Protocol of the Session on September 1, 2005

(Harry Glawe, CDU: Genau.)

und zwar vom Zeitpunkt der Antragsstellung bis zum Wirksamwerden des neuen Haushaltsbegleitgesetzes, mit dem das Landeserziehungsgeld erneut außer Kraft gesetzt werden soll.

(Harry Glawe, CDU: Sie wollen das hier doch rückwirkend zum 1. Mai außer Kraft setzen, Frau Keler.)

In diesem Zwischenzeitraum müssen wir Landeserziehungsgeld zahlen und es ist uns verwehrt, das gezahlte Erziehungsgeld später wieder zurückzufordern.

(Harry Glawe, CDU: Genau. Das ist Ihr Problem.)

Herr Glawe, zuhören!

(Harry Glawe, CDU: Das ist Ihr Problem. Das sage ich doch.)

Die Nichtigkeit der Schulgesetzänderung,

(Harry Glawe, CDU: Über eine Million.)

mit der Mindestgrößen für die Klassenbildung festgesetzt werden sollten, hat in zwölf Fällen dazu geführt, dass kleinere Klassen eingerichtet werden mussten. Jetzt ist vorgesehen, dass die untermaßige Klassenbildung mit Wirksamwerden des Haushaltsbegleitgesetzes noch im laufenden Schuljahr rückgängig gemacht werden kann.

Diese Übergangsprobleme sind meiner Meinung nach beherrschbar.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Meine Damen und Herren, die Landesregierung hat den neuen Haushaltsplanentwurf 2005 am 23. August, also nach nur 32 Arbeitstagen beschlossen. Bereits einen Tag später hatten Sie diesen neuen Haushaltsplanentwurf in Ihren Fächern. Ich denke, schneller ging das nun wirklich nicht. Ich bitte Sie, meine Damen und Herren Abgeordnete, legen Sie bei Ihren Beratungen ebenfalls ein zügiges Tempo vor, dann sollte es möglich sein, rechtzeitig bis zum 20. Oktober ein neues Haushaltsgesetz 2005 zu haben und damit die weitere Entwicklung unseres Landes ohne Unterbrechung zu steuern. – Ich bedanke mich.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der Linkspartei. PDS)

Vielen Dank, Frau Finanzministerin.

Das Wort zur Begründung des Antrages der Fraktion der CDU hat der Fraktionsvorsitzende der CDU-Fraktion Herr Eckhardt Rehberg.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete!

Frau Ministerin Keler, ich weiß gar nicht, woher Sie beurteilen können, wer sich wann, wo und wie am 7. Juli nach der Verkündung des Urteils auf die Schenkel geklatscht haben soll oder nicht. Das ist nämlich der erste Skandal. Weder Sie in Person noch ein Vertreter der Landesregierung waren am 7. Juli anwesend. Das ist für uns und das ist für mich persönlich eine hochgradige Missachtung des Landesverfassungsgerichts.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Sie sind verwirrt, das Urteil sei nicht verständlich. Ich kann keinen Sinn erkennen, da wir gezwungen sind. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir reden hier über ein Urteil des Landesverfassungsgerichts und dieses Urteil ist gleichzeitig Gesetz. Es ist nicht nur Auslegung, es hat Gesetzeskraft, dieses Urteil. Frau Keler, da sind Sie nicht gezwungen, sondern es ist eine Folge Ihres Handelns, dass Greifswald dieses Urteil gesprochen hat. Die Suppe, die Sie sich eingebrockt haben, die müssen Sie jetzt auslöffeln, nicht mehr und auch nicht weniger.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Frau Keler, wir können hier gerne Wahlkampf machen, da habe ich überhaupt nichts dagegen. Aber erstens bekommen Sie eine Einladung, am kommenden Dienstag 10 Uhr an einer Veranstaltung mit Paul Kirchhof teilzunehmen. Das sichere ich Ihnen zu.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Harry Glawe, CDU: Jawohl. Wir werden Sie abholen.)

Ich möchte nur zwei Punkte andeuten, die Deutschland in eine Finanzkrise geführt haben. Bei dem einen haben Sie persönlich mitgewirkt, und zwar ist das der Juli 2000. Sie, diese Landesregierung, hat mit die Hand dafür gehoben, dass ab dem 01.01.2001 jährlich 24 Milliarden Euro an Kapitalertragsteuer verloren gegangen sind,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Egbert Liskow, CDU: Genau.)

insbesondere dadurch, dass Sie die Taschen arabischer Ölfürsten, amerikanischer Milliardäre gefüllt haben durch die Steuerfreistellung der Veräußerung von Beteiligung von Kapitalgesellschaften.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Und dieser Punkt ist bis heute nicht aufgehoben. Unter anderem steht in unserem Regierungsprogramm drin, dass wir diesen Fehler massiv beheben werden.

Und ein Zweites, Frau Keler, auch das verschweigen Sie. Wenn Sie auch über das Desaster der Finanzsituation in Mecklenburg-Vorpommern reden – das ist der Verlust von Beschäftigung in Deutschland, das ist der Verlust von Sozialbeiträgen, das ist der Verlust von Steuern, und da sind wir mit 125.000 aktuell in den letzten sieben Jahren dabei –, wenn Sie allein das ausrechnen würden, was das für unser Land bedeutet, dann sind das 2,5 Milliarden weniger an Einnahmen und mehr an Belastungen. Frau Keler, deswegen ist es notwendig, massiv in dieser Republik umzusteuern. Und ohne Paul Kirchhof, das muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen, würden wir nicht unser Steuerkonzept auf den Weg gebracht haben.

Lassen Sie uns zum Thema zurückkommen! Frau Keler, Sie scheinen immer noch nichts gelernt zu haben, und zwar an keiner Stelle. Sie sprechen hier in Ihrer Presseerklärung davon, dass Sie formale Fehler beheben müssen und dass dafür Verwaltungskapazität jetzt gebraucht wird. Frau Keler, ich bringe mal ein Zitat aus dem Urteil des Landesverfassungsgerichts – und diesem Verfassungsgericht in seiner Zusammensetzung kann man an keiner Stelle Parteilichkeit unterstellen, Frau Keler –:

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

„Der Verzicht auf eine Erste Lesung über die ,Anpassungen‘ ist nicht ein bloßer Verstoß gegen eine Ordnungsvorschrift, sondern – wie ausgeführt –“, und jetzt kommt es, „eine Verkürzung der Rechte des Parlaments und des verfassungsrechtlich vorgesehenen Maßes der Beteiligung der Öffentlichkeit und damit von in Art. 3 A b s. 1 LV verankerten wesentlichen demokratischen Grundsätzen.“ Und weiter: „In einem solchen Fall kommt es nicht mehr darauf an, ob der Fehler evident war“.

Noch mal für Sie zur Erinnerung Artikel 3 Absatz 1 Landesverfassung: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen sowie durch die Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.“

(Wolfgang Riemann, CDU: Richtig.)

Frau Keler, dieser Landtag kann und darf nicht Instrument der Landesregierung sein, sondern umgekehrt: Die Landesregierung muss und soll Instrument des Landtages sein. Wir sind die gesetzgebende Gewalt und niemand anders, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Und wenn Sie davon reden, dass ich mich geirrt hätte beim finanzpolitischen Konzept, auch hier hat Ihnen das Landesverfassungsgericht unter Bezugnahme auf den Bericht des Landesrechnungshofes vom Jahr 2002 mit Blick auf das Jahr 2000 einiges ins Stammbuch geschrieben. Wir werden in sechs Tagen eine finanzpolitische Debatte zum Doppelhaushalt 2006/2007 führen. Frau Keler, ich werde Ihnen die strukturellen Defizite –

und darauf nimmt das Landesverfassungsgericht in seinem Urteil 7/04 Bezug – hier auf- und nachweisen.

Frau Keler, Sie haben über Jahre massiv versäumt, und auch das bestätigt das Landesverfassungsgericht mit Blick auf den Nachtragshaushalt 2003, strukturell am Haushalt etwas zu ändern. Jetzt ist Ihnen einiges in die Quere gekommen, unter anderem die nicht vorauszusehenden Steuermindereinnahmen. Aber gleichwohl hier zu sagen, mein finanzpolitisches Konzept ist in Ordnung, Frau Keler, dann hätten Sie doch auch in 2002/2003 und in 2004 nicht die Regelkreditobergrenze überschreiten müssen.

Und zu Mogeln und Tricksen sage ich Ihnen nur eins: Meinen Sie wirklich, und ich nehme noch mal Bezug auf die Aussage des Landesverfassungsgerichts, dass es diesem Parlament angemessen ist, dass man einfach über so genannte Anpassungen massive Gesetzesänderungen mit Dauerrechtscharakter hineinschiebt?

(Dr. Armin Jäger, CDU: Eben. Richtig.)

Frau Keler, das hat bei uns das Fass zum Überlaufen gebraucht, nicht die Artikel 3 und 4 in der Ursprungsfassung des Nachtragshaushalts 2003, sondern das hat bei uns das Fass zum Überlaufen gebracht.

Und dann erklären Sie mir noch mal, wenn Sie sagen, alles bezieht sich auf den Haushalt: Bezieht sich denn die Erweiterung der Fördermöglichkeiten des Landesförderinstituts auch auf den Haushalt 2004/2005? Das kann ich überhaupt nicht erkennen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Natürlich war es geübte Praxis, das alles in ein Haushaltsgesetz oder in ein Haushaltsrechtsgesetz hineinzupacken. Nur diese Anpassung, die Sie vorgenommen haben, ist materiell sachfremd zum Haushalt. Und jetzt müssen wir uns doch mal im Parlament fragen, und gerade die Mehrheit in diesem Parlament: Ist es denn noch angemessen, dass wir in Haushaltsberatungen – auch der Würde und dem Selbstbewusstsein von uns Abgeordneten – 1.600 Stellen zusätzlich auf den Tisch geknallt kriegen, materielle Änderungen beim Schulgesetz, beim Landeserziehungsgeldgesetz, dass Sie das von SPD und PDS alles mitmachen, meine sehr verehrten Damen und Herren?

Ich habe das gestern in der Presse gesagt, ich sage das heute wieder: Ich habe acht Jahre als Fraktionsvorsitzender in einer Regierung hinter mir. Man macht manches Spielchen in der Politik, aber mit den Anpassungen, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Landesregierung und den Regierungsfraktionen, haben Sie massiv überzogen. Und das war der Auslöser unserer Verfassungsklage – nicht mehr, aber auch nicht weniger!

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Wolfgang Riemann, CDU: Sie sind ja vorher darauf hingewiesen worden.)

Meine Damen und Herren, wir haben gemahnt, wir haben auch darum gebeten, dass wir als Parlamentarier unsere Rechte wahrnehmen. Ich muss Ihnen sagen, Frau Keler, wenn Sie dieses Urteil lesen, klarer und eindeutiger geht es nicht. Es geht nicht klarer und nicht eindeutiger!

(Dr. Armin Jäger, CDU: Sie hat es doch nicht verstanden.)

Und, Frau Keler – ich greife nur wenige Punkte heraus, ich habe nur 15 Minuten –, wenn Sie sich darauf beziehen,

dass die Landesregierung das Initiativrecht, das Budgetrecht hat, das ist sicherlich richtig. Aber sobald die Erste Lesung hier im Landtag vollzogen worden ist, ist das Parlament Herr des Verfahrens und niemand anderes. Natürlich kann man im Parlament sowohl beim Haushaltsgesetz als auch bei Sachgesetzen Änderungen vornehmen, da spricht doch niemand dagegen, nur …

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Doch! Sie haben das Urteil nicht gründlich gelesen. – Wolfgang Riemann, CDU: Ach, Frau Gramkow!)