Protocol of the Session on April 20, 2005

In einem wesentlichen Punkt möchte ich den Kollegen Born jedoch ergänzen, ihm nicht widersprechen, aber ihn doch ergänzen. Es ist nicht allein notwendig, ein neues Kommunikationsmanagement auf europapolitischem Gebiet einzufordern, das zwischen Landesregierung und Parlament effektivere Wirkung entfaltet, dies ist auch in einem ganz erheblichem Maße erforderlich auf anderen vom Gesetz berücksichtigten Gebieten, beispielsweise bei Vorhaben der Landesgesetzgebung, bei beabsichtigten Staatsverträgen und bei Bundesratsangelegenheiten. Denn Information ist immer noch der Schlüssel zum Erfolg, den unser Land vielleicht dringender, aber mindestens genauso dringend wie andere Länder braucht, und deshalb bitte ich Sie, der Überweisung dieses Gesetzentwurfes zuzustimmen. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Danke schön, Herr Ankermann.

Ich möchte auch den Rednern danken, die auf das neue Kommunikationsmanagement auf europapolitischem Gebiet hingewiesen haben.

Ich schließe die Aussprache.

Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Fraktion der CDU auf Drucksache 4/1621 zur Beratung an den Rechts- und Europaausschuss zu überweisen. Wer stimmt diesem Überweisungsvorschlag zu, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Überweisungsvorschlag einstimmig angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 7: Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Deregulierung und zum Bürokratieabbau, Drucksache 4/1601.

Gesetzentwurf der Landesregierung: Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Deregulierung und zum Bürokratieabbau (Erste Lesung) – Drucksache 4/1601 –

Das Wort zur Einbringung hat der Justizminister Herr Sellering.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Deregulierung erhält viel Zustimmung, es sei denn natürlich, dass sie konkret wird. Das haben wir gerade erlebt. Wenn es konkret wird, gibt es meist zwei sehr gegensätzliche, manchmal sogar sich widersprechende Kritikansätze. Die einen sagen, also Moment mal, das geht mir doch jetzt viel zu weit, die anderen sagen, also da hätte ich doch gern etwas mehr Mut, es geht noch weiter. Bei dem, was wir hier vorgelegt haben, werden auch beide Einwände vorgetragen. Ich will auch gern auf beide eingehen. Vor allem will ich auch eingehen auf den von der Opposition erhobenen Einwand gegen die Festle

gung einer Testregion. Die Opposition sagt, durch die Festlegung wird diese Region in unzulässiger, vielleicht sogar in verfassungswidriger Weise begünstigt. Und natürlich will ich auch auf den ganz gegenteiligen Wunsch der Opposition eingehen, dass sie ebenfalls vorträgt: Bitte mehr Mut bei der Deregulierung.

Meine Damen und Herren, das erste Deregulierungsgesetz ist ein Artikelgesetz. Es besteht aus zwei Teilen. Im ersten Teil richten wir eine Testregion für Bürokratieabbau ein, und zwar in Westmecklenburg, in der wir bis 2009 einzelne Deregulierungsmaßnahmen ausprobieren werden. Der zweite Teil gilt landesweit. Damit setzen wir Vorschläge der Deregulierungskommission für das ganze Land um.

Zunächst zur Testregion und zu der Idee, die dahintersteht: Es gibt Gesetzesvorhaben, deren Folgen wir vielleicht nicht mit der nötigen Sicherheit prognostizieren können. Das sind häufig Vorhaben von innovativem Charakter. Und wenn wir dann die Unsicherheiten daran betonen, wie ist die Folgewirkung, dann verschwinden diese innovativen Vorhaben schnell in den Schubladen. Ich bin der Auffassung, dass wir uns das nicht mehr leisten können. Wir brauchen bei Deregulierung und Bürokratieabbau mehr Mut zu Innovationen. Deshalb schaffen wir mit der Testregion ein regional begrenztes Experimentierfeld, um innovative Maßnahmen zu erproben. Wir meinen, dass befristete und örtlich begrenzte Versuche mit Gesetzen und Verordnungen uns helfen können, Erfahrungen zu sammeln. Wenn wir diese Erkenntnisse dann auswerten, werden wir sehen, ob wir das vielleicht landesweit umsetzen, ob wir in Teilen etwas ändern müssen oder ob es sich vielleicht gar nicht bewährt hat. Damit ist die Einrichtung der Testregion für mich ein sehr wichtiger Schritt auf dem Weg zu dem erforderlichen Mentalitätswechsel, den wir unbedingt brauchen, wenn wir beim Bürokratieabbau, bei der Deregulierung zu vernünftigen Ergebnissen kommen wollen.

Natürlich haben wir uns, Herr Dr. Jäger, bevor wir uns hierzu entschlossen haben, gefragt, ob das, was wir da machen, auch rechtlich zulässig ist, das ist klar. Wir haben diese Frage glücklicherweise mit einem uneingeschränkten Ja beantworten können. Es gibt keine ernsthaften Stimmen, die verfassungsrechtliche Bedenken bei so einem Modellversuch äußern.

Ich will noch etwas dazu sagen, warum wir Westmecklenburg ausgewählt haben. Das liegt natürlich daran, dass in dieser Region bereits eine sehr engagierte Gruppe vorhanden war, die das von sich aus betrieben hat. Ich denke, dass es nur richtig ist, dass diese Gruppe von der Regierung und vom Parlament aus die nötige Unterstützung bekommt.

Als ersten Bereich für innovative Regelungen in der Testregion haben wir die Landesbauordnung gewählt. Die Landesbauordnung befindet sich ohnehin in der Novellierung und sie enthält jetzt in der Novellierung viele Erleichterungen und Vereinfachungen, die es Bauwilligen und der Wirtschaft ermöglichen, leichter zu bauen als vorher.

(Wolfgang Riemann, CDU: Zum Landeswaldgesetz zum Beispiel!)

Dazu kommen wir gleich.

Darüber hinausgehend wollen wir jetzt in der Testregion zusätzlich, also begrenzt, als Experiment erstens ver

zichten auf die Stellplatzpflicht. Zweitens wollen wir dafür sorgen, dass in diesem Bereich keine zusätzlichen kommunalen Bauvorschriften gelten, die auch noch einschränkend wirken, also weg mit den kommunalen Vorschriften. Drittens wollen wir testen – das ist für unser Land nicht uninteressant –, ob das baurechtliche Abstandsgebot bei Windkraftanlagen eigentlich noch zeitgemäß ist. Windkraftanlagen sind für dieses Land von großer Bedeutung, nicht nur die, die wir aufstellen, sondern auch die, die wir hier herstellen.

(Heiterkeit bei Wolfgang Riemann, CDU: Ich hätte gerne eine Aussage dazu!)

Ich halte es für richtig, regional begrenzt Freiheiten zu probieren, und ich meine gleichzeitig, dass der dadurch eingeräumte Wettbewerbsvorteil, den man sehen kann für Westmecklenburg, nicht so groß ist, dass er sich nachteilig auf die übrigen Regionen auswirkt, dass man es deshalb unterlassen müsste. Wenn es so gut läuft, dass die anderen Regionen sagen, das wollen wir auch, würde ich mich darüber freuen. Da kann man, glaube ich, nicht traurig sein.

Im zweiten Teil des Gesetzes haben wir Empfehlungen und Anregungen der Deregulierungskommission aufgegriffen. Hinter den vorgenommenen Änderungen im kommunalen Bereich steckt immer der Gedanke, dass wir den kommunalen Körperschaften möglichst wenig Vorgaben machen wollen. Das soll das Prinzip sein. Deshalb verzichten wir zum Beispiel in Zukunft darauf, die fachliche Qualifikation von Amtsleitern ganz im Einzelnen vorzuschreiben. Oder wir verzichten darauf, die Einrichtung ganz bestimmter Ämter vorzuschreiben.

Die Änderungen im Landeswaldgesetz betreffen zum einen jede Menge verfahrensrechtliche Erleichterungen im Bauplanungsrecht und zum anderen den Abbau von statistischen Erhebungen, einer der wenigen Bereiche, wo das Land statistische Erhebungen macht, und dann machen wir das.

(Heiterkeit und Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Das ist doch festgelegt.

Und schließlich bauen wir da, wo es heute sehr viele Mitwirkungsregelungen gibt zwischen den Behörden untereinander, diese Mitwirkungsregelungen ab, so dass eine Behörde entscheidet. Das dient dem Abbau von Bürokratie.

Meine Damen und Herren, das Gesetz heißt erstes Deregulierungsgesetz. Das heißt also, es werden andere folgen. Das zweite befindet sich zurzeit in der Ressortabstimmung. Ich bin damit beim zweiten Kritikpunkt der Opposition, die nämlich sagt: Ich wünsche mehr Mut bei der Deregulierung. Darüber freue ich mich, dass Sie das sagen, auf der einen Seite, denn damit signalisieren Sie, dass Sie weiter Hand in Hand mit uns das Thema vorantreiben wollen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.)

Das finde ich sehr gut. Auf der anderen Seite sehe ich auch, dass Sie ein bisschen als Opposition mit diesem Vorwurf versuchen, so zu tun, als ob das erste Deregulierungsgesetz das einzige wäre, was wir als Regierung vorzuweisen haben bei der Deregulierung.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Das stimmt natürlich nicht. Das wissen Sie auch. Ich will das mal vortragen: Die Landesregierung hat im September 2003 und im Februar 2004 Grundsatzbeschlüsse gefasst und die werden jetzt planmäßig abgearbeitet und umgesetzt. Ich darf zum Beispiel daran erinnern, dass wir alle Gesetzentwürfe, alle Verordnungsentwürfe durch unsere Normprüfstelle strikt auf ihre Notwendigkeit prüfen lassen, wobei dann natürlich herauskommt, dass man sagt: Ja, das steht alles schon in der Verfassung. Das ist ein geschwätziges Gesetz. Dann muss man sich damit auch beschäftigen. Deshalb finde ich ganz gut bei der Überweisung, dass wir da die Möglichkeit haben, darüber zu sprechen.

(Heiterkeit bei Dr. Armin Jäger, CDU: Na ja, so kriegt man die Kurve!)

Wir sind auch beim Abbau von Verwaltungsvorschriften weit vorangeschritten. Nein, dass man darüber reden muss, ist keine Frage. Ich will nur ganz klar machen, dass ich meine, dass es überflüssig ist wie ein Kropf. Das habe ich deutlich gesagt.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Sagen Sie das erst mal Ihrer Fraktion!)

Weitere wichtige Deregulierungsvorhaben sind gegenwärtig in Arbeit und werden dann auch Stück für Stück in dieses Hohe Haus kommen. Ich erwähne nur beispielhaft die Musterbauordnung im Landesrecht, die zu einer spürbaren Liberalisierung führen wird.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Mehr Mut bei der Deregulierung kann aber nicht heißen, dass wir bedenkenlos jeden Vorschlag zur Umsetzung empfehlen. Das muss sorgfältig geprüft werden. Zum Beispiel muss man auch prüfen, bevor man lange Listen vorgelegt bekommt, ob wir überhaupt zuständig sind. Und bei diesem Punkt bin ich dann bei Ihnen, meine Damen und Herren von der Opposition, und bei Ihrem Entwurf zur Verwaltungsmodernisierung vom letzten Jahr. Wir haben in Abarbeitung dieser Liste dem Sonderausschuss ganz klar gesagt: Da gibt es einen Teil dieser Vorschläge, die Sie vorgelegt haben, die eins zu eins dem entsprechen, was auch die IHK vorgelegt hat,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.)

das setzen wir um – einige. Und wir haben auch im Einzelnen dargelegt, dass viele Vorschläge eben nicht umsetzbar sind, entweder weil Bundes- oder Gemeinschaftsrecht entgegensteht, weil sie bereits überholt sind oder weil sie eben einer Umsetzung durch Gesetz nicht zugänglich sind oder weil man es einfach lassen sollte. Zum Beispiel meine ich, dass es nicht notwendig ist, bei der Nutzung von neuen Medien den Umgang damit nun gleich wieder in ein Gesetz zu gießen. Ich bin sehr dafür, dass wir Deregulierung auch als einen Auftrag ansehen, uns zunächst einmal auf all die Möglichkeiten zu besinnen, die uns bereits jetzt zur Verfügung stehen, also ohne weitere Gesetze. Es muss wirklich nicht immer ein neues Gesetz sein. Ich will nicht noch einmal auf das Parlamentsinformationsgesetz eingehen, dazu haben wir eben alles gesagt.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Deregulierung ist – das wird natürlich deutlich in der Auseinandersetzung mit den einzelnen Aufgaben – ein

sehr schwieriges, sachlich zu bearbeitendes Aufgabenfeld. Es geht immer um sehr konkrete Einzelheiten, manchmal um ganz kleine, und es geht immer um konkret widerstreitende Interessen,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.)

von denen jede für sich berechtigt ist. Das erklärt auch, denke ich, warum wir, warum ich so viel emotionale Globalkritik bekomme, dass mir gesagt wird, das ist doch alles Mist mit der Bürokratie. Aber ich bekomme so wenig konkrete Vorschläge. Das ist leider so.

(Beifall Dr. Armin Jäger, CDU)

Mir liegt sehr daran, dass wir im Austausch mit den Betroffenen, mit den Unternehmern, mit den Kammern, aber auch mit den Bürgerinnen und Bürgern, an konkrete Situationen kommen, dass mir konkrete Situationen benannt werden, in denen sich ein Zuviel an staatlicher Regelung zeigt. Also da kann ich schon sagen, dass nahezu alle, die mich bei der Deregulierung unterstützen und unterstützen wollen, das sagen und auch mit Engagement dabei sind, noch deutlich konkreter werden können. Da liegt wirklich der Teufel im Detail. Das ist sehr schwer. Wenn wir da mehr Konkretes bekommen, dann würde uns das sehr helfen, in den weiteren Deregulierungsgesetzen – dritte, vierte, fünfte – gute Lösungen zu finden, von denen ich sicher bin, dass wir sie dann hier in diesem Hause gemeinsam mit Unterstützung der Opposition umsetzen werden. – Vielen Dank.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Danke schön, Herr Minister.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von zehn Minuten für jede Fraktion vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.