Protocol of the Session on April 20, 2005

Verfassungsrechtlich dürften gegen ein solches Gesetz keine Bedenken bestehen, denn es heißt in den Artik e l n 39 und 40 der Landesverfassung zu den Informationspflichten der Landesregierung sowie zum Frage- und Auskunftsrecht der Abgeordneten und zur Aktenvorlage durch die Landesregierung ausdrücklich: „Das Nähere regelt das Gesetz.“

(Beifall Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig. – Gabriele Schulz, PDS: Sehr richtig.)

Es steht somit fest, dass der Gesetzgeber, das heißt der Landtag, jederzeit befugt ist, was in der Landesverfassung steht zu konkretisieren. Beispielsweise könnte er regeln, was er unter der frühzeitigen und vollständigen Unterrichtung des Landtages versteht, ferner, wie er sich konkret den Zugang eines Ausschusses zu Akten sowie eine unverzügliche und vollständige Beantwortung von Fragen und Auskunftsverlagen eines Abgeordneten vor

stellt. Und natürlich ist das nicht jenseits aller Denkhorizonte und aller Realität, denn es hat auch bei uns bekanntlich das Landesverfassungsgericht bereits eingreifen müssen, um das Recht eines Abgeordneten, vollständig informiert zu werden, klarzustellen und dabei zugleich eine bestimmte kleinliche Geheimniskrämerei der Regierung in die Schranken zu weisen.

Auch in anderen Ländern gibt es Verfassungsgerichtsentscheidungen zu den verschiedensten Gegenständen der Parlamentsinformation. Ein solches Gesetz schränkt weder die Geschäftsordnungsautonomie des Landtages noch die Rechte der Regierung ein, geheimhaltungsbedürftige Tatsachen bleiben selbstverständlich geschützt und auch der Kernbereich der exekutiven Eigenverantwortung sowie die entscheidungsvorbereitende und planerische Arbeit der Regierung bleiben vor vorzeitiger Auskundschaftung abgesichert. Das ist seit der Flick-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes ausdrücklich und unverrückbar klargestellt worden.

Selbstverständlich sollen die Willensbildung der Regierung, ihr Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich sowie die Vorbereitung von Kabinetts- und Ressortentscheidungen, ferner die ressortübergreifenden und internen Abstimmungsprozesse vertraulich bleiben. Und es wäre nach unserer Ansicht ein schlechter politischer Stil, wenn die Dinge, die am Kabinettstisch besprochen werden sollen, bereits am nächsten Tag in irgendeinem Käseblatt dargestellt werden.

Unzweifelhaft spricht ein Parlamentsinformationsgesetz überhaupt nicht gegen den Gewaltenteilungsgrundsatz, noch wäre zu befürchten, dass durch die nähere Ausgestaltung der Informationspflichten die Kompetenzen der Regierung übermäßig beeinträchtigt würden, denn Gewaltenteilung versteht sich vor allem als gegenseitige Kontrolle, Hemmung und Mäßigung der Gewalten. Und in dem Mechanismus der Gewaltenteilung kommt dem Landtag als dem unmittelbar demokratisch legitimierten Verfassungsorgan eine besondere Kontrollbefugnis gegenüber der Regierung zu. Da beißt die Maus keinen Faden ab, wie man landläufig sagt. Und auch darum wäre das Gesetz gerechtfertigt. Die Kontrolle der Regierung ist nun mal neben der Gesetzgebung die Hauptaufgabe des Parlaments.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.)

Es geht darum, dass einem Abgeordneten grundsätzlich diejenigen Informationen nicht vorenthalten werden dürfen, die er für eine sachgerechte Beurteilung einer bestimmten Angelegenheit braucht.

(Angelika Gramkow, PDS: Das macht ja unsere Regierung auch nicht. Oder?)

Und schon gar nicht geht es darum und kommt es darauf an, was die Regierung möglicherweise an dem Begehr auszusetzen hat und was sie über lautere oder unlautere Motive eines Fragestellers ahnt oder weiß. Dies hat das Landesverfassungsgericht in seiner Entscheidung am 19. Dezember 2002 unmissverständlich klargestellt, indem es im Begründungstext unter anderem heißt, ich zitiere: „Wird der Landesregierung nach Artikel 40 Absatz 3 Landesverfassung zugestanden, dass sie eine Antwort ablehnt und einschränkt, so darf sie dies nur, wenn die in der Norm genannten tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für die Weigerung vorliegen.“ Das heißt, sie kann eine Beantwortung nicht ablehnen oder

einschränken, wenn ihr die Frage nicht passt. Und weiter heißt es: „Der Antragsgegnerin steht es nicht zu, die Zielrichtung der Fragen von Abgeordneten zu beurteilen. Vielmehr muss der Abgeordnete selbst darüber befinden können, welche Informationen er für die verantwortliche Erfüllung seiner Aufgaben bedarf.“

Meine Damen und Herren, es ist gerade auch im Lichte dieser Verfassungsgerichtsentscheidung gewiss nicht meine Sache, die Motivation der CDU, die zu diesem Gesetzentwurf beflügelt hat, zu kritisieren, denn sie hat es in ihrer Regierungszeit interessanterweise unterlassen, ein solches Gesetz einzubringen.

(Beifall Angelika Gramkow, PDS, und Gabriele Schulz, PDS)

Aber sei es, wie es sei, es liegt nun ein Entwurf vor, über den man nach unserer Auffassung reden kann und sollte. An formellen Dingen will ich im Einzelnen keine Kritik äußern, dass beispielsweise keine Einzelbegründungen vorliegen. Ich denke auch, dass viele im Gesetz enthaltene Details noch besser in einer Vereinbarung zwischen Landtag und Landesregierung getroffen werden sollten. Dieser Weg ist auch in anderen Ländern gegangen worden, in denen es inzwischen Parlamentsinformationsgesetze oder in der Diskussion befindliche Gesetzentwürfe gibt.

Wir sollten auch im Auge behalten, das, was Herr Born angesprochen hat, dass wir ein neues Kommunikationsmanagement auf europäischem Gebiet benötigen und dass wir in unserer Landesfassung relativ ausführliche Rechtsgrundlagen zur Parlamentsinformation haben.

(Beifall Dr. Ulrich Born, CDU)

Aber diese Frage betrifft die Konstruktion eines möglichen Gesetzes, nicht jedoch seine Berechtigung. Die PDS-Fraktion stimmt der Überweisung in den Rechtsausschuss zu. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU, Angelika Gramkow, PDS, und Gabriele Schulz, PDS)

Danke schön, Frau Borchardt.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Ankermann von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Herr Minister Sellering, niemand hat behauptet, wir hätten das Rad mit diesem vorgelegten Gesetzentwurf neu erfunden.

(Angelika Gramkow, PDS: Man kann ja auch mal vom Westen lernen. – Heiterkeit bei Gabriele Schulz, PDS)

Es ist natürlich das Gegenteil der Fall, aber darauf kommt es im vorliegenden Fall doch überhaupt nicht an. Vor diesem Landtag, zeitlich vorher, haben schon andere Landtage über diese Angelegenheit und über die Notwendigkeit beraten, den konkreten Informationsfluss von der Landesregierung in das jeweilige Parlament einzufordern und so einen deutlich sichtbaren und auch wahrnehmbaren Beitrag zur Stärkung des Parlaments zu leisten, so, wie es der Kollege Born eben auch formuliert hat.

(Beifall Andreas Petters, CDU)

Wenn Sie, Herr Minister Sellering, den Aufschwung des Landes und die Zukunft des Landes hier ansprechen und mit der Schönheit des Landes in Verbindung bringen, dann frage ich mich, ob Sie denn wirklich den Aufschwung dieses Landes alleine aus seiner Schönheit herleiten wollen. Das geht doch so überhaupt nicht! Bayern hat diese Regelung deswegen aufgegriffen, so, wie Sie sie hier vorgetragen haben, weil Bayern eben keinen Artikel 39 Absatz 3 einer mecklenburgischen Landesverfassung hat. Und von einem Justizminister erwarte ich nicht, dass er die Landesverfassung auswendig hersagen kann. Ich erwarte aber, dass er sie kennt, und ich erwarte erst recht, wenn er sie hier zitiert, dass er sie dann auch richtig zitiert.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Es heißt nämlich in unserer Landesverfassung in Artik e l 39 Absatz 3 keineswegs, da könne etwas getan werden, so, wie Sie es hier zitiert haben wollen, sondern da steht: „Das Nähere regelt das Gesetz.“ Das ist eine ganz andere Aussage als diejenige, die Sie hier getroffen haben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Angelika Gramkow, PDS: Wie Frau Borchardt schon gesagt hat.)

Darauf muss man einmal hinweisen, auch dann, wenn es sich um den Justizminister handelt,

(Dr. Ulrich Born, CDU: Und Verfas- sungsminister! Und Verfassungsminister! – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

der sich naturgemäß mit Recht und Gesetz auskennt.

(Gabriele Schulz, PDS: Deregulierung! – Zuruf von Angelika Gramkow, PDS)

Die Einbringung dieses Gesetzes ist eine denknotwendige Folge der Diskussion darüber, dass Länderparlamente im föderalen System der Bundesrepublik und der Europäischen Union gestärkt und gefestigt werden müssen. Es ist bereits hier angesprochen worden, der Föderalismuskonvent und die Lübecker Erklärung fordern dieses geradezu ein.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig.)

Auch die Föderalismuskommission, die ja ihre Arbeit wieder aufnimmt, bemüht sich darum, den Einfluss der Länder im Gesamtkonzert von Bund und Ländern wieder zu stärken. Natürlich entstehen da, wo auf der einen Seite etwas gestärkt werden soll, auf der anderen Seite Befürchtungen, dass etwas geschwächt wird. Und so kann ich natürlich die Befürchtungen der Regierungsbank, wie sie hier vom Minister geäußert worden sind, vielleicht sollte ich auch sagen, die Ängste, sehr gut nachvollziehen. Herr Minister, Sie haben ja hier statt der SPD-Fraktion gesprochen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Das ist interessant. – Zuruf von Dr. Ulrich Born, CDU)

Wenn also hier ein Mitglied der Landesregierung sagt, ein solches Gesetz, das brauchen wir gar nicht in unserem Land, weil ja bisher alles geregelt ist, die Verfassung lassen wir eben mal außen vor, dann zitiere ich doch den Hosenbandorden mit einem leicht ironischen Lächeln und sage: „Honi soit qui mal y pense.“ Sie befürchten, …

(Dr. Armin Jäger, CDU: So, nun übersetzen Sie ihm das noch. – Heiterkeit bei Bodo Krumbholz, SPD, und Volker Schlotmann, SPD)

Nein, ich übersetze ihm das nicht, das kann er ja nachschlagen. Aber er weiß es auch so, da bin ich ganz sicher.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU und PDS – Dr. Ulrich Born, CDU: Aber ich kann das nicht. – Gabriele Schulz, PDS: Das glaube ich nicht, Herr Dr. Born. – Zuruf von Peter Ritter, PDS)

Sie befürchten also auf der Regierungsbank ganz offensichtlich den Verlust eines Informationsvorsprunges und wollen sich nicht von einem vielleicht sogar störenden Parlament die eigenen Kenntnisse und Vorhaben verderben lassen. Der Kollege Dr. Bartels hat ja vorhin darauf hingewiesen, dass, wenn dieses Gesetzesvorhaben schon ein Gesetz wäre, wir ein leichtes Problem gehabt hätten bei dem vorvorherigen Tagesordnungspunkt. Aber hier sieht man, dass eine Landesregierung sich natürlich mit einem solchen Gesetz auch schützen kann, indem sie rechtzeitig informiert und dann zu dem Ergebnis kommt – das ist, meine ich, der Paragraph 1 Absatz 2 des Gesetzentwurfes –, dass die selbst eingebrachten Ideen und Vorstellungen eben nicht vom Landtag der Landesregierung vom Tablett genommen werden können.

Abgesehen davon, meine Vorrednerin hat es auch erwähnt, dass es die verfassungsrechtliche Aufgabe des Parlamentes ist, die Regierung zu kontrollieren, ist es auch so, dass dieser vorgelegte Gesetzesentwurf die Ängste, von denen ich gerade gesprochen habe, hier vollständig unbegründet erscheinen lässt, denn die Vertraulichkeit bleibt gewahrt. Das Gesetz nimmt weiterhin Einschränkungen der Informationspflicht vor. Weiter werden geschützte Interessen Dritter gewahrt und beachtet und ebenso werden die Informationen aus dem Kernbereich der Exekutive, also aus dem Kernbereich der Landesregierung auch geschützt.

Und selbst wenn Sie nun, meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, ich unterstelle das mal, einige Schwierigkeiten mit diesem Gesetzentwurf oder mit einzelnen Teilen daraus haben sollten, dann wäre es doch sicher eine sinnvolle und gute Möglichkeit, diesen Gesetzentwurf in einem Ausschuss, in einem zuständigen Ausschuss nicht zu versenken – ich hatte jetzt eigentlich darauf gewartet, dass das kommt, aber es kam nicht –,

(Heinz Müller, SPD: Aber nein!)

sondern dafür zu sorgen, dass dieser Gesetzentwurf dort beraten werden kann. Noch eindringlicher könnte ich natürlich sagen, dass es geradezu ein verfassungsrechtlich geschütztes Recht der Opposition ist, informiert zu werden. Wir wissen doch alle, dass die Frage, ob man Regierung oder Opposition ist, sehr schnell auch anders beantwortet werden kann, als man es derzeit kennt.

(Peter Ritter, PDS: So ist es. – Zuruf von Reinhard Dankert, SPD)

Da hier aber das Parlament in seiner Gesamtheit und nicht nur ein Teil des Parlaments informiert werden soll, ist das Gesetz in gleicher Weise für Regierungsfraktionen und für Oppositionsfraktionen, aber auch für fraktionslose Abgeordnete ein zur täglichen Arbeit geradezu erforderliches Werk. Daher muss ein solches Gesetz auch Regelungen enthalten, die die Rechte des Parlaments wahren, einfordern und stärken. Hier sind insbesondere die Paragraphen 3 Absatz 4, 6 Absatz 3 und 8 Absatz 8 zu nennen. Ich weiß nicht, ob das jetzt ganz vollständig ist, aber immerhin. Das sind die Gesetzesstellen, an denen es

heißt, dass die Landesregierung die Stellungnahmen des Parlaments schlicht zu berücksichtigen hat, nicht „kann“ oder „darf“, sondern „zu berücksichtigen hat“. Und auch da sehe ich keine Behinderung der Arbeit einer Landesregierung, denn es ist ja regelmäßig so, dass die Landesregierung von einer eigenen parlamentarischen Mehrheit getragen wird und diese Mehrheit wird ja dann auch den Willen des ganzen Parlaments zum Ausdruck bringen können.

In einem wesentlichen Punkt möchte ich den Kollegen Born jedoch ergänzen, ihm nicht widersprechen, aber ihn doch ergänzen. Es ist nicht allein notwendig, ein neues Kommunikationsmanagement auf europapolitischem Gebiet einzufordern, das zwischen Landesregierung und Parlament effektivere Wirkung entfaltet, dies ist auch in einem ganz erheblichem Maße erforderlich auf anderen vom Gesetz berücksichtigten Gebieten, beispielsweise bei Vorhaben der Landesgesetzgebung, bei beabsichtigten Staatsverträgen und bei Bundesratsangelegenheiten. Denn Information ist immer noch der Schlüssel zum Erfolg, den unser Land vielleicht dringender, aber mindestens genauso dringend wie andere Länder braucht, und deshalb bitte ich Sie, der Überweisung dieses Gesetzentwurfes zuzustimmen. – Danke schön.