Meine Damen und Herren, das Landesverfassungsgericht hat am 7. Juli 2005 im Normenkontrollverfahren der CDU-Landtagsfraktion gegen das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2003 und gegen das Haushaltsrechtsges e t z 2004/2005 sein Urteil gesprochen. Das Gericht erklärt das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2003 mit dem Artikel 65 Absatz 2 der Verfassung MecklenburgVorpommern unvereinbar und daher für nichtig, soweit der Betrag der Kreditermächtigung die Grenze nach Artikel 65 Absatz 2 Satz 1 der Verfassung übersteigt. Diese Nichtigkeitserklärung hat Auswirkungen sowohl auf den Haushaltsplan 2005 als auch auf den demnächst zu beratenden Haushalt 2006/2007. Aus dem Haushaltsrechtsgesetz 2004/2005 werden mit Ausnahme von Artikel 2 die Artikel 1 und die Artikel 3 bis 8 mit der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern unvereinbar und deshalb für nichtig erklärt. Beide Urteile des Gerichts haben zum Teil weit reichende Konsequenzen, auf die ich dann noch näher eingehen werde.
Unabhängig davon, wie wir das Urteil rechtlich oder politisch werten – meine Vorredner sind bereits ausführlich darauf eingegangen –, muss der Gesetzgeber bis spä
testens zum 20. Oktober 2005 die Anordnungen des Landesverfassungsgerichts, die Vorgaben umsetzen. Wir als SPD sind gewillt, dieses zu tun, damit kein Schaden für das Land entsteht.
Sehr geehrte Damen und Herren, an dieser Stelle möchte ich mich namens der SPD-Fraktion ausdrücklich bei der Finanzministerin als auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Finanzministeriums bedanken, die es trotz Urlaubszeit mit vielen Überstunden geschafft haben, dem Parlament heute den neuen Haushaltsplanentwurf für 2005 innerhalb einer kurzen Zeit vorzulegen.
(Dr. Armin Jäger, CDU: Besser wäre es gewesen, gleich einen verfassungs- gemäßen Haushalt vorzulegen.)
Meine Damen und Herren, nach Auffassung des Landesverfassungsgerichts gibt es in der Hauptsache drei formale – ich betone, drei formale – Kritikpunkte am Haushaltsplanverfahren 2003 beziehungsweise 2004/2005, auf die ich näher eingehen möchte:
Erstens. In seinem Urteil zum Zweiten Nachtragshaushaltsgesetz 2003 hält das Landesverfassungsgericht die Darlegungen für die erhöhte Kreditaufnahme zur Abwehr der Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts für nicht ausreichend, stellt aber fest, dass mit Beschluss des Zweiten Nachtragshaushalts im Februar 2004 – also Nachtrag 2003 – keine anderen wirksamen Maßnahmen wie zum Beispiel Ausgabenkürzungen mehr möglich waren. Nach dem Willen des Landesverfassungsgerichts ist die mit 166,2 Millionen Euro überschrittene Regelkreditobergrenze als Fehlbetrag in den Haushalt der Folgejahre zu übertragen.
Zweitens stellt das Verfassungsgericht den Verstoß mit dem Haushaltsrechtsgesetz 2004/2005 gegen das so genannte Bepackungsverbot fest, das heißt, die bisherige seit der ersten Legislaturperiode – also seit Anfang der 90er Jahre – dieses Landtags geübte Praxis, das Haushaltsgesetz mit weiteren für den Haushalt bedeutsamen Regelungen in verschiedenen Artikeln eines Mantelgesetzes, dem Haushaltsrechtsgesetz, zusammenzufassen.
Und drittens wird der Verzicht auf eine erneute Erste Lesung bei wesentlichen Änderungen eines Gesetzentwurfs kritisiert. Das Landesverfassungsgericht sieht in dem seit 1995 praktizierten Verfahren, die seinerzeit notwendigen Änderungen und Anpassungen aufgrund von Steuermindereinnahmen über den Finanzausschuss in das parlamentarische Verfahren einzubringen, als Verletzung des Artikels 55 der Verfassung.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, welche praktischen Vorgaben hat das Verfassungsgericht zu den drei wichtigsten Kritikpunkten gemacht und wie werden sie jetzt von uns umgesetzt?
Als Erstes zur Kreditaufnahme: Das Landesverfassungsgericht hat im Nachhinein der tatsächlich für 2003 erfolgten Kreditaufnahme die Ermächtigungsgrundlage bekannterweise entzogen. Diese Lücke soll jetzt mit einer nachträglichen Ermächtigung, auf die Haushaltsgesetze 2005 beziehungsweise 2006 verteilt, geschlossen werden. Um den Rahmen der Kreditobergrenze einzuhalten, geschieht das mit der Erteilung einer Ermächtigung im Paragraphen 2 a des Haushaltsgesetzentwurfs für 2005 in
Höhe von 55 Millionen Euro und im Haushaltsgesetzentwurf für 2006/2007 in Höhe von rund 111 Millionen Euro. Praktisch bedeutet dies, dass die Landesregierung beim Landtag beantragt, die für 2003 aufgenommenen Kredite in voller Höhe behalten zu dürfen, nicht mehr und nicht weniger.
Nur so – und da teile ich die Auffassung der Landesregierung – ist die Forderung des Landesverfassungsgerichts umsetzbar. Die Forderung nach Übertragung eines Fehlbetrags aus 2003 in 2004 beziehungsweise 2005, das heißt, den Kredit aus dem Haushaltsplan in einen Fehlbetrag umzubuchen, widerspricht sowohl bundes- als auch landesgesetzlichen Regelungen. Nach dem Haushaltsgrundsätzegesetz Paragraph 36 und der Landeshaushaltsordnung Paragraph 76 dürfen nach dem Abschluss der Bücher Einnahmen und Ausgaben nicht mehr für den abgelaufenen Zeitraum gebucht werden. Das Haushaltsjahr 2003 ist also definitiv abgeschlossen. Ein Fehlbetrag kann logischerweise nicht entstehen. Vielmehr besteht also eine Ermächtigungslücke und diese wird wie gesagt mit der nachträglichen Ermächtigung nach Paragraph 2 a des Haushaltsgesetzes zum Behaltendürfen der bereits aufgenommenen und ausgegebenen Kredite geschlossen und somit der Intention des Landesverfassungsgerichts gefolgt.
Zweitens zum Bepackungsverbot: Das Landesverfassungsgericht erwartet, dass künftig ein Haushaltsgesetz und ein Haushaltsbegleitgesetz jeweils separat vorgelegt werden. Diese formale Vorgabe lässt sich relativ einfach einhalten. Dazu wird der Entwurf eines Begleitgesetzes zum Haushaltsgesetz 2005 vorgelegt, in dem in den Artikeln 1 bis 5 die haushaltsrelevanten Regelungen, die zur Absicherung des Haushalts 2005 notwendig sind, nachgeholt werden.
Ein erneutes Gesetzgebungsverfahren für den Haushalt 2004 fordert das Landesverfassungsgericht nicht. Selbstverständlich werden beim Haushaltsplanentwurf für 2006/2007 diesbezüglich die Vorgaben des Landesverfassungsgerichts eingehalten. So weit, meine Damen und Herren, zur aktuellen Haushaltsgesetzgebung.
Drittens besteht die Forderung nach einer erneuten Ersten Lesung. Hier dürfte es wesentlich schwieriger sein, die Vorgaben des Landesverfassungsgerichts umzusetzen, die vorsehen, dass künftig bei wesentlichen Änderungen eine erneute Erste Lesung stattzufinden hat. Das Gesetzgebungsverfahren wird dadurch zukünftig bedeutend komplizierter. Wer soll zum Beispiel auf welcher Grundlage entscheiden, was „wesentliche Änderungen“ sind? Neben einer erheblichen Zunahme von Rechtsunsicherheiten halte ich die Verfassungsinterpretation des Gerichtes aber auch für kritikwürdig, gerade als Abgeordneter, weil dies nach meiner Meinung das parlamentarische Gestaltungsrecht,
nicht das Verhinderungsrecht, der Abgeordneten im Gesetzgebungsverfahren in unerträglicher Art und Weise schwächt. Das trifft dann nicht nur für den Finanzausschuss zu, sondern logischerweise auch für alle anderen Ausschüsse. Das Landesverfassungsgericht hat also in
seinem Urteil nicht definiert, was „wesentliche Änderungen“ sind, und an dieser Stelle sehe ich dringenden Aufklärungsbedarf, um einerseits Rechtssicherheit für uns Parlamentarier zu schaffen und andererseits unnötige weitere Verfahren vor dem Verfassungsgericht zu vermeiden. Hier ist allerdings nicht nur der Finanzausschuss gefordert, sondern insbesondere der Rechtsausschuss und gegebenenfalls auch externer Sachverstand.
Zum Schluss muss man sich natürlich die Frage stellen, ob es etwas unterm Strich gebracht und ob das von der CDU-Landtagsfraktion eingeleitete Normenkontrollverfahren und somit das Urteil des Landesverfassungsgerichts zur Klärung verfassungsrechtlicher Fragestellungen beigetragen hat. Ich bin der Meinung – und das ist meine persönliche Meinung –, dass unterm Strich, ich betone, gemessen am Aufwand, der substantielle Erkenntniswert für uns alle relativ gering ist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der vorliegende Haushaltsplanentwurf 2005 entspricht grundsätzlich dem vom Landtag bereits beschlossenen Haushaltsplan in der Fassung des Haushaltsrechtsanpassungsges e t z e s 2005. Die wenigen substantiellen Änderungen gegenüber dem entfallenen Haushaltsplan 2005 berücksichtigen insbesondere die mit der Maisteuerschätzung sichtbaren Steuermindereinnahmen von circa 90 Millionen Euro und deren Deckung. In den Ausschussberatungen haben wir die Gelegenheit, den Entwurf des Haushaltsgesetzes und des Haushaltsbegleitgesetzes im Detail zu erörtern. Herr Liskow zum Beispiel war schon gar nicht mehr zu bremsen in seinem Redebeitrag. Ich möchte an dieser Stelle jetzt darauf verzichten. Ich hoffe und erwarte allerdings auch, dass sich alle Abgeordneten – egal, welcher Fraktion, und egal, wie man zum Landesverfassungsgerichtsurteil steht – ihrer Verantwortung bewusst sind, schnellstmöglich die Beratungen durchführen und spätestens bis zum 19. September beenden.
Ich möchte hier auf ein sehr sachliches und konstruktives Gespräch der Obleute der finanzpolitischen Sprecher und der Obleute mit dem Finanzausschussvorsitzenden Herrn Riemann verweisen, wo wir uns auf diesen Zeitplan verständigt haben, der Finanzausschuss am 22. Oktober,
am 22. September abschließend beraten möchte und muss, so dass wir im Landtag am 5. Oktober die Zweite Lesung zum Haushaltsgesetz und Haushaltsbegleitgesetz 2005 durchführen können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Einhaltung der Vorgaben des Landesverfassungsgerichtsurteils und die notwendige Haushaltsbewirtschaftung erfordern von uns allen verantwortliches Handeln für unser Land. Das heißt für mich insbesondere natürlich auch, dass wir am 5. Oktober diese Zweite Lesung hier im Landtag durchführen werden und insofern alle Voraussetzungen haben, um die Haushaltsbewirtschaftung ordnungsgemäß durchführen zu können. Ich wünsche uns dazu einen guten Beratungsverlauf und möchte an dieser Stelle, weil es sicherlich notwendig ist, formal die Überweisung beantragen in den Finanzausschuss und natürlich in alle mitberatenden Ausschüsse.
kret in den Punkten 1 bis 4 an den Landtag wendet, im Punkt 3 an die Landesregierung. Er hat, glaube ich, von der Zielsetzung etwas zum Inhalt, was ich grundsätzlich hier zurückweisen möchte, denn insbesondere in den Punkten 1 bis 3 wird gewissermaßen unterstellt, dass es notwendig wäre, den Landtag beziehungsweise die Landesregierung noch einmal dezidiert aufzufordern, geltendes Recht einzuhalten.
Ich halte dieses ehrlich gesagt nicht für notwendig. Ich gehe davon aus, dass der Landtag, alle Fraktionen dieses tun werden. Das ist für sie selbstverständlich, geltendes Recht einzuhalten.
Für uns gilt die Verfassung und selbstverständlich auch die aktuelle Rechtsprechung des Landesverfassungsgerichtsurteils. Dieses ist natürlich von der Landesregierung so beachtet worden. Ich gehe davon aus, dass zukünftige Landesregierungen, egal, welche Farbe, dieses auch so tun werden.
Insofern sitzen wir eigentlich alle in einem Boot. Was die Rechtsvorgabeschätzung betrifft, gehe ich davon aus, die ist erfolgt, die ist beachtet worden und wird selbstverständlich vertiefend im Rechtsausschuss, insbesondere im Finanzausschuss auch noch einmal an Einzelfällen beraten werden müssen.
Insofern ist auch der Punkt 4 des CDU-Antrages überflüssig und der Antrag allein schon aus diesen Gründen logischerweise abzulehnen. Er ist aber noch aus einem anderen Grunde abzulehnen, denn in Punkt 4 nimmt er Bezug auf Landeserziehungsgeld und Schulgesetz. Hierzu folgende Auffassung meinerseits und auch der SPDFraktion: Beim Landeserziehungsgeld ist es selbstverständlich so, dass ab 7. Juli, also mit der Nichtigkeit des Haushalts, speziell des Artikels 5, damit auch dieses Geld weitergezahlt werden muss. Es werden Anträge gestellt, ob abhängig oder unabhängig von der Aufforderung von Herrn Glawe, das weiß ich nicht. Sie werden selbstverständlich zügig bearbeitet und entschieden auf der derzeit gültigen Rechtsgrundlage, das heißt, die Bescheide sind rechtmäßig und das Landeserziehungsgeld wird bezahlt, und zwar bezahlt bis zur Wirksamkeit des neues Haushalts 2005, den wir wie gesagt nach meinen Vorstellungen, nach unseren Vorstellungen am 5. Oktober hier beschließen können, um dann rückwirkend zum 1. Mai die alte Rechtslage wieder herzustellen, damit für alle Beteiligten Rechtssicherheit zu schaffen ist und es in dem Falle nicht zu Lasten der Betroffenen geht. Die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen sind gegeben. Landeserziehungsgeld ist eine Pflichtaufgabe und von daher ist es natürlich auch klar, dass dieses haushaltsrechtlich abgesichert wird.
Weiterhin eine Bemerkung zu den Mindesteingangsschülerzahlen: Hier hat das Urteil bekannterweise eine Gesetzeslücke für ein Jahr geschaffen. In 25 Fällen bestand dadurch die Möglichkeit der Klassenbildung mit stark untermäßigen Klassen, die allerdings nur in 12 Fällen genutzt wurde. Wenn jetzt die CDU fordert, im Sinne von Kontinuität alle diese Eingangsschulklassen weiterlaufen zu lassen, und der CDU-Antrag überhaupt nicht
terminiert, dann muss man sich schon die Frage stellen, was wirklich im Interesse der Betroffenen ist. Ich spreche hier nicht nur von Haushalt, ich spreche nicht nur von pädagogisch Sinnvollem, ich spreche auch davon, ob es wirklich im Interesse der Kinder ist, wenn wir zum Beispiel Eingangsklassen haben mit sechs, sieben oder acht Schülerinnen und Schülern wie in Göhren, Binz oder Putbus auf Rügen. Ich glaube schon, dass hier kritisch hinterfragt werden muss, ob es eine sinnvolle pädagogische Lösung ist. Ich will mich da gar nicht weiter festlegen, aber eins dürfte klar sein, man muss differenziert im Einzelfall prüfen und kann dann auch kurzfristig zu Schließungen kommen. Ich betone, es kann kurzfristig dann auch zu Schließungen kommen, wenn man der Meinung ist, dass dies für alle Beteiligten die beste Lösung ist.
Und ich glaube, insofern haben wir eine gute Auslegungsmöglichkeit für den Einzelfall im Interesse der Betroffenen. Allerdings brauchen wir – und das ist eigentlich unstrittige Rechtsauffassung – in diesem Verfahren Rechtssicherheit, indem wir rückwirkend schon den Artikel 2 Nummer 1 wieder in Kraft treten lassen bezüglich Paragraph 45 Absatz 4 des Schulgesetzes, damit wir insgesamt in diesem Verfahren Rechtssicherheit haben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte meine Rede hier beenden und hoffe sehr, dass sich vielleicht die eine oder andere Schärfe – hineingetragen insbesondere von Herrn Rehberg und von Herrn Liskow – in den Ausschussberatungen etwas versachlicht und wir dann wirklich im Interesse des Landes zu einer Umsetzung des Landesverfassungsgerichtsurteils kommen, die für uns alle zwingend notwendig und natürlich auch gewünscht sowie machbar ist. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren, insbesondere auf der Regierungsbank! Das demokratische Staatswesen ist auf den gegenseitigen Respekt der Verfassungsorgane angewiesen. Und deshalb heißt es zu Recht am Schluss eines 16-seitigen Vermerks eines Staatssekretärs dieser Landesregierung, ich zitiere: „Keines der Verfassungsorgane darf ein Interesse an fortwährenden Konflikten haben, welche die Autorität der staatlichen Instanzen untergraben.“ So weit der Staatssekretär.
Wer allerdings die offiziellen Verlautbarungen der Finanzministerin und andere Stellungnahmen aus dem Bereich der Landesregierung zum Urteil des Landesverfassungsgerichts vom 7. Mai 2005 liest und wer insbesondere heute die Ausführungen der Finanzministerin gehört hat, der muss zu dem Schluss kommen, dass die Landesregierung, jedenfalls ein Teil der Landesregierung, sich der besonderen staatstragenden Bedeutung des
Landesverfassungsgerichts nicht bewusst ist und offensichtlich bedenkenlos einen nachhaltigen Konflikt mit dem Landesverfassungsgericht heraufzubeschwören bereit ist, der die Autorität des unabhängigen Verfassungsorgans Landesverfassungsgericht zu untergraben geeignet ist.