Protocol of the Session on October 6, 2005

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und CDU)

Stellen Sie das bitte auch in Ihrem Hause durch!

Bei der Zuarbeit des Umweltministeriums fehlte jüngst ein aktuelles Gutachten. Der Petitionsausschuss wurde mit einer älteren Untersuchung abgespeist. Auch wenn die Aussagen beider Gutachten ähnliche Ergebnisse zeigten, muss ich die gründliche Befassung mit der Petition hinterfragen. Fehleinschätzungen wurden hier leichtfertig in Kauf genommen.

Aus dem Bildungsministerium erhielten wir zu einer Petition die Aussage, dass eine Anerkennung als Erzieherin ohne zeitaufwändige Zusatzausbildung nicht zu erreichen sei. Ich danke der Kollegin Berichterstatterin, die eine Beratung mit Regierungsvertretern nach A 2 beantragte, denn während der Anhörung wurde ein trivialer Lösungsansatz offeriert. Warum nicht gleich so? Warum nicht umgehend eine ergänzende Stellungnahme an den Ausschuss oder wenigstens ein Anruf im Sekretariat? Es ist ja nicht nur so, dass der Petitionsausschuss Gefahr läuft, falsche Empfehlungen an den Landtag weiterzuleiten, nein, auch das Hohe Haus riskiert, Beschlusslagen zu schaffen, die jenseits von Gut und Böse, auf jeden Fall fern der realen Sachlage sind, also wieder Korrekturen, Doppelarbeit, Verzögerungen.

Ich sage von hier aus sehr gern, dass wir in der überwiegenden Anzahl der Fälle gut mit den Vertretern der Ministerien zusammenarbeiten. Natürlich profitiert der Petitionsausschuss von der Fachlichkeit und den vielfältigen Lösungsvorschlägen, Anregungen und Auslegungsvarianten. Natürlich weiß ich auch, dass gerade das Bildungsministerium durch Petitionen zum KiföG und zur Neunten Novelle besonders stark belastet ist. Zum Letzteren schließen wir heute immerhin 21 Petitionen, zum Teil Massenpetitionen ab. Und Frau Peters und mir stecken

die hunderten Unterschriften der Antwortschreiben immer noch im Unterarm.

(Zuruf von Angelika Peters, SPD)

Es ging mir teilweise so, dass ich die letzten Unterschriften selbst nicht mehr lesen konnte. Und doch musste, wie eingangs bemerkt, das gesagt werden, was gesagt werden musste.

Herr Ministerpräsident, sorgen Sie dafür, dass die Hauptzuständigkeit in der Sache SGB II geklärt wird, und, meine Damen und Herren Minister, sorgen Sie dafür, dass der Paragraph 3 des Petitions- und Bürgerbeauftragtengesetzes ernster genommen wird! Ich bitte Sie, die Sammelübersicht verfahrensmäßig für erledigt zu erklären und danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und einzelnen Abgeordneten der SPD und Linkspartei.PDS)

Vielen Dank, Herr Vierkant.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von zehn Minuten für jede Fraktion vereinbart. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat zunächst die Abgeordnete Frau Angelika Peters von der Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ja, es staut sich mitunter Frust auf und diesen Frust hat der Vorsitzende eben in einem Rundumschlag abgelassen. Aber ich denke, Herr Vierkant, der Ministerpräsident muss nicht unbedingt jetzt aufgerufen werden, für Ordnung zu sorgen,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Nicht?)

ich denke, das werden die Ministerien jetzt aufgenommen haben und sie werden noch mal in sich gehen.

(Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU: Der ist doch gar nicht da! – Zuruf von Udo Timm, CDU)

Ich hoffe es jedenfalls.

Zum Zweiten sollten wir uns wirklich darauf beschränken, was uns jetzt aus dieser Sammelübersicht zusteht. Zukünftige Entscheidungen zur Kreisgebietsreform, Zuschneidung neuer Kreise oder Eingreifen in Hochschulautonomie sollten heute an dieser Stelle nicht unbedingt die Rolle spielen. Also lassen wir die Wertungen für das, was noch irgendwann kommt. Aber nichtsdestotrotz, Herr Vierkant, einige Dinge werde ich in meinem Beitrag noch unterstreichen.

Meine Damen und Herren, in regelmäßigen Abständen legt Ihnen der Petitionsausschuss, so auch heute, gemäß Paragraph 10 Absatz 2 des Petitions- und Bürgerbeauftragtengesetzes die von ihm behandelten Petitionen in Form der Sammelübersicht vor. Sie liegt Ihnen heute auf der Drucksache 4/1873 vor. Dabei handelt es sich um den Berichtszeitraum vom 01.06. bis 31.08.2005. In der Ihnen vorliegenden Sammelübersicht sind die Petitionen anonymisiert aufgelistet und wir wollen sie heute endgültig zum Abschluss bringen.

Bei acht Petitionen wurde beziehungsweise musste von der Beratung oder der sachlichen Prüfung abgesehen werden. In allen Fällen, meine Damen und Herren, ging es um das Begehren, bestehende Gerichtsurteile zu über

prüfen mit dem Ziel, sie im Sinne des Petenten aufzuheben beziehungsweise zu veranlassen, dass sie auf Wunsch des Petenten verändert werden. Das geht bei anhängigen Gerichtsverfahren natürlich nicht. Bei bestehenden Gerichtsurteilen sind uns die Hände gebunden, da hat auch der Petitionsausschuss keine Möglichkeit mehr einzugreifen. Elf weitere Petitionen wurden ebenfalls entsprechend Paragraph 2 des Petitions- und Bürgerbeauftragtengesetzes zuständigkeitshalber zur weiteren Beratung an den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages weitergeleitet oder aber an einen Landtag eines anderen Bundeslandes. Grundlage waren Bitten und Beschwerden der Bürger, die sich auf die Bundesgesetzgebung bezogen, bei der wir also nicht zuständig sind.

Herr Vierkant, der Vorsitzende, hat einige Beispiele genannt. Ich werde zwei oder wenige weitere Beispiele nennen. Eine Petentin beschwert sich über das Gutachten einer Ärztin. Es ging um eine dauernde Arbeitsunfähigkeit. Bei einer zweiten Begutachtung allerdings wurde festgestellt, dass die dauernde Arbeitsunfähigkeit gerechtfertigt ist, und sie wurde dann auch anerkannt. Es bleibt die Frage: Warum nicht gleich so? Denn zwischen der Zeit des ersten und zweiten Gutachtens hat sich der Gesundheitszustand der Petentin nicht wesentlich verschlechtert. In einem anderen Fall ging es um die Ablehnung einer Leistung durch eine gesetzliche Krankenkasse und zudem ging man sehr lax mit den Schreiben um, denn diese wurden einfach negiert und überhaupt nicht beantwortet. Nach nochmaliger Prüfung, sicher auch angestoßen durch den Petitionsausschuss, wurde die Leistung dann doch ununterbrochen weitergewährt. Auch hier bleibt die Frage: Muss man erst jeden Bescheid von Behörden anzweifeln, um vielleicht doch noch zu seinem Recht zu kommen? Anderen Petenten wurde der Anbau an ihrem Wohnhaus letztendlich doch genehmigt. Zuvor war die Baugenehmigung durch das Forstamt gestoppt worden. Ebenso wurde die Errichtung eines Doppelcarports mit Hilfe des Petitionsausschusses genehmigt. Aber wären diese Lösungen, meine Damen und Herren, nicht auch ohne das Zutun unseres Petitionsausschusses möglich gewesen?

Meine Damen und Herren, wir konnten bei ungefähr 20 Prozent der Petitionen teilweise oder auch ganz helfen. Es bleiben aber immer noch rund 80 Prozent, bei denen wir nicht helfen konnten, weil unter anderem der Verwaltung, den Behörden kein Vorwurf zu machen war. Das heißt, es gab keine Ermessensspielräume und die Verwaltung hat entsprechend gehandelt, ein Zeichen dafür, dass man auch nicht ins Gegenteil verfallen und pauschalisieren sollte, wenn etwas nicht klappt. Dennoch ist es ärgerlich, wenn man einiges über den Petitionsausschuss regeln muss.

Ich unterstreiche an dieser Stelle noch einmal die Bitte an die Ministerien: Schicken Sie uns bitte zu den Beratungen mit den Regierungsvertretern auch Vertreter, die die Petitionen kennen und sich damit gründlich auseinander gesetzt haben! Bitte nehmen Sie es mir nicht übel, aber wir brauchen Vertreter, die wissen, worüber sie reden, und die sich damit gründlich beschäftigt haben. Wir brauchen die sach- und fachkompetenten Aussagen als Entscheidungshilfe für die Petitionen. Leider mussten wir des Öfteren die Beratungen unterbrechen und die Vertreter wieder wegschicken. Das kostet Zeit, das kostet Nerven und die Hoffnungen der Petenten werden weiter aufs Spiel gesetzt beziehungsweise in die Länge gezogen.

Wir wissen aber auch alle, meine Damen und Herren, dass Petenten keinen Anspruch auf die von ihnen ange

strebte Entscheidung durch den Petitionsausschuss haben. Entsprechend groß ist dann natürlich auch die Enttäuschung. Aber wie sagt man so schön – das gefühlte Recht haben und das Recht bekommen, das stößt dann häufig an die Grenzen der Gesetze, so auch in einem ganz besonderen Fall: Ein privatrechtlicher Gerichtsstreit war anhängig. Die Petition wurde daher, wie ich vorhin schon beschrieben habe, wegen der entsprechenden Paragraphen unseres Gesetzes inhaltlich nicht beraten. Das wurde dem Petenten auch so mitgeteilt, er musste das also zur Kenntnis nehmen. Im Nachgang, meine Damen und Herren, bekamen wir einen siebenseitigen Brief, nach dessen Lesen sich mancher von uns Ausschussmitgliedern die Frage stellte: Muss man nicht gegen dieses Schreiben strafrechtlich vorgehen? Worum ging es? Wir wurden bezichtigt, und das ist überhaupt nicht mehr spaßig, innerhalb unserer Funktion Faschismus zu betreiben und als Staatsmacht eine Scheindemokratie zu praktizieren. Überhaupt findet nach Meinung des Briefautors Demokratie nur innerhalb staatlicher Vorgaben statt. Damit hat der Staat immer Recht, kann nie schuld sein. Das ist ein Zeichen von Totalitarismus, ein schweres Wort, so stand es aber da, und genau das ist das Merkmal des Faschismus. Juristen, Rechtsanwälte, Staatsanwälte und Richter wurden als Nazis beschimpft und der Petitionsausschuss als verfassungsmäßige Institution schützt diese noch und ist eine Bedrohung für die Bürger. Das alles konnte man dort sinngemäß lesen. Dabei bleibt es nicht, aber ich erspare mir und Ihnen weitere noch heftigere Beschimpfungen und Anschuldigungen.

(Heiterkeit bei Holger Friedrich, SPD: Da war noch ‘ne Rechnung dabei. – Heiterkeit bei Gerd Walther, Die Linkspartei.PDS – Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS: Keine Details bitte!)

Natürlich haben wir die Landtagsverwaltung gebeten, dieses Schreiben auf strafrechtliche Relevanz zu prüfen. Das Ergebnis: Nach Paragraph 194 Strafgesetzbuch sind wir beleidigungsfähig, so heißt es.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD – Frank Ronald Lohse, SPD: Ja.)

Wir sind beleidigungsfähig. Sollte dennoch eine Strafverfolgung durch uns angestrebt werden, ist dafür die Präsidentin zuständig. Sie allein kann nach Paragraph 194 Absatz 4 Strafgesetzbuch die dafür zwingend geforderte Ermächtigung gemäß Artikel 29 Absatz 5 der Landesverfassung erteilen. Meine Damen und Herren auch der anderen Ausschüsse, falls Ihnen so etwas passiert, wissen Sie jetzt, wie der weitere Verfahrensweg ist.

(Heiterkeit bei Ministerin Sigrid Keler)

Aber wie lange muss man eigentlich beleidigungsfähig sein? Und vor allem, meine Damen und Herren, auch die persönliche Leidensfähigkeit unserer Mitglieder hat irgendwann Grenzen. Gott sei Dank, meine Damen und Herren, gibt es hin und wieder auch mal ein Dankeschön einiger Petenten, und das macht wieder Mut.

(Beifall Ute Schildt, SPD)

Ein Wort noch an Sie, liebe Kollegen des Finanzausschusses, die Sie gerade ganz tief in den Haushaltsberatungen stecken: Weil wir durch unsere Nichtentscheidung in der Sache den Petenten angeblich in Zugzwang gebracht haben, um seine wissenschaftlichen Ausführungen

in diesem siebenseitigen wissenschaftlichen Schreiben darzulegen, ist da noch ein Anhang,

(Holger Friedrich, SPD: Hört zu!)

und zwar in Form einer Rechnung der ersten Teilrate von 2 Millionen Euro.

(Heiterkeit bei Ministerin Sigrid Keler)

Schließlich sind das seine berechtigten Schadensersatzansprüche.

(Holger Friedrich, SPD: Das ist noch ohne Mehrwertsteuer. – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Michael Ankermann, CDU)

Na denn, meine Damen und Herren, gutes Suchen in den Haushalten!

Ansonsten, meine Damen und Herren, danke ich Ihnen für die Aufmerksamkeit. Bleiben wir leidensfähig, beleidigungsfähig, aber trotzdem guten Mutes! – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS, und Gerd Walther, Die Linkspartei.PDS)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Peters.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Schlupp von der Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Heute empfehlen wir dem Plenum, 84 Petitionen abzuschließen. 21 dieser Petitionen hatten die anstehende Änderung des Schulgesetzes zum Gegenstand. Die neunte Novelle ist zwischenzeitlich verabschiedet. Damit konnte in keiner der 21 Petitionen dem Wunsch der Petenten entsprochen werden, leider, auch wenn in der Begründung immer zu lesen ist, dass die Anregungen der Petenten in das Gesetzgebungsverfahren eingeflossen sind. Ich kann für die CDU-Fraktion nur festhalten, dass die Petitionen an die Berichterstatter und den Bildungsausschuss weitergeleitet wurden. Ja, sie wurden von den Abgeordneten gelesen. Die vorgefertigte Meinung der Regierungsmehrheit haben sie aber in keiner Weise beeinflusst.

(Beifall Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU)

Mehr Erfolg hatten wir dagegen bei den Petitionen, die Anbauten an ein vorhandenes Haus oder den Neubau einer Garage innerhalb der Waldabstandsgrenze bewirken wollten. Wir haben uns in jedem Fall die Situation vor Ort angesehen. Eine der betroffenen Familien hätte aus Platzgründen ihr Haus gar verlassen müssen, wenn keine Regelung gefunden worden wäre. Da sich die Petitionen zur Genehmigungspraxis in diesem Bereich häuften, hat der Petitionsausschuss das Gespräch mit Vertretern des Landwirtschaftsministeriums gesucht, und in unseren Augen sind sehr zufrieden stellende Lösungen gefunden worden. Ihren Niederschlag haben die Petitionen auch in der neuen Waldabstandsverordnung gefunden. Einen großen Dank dafür an das Landwirtschaftsministerium. Ich wünsche mir noch mehr solche Erfolge für unsere Bürger.

Erstaunt hat mich in der jüngsten Vergangenheit die Vielzahl der eingegangenen Petitionen aus dem Maßregelvollzug. Der Ausschuss führte deshalb einen Ortstermin in der entsprechenden Einrichtung durch und sprach

auch mit einigen Petenten. Dabei kann es nicht Aufgabe des Ausschusses sein, Therapiekonzepte zu beurteilen. Selbst die Fachleute sind sich nicht einig über die zu ergreifenden Maßnahmen. Von daher konnte und wollte der Ausschuss nichts an der beschwerten Gruppen- oder Zimmerbelegung ändern. Andere Missstände in der Forensik konnten in der Zwischenzeit behoben werden. Zwischenzeitlich fand auch ein klärendes Gespräch zwischen einem Vertreter des Justizministeriums und dem Ausschuss zur Verweildauer im Maßregelvollzug statt. Wir können daher mit Fug und Recht behaupten, dass wir uns sehr intensiv mit der Thematik Maßregelvollzug auseinander gesetzt haben. Ich vermute aber, dass uns dieser Bereich auch in Zukunft noch weiter beschäftigen wird.