Die Kunden müssen wissen, was sie kaufen, und die Anbieter, die weder täuschen noch herumtricksen, genau diese Anbieter wollen und müssen wir schützen. Und mich beruhigen da auch die Testergebnisse, gesundheitsgefährdend sei das geprüfte Fleisch offensichtlich noch nicht gewesen, in keiner Weise. In Nordrhein-Westfalen wurden die Proben dann im Ergebnis als nicht mehr verzehrfähig eingestuft.
Meine Damen und Herren, was heißt denn das, nicht mehr verzehrfähig? Wenn man sich länger oder näher damit beschäftigt und in sich geht, da könnte sich einem vielleicht doch schon der Magen umdrehen. Sicher ist einige Ware im Umlauf, da gebe ich Ihnen Recht – das war auch ein Teil der Diskussion im Agrarausschuss –, bei der das Mindesthaltbarkeitsdatum zwar abgelaufen oder kurz vor Ablauf ist, aber diese Ware ist noch verzehrbar, sie ist also noch nicht schlecht. Und viele Kunden greifen bei unseren Läden oder Großanbietern genau in diese Grabbelkiste, weil diese Waren zu Sonderpreisen angeboten werden. Aber dann greifen sie, meine Damen und Herren, ganz bewusst in diese Kiste. Dann wissen sie, was sie dort kaufen, und dann tun sie es ganz freiwillig. Durch Veränderungen beziehungsweise Verlängerungen der Mindesthaltbarkeitsdaten den Kunden bewusst in die Irre zu führen und eventuelle Gesundheitsschäden anderer in Kauf zu nehmen, das ist für mich Betrug und kriminell und bei aller Habgier, da helfen auch keine freiwilligen Beteuerungen oder Versprechen.
Deshalb hat der Satz aus der Koalitionsvereinbarung, meine Damen und Herren: „Die gesundheitliche Unbedenklichkeit von Lebensmitteln hat Priorität“, eine sehr, sehr aktuelle Bedeutung. Überhaupt ist Bundesminister Seehofer in dieser Frage mit seinem 10-Punkte-Programm auf dem richtigen Weg. Man fragt sich nur, warum die Einsichten in Seehofers zehn Punkten so spät erfolgen. Aber, meine Damen und Herren, besser spät als gar nicht.
Eben, eben! Eben, eben! Und er gehört auch einer kleinen Schwester an. Vielleicht ist es deswegen so günstig gelaufen dieses Mal.
An Ihre Adresse gerichtet, verehrte Frau Kollegin Holznagel: Wenn Sie in Ihrer Pressemitteilung kundtun, dass dieses Thema es nicht wert ist, hier debattiert zu werden – ich habe Ihre Pressemitteilung bei mir –, dann wundere ich mich auch nicht,
dass die CDU ein Verbraucherinformationsgesetz bisher gebremst hat. Bereits 2002 und 2005 hat der Deutsche Bundestag entsprechende Initiativen beschlossen, meine Damen und Herren, die allerdings im Bundesrat scheiterten. Wer hatte denn da wohl die Mehrheit und wer hat das wohl scheitern lassen?
Und wenn jetzt in Ihrer Pressemitteilung zu lesen ist, dass Handlungsbedarf besteht, dann begrüße ich natürlich die Wendung sehr. Erkenntnisse, die man dazugewinnt, sind immer zu begrüßen.
Aber, meine Damen und Herren, keiner sollte so tun, als wäre der Handlungsbedarf erst jetzt entstanden.
Da darf ich erinnern: Glykol im Wein 1985, Kollegin Gramkow hatte das schon gesagt, 1985 der Eiskandal, da wurden bebrütete Eier weiter für Nudeln verwendet, 1998 der Hormonskandal, Missbrauch und, und, und. Die Liste wäre beliebig weiter zu benennen. Und ich erinnere mich noch ganz genau an einen Zuruf des Kollegen Caffier, als ich hier einmal stand bei einer Rede in Verbindung mit dem Verbraucherschutz und das Informationsgesetz anmahnte, wie er sagte: „Gott sei Dank kommt das nicht.“ Ich freue mich, dass diese Zurufe und Zwischenrufe nicht mehr kommen.
In dem Sinne bedanke ich mich auch beim Minister. Es liegt im Land in guten Händen, nicht zuletzt auch in seinen guten Händen, dass wir die Skandale noch nicht hatten. Ich wünsche uns ein schönes Weihnachtsfest, aber denken Sie immer daran: Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen,
Vielleicht ist das bei dem einen oder anderen nicht der Fall. Ansonsten hat jede Medaille zwei Seiten. Unsere Biofleischproduzenten bieten an, haben genügend vorgesorgt. Der Verbraucher hat also die Wahl, wenn er sich im Moment nicht sicher ist, welches Fleisch er kaufen möchte. – Herzlichen Dank.
Es hat jetzt das Wort der Minister für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Fischerei Herr Dr. Backhaus. Bitte schön, Herr Minister.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin jetzt eigentlich doch sehr froh, dass wir diese Aktuelle Stunde zum Thema Lebensmittelsicherheit in diesem schönen Bundesland heute abhalten können.
(Beifall und Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von Angelika Peters, SPD, Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS, und Gabriele Meˇsˇt’an, Die Linkspartei.PDS)
Ich will jetzt auch sehr ernsthaft werden zu diesem Thema, denn Essen und Trinken, das ist gerade gesagt worden, hält Leib und Seele zusammen.
Wenn wir uns die letzten Jahre anschauen, das ist hier schon angedeutet worden, jawohl, wir haben Probleme gehabt in der Lebensmittelsicherheit in Europa, in Deutschland und auf der Welt. Das Herumvagabundieren von Lebensmitteln quer durch Europa, quer durch die ganze Welt halte ich nicht für richtig.
Ich glaube auch, dass wir in dieser Gesellschaft insgesamt in Europa eine Diskussion brauchen zur Ethik und Moral im Zusammenhang mit Lebensmitteln.
Mecklenburg-Vorpommern kann sich damit einen Namen machen, nämlich als Gesundheitsland MecklenburgVorpommern. Ja, Qualität hat einen Namen, Mecklenburg-Vorpommern tut wirklich gut!
Und wenn ich mir meine eigene Entwicklung im Zusammenhang mit Lebensmitteln anschaue und die Probleme, die wir gehabt haben, dann will ich nur noch einmal drei Themen herausgreifen. Die anderen sind hier zum Teil schon genannt worden. Erinnern wir uns an BSE, es wurde stillgeschwiegen in Europa. Ich glaube, Großbritannien hat hier grobe Fehler gemacht. Oder schauen wir zurück in unser Land: Nitrofen ist eines meiner schlimmsten Probleme gewesen, die ich in meiner Dienstzeit habe absolvieren müssen, oder der Herbizidskandal, den wir gehabt haben. Wir haben unsere Lehren daraus gezogen.
Ich glaube, es ist hier schon deutlich geworden, wir haben einen anderen Weg eingeschlagen, als andere Bundesländer es gemacht haben. Deswegen möchte ich mich an dieser Stelle ausdrücklich einmal bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Ämtern, nämlich den Landesveterinär- und Lebensmittelüberwachungseinrichtungen bedanken. Das geht los bei den Landkreisen und hört natürlich auf beim Landesamt für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und Fischerei.
Was haben wir verändert? Wir haben einen ganzheitlichen Ansatz für die Überwachung von Lebensmitteln gewählt, nämlich genau diesen Ansatz vom Feld bis auf den Tisch. Und wenn ich sage, auf den Tisch, geht das natürlich an die Verbraucher heran. Meine dringende Bitte ist, kurz vor Weihnachten tatsächlich darüber nachzudenken, mit welcher Qualität von Lebensmitteln wir hier eigentlich umgehen. Es ist alles im Überfluss da und mit einem vollen Bauch über Hunger zu reden ist relativ einfach. Aber wir wissen, der Durchschnittsbürger der Bundesrepublik Deutschland gibt leider – leider! – nur noch 11 Prozent seines Einkommens für Lebensmittel aus,
für Freizeit und Erholung mittlerweile knapp 20 Prozent. Da sage ich sehr klar und deutlich, da stimmen die Verhältnisse nicht mehr. Lebensmittel sind mehr wert als 11 Prozent des Einkommens!
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der Linkspartei.PDS – Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS: Für Miete gehen über 20 Prozent drauf.)
Es zeigt, dass unsere Ernährungswirtschaft davon natürlich immens beeinflusst ist. Wir haben 171 Lebensmittel verarbeitende Unternehmen in Mecklenburg-Vorpommern und ich persönlich setze ausdrücklich mit unseren Unternehmen, mit den 171, auf Transparenz, auf Wahlfreiheit und auf eine friedliche Koexistenz. Die Kontrolle der Kontrolle durchzuführen als staatliche Behörde, das machen wir, und zwar mit aller Konsequenz. Und mit krimineller Energie hat in diesem Land kein Lebensmittel verarbeitendes Unternehmen etwas zu suchen. Das sage ich mit aller Klarheit.
Wer mit krimineller Energie hier etwas anfangen will, der hat in unserem Bundesland nichts zu suchen!
Ich glaube, dass es richtig war, dass wir eine wesentlich stärkere Verknüpfung der Kontrollen vom Futtermittel bis zum Lebensmittel vorgenommen haben. Wir haben im Übrigen die Futtermittel auf das Niveau der Lebensmittelsicherheit gebracht. Das heißt, es gibt in dieser Hinsicht keinen Unterschied mehr zwischen Futtermittel und Lebensmittel: Sie müssen Lebensmittelqualität haben in unserem Bundesland. Wir haben eine stärkere Eigenverantwortung der Futtermittelindustrie und der Lebensmittelindustrie durchgesetzt. Ein Segen ist für unser Bundesland, dass wir ein zweistufiges Kontrollverfahren haben, nämlich auf der einen Seite die Landesbehörden und auf der anderen Seite die Landkreise, für die wir die Fachaufsicht haben. Hier gibt es ein sehr gutes Zusammenspiel, darum beneiden uns andere Länder. Und dass der Lebensmittel- und damit der dazugehörige Gesundheitsschutz in einem Haus konzentriert ist, was die Lebensmittel anbetrifft, ist im Übrigen auch eine sehr gute Entwicklung.
Ich glaube auch, dass es richtig war, was wir aus den Lehren bestimmter Entwicklungen angeschoben haben, nämlich dass wir eine risikoorientierte Überwachungsentwicklung und damit einen Ansatz in unserem Bundesland geschaffen haben. Wir haben ein Schnellwarnsystem und
wir haben als einziges Bundesland der Bundesrepublik Deutschland ein Lagebild zur Lebensmittelsicherheit entwickelt, im Übrigen nicht wir als Behörde, als Landwirtschaftsministerium, sondern gemeinsam mit dem Landeskriminalamt und damit mit dem Innenministerium. Dafür bedanke ich mich ausdrücklich.
Ich glaube auch, dass wir deutlich machen können, wenn ich Ihnen das Beispiel im Vergleich zu anderen Bundesländern nennen darf – und ich habe in der Vergangenheit die Bundesministerin a. D. Künast immer wieder darum gebeten, lassen Sie uns in Deutschland das System ähnlich wie bei uns umsetzen –, wir kontrollieren jedes Vierteljahr die Lebensmittel verarbeitenden Unternehmen in den Landkreisen und die Landkreise melden uns, ob die Zulassungsfähigkeit dieser Unternehmen noch gegeben ist. Und wenn es dort Zweifel gibt, setzen wir von der obersten Landesbehörde an und überwachen dieses noch mal. Das ist ein Ansatz, auch in den weiteren Verhandlungen zum Verbraucherschutzgesetz, das ich ausdrücklich begrüße. Frau Peters hat darauf hingewiesen und ich bin froh, dass wir in der Koalitionsvereinbarung diesen Ansatz des Verbraucherinformationsgesetzes festgeschrieben haben. Für mich ist eins von entscheidender Bedeutung: Die Verbraucherinnen und Verbraucher müssen wissen, wenn es schwarze Schafe gibt in Deutschland, wer diese schwarzen Schafe sind, mit Name und Adresse!