Protocol of the Session on April 21, 2005

Kommunen und private Unternehmen sind natürlich gleichermaßen gefordert, das habe ich gestern gerade in

der Aktuellen Stunde betont. Die Schaffung eines Familienpasses in der Form von Public Private Partnership ist deshalb für mich ein klassischer Fall für Verabredungen und Vereinbarungen, die vor Ort getroffen werden müssen. Es kommt hier auf die örtliche Gestaltungskraft an.

(Beifall Dr. Margret Seemann, SPD)

Wer kennt die lokalen Verhältnisse und die lokalen Bedarfe besser als die Gemeinden und die in ihr lebenden Familien? Wo engagieren sich kleine und mittelständische Unternehmen aus ihrer sozialen Verantwortung heraus, wenn nicht in ihrem Aktions- und Verbreitungsgebiet, in ihrem Wirkungsgebiet? Was nützt ein landesweiter Familienpass, der den ermäßigten Eintritt in ein Spaß- oder Erlebnisbad bietet, das weit entfernt ist? Ich glaube, Sie haben beim Thema „Familienpass“ einfach nicht zu Ende gedacht,

(Harry Glawe, CDU: Da gibt es wissenschaft- liche Abhandlungen, die haben eine Stärke von über 500 Seiten. Die empfehle ich Ihnen einmal als Literatur. – Zuruf von Torsten Renz, CDU)

meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Es geht nicht darum, von zentraler Stelle aus Vergünstigungen vor Ort zu organisieren und damit vielleicht sogar die Initiative in eine Richtung zu lenken, die sie eher lähmt. Es geht darum, Initiativen vor Ort zu stärken und Initiativen vor Ort zu unterstützen. Das ist der Weg, den mein Haus hier ganz klar verfolgt.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

Und weil das so ist, haben wir mit der jährlichen Familienkonferenz, die mein Haus ja regelmäßig organisiert,

(Harry Glawe, CDU: Ich stelle Ihnen die Unter- lagen gerne zur Verfügung, Frau Ministerin.)

hier im Herbst diesen Jahres als Leitthema die örtlichen Initiativen und Vernetzungen gewählt. So wird ein Impuls für die Kooperation der Engagierten auf Kommunal- und auf Landesebene zustande gebracht.

Im Übrigen können wir nach der ersten Phase des Beobachtens und Abwartens mittlerweile auch in unserem Land ein großes Interesse der Gemeinden für den von der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im vergangen Jahr initiierten lokalen Bündnis für Familien feststellen. Es ist so, dass es natürlich erst einmal so ein gewisses Abwarten war, aber wir haben im Augenblick eine große Initiative, nachdem sich im vergangen Jahr auf Rügen das erste lokale Bündnis konstituiert hat. Ich bin davon überzeugt, dass es weitere Bündnisse geben wird, die wir auch aus unserer Sicht und aus unserer Verantwortung heraus unterstützen sollten. Ich unterstütze diese Initiativen vor allem deshalb ganz ausdrücklich, weil ich denke, dass sie wichtig sind für die Kultur, für Kinder und Familien. Darüber habe ich gestern auch klar und deutlich gesprochen.

Lassen Sie mich zum Abschluss noch etwas zu dem von Ihnen geforderten landesweiten Wettbewerb „Kinderund familienfreundlichste Gemeinde in Mecklenburg-Vorpommern“ sagen. Sie greifen eine Idee auf, die wir als Landesregierung bereits erfolgreich realisiert haben. Dabei war für uns selbstverständlich, dass wir eine familienfreundliche oder mehrere familienfreundliche Gemein

den auszeichnen. Wir haben bewusst darauf verzichtet, die familienfreundlichste Gemeinde zu ermitteln, weil letzten Endes jeder, der sich an dem Wettbewerb beteiligt hat, es auch wert ist, gewürdigt zu werden.

Im Rahmen des Wettbewerbs haben sich damals 31 Gemeinden in drei Kategorien beteiligt und es wurden Preisgelder ausgelobt. Es waren insgesamt, glaube ich, 34.500 Euro, die für diesen Wettbewerb zur Verfügung gestanden haben. Von diesem Wettbewerb sind wertvolle Impulse für die Gestaltung kinder- und familienfreundlicher Strukturen und Angebote in den Gemeinden ausgegangen. Alle teilnehmenden Gemeinden haben diesen Wettbewerb auch als Erfolg und als Ansporn für ihre weitere Arbeit gewertet. Dieser Wettbewerb der Gemeinden war eine wichtige Initiative und auch ein wichtiger Schritt.

Mit den Initiativen zu den lokalen Bündnissen sind wir wirklich einen Schritt weiter, weil es uns nicht nur um die Einbindung der Gemeinden geht – natürlich auch um die Einbindung, aber eben nicht nur –, sondern es geht uns darum, Mecklenburg-Vorpommern als kinder- und familienfreundliches Land durch alle in der Gesellschaft vertretenen Kräfte, durch Unternehmen, durch Gemeinden selbstverständlich, aber auch durch Vereine, Verbände, eben alle, die vor Ort aktiv engagiert wirken, zusammenzuführen. Deshalb, denke ich, lassen Sie uns an diesen Initiativen gemeinsam arbeiten! Lassen Sie uns auf diese Weise gemeinsam dazu beitragen, dass MecklenburgVorpommern ein noch kinderfreundlicheres Land wird, als es jetzt schon ist! – Danke.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Danke, Frau Ministerin.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Heydorn. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Herr Renz, wir wollen Ihnen einen Gefallen tun,

(Torsten Renz, CDU: Oh!)

wir werden den Antrag ablehnen. Stellen Sie sich einmal vor, wir würden dem Antrag zustimmen, dann hätten Sie familienpolitisch überhaupt nichts mehr auf der Pfanne, was Sie weiterverfolgen könnten.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD, CDU und PDS – Harry Glawe, CDU: Das war ja wieder blutig!)

Aber jetzt einmal ernsthaft. Die Grundüberlegungen sind nachzuvollziehen. Es ist nun einmal so, dass die Geburtenrate im Land Mecklenburg-Vorpommern bekannt ist. Es gibt ja von der Bundesebene initiiert ein Konzept des Elterngeldes

(Harry Glawe, CDU: Das ist der große Topf.)

und diesem Elterngeldkonzept liegen Opportunitätskostengesichtspunkte zugrunde. Das heißt also, jede Frau, jeder Mann, jede Familie trägt sich heute mit folgenden Überlegungen: Was können wir aufbringen? Was kann es uns für Belastungen kosten, wenn wir uns dazu entscheiden, ein Kind in die Welt zu setzen? Und diese Opportunitätskostenüberlegungen korrespondieren stark

mit dem gesellschaftlichen Status. Das heißt also, dass Frauen, die ein gutes Einkommen und einen guten Job haben, gegebenenfalls befürchten müssen, diesen Job nicht mehr zu haben, wenn sie ein Kind in die Welt setzen. Für Frauen liegen die Hürden beim Thema Kinderkriegen bei uns in der Bundesrepublik relativ hoch. Ich glaube, das ist ein großes Problem.

Herr Glawe, ich würde Sie bitten, Ihre Uhr woanders hinzuhalten! Außerdem, so richtig irritieren lasse ich mich dadurch nicht!

Bei diesem Thema muss man mit geeigneten Instrumenten ansetzen, um diesen Opportunitätskostenüberlegungen in geeigneter Weise Rechnung zu tragen. Ein derartiger Familienpass ist mit Sicherheit nicht das richtige Instrument. Stellen Sie sich einmal vor, was ein Familienpass auf Landesebene bringen soll! Ich sage es einmal so: Eine Familie aus Torgelow fährt mit Sicherheit nicht in das Schwimmbad nach Schwerin oder für einen Theaterbesuch.

(Torsten Renz, CDU: Das werden Sie per Gesetz auch noch festlegen.)

Sie werden mit diesem Instrument mit Sicherheit keine Familienreisen in Mecklenburg-Vorpommern initiieren können.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Herr Renz, Sie müssen ernst bleiben! Sie haben hier einen Antrag eingebracht, den Sie doch ernst behandelt wissen wollen.

(Harry Glawe, CDU: Ja!)

Also einen Familienpass auf ein Flächenland wie Mecklenburg-Vorpommern umzusetzen, das bringt nichts.

(Vincent Kokert, CDU: Das ist doch nicht wahr! – Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Der Familienpass in der Hand einer Familie führt nicht dazu, dass Vergünstigungen von Torgelow in Schwerin oder in Rostock oder von Uecker-Randow in Nordwestmecklenburg wahrgenommen werden.

(Zuruf von Bernd Schubert, CDU)

Wenn Sie diese Dinge ernsthaft lösen wollen, dann geht das nur unter sehr lokalen Gesichtspunkten.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD – Rudolf Borchert, SPD: Sehr richtig.)

Es geht nur unter lokalen Gesichtspunkten! Und wenn Sie sich die Situation …

(Harry Glawe, CDU: Auch, auch! Beides ist richtig. Das sollten Sie sich erst einmal richtig erläutern lassen!)

Herr Glawe, Sie haben ja gleich noch Gelegenheit dazu. Dann machen Sie das mal! Vielleicht können Sie mich dann auf Ballhöhe bringen.

Das, was ich bisher zur Kenntnis genommen habe, ist ein in sich nicht schlüssiges Konzept. Es gibt diese Sozial- oder Familienpässe in den unterschiedlichsten Kommunen. Ich weiß, dass Rostock den Warnowpass hat und in Schwerin gibt es die Petermännchenkarte et cetera. Das kann man beliebig fortsetzen. Diese Pässe basieren ja auf dem System, das Herr Renz beschrieben hat. Es ist

Ihnen aber mit diesen Instrumenten bisher nicht gelungen, die Geburtenrate nach oben zu drücken. Das ist Ihnen nicht gelungen!

Herr Renz, die von Ihnen beschriebene Kostenneutralität ist doch eine Mär. Natürlich kostet eine derartige Aktion Geld. Sie können anfangen bei den Druckkosten, bei den Verhandlungskosten und bei den Personalkosten, die dafür erforderlich sind. Denken Sie auch einmal an den Verwaltungsaufwand der Ausgabe, denn dieser Pass muss in ganz Mecklenburg-Vorpommern ausgegeben werden!

(Torsten Renz, CDU: Vorwärts denken und sagen, was geht!)

Sollen die Familien, die aus Güstrow, Bützow oder von wo auch immer sie herkommen, ins Sozialministerium zu Frau Dr. Linke fahren,

(Harry Glawe, CDU: Ja.)