Die beiden vorliegenden Anträge, aber auch die jüngste Tagung der CDU-Fraktion sind deutliche Zeichen, dass wir im Landtag Mecklenburg-Vorpommern in dieser zentralen Frage für unser Land und für unsere Menschen eine gemeinsame Position haben und nach außen tragen wollen. Dies heißt: für Demokratie, für Mitmenschlichkeit, für Toleranz und gegen Rechtsextremismus, gegen Intoleranz, Gewalt und Ausländerfeindlichkeit! Dies ist die Basis unseres Gemeinwesens, das wir schützen und verteidigen müssen. Und nicht nur die Ziele der freiheitlich-demokratischen Grundordnung, sondern vor allen Dingen auch die Vermittlung von persönlicher Betroffenheit ist wichtig. Das heißt, kommen Nazis an die Macht, dann sind meine ganz persönlichen Möglichkeiten, meine persönliche Freiheit, mein Leben und meine Rechte bedroht. Das müssen wir den Menschen in diesem Land sagen. Und ich gebe Ihnen Recht, natürlich müssen wir uns um die kümmern, die schon drohen verloren zu gehen. Aber genauso wichtig ist es – und ich glaube, das ist auch in allen Beiträgen deutlich geworden –, dass ein Raumgreifen derartiger Ideologien, derartiger abartiger Wertevorstellungen sehr viel damit zu tun hat, welche Wertevorstellungen, welches Menschenbild man ausprägt, und das können wir nur tun, indem wir ganz früh ansetzen bei unseren Kindern. Lassen Sie uns das gemeinsam versuchen! – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Bundesweit konnte die NPD mit 1,8 Prozent der Erststimmen und 1,6 Prozent der Zweitstimmen bei den Bundestagswahlen im September dieses Jahres ihr höchstes Ergebnis nach 1969 erreichen. Mecklenburg-Vorpommern hat zu diesem Trend beigetragen. Auch in unserem Land konnte die NPD ihr mit Abstand bestes Ergebnis seit 1990 verbuchen. Rund 33.000 Bürgerinnen und Bürger haben der Partei ihre Erststimme gegeben. 35.000 Menschen wollten die NPD mit ihrem nationalsozialistischen Gedankengut im Deutschen Bundestag vertreten sehen. Insbesondere im Vergleich zu den Kommunalwahlen 2004, bei der nur rund 15.000 Bürgerinnen und Bürger der NPD ihre Stimme gaben, ist das ein ernstzunehmendes Ergebnis.
Demokratie, so hat Sebastian Haffner es 1969 in einer für die Bundesrepublik Deutschland schwierigen Phase ausgedrückt, lebt vom Wechsel der Entscheidungen. Sie verlangt immer wieder neu die Korrektur von Urteilen und – ich möchte ergänzen – auch die Beseitigung von Vorurteilen. Der Kampf für Demokratie und Toleranz erfordert einen langen Atem. Für die Auseinandersetzung mit Neonazis gibt es nicht wie beim Fernsehen eine Fernbedienung, mit der man das Programm aus- und umschaltet. Es gibt nur die mühselige Auseinandersetzung. Demokratie und Toleranz sind kein Saisongeschäft, das man schnell einmal betreibt, wenn gerade irgendwo wieder ein Problem aufgetaucht ist. Demokratie und Toleranz müssen erlernt, erlebt, gelebt werden. Demokratie und Toleranz sind Teil der Werteerziehung in unserer Gesellschaft, dafür trägt der Einzelne Verantwortung. Dafür trägt das soziale Umfeld, die Familie, die Kita, die Schule, der Betrieb, Freizeiteinrichtungen, dafür trägt aber auch der Staat mit seinen
auf Gewaltenteilung beruhenden Strukturen, mit der Grundrechtsverpflichtung und mit den Rahmenbedingungen, die er gestaltet, Verantwortung.
Franziska Augstein hat einmal in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ darauf hingewiesen, dass nicht zwingend die jugendliche Arbeitslosigkeit die Quelle des Rechtsradikalismus in den neuen Ländern ist, sondern die Deklassierung und Arbeitslosigkeit der Eltern, deren Orientierungslosigkeit, Ressentiment und der Umstand, dass Eltern oft wegen der Entwertung von Erfahrungen den Anspruch auf elterliche Autorität einbüßen. Braune Rattenfänger setzen oft dort an, wo persönliche Unzufriedenheit in eine Ablehnung unserer demokratischen Gesellschaft und ihrer Werte umgemünzt wird, indem sie Nationalismus sowie Rassismus propagieren und Ausländer/-innen, Anderslebende, Andersdenkende als Feindbilder und Sündenböcke anbieten.
Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang Ignatz Bubis zitieren. Er sagte: „Wenn wir also die Toleranz aus... guten Gründen bejahen, sollten wir auch darüber sprechen, wie wir es mit der Intoleranz halten wollen.... Haben diejenigen, die anderen Menschen das Recht auf ein selbstdefiniertes Dasein absprechen, sie gar als ,Volksfremde‘ ausgrenzen, haben diese Gegner demokratischer Verhältnisse ein grundgesetzlich verbrieftes Anrecht auf Duldung?... Natürlich müssen bei der Abwehr und Intoleranz... die Regeln unseres Rechtsstaats beachtet werden. Doch keine dieser Regeln lautet: Ihr sollt Euch alles gefallen lassen. Darum verlangt richtig verstandene Toleranz von uns auch ein entschiedenes Eintreten für sie.“
Es geht deshalb darum, gerade Kindern und Jugendlichen, jungen Erwachsenen vielfältige Gelegenheit zu geben, Demokratie zu erleben und sie durch eigenes Handeln erfahrbar zu machen. Demokratie und Toleranz als Grundprinzipien und Grundwerte unserer Gesellschaft können nur verstanden, akzeptiert und verinnerlicht werden, wenn sie von den Kindern und Jugendlichen anhand direkter Einflussmöglichkeiten selbst erprobt und verinnerlicht werden. In der Kita, in der Schule, bei der Ausbildung, am Arbeitsplatz, beim Sport und in der Freizeit müssen deshalb die vorhandenen kinder- und jugendgemäßen Möglichkeiten bei der Mitwirkung gestärkt und weiterentwickelt werden. Und gerade diesem Aspekt schenkt die Landesregierung bei der Erarbeitung des Kinder- und Jugendprogramms besonderes Augenmerk. Darauf wirken wir hin. Auch deshalb hat sich die Landesregierung dafür entschieden, das gut ausgebaute Netz der Kindertageseinrichtungen im Lande weiter auszubauen. Kindertagesstätten erreichen fast alle Kinder vor dem Schuleintritt. Hier erleben Kinder, hier entwickeln die Kleinen im Miteinander – wie wohl im späteren Leben nie wieder so intensiv – soziale Kompetenz, gegenseitige Akzeptanz, Respekt und eben auch Toleranz.
Partizipation und Beteiligung sind das Ziel bei der Zusammenarbeit mit dem Landesjugendring mit seinen mehr als 220.000 Mitgliedern im Freizeitbereich. Auch bei der Förderung sind wir deshalb hier im letzten Jahr neue Wege gegangen und gerade mit den Zielvereinbarungen, mit denen Jugendliche selbst entscheiden, welche Schwerpunkte sie bearbeiten wollen und wie sie auf Förderung Einfluss nehmen, denke ich, haben wir im Lande etwas ganz Besonderes für bürgerschaftliches Engagement, für Eigeninitiative geschaffen. Selbstbestimmung, gerade ehrenamtliches Engagement, aber auch der Einsatz für eine gerechte, menschenwürdige und demokrati
sche Gesellschaft spielen dabei eine große Rolle. Und ich denke, das ist gerade diese Form einer effektiven Beteiligung Jugendlicher, um eben auch mehr zu Demokratie und Toleranz zu kommen.
Ich möchte auch auf die landesweite Beteiligungskampagne hinweisen, die der Landesjugendring unter dem vielsagenden Motto „Misch dich ein!“ durchführt. Seit 2001 wird sie durch das Sozialministerium gefördert. Wir haben hier Moderatorenstellen eingerichtet und es wird auch in Zukunft darum gehen, auf diesem Wege noch mehr nicht organisierte Jugendliche, die nicht in Vereinen und Verbänden sind, und gerade junge Menschen mit geringeren Bildungsabschlüssen zu erreichen. Mit jugendgemäßen Mitteln, wie sie auch von der Bundeszentrale für politische Bildung angeboten werden, sollten wir hier das Vorfeld der Landtagswahl nutzen, um Erst- und Jungwähler für das politische Engagement im Wahlkampf und an der Wahlurne zu gewinnen. Hierzu gehört auch die Ehrenamtskampagne „99+x“, die der Landesjugendring erfolgreich für eine Beteiligung im Ehrenamt, für demokratische und tolerante Ziele durchführt. Ich möchte ausdrücklich auf den Ausbau, auf die Förderung des sozialen Jahres, auf die berufsorientierenden, wertevermittelnden Funktionen hinweisen und bin sehr froh, dass Sie hier deutliche Akzente mit dem Haushalt, so, wie er gestern verabschiedet wurde, gesetzt haben. Ich darf in diesem Zusammenhang auch die Jugendkampagne „Prora03“ erwähnen. Wir bereiten im Land ein neues Event vor. Hier wird es darum gehen, viele junge Menschen zu erreichen, um sich mit eigenen Projekten im Sinne von Demokratie und Toleranz zu beteiligen. Demokratie und Toleranz sind für den Zusammenhalt der gesamten Gesellschaft unverzichtbar.
Ich denke, der Schlüssel liegt in starkem Maße bei den Kindern und Jugendlichen, wie wir sie gewinnen, und ein Landesprogramm, das alle demokratischen Kräfte einbindet, wird dabei einen wichtigen, einen deutlichen Akzent setzen. – Danke.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kollegen! Gestatten Sie mir, dass ich zu der Diskussion, die wir im Einzelnen in den Ausschüssen führen werden, noch einige generelle Ausführungen mache, denn eigentlich ist dies der Platz. Und, Frau Landtagspräsidentin, ich bedanke mich bei Ihnen sehr dafür, dass Sie selbst das Wort ergriffen haben. Dies ist der Platz, an dem wir diese grundlegenden Fragen diskutieren.
Wir haben bei unserer Tagung am 7. Dezember von einem Vertreter des Landes Sachsen – es war jemand aus der Verfassungsschutzbehörde – gehört, dass die Erfolge der NPD im Wesentlichen darauf zurückzuführen sind, dass die NPD dort stark im vorpolitischen Raum tätig ist und sie es geschafft hat, einen nationalistischen und sozialistischen Ansatz zu formulieren, und dabei auf eine Grundstimmung aufgesetzt hat, die dezidiert antikapitalistisch ist. Sie hat die Menschen angesprochen, für die die Demokratie und der Rechtsstaat deswegen unbefriedi
gend sind, weil sie sich einmal bei den Entscheidungsprozessen nicht genügend berücksichtigt fühlen und zum anderen, weil sie den Rechtsstaat für zu wenig handlungsfähig halten sowie die rechtsstaatlichen Garantien von ihnen leider im Wesentlichen nur als Hemmnisse für eine effektive Entscheidungsstruktur angesehen werden. Das ist sicher falsch, aber das ist die Analyse des Verhaltens.
Deshalb müssen wir, glaube ich, versuchen, auch dort den Menschen entgegenzukommen, und ihre Interessen erkennbar berücksichtigen, da die Entscheidungsprozesse immer schwieriger werden. Wir haben dies auch gestern und heute so gesehen. Wir müssen ihnen ehrlich sagen, dass es für die meisten unserer sehr komplexen Probleme eben nicht die einfachen Lösungen gibt. Das ist eigentlich das Erfolgsrezept der NPD. Sie tut so, als könne sie das alles vereinfachen, und in der Vereinfachung liegt der Trick.
Wir müssen aber auch erreichen, dass sich die Menschen in ihrem Land, in ihrem Landkreis, in ihrer Gemeinde zu Hause fühlen und sich nicht einer anonymen Übermacht ohnmächtig gegenübersehen. Wir haben gerade auf der Tagung durchaus erkennen können, dass der Extremismus, in diesem Fall der Rechtsextremismus, den Versuch macht, den Menschen eine Heimat zu geben, gerade da, wo sie dieses Gefühl nicht oder nicht mehr haben. Dabei ist der Begriff der Heimat nicht nur geografisch zu sehen, sondern das ist auch die Einbettung in ein politisch-moralisches Weltbild, dem die Menschen zustimmen können, so, wie Herr Ministerpräsident dies eben gesagt hat.
Konkret setzt die Identifikation mit staatlichen und kommunalen Strukturen voraus, dass sie als eigene und auch als begreifbare Strukturen verstanden werden. Und deswegen, meine Damen und Herren, sollten wir bei allen unterschiedlichen Positionen zu bestimmten grundlegenden Reformen, die Sie vorlegen, noch einmal überlegen, ob es sinnvoll ist, aus den bisherigen Landkreisen anonymere Regionalkreise zu machen. Das ist nicht nur ein Rechenproblem, sondern auch eine Frage, die außerhalb des reinen Verstandes das Gefühl mit berücksichtigen muss.
Wir haben nämlich gerade von dem Vertreter aus der Stadt Pirna – Sie hatten das angesprochen – vom Zusammenwirken des dortigen Landkreises mit der Stadt Pirna gehört und das sehr lobende Erwähnen einer Tatsache, die, wie ich hoffe, manchmal sogar selbstverständlich ist, nämlich dass der Kampf gegen extremistische Strömungen zur Chefsache gemacht wird. Aber das bedeutet natürlich, dass es auch solche Menschen gibt, die sich das als eigene Aufgabe übernehmen, und das war wohl dort sehr deutlich, wir haben das mit einiger Genugtuung erkennen können.
Unsere Anträge unterscheiden sich nicht so wesentlich, aber ein wesentlicher Punkt ist sicher, dass wir nach meiner Überzeugung auf keinen Fall den Versuch aufgeben sollten – was wir uns als Demokraten auch nicht leisten können –, die potenziellen Wähler rechtsextremer Parteien und auch die Angehörigen rechtsextremistischer neonazistischer Zusammenschlüsse wieder auf den Boden von Demokratie und Toleranz zurückzuholen. Auch von uns glaubt keiner, dass man den harten Kern der Rechtsextremisten mit ihrer verbohrten Denkweise zu Verfechtern einer parlamentaristischen und pluralistischen Demo
kratie machen kann, wir sind aber davon überzeugt, dass es Sinn macht und aus staatspolitischem Interesse sogar unabdingbar ist, sich an die Mitläufer und an die Gefährdeten zu wenden. Unser Staat kann es sich eben nicht leisten, Menschen aufzugeben, die für die Demokratie noch gewonnen werden können. Das wird auch unsere Aufgabe sein.
Deswegen meinen wir, dass im Gegensatz zu den bisherigen Strukturen, in denen sehr viel dankenswertes und ehrenamtliches Engagement vorhanden war und was auch zu Erfolgen geführt hat, das kann niemand bestreiten, dennoch der wirklich Erfolg versprechende Weg darin liegen wird – darauf sollte auch die Förderung des Landes stärker konzentriert werden –, dass wir die Menschen erreichen, die ohne uns und unsere Bemühungen und ohne die Hilfe derjenigen, die sich vor Ort engagieren, ihre Zustimmung den Rechtsextremisten geben werden und ihnen zulaufen. Das müssen wir verhindern. Ich bin sehr froh darüber, dass das eigentlich von allen, die bisher hier gesprochen haben, so deutlich gesagt wurde.
Ich habe auch Grund zu sagen, dass zum Beispiel in Rostock „Bunt statt braun“ eine sehr erfolgreiche Bewegung ist und auch in der Vergangenheit gewesen ist. Und dennoch, gerade dort hat die Geschäftsführerin uns gesagt, dass es wichtig ist, dass wir die Menschen wieder zurückholen, und es nicht genügt, dass wir uns gegenseitig versichern, dass wir gegen Extremismus, gegen Rassismus, gegen Fremdenfeindlichkeit sind, sondern wir müssen das Gespräch mit den Gefährdeten suchen.
Und, meine Damen und Herren, ich will das ganz deutlich machen, wir können uns sehr wohl gegenseitig agitieren, wir können uns sehr wohl versichern, dass wir Demokraten sind. Wir müssen aus der Zone dieser Gleichgesinnten heraus und das würde ich gern für dieses ganze Haus in Anspruch nehmen. Wir müssen uns an die wenden, die in extremistische Richtung abdriften können und die auch schon infiziert sind. Da hilft nicht das Wegwenden und zu sagen, da können wir nichts tun.
Und deswegen – ich sage das mal etwas flapsig – macht es keinen Sinn, dass die Linken unter uns noch linker werden,
die Christlichen noch christlicher und die Sozialdemokraten noch sozialdemokratischer. Das ist zwar gut, aber für uns alle, jeder in seinem Bereich, hilft es überhaupt nicht weiter. Was uns hilft, ist, dass wir an die herankommen, die wir bisher nicht erreicht haben. Und, meine Damen und Herren, wir müssen sehen, dass die Mittel, die wir bisher aufgewendet haben, in diese Richtung stärker zweckentsprechend gerichtet und ausgerichtet werden.
Meine Damen und Herren, wenn wir so viel Übereinstimmung haben, dann gestatten Sie mir einige kritische Anmerkungen. Es ist, wenn wir so übereinstimmen, für mich nicht überzeugend gewesen – Herr Ritter, Sie haben Ihren Antrag erwähnt, ich habe ihn rechtzeitig gehabt, um mich damit zu befassen, das bestätige ich Ihnen – und was mir nicht so gefallen hat, ist, dass wir über die Zeitung erfahren, was Sie mit den einzelnen Mitteln machen wollen. Es hätte uns allen gut getan, wenn wir erst hier debattiert hätten, wenn wir erst hier unsere Grundüberzeugungen ausgetauscht hätten, und dann wäre das auch noch gut gegangen. Aber okay, geschenkt.
Ich will aber auch etwas sagen, und da seien Sie mir bitte nicht böse, ich bin dazu veranlasst durch einen kürzlich erschienenen Artikel von wenigen Tagen. Wir wenden uns an junge Leute. Das sind im Augenblick Gefährdete, die Eltern bedauerlicherweise auch. Aber junge Leute haben ein sehr empfindliches Gefühl für Wahrhaftigkeit.
Meine Damen und Herren, wenn ich die Untersuchungsergebnisse von Henry Leide, die ich jetzt gerade in der SVZ vor wenigen Tagen nachgelesen habe, sehe, dann sage ich eins, und das sage ich als ein Mitglied einer Generation, die noch im Krieg geboren ist, allerdings zu klein war, um sich daran zu erinnern, aber dann die Aufarbeitung des Dritten Reiches in der Nachkriegsgeschichte erlebt hat: Seien wir bitte vorsichtig mit Heuchelei! Seien wir vorsichtig damit, dass es keiner gewesen ist!
Meine Damen und Herren, wenn es wirklich zutrifft, dass zusammen mit dem MfS Nationalsozialisten, so ist es noch eine nette Bezeichnung, ich sage dazu Verbrecher, abgedeckt wurden, dass ihnen nichts passierte, ich kann die Untersuchung nicht bewerten, aber wenn das ein Geschichtswissenschaftler heute so sagt, dann sollten wir ganz, ganz vorsichtig sein mit dem gebetsmühlenartigen Wiederholen von Bekenntnissen. Lassen Sie uns als Demokraten beweisen, dass wir wirklich gegen Faschismus sind, dass wir wirklich gegen Rassismus sind,
dass es nicht nur ein Wiederholen von Plattitüden ist! Ich kann den Wahrheitsgehalt dieses Artikels nicht bewerten, aber ich kann nur eins sagen: Lassen Sie uns ganz, ganz vorsichtig sein damit, dass wir jungen Leuten etwas erzählen, von dem sie erkennbar merken, dass wir ihnen nicht die Wahrheit sagen! Das bringt uns überhaupt nicht weiter! Die Auseinandersetzung mit dieser Vergangenheit muss genauso stattfinden, wie wir uns ehrlicherweise über derartige Dinge auch sehr genau klar werden müssen.
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Richtig, nur wenn es ehrlich läuft, haben wir eine Chance.)
Dieser demokratische Rechtsstaat, zu dem wir uns bekennen, ist eine sehr fragile Gesellschaftsordnung. Sie muss, und das ist auch ein Ergebnis der Tagung, jeden Tag wieder gewonnen werden. Dieser etwas platte Spruch von den dicken Brettern passt hier sehr wohl. Es genügt nicht – Herr Ritter, Sie haben das mit Recht gesagt –, wenn wir mal darüber reden und wenn wir mal etwas dagegen tun. Wir haben Demokratie, Toleranz und Rechtsstaat nicht gewonnen, auch dann nicht, wenn wir verhindern, was ich inständig hoffe, dass Nationalsozialisten, so bezeichnen sie sich selber, in diesen Landtag kommen. Auch nach dem 17. September 2006, meine Damen und Herren, darf unser Bemühen nicht enden. Vielleicht gibt es dann ein Aufatmen, das würde ich uns gern gönnen. Vielleicht gibt es dann ein Stück der Befriedigung bei allen anderen Überlegungen, die Wahlen und ihre Ergebnisse mit sich bringen. Aber eins darf es nicht geben, dass wir uns zurücklehnen und sagen, jetzt haben wir wieder vier Jahre Zeit, jetzt müssen wir uns darum nicht kümmern. Das sollten wir auch in unseren gemeinsamen Beratungen so festschreiben. Ich wünsche uns allen dabei sehr viel Erfolg. – Vielen Dank.
Interfraktionell ist vereinbart worden, den Antrag der Fraktionen der Linkspartei.PDS und SPD auf Drucksache 4/1937 zur federführenden Beratung an den Innenausschuss und zur Mitberatung an den Bildungsausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überw e i s u n g svorschlag? – Danke schön. Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Dann ist der Überweisungsvorschlag einstimmig angenommen.
Ebenfalls interfraktionell ist vereinbart worden, den Antrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 4/1944 zur federführenden Beratung an den Innenausschuss und zur Mitberatung an den Bildungsausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Danke schön. Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist auch dieser Überweisungsvorschlag einstimmig angenommen.
Ich rufe nunmehr auf den Tagesordnungspunkt 20: Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD und Linkspartei.PDS – Am Atomausstieg festhalten – zukunftsfähige Alternativen fördern, auf der Drucksache 4/1941.
Antrag der Fraktionen der SPD und Linkspartei.PDS: Am Atomausstieg festhalten – zukunftsfähige Alternativen fördern – Drucksache 4/1941 –