kommen, die sehr komplex sind, die sehr schwierig sind. Die eine Schwierigkeit besteht darin, dass wir es mit einer enormen und schwer zu bewertenden Datenlage zu tun haben. Ich nenne einmal ein Beispiel: Wie will man die Datenlage bewerten, wenn man sich die Situation im Landkreis Ludwigslust und im Uecker-Randow-Kreis anschaut? Im Uecker-Randow-Kreis leben nur halb so viele Menschen wie im Landkreis Ludwigslust. Die Anzahl der Fälle, die zur Hilfegewährung hier herangezogen werden oder betrachtet werden müssen, ist aber in beiden Landkreisen ziemlich gleich groß. Führt das nun zu der Erkenntnis, dass der Landkreis Uecker-Randow schlampig gearbeitet hat? Ich denke, nicht. Oder liegt es daran, dass wir eine andere demografische Entwicklung dort haben, dass wir eine andere soziale Situation im UeckerRandow-Kreis haben? Wohl eher. Das andere muss man aber auch betrachten. Man kann es sich zumindest nicht so einfach machen in der Bewertung.
Zweitens. Wir haben es bei dem Umgang mit diesem Gesetz mit einer deutlich konträren Interessenlage zu tun. Das zeigt allein schon die Verschiedenartigkeit der Vertei
lerschlüssel, die in die Diskussion gekommen sind: 50:30:20, 70:15:15, 60:20:20, 80:10:10. Dann gibt es darüber hinaus noch sehr innovative Vorschläge zu nennen, zum Beispiel den vom Landesverband Sozialpsychiatrie, eine Experimentierklausel einzuführen beziehungsweise auf Budgetierung zu gehen. Auch das ist vorgetragen worden in der Anhörung. Letztlich ist festzustellen: Alle Varianten haben Vorteile, die ich jetzt hier genannt habe, und alle Varianten haben Nachteile.
Der dritte Punkt, der den Umgang mit diesem Gesetz so schwierig macht, sind die komplizierten Finanzbeziehungen. Da ist deutlich geworden – Herr Meer von der Landeshauptstadt Schwerin hat in der Anhörung dazu gesprochen –, welche Situation für die Landeshauptstadt entsteht mit Blick auf andere Kreise, zu denen man in Finanzbeziehungen steht zu den Altfällen, die nunmehr geordnet werden müssen. Auch dazu, denke ich, haben wir eine gute Regelung gefunden.
Was ist also mit Blick auf das Sozialhilfefinanzierungsgesetz mit Änderung und Beschlussfassung des Sozialausschusses hervorhebenswert? Das sind drei Dinge:
Ich betone dieses „mehr“. Wir streben sie an, aber wir bekommen sie nicht hin. Bei jeder Variante im Unterschied zu anderen Varianten gibt es Gewinner und Verlierer. Ich habe es mir angeschaut, weil uns diese Diskussion – Herr Glawe hat es vorgetragen – mit den 60:20:20 ja nicht fremd ist. Wir haben uns sehr ernsthaft damit auseinander gesetzt und letztendlich eine Entscheidung getroffen, so, wie sie vorliegt in der Beschlussempfehlung des Sozialausschusses.
Ihre Variante, Herr Glawe, die Sie hier vorgetragen haben für die CDU, hat natürlich auch Vorteile, aber wenn man nur die Zuweisung nach dem Gesetzentwurf 50:30:20 und die Zuweisung 60:20:20 vergleichen würde, würde es acht Gewinner, aber auch zehn Verlierer mit sich bringen. So sagen es zumindest meine Daten.
Wir bekommen nicht eine Situation, die nur Gewinner und keine Verlierer kennt. Das ist nicht machbar. Deswegen ist es erst einmal entscheidend, mit welcher Zielrichtung wir das Gesetz insgesamt in Gang setzen. Dazu hat Herr Müller gesprochen, das brauche ich hier an dieser Stelle nicht noch einmal zu vertiefen.
Wir schaffen Klarheit mit den Zuständigkeiten und Rechtssicherheiten für diejenigen, die sich damit auseinander setzen, wo diejenigen Personen sind, die Hilfe benötigen, und wo faktisch die finanzielle Zuständigkeit liegt.
Der KSV-Beirat hat in der zurückliegenden Zeit eine hervorragende Arbeit geleistet und er hat sich zwischenzeitlich immer wieder die Frage stellen müssen, wir sind vom Gesetzgeber installiert, sind gewollt gewesen, haben hier aber stumpfe Instrumente in unserem Handeln. Wir wollen uns einbringen, können es aber nicht. Teilweise ist
es zum Verzweifeln, wenn man arbeitet und die Ergebnisse seiner Arbeit, die hochkompetent ist, nicht abgebildet sieht in der politischen Öffentlichkeit. Mit unserer Regelung, die wir jetzt einführen in das Gesetz, werten wir den kommunalen Beirat auf. Ich sehe dazu einen Gewinn, den wir alle erhalten können in der Umsetzung des dann vorliegenden Gesetzes, und wir haben die Entschließung zum Gesetz, das ist sehr wichtig, das ab 2008 gelten soll, vor allen Dingen mit Blick auf konsequente Ambulantisierung und Budgetierung.
Wir haben insgesamt, das möchte ich abschließend sagen, zwar konträre, aber sehr verantwortungsbewusst geführte Debatten gehabt. Wir haben sie hinter uns. Das Ergebnis ist, denke ich, für alle Hilfebedürftigen nützlich, aber es ist nicht die Quadratur des Kreises. Wir können sie nicht erreichen, das ist nicht möglich. Aber ich denke, wir haben eine Verbesserung gegenüber dem bisherigen Stand erreichen können. – Schönen Dank.
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Heydorn. Bitte schön Herr Abgeordneter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Ich will es vorwegstellen: Für mich ist dieser Gesetzentwurf, den wir heute beraten, eine suboptimale Lösung. Ich möchte gern aus der Anhörung im Sozialausschuss zitieren, und zwar aus der Stellungnahme, die einer der Anzuhörenden dort abgegeben hat: „Auf Basis unserer Erfahrung, insbesondere in der Begleitregion des Modellprojektes Kommunale Psychiatrie, bestehen grundsätzliche Zweifel, ob die seitens der Landesregierung mit der Zusammenführung der Entscheidungsund Kostenverantwortung in der überörtlichen Sozialhilfe benannten Zielsetzungen mit den anstehenden Veränderungen des Gesetzes besser erreicht werden können als in der bisherigen Fassung.“
Diese Stellungnahme bringt das Dilemma zum Ausdruck. Wir wissen nicht, ob die grundsätzlichen Zielintentionen mit dem, was wir tun, mit dem neuen Gesetzentwurf besser erreicht werden können. Ich will noch einmal darauf zurückkommen, was für grundsätzliche Ziele mit dem In-Kraft-Treten des Sozialhilfefinanzierungsgesetzes zum 01.01.2002 verfolgt werden sollten. Es ging um einen effektiveren Mitteleinsatz durch eine bessere Verzahnung von ambulanten und stationären Strukturen. Das war eins der kardinalen Ziele. Und das zweite kardinale Ziel war eine bessere Beachtung des Grundsatzes „Ambulant vor stationär“.
Wenn man sich die Diskussion heute im Hause anhört, dann geht es im Grunde bei der Fortschreibung dieses Gesetzes in erster Linie um andere Diskussionsinhalte. Das spiegelt auch die Diskussion im Sozialausschuss wider. In der Anhörung redete man in erster Linie über Geld, über Verteilerschlüssel, wie dieses Geld verteilt werden soll, über das Thema „Feuerwehrtopf“, das heißt, wie ein Defizitausgleich stattfindet, wie mit den Altfällen umgegangen werden soll, die auch Geld kosten, wie eine betriebswirtschaftliche Begleitung finanziert werden soll. Aber auf die originäre Zielintention ging bis auf diesen Anzuhörenden meines Wissens kaum jemand ein und das ist das Desaster. Um die Frage beantworten zu können,
wie wir das eigentlich gestellte Ziel weiterverfolgen können, muss man über Instrumente reden. Und um Instrumente entwickeln zu können, braucht man Daten. Wenn man sich die Datenbasis ansieht, die uns vorliegt, dann können wir explizit die Frage nicht im Detail beantworten. Hat es mehr Ambulantisierung gegeben oder hat es Ambulantisierung nicht in dem Ausmaß gegeben? Wir können die Fragen nicht beantworten. Warum kommt bei dem einen Träger ein Defizit heraus? Warum behält der Andere Geld in der Kasse über? Diese Fragen sind sehr schwierig und die im ersten Finanzierungszeitraum erhobenen Daten reichen nicht aus, um stichhaltige Antworten geben zu können,
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD – Rudolf Borchert, SPD: So ist es. – Zuruf von Dr. Margret Seemann, SPD)
so dass, meine Damen und Herren, das Ziel nur sein kann, in Bälde bessere betriebswirtschaftliche Daten zu erhalten und auf der Grundlage dieser letztendlich auch über Instrumente zu reden, die geeignet sind, die Zielintention des Gesetzes, die nicht aufgegeben wurde, zu erreichen. Nach wie vor ist das Ziel auch dieses Gesetzes, stationäre und ambulante Strukturen besser zu verzahnen, Mittel effektiver einzusetzen und dem Grundsatz „Ambulant vor stationär“ Rechnung zu tragen. Das ist nach wie vor das Ziel.
Diese Zielverfolgung muss meines Erachtens auch in der folgenden Weiterverfolgung dieses Gesetzes Priorität haben
Abschließend erlauben Sie mir eine persönliche Anmerkung. Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Zielverfolgung möglich sein wird bei einer Orientierung auf der Grundlage der tatsächlichen Kosten. Ich kann nicht sagen, wir erstatten annähernd immer auf Grundlage der tatsächlich entstandenen Kosten, und auf der anderen Seite wollen wir starke Anreize für die Ambulantisierung schaffen. Das halte ich für schwierig. Gleichwohl trage ich diesen Gesetzentwurf mit, weil meines Wissens keine besseren Erkenntnisse vorliegen, die heute die Möglichkeit eröffnen würden, verantwortlich zu anderen Entscheidungen zu kommen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und bitte um Unterstützung.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Sozialhilfefinanzierungsgesetz hat uns in den letzten Wochen, vielleicht sogar Monaten sehr stark beschäftigt. Interessant war allerdings auch für mich, dass die intensive Debatte noch