Wir haben sehr engagiert das Konzept für die Schaffung von Ganztagsschulen aufgegriffen. Hierzu gehört natürlich auch das Programm der Schulsozialarbeiter, weil schulische Arbeit durch eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung und durch ein pädagogisches Begleitprogramm ergänzt wird. Ich möchte aber zu dem sozialen Netz, das hier erforderlich ist, sagen, um das Land familien- und kinderfreundlich zu gestalten, gehört auch das Gesundheitswesen dazu. Ich möchte an dieser Stelle einfach stichwortmäßig nur das erwähnen, was wir im Zusammenhang mit dem Krankenhausplan und mit der ärztlichen Versorgung der Bevölkerung hier auch in diesem Raum schon diskutiert haben. Es gehört eine ausgewogene Pflegestruktur im Land dazu und diese wurde in den letzten Jahren hier geschaffen.
Ich bin sehr froh, dass diejenigen Frauen und Männer, die nicht innerhalb ihrer Familie ihren Lebensabend verbringen können, hier auch eine würdige Form finden. Ich denke, das gehört auch für die im Beruf stehenden Frauen und Männer mit zu einem Stück innerer Ruhe, wenn sie wissen, dass die Älteren gut betreut sind, falls es im häuslichen Rahmen nicht möglich ist. Wir haben im Land ein sehr gutes Netz an Beratungstätigkeiten, und zwar Familienberatung, Schwangerenberatung. Ebenso möchte ich die Stiftung für Familien und Frauen erwähnen. Es waren im vergangenen Jahr 5.500 Frauen, die sich hier vor der Geburt ihres Kindes an diese Stiftung gewandt haben und jeweils etwa 480 Euro zur finanziellen Unterstützung erhalten haben. Das sind Weichen, die wir als Landesregierung stellen.
Ich möchte deshalb an dieser Stelle ganz ausdrücklich sagen, dass ich die Bundesministerin bei ihrer Forderung nach einem Elterngeld als reale Lohnersatzleistung unterstütze. Ich möchte hier nur Schweden erwähnen, denn dort werden 80 Prozent des letzten Bruttoeinkommens gezahlt. Auch die DDR möchte ich an dieser Stelle erwähnen – es war eine gute Erfahrung –, denn hier wurden 70 Prozent des letzten Bruttoeinkommens im Jahr der Kindererziehung gezahlt. Das ist ein Beitrag zur sozialen Sicherheit.
(Torsten Renz, CDU: Aber nicht das ganze Jahr, Frau Ministerin. Nur für sechs Monate den festen Satz.)
Ich denke, dass hier Weichen gestellt werden sollten. Das möchte ich auch. Es wurde bundesseitig ja sehr viel in den letzten Jahren auf dem Gebiet der Steuerreform geleistet.
Ich denke, es ist überlegenswert, kein Ehegattensplitting, sondern ein Kindersplitting, wie es eben in Frankreich üblich ist, vorzunehmen.
In Frankreich ist es auch überhaupt kein Problem, wenn es um den kindlichen Nachwuchs geht. Und ich plädiere auch für die kostenlose Bildung im Vorschulbereich, ähnlich wie es in Frankreich ist. Ich unterstütze ausdrücklich die Forderung einiger Vertreter der Wirtschaft, die sagen, der vorschulische Bereich ist für die kindliche Erziehung und Entwicklung so wichtig, dass er gleichrangig der universitären Ausbildung gestaltet werden sollte. Das heißt, er sollte eben auch kostenfrei sein. Dazu bedarf es aber natürlich eines gesellschaftlichen Konsenses. Ich sage ganz offen, der ist im Augenblick noch nicht da. Ich werde mich aber dafür einsetzen, dass wir ihn erlangen, damit wir ein solches Klima haben und jeder sagt, …
(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Wolfgang Riemann, CDU: Machen Sie mal wieder große Wahl- kampfplakate mit Versprechungen!)
Lieber Herr Riemann, mit Ihrer Unterstützung werden wir uns dafür engagieren, dass das so kommt. Bei allem Pro und Kontra sind Kinder natürlich eine persönliche Entscheidung, die in Zukunft auch jeder für sich …
Lieber Herr Glawe, das wissen Sie ja noch besser als ich, denn Sie haben ein paar Kinder mehr. Sie wissen also, dass es dazu eines persönlichen Wollens,
(Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU, und Rainer Prachtl, CDU – Harry Glawe, CDU: Jawohl, wollen und können!)
Ich möchte noch einmal sagen, dass es nicht nur die Bundesregierung ist, die hier Weichen stellt, dass es auch nicht nur die Landesregierung ist, die hier Weichen stellt, nein, es ist die gesamte Gesellschaft und es ist zuvörderst natürlich auch die Wirtschaft, die hier Weichen stellt.
Kinder, Elternschaft, das hat sehr viel mit sozialer Sicherheit zu tun. Soziale Sicherheit ist natürlich eine Frage des Arbeitsplatzes. Wir wissen, Arbeitsplätze werden in der Wirtschaft geschaffen.
Also die Wirtschaft ist hier in ganz entscheidendem Maße gefragt. Sie ist durch die Bundesregierung, durch
das Bundesparlament steuermäßig in den letzten Jahren deutlich entlastet worden. Sie hat hier eine Bringschuld, denn die Arbeitsplätze wurden nicht in dem Maße geschaffen, wie die Wirtschaft steuermäßig entlastet wurde. Das ist die eine Seite. Die andere Seite ist aber, Kindererziehungszeiten müssen einfach als zum Leben junger Menschen normale Zeiten akzeptiert werden. Es ist nun mal so, dass die Kinder im Alter zwischen 20, 30, vielleicht Mitte 30 geboren werden. Und Unternehmer tun gut daran, sich darauf einzustellen. Frauen mit Kindern, das ist allgemein bekannt, sind in der Regel viel organisierter als Männer ohne Kinder.
Wir wissen, sie sind organisiert, sie sind flexibel, sie sind motiviert, und zwar außerordentlich motiviert, denn ein Kind habe ich doch gern und freiwillig. Genauso gern und freiwillig übe ich meinen Beruf aus und möchte beides miteinander vereinbaren. Ich denke, das ist etwas, wo unsere Unternehmer doch noch einiges lernen, erlernen und erfahren können.
Ich unterstütze die lokalen Bündnisse für Familien und Kinder gemeinsam mit der Wirtschaft vor Ort und appelliere an Sie alle, meine sehr verehrten Damen und Herren: Lassen Sie uns gemeinsam für eine Kultur für Kinder eintreten! Das ist eine Kultur für das Leben, das ist eine Kultur für den wahren, für den eigentlichen Reichtum der Gesellschaft. – Danke.
Sehr geehrte Damen und Herren! Verehrte Frau Präsidentin! Die Positionen der PDS-Fraktion sind von Frau Gramkow hier deutlich gemacht worden. Ich möchte gerne daran anknüpfen und den Ausgangspunkt meiner Gedanken darin sehen, dass ich Bezug nehme auf einen Brief des Bischofs der Evangelischmethodistischen Kirche an den Parteivorstand der PDS. Er schreibt in seinem Brief über die soziale Lage in Deutschland: „Kinder können nicht verordnet werden.“ Recht hat er. Und er schreibt weiter: „Sie brauchen ein Umfeld des Willkommenseins und das schließt die Stärkung der Familie unbedingt mit ein.“ Ich verweise deshalb darauf, weil dieses Thema nicht nur eine Frage im Parlament ist und eine Frage der Parteien, sondern – Frau Ministerin hat das eben gerade deutlich gemacht – eine Frage der ganzen Gesellschaft. Wir müssen gemeinsam mit Kirchen, Vereinen, Verbänden und der Wirtschaft darüber diskutieren und Lösungen finden.
Ich möchte an dieser Stelle auch Bezug auf Herrn Renz nehmen. Sie sagten, die Entscheidung für Kinder in unserer Familie hat etwas mit unserer Einstellung zu tun gehabt. Ich halte diese Motive für sehr ehrenwert, möchte aber gerne hinzufügen, dass es auch etwas mit den Grundlagen zu tun hat, in denen Kinder willkommen sind und aufwachsen. Und die Grundlagen heißen letztlich: Wie familienfreundlich sind die Umfeldbedingungen?
Für die PDS ist familienfreundlich, wenn es existenzsichernde Grundlagen gibt und existenzsichernde Arbeit. Familienfreundlich ist, wenn der Verfassungsgrundsatz „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ Verfassungswirklichkeit ist. Familienfreundlich ist auch, wenn es Chancengleichheit zwischen den Geschlechtern von kleinauf an gibt. Ich denke, dass das KiföG in der Komponente vorschulisches Jahr eine Erfolgsstory ist.
Familienfreundlich ist, in schwieriger Situation Beratung und Hilfe zu finden wie in der Schwangerschaftskonfliktberatung, Familienberatung, Sucht- und Drogenberatung. Ich halte es für völlig angebracht, dass die SPD das Thema der Aktuellen Stunde tituliert hat mit „Familie im Spannungsfeld zwischen Gesellschaft und Arbeit“, weil es wirklich ein Spannungsfeld gibt. Das möchte ich an zwei Punkten deutlich machen.
Wir haben bei der Evaluation der Beratungslandschaft feststellen können, das Sozialministerium hat Entsprechendes vorgelegt, dass die Sucht- und Drogenberatung in Mecklenburg-Vorpommern bundesweit vorbildlich ist. Andererseits wird – Herr Schubert, Herr Heydorn und ich waren jüngst dort – in der Landesstelle für Suchtgefahren und in entsprechenden Beratungsstellen demnächst das Licht ausgehen. Ich denke, das verträgt sich nicht miteinander, das passt nicht zusammen und ist auch keine glaubwürdige Politik, wenn wir das geschehen lassen.
Dafür sind wir verantwortlich und wir als Abgeordnete müssen nach Lösungen suchen. Die Stärkung der Familie für wichtig zu erklären und Präventions- und Hilfeleistungen auszudünnen, das passt nicht zusammen.
Ein weiteres Beispiel. Hervorragend ist, was die Stiftung „Hilfen für Frauen und Familien“ in diesem Land leisten. 6.500 junge Muttis haben Babyerstausstattungen im vergangenen Jahr bekommen. Die Stiftung soll aber nachrangig Hilfe leisten.
Vorrangig, wenn Hilfe notwendig ist, sollten die Sozialleistungsträger Hilfe leisten und das wollen sie auch. Und wie in meiner Heimatstadt zum Beispiel schreiben sie eine Richtlinie in Umsetzung des Paragraphen 23 SGB III und erhalten vom Innenministerium einen Brief am 12. April, in dem steht: Das dürft ihr nicht leisten. Und das Innenministerium handelt nicht rechtswidrig, es verweist auf eine Intervention der Bundesregierung im Bundesrat, die sagt: Bei derartigen Hilfen, Arbeitslosengeld II, Sozialgeld, Sozialhilfe haben die betroffenen Personen aus dem Betrag anzusparen. Zum Ansparen gibt es eine Rechtsverordnung, Paragraph 28 SGB XII, der in diesem Falle sagt, von den 331 Euro sind 6 Euro für Möbel und Erstausstattung. Wenn man einen Wickeltisch und einen Kinderwagen ansparen will, müsste man das sieben Jahre lang tun. Ich finde eine solche Politik, einerseits zur Stärkung der Familien aufzurufen und gleichzeitig nahezu zynisch zu sagen, wenn ihr Sorgen habt, dann spart mal 6 Euro im Monat an, für keine glaubwürdige Politik.
Für die PDS gilt, moderne Familienpolitik bedeutet Politik für mehr soziale Gerechtigkeit. Und damit bin ich wieder bei Bischof Klaiber und komme zum Schluss. Er schreibt: „Soziale Gerechtigkeit ist unverzichtbare Voraussetzung für ein friedliches menschliches Zusammenleben.“ – Ich danke Ihnen.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 2: Zweite Lesung und Schlussabstimmung des Gesetzentwurfes der Fraktionen der SPD und PDS – Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zum Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen, auf Drucksache 4/1499, hierzu Beschlussempfehlung und Bericht des Bildungsausschusses auf Drucksache 4/1649.
Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und PDS: Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zum Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen (Zweite Lesung und Schlussabstimmung) – Drucksache 4/1499 –