weil sie aufgrund des Alters der deutschen Kernkraftwerke Entscheidungen über deren Modernisierung treffen müssen und für diese natürlich auf milliardenschwere Subventionen aus dem schmalen Staatssäckel hoffen.
(Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS: Genau darum geht es. So ist es! – Zuruf von Reinhard Dankert, SPD)
Dem stehen Wählerinnen und Wähler gegenüber – nicht nur der Linkspartei –, die parteiübergreifend die weitere Nutzung der Atomkraft ablehnen. 80 bis 85 Prozent der Bundesbürger sind inzwischen für einen schnellen Ausstieg aus der Atomkraft.
Dem schließt sich die Linkspartei an, denn ein kurzfristiger Ausstieg aus der Atomenergie ist notwendig und möglich, Herr Liskow. Nach wie vor werden in Deutschland rund 95 Prozent der Menge an Atomstrom produziert wie unter der Kohl-Regierung. Die Kapazitäten der Urananreicherungsanlage in Gronau wurden verdreifacht. Künftig können so 35 Atomkraftwerke mit Brennstoff versorgt werden. In Deutschland laufen noch 17 AKWs. Über das Wohin mit den abgebrannten Kernbrennstäben gibt es keine Klarheit.
Mit Hermes-Bürgschaften unterstützte Rot-Grün in China den Bau der beiden Reaktorblöcke in Lianyungang. Neue Reaktoren in Osteuropa werden mit EU-Geldern subventioniert. Fakt ist aber, und das ist Konsens international, Atomkraft ist kein Ersatz. Sie ist kein Ersatz für fossile Brennstoffe und sie ist auch nicht endlos verfügbar, wie es von ihren Befürwortern immer wieder betont wird. Würde der weltweite Energiebedarf durch Kernenergie gedeckt werden – das sind derzeit ungefähr fünf Prozent des Energiebedarfs –, dann würden die weiteren Uranreserven nur noch vier Jahre reichen. Es ist also keine
Und, meine Damen und Herren, Herr Liskow, die Risiken der Atomenergie werden nicht dadurch kleiner, dass ihre Befürworter und Förderer sie zur sichersten Form der Energiegewinnung erklären, auch nicht in Deutschland. Die schweren Atomunfälle, die sich mit den Namen Harrisburg, Sellafield, Tscheljabinsk und Tschernobyl und anderen verbinden, sprechen eine deutliche Sprache. So einen Unfall, da haben Sie Recht, wird es in Deutschland nicht geben, Herr Liskow. Aber andere schwere Unfälle sind durchaus möglich. Dazu gibt es Berechnungen.
(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Egbert Liskow, CDU: Auch in Chemiewerken! – Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)
Bedenkliche Defizite in der technischen Sicherheit einiger Anlagen, nicht ausreichender, aber auch nicht vollständig realisierbarer Schutz gegen Terrorakte sind bereits bei der gegenwärtigen Gesetzeslage Grund genug, um Atomkraftwerke umgehend stillzulegen.
Völlig unzureichend ist auch die finanzielle Haftpflicht der AKW-Betreiber im Schadensfall. Allein eine ordnungsgemäße Versicherung der Anlagen würde den Atomstrom zur teuersten Form der Energieerzeugung machen.
Würde man die Kosten für Atomunfälle versichern und auf den Strompreis umlegen, würde sich Atomstrom von derzeit 1,5 Cent auf bis zu 50 Cent pro Kilowattstunde verteuern.
Aber, meine Damen und Herren, Atomkraft ist eine Risikotechnologie. Kein Versicherungsunternehmen will es sich leisten, ein AKW unter seinen Kunden zu haben.
Die Wettbewerbsverzerrung, von der Sie hier gesprochen haben, existiert nicht im Bereich der erneuerbaren Energien, sondern dadurch, dass der Staat die Risiken der Atomenergiegewinnung, die Lagerung der abgebrannten Kernstäbe beziehungsweise die Abfallbeseitigung zum großen Teil aus Steuermitteln trägt. Auch in Finnland ist das so.
Und das Märchen von der Klimaneutralität der Atomenergie glauben nur noch blauäugige Kinder. Von der Förderung des Urans, seiner Anreicherung, dem Transport des Atommülls bis hin zum fertigen Brennelement im AKW werden erhebliche Mengen an Kohlendioxid freigesetzt. 31,4 Gramm Kohlendioxid pro Kilowattstunde sind es ohne Berücksichtigung der Entsorgungskos
ten. Zum Vergleich: Merklich niedriger als die Atomkraft liegt die Windkraft mit 18,6 Gramm Kohlendioxid pro Kilowattstunde.
Holzenergie liegt bei 11,5 Gramm Kohlendioxid pro Kilowattstunde. Und selbst ein gasbetriebenes Blockheizkraftwerk, das neben dem Strom auch noch die Wärme nutzt, kommt nur auf 29,9 Gramm Kohlendioxid pro Kilowattstunde. Vernachlässigt werden beim billigen Atomstrom auch die so genannten externen Kosten. Die zahlt nämlich der Steuerzahler, wir alle. Dazu gehören zum Beispiel die Kosten, die durch radioaktive Strahlung im Normalbetrieb entstehen. Dazu gehören auch die Kosten im Gesundheitssystem. Sie kennen sicherlich alle die Debatte um das Kernkraftwerk Krümmel und die dort gehäuft auftretenden Leukämiefälle unter Kindern. Da müssen Gutachten angefertigt werden, da entstehen Kosten im Gesundheitssystem, die sind überhaupt nicht berechenbar. Zu den externen Kosten gehört auch der Missbrauch von bombenfähigen Kernbrennstoffen oder die Verseuchung bei radioaktiven Unfällen.
Meine Damen und Herren, nach einer deutschen Studie aus dem Jahr 2001 ist ein Ausstieg aus der Atomenergie möglich, wenn zeitgleich alle verfügbaren Ressourcen erneuerbarer Energien konsequent genutzt werden, wenn ein Energiemix aus Wind- und Sonnenenergie, Biomasse, Geothermie und Biogas genutzt wird und wenn entsprechende Energieeffizienzmaßnahmen hinzukommen. Zudem werden mit der Umstellung auf ein erneuerbares Energiesystem doppelt so viele Arbeitsplätze geschaffen, wie ein konventionelles System sie bietet. Diese Arbeitsplätze würden in kleinen und mittelständischen Unternehmen entstehen. Es würden regionale Energiekreisläufe entstehen. Energieautarke Regionen, die ihren Strom aus erneuerbaren Energien produzieren und verkaufen, sind der Gegenentwurf zur zentralistischen Energieerzeugung im Atomkraftwerk.
Ich empfehle Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen: Fahren Sie mal in die Region Lübow-Krassow, die sich als energieautarke Region konstituieren will, und sehen Sie sich das Solarzentrum in Wietow an. Dort sind gute Ansätze gemacht worden, wie es zukünftig weitergehen kann.
Durch eine Klimaschutzstrategie mit Atomausstieg werden gesamtwirtschaftlich gesehen nicht Verluste entstehen, sondern volkswirtschaftlich werden Gewinne erzielt werden. Sich dafür politisch einzusetzen, das ist die Chance der rot-schwarzen Bundesregierung. Das wird sie ohne Druck nicht tun und deshalb unterstützt meine Fraktion diesen Antrag, der von der SPD-Fraktion hier vorgelegt wurde.
(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS – Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS: Genau, wir drücken Angela!)
Frau Schwebs, können Sie mir sagen, wer dieses Gutachten erstellt hat, aus dem Sie hier zitiert haben?
Das habe ich im Moment nicht dabei, aber ich leite Ihnen gerne zu, wer dieses Gutachten geschrieben hat.
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Caffier. Bitte schön, Herr Abgeordneter.
(Peter Ritter, Die Linkspartei.PDS: Oh, oh, oh, der energetikpolitische Sprecher! – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der Linkspartei.PDS)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Der vorgelegte Antrag der Koalitionsfraktionen fordert den entschiedenen Ausstieg aus der Atomenergie. Diese Forderung ist in der Öffentlichkeit und in den Parteien, wie bekannt, nach wie vor umstritten und wurde auch deshalb bei den getroffenen Koalitionsvereinbarungen in Berlin, wie es jetzt hier so häufig zitiert wurde, nicht endgültig geklärt, sondern er ist ein Punkt, der in der Vereinbarung dergestalt geklärt ist, dass die Vereinbarung, die am 14. Juni 2000 zwischen Bundesregierung und Energieversorgungsunternehmen getroffen worden ist, weiterhin Gültigkeit hat. Nicht zuletzt deshalb, weil dies so ist, erschließt sich uns die Intention Ihres Antrages überhaupt nicht.
Die Kernenergie trägt nach wie vor circa 30 Prozent zur allgemeinen Energieversorgung bei. Aus wirtschaftspolitischer Sicht – und Herr Friedrich, Sie sprachen vorhin davon – ist die Frage der Energieversorgung eng mit Industrie-, Technologie- und Mittelstandspolitik verknüpft. Die Ursache dafür liegt an und für sich auf der Hand. Im internationalen Standortwettbewerb spielen bezahlbare Energiepreise eine große Rolle.
Und da, meine Damen und Herren, zeigt sich, dass die hiesigen Strompreise mit zu den höchsten in Europa gehören. Zu Beginn dieses Jahres mussten große industrielle Abnehmer für die Kilowattstunde Strom einschließlich Steuern beispielsweise etwa 9,75 Cent berappen.