Protocol of the Session on November 18, 2004

Daher fordern wir die Landesregierung auf, unverzüglich eine landesweite Kinder- und Jugendgesundheitsvorsorgeinitiative zu starten. Damit verbunden sein sollen:

1. rauchfreie Schulen, auch für Lehrer, um deren Vorbildwirkung zu unterstützen

2. eine Trendwende für das Rauchereinstiegsalter bis 2006

3. die Senkung der Raucherquote bei Jugendlichen in Mecklenburg-Vorpommern um 25 Prozent bis zum Jahre 2010

Dies soll ein erster Schritt sein, die Gesundheit der Kinder und Jugendlichen dieses Landes zu schützen, denn immer mehr jüngere Menschen erkranken an typischen Alterserkrankungen wie Altersdiabetes oder Atemwegserkrankungen. Dem kann allerdings nur entgegengewirkt werden, wenn wir die Heranwachsenden motivieren, aktiv etwas für ihre Gesundheit zu tun, das heißt in erster Linie, Sport zu treiben, für gesunde Ernährung zu sorgen und dem Konsum von Drogen abzuschwören. Besonders für die zukünftige Entwicklung unseres Landes ist es wichtig, die Gesundheit der arbeitenden Generation von morgen zu schützen und zu verbessern, denn nur gesunde Kinder und Jugendliche von heute werden gesunde Erwachsene und Arbeiter von morgen sein. Wenn allerdings bereits heute die neuen Generationen durch Nikotinkonsum erkranken, können wir nur angsterfüllt in die Zukunft schauen. Daher fordern wir die rauchfreie Schule als ersten Schritt in die richtige Richtung.

Warum soll es in einer Einrichtung, die in erster Linie zur Bildung und zum Erwerb sozialer Kompetenzen vorgesehen ist, möglich und nötig sein zu rauchen? Schüler sollten anders gefordert und gefördert werden als mit dem Betätigen des Feuerzeugs und dem Heraussuchen der Zigaretten. Schüler sollten in der kurz bemessenen Zeit zwischen dem Lernen und Stillsitzen und dem nächsten Pausenklingeln Besseres zu tun haben, als in einer Ecke des Schulhofes zu stehen. Schüler sollten gesündere Alternativen haben, als in riesigen blauen Nebelschwaden ihre Pausen zu verbringen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Ihnen diese Alternativen und sinnvollere Zeitvertreibe aufzuzeigen, ist in erster Linie Aufgabe der Erwachsenen. Wenn allerdings selbst die Lehrer und andere Vorbildpersonen diese Rolle nicht übernehmen können oder wollen, da sie selbst in Anwesenheit der Schüler ihrer Sucht frönen, kann es jeder verstehen, dass Schüler gleichberechtigt behandelt werden wollen. Daher fordert die CDUFraktion ein generelles Rauchverbot auf dem gesamten Schulgelände nicht nur für Schüler, sondern auch für Lehrer, eine rauchfreie Schule für gesündere Schüler!

Da die bisherigen Aktivitäten der Landesregierung keinen befriedigenden Erfolg erzielten, im Prinzip gleich null waren, stiegen die Krankheitskosten insbesondere bei Kindern und Jugendlichen ins Unermessliche. Dem kann man nur mit einem vernünftigen Konzept zur Prävention entgegenwirken. Aufklärung in Schulen und Freizeiteinrichtungen, vielleicht sogar schon in Kindergärten, gemeinsam mit dem Projekt „Rauchfreie Schule“ werden dabei helfen, langfristig etwas gegen die wachsenden Ausgaben durch erhöhte Atemwegserkrankungen bei immer Jüngeren zu tun.

Meine Damen und Herren, wir dürfen nicht länger zusehen, wie die heranwachsenden Generationen unsere Laster übernehmen. Es ist an der Zeit, endlich umzudenken, etwas gegen die Verschlechterung des Allgemeinzustandes unserer Kinder und Jugendlichen zu tun. Asthma und Allergien sind heute in jeder Familie, ja sogar bei Neugeborenen ein Thema und lassen sich auf die stetig steigenden Belastungen im Umfeld der Kleinsten zurückführen. Dem können wir nur entgegenwirken, wenn in der Einrichtung, in der die Kinder und Jugendlichen des Landes fast 50 Prozent ihrer Zeit verbringen, ein generelles Rauchverbot herrscht. Nur so ist es gewährleistet, dass sie nicht ständig mit Nikotin und den damit verbundenen Giften konfrontiert werden. Gesundheit sollte eine Selbstver

ständlichkeit, aber auch ein hohes Gut für jeden Menschen sein. Enthalten wir sie auch unseren Folgegenerationen nicht vor, nur weil wir sie eventuell bereits durch gewisse Süchte aufgegeben haben! Daher stimmen Sie unserem Antrag zu und setzen sich ein, dass die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommerns die Gesundheit unseres Landes und ganz besonders der jungen Generation nicht auf die leichte Schulter nimmt! Zeigen Sie, meine Damen und Herren, Ihr Engagement im Kampf gegen Sucht und Krankheit mit nur einer Handbewegung, indem Sie zustimmen!

(Torsten Koplin, PDS: Sind die Leute jetzt alle rauchen gegangen? – Holger Friedrich, SPD: Aber die müssen auch zustimmen, die aus der CDU. Die rauchen alle draußen.)

Stimmen Sie für die rauch- und qualmfreie Schule und sagen wir gemeinsam den stinkenden blauen Nebelschwaden an den Bildungseinrichtungen des Landes den Kampf an! – Danke schön.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Danke schön, Herr Abgeordneter Schubert.

Im Ältestenrat ist eine Aussprache mit einer Dauer von jeweils zehn Minuten für jede Fraktion vorgesehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Als Erster hat ums Wort gebeten der Minister für Ernährung, Landwirtschaft, Fischerei und Forsten Herr Dr. Backhaus. Bitte schön, Herr Minister, Sie haben das Wort.

(Beate Mahr, SPD: Die sind alle beim Tabak- anbau. – Heiterkeit bei Holger Friedrich, SPD)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf an dieser Stelle die Sozialministerin vertreten, die sich auf der Arbeitsund Sozialministerkonferenz befindet. Ich bitte Sie um Verständnis, dass ich diesen Redebeitrag im Wesentlichen natürlich auch so, wie er aus dem Sozialministerium vorbereitet worden ist, halte.

(Heiterkeit bei Torsten Renz, CDU: Wenn Sie zustimmen, ist das okay. Wenn Sie zustimmen, ist das okay.)

Ich kann Ihnen nur eins sagen, meinen persönlichen Beitrag für dieses Thema habe ich vor gut zehn Jahren geleistet und habe aufgehört zu rauchen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS – Torsten Koplin, PDS: Das ist was! – Zuruf von Torsten Renz, CDU – Heinz Müller, SPD: Seitdem sieht er viel blühender aus. – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

Insofern ist es so, wenn man sich diese Intention des Antrages anschaut, dann ist doch klar, das ist eben von Herrn Schubert schon gesagt worden, Prävention muss zur nationalen Aufgabe werden und im direkten Lebensumfeld der Menschen verankert werden. Das muss unser gemeinsames Ziel sein. Das heißt eben ausdrücklich auch, Gesundheitsförderung und Prävention müssen in den Kindergärten – ich fange mal ein Stückchen vorher an –, in den Familien beginnen, in den Kindergärten weitergeführt werden durch die Schulen, an den Arbeitsstellen und natürlich ausdrücklich im öffentlichen Bereich unserer Städte

und Gemeinden angesiedelt und auf gemeinsame Ziele ausgerichtet werden. Das sagte nicht die Opposition, sondern das sagte die Bundesministerin für Gesundheit Ulla Schmidt, und zwar am 20. Oktober 2004, und ein paar Sachen habe ich einfach dazugesetzt.

In dem noch im Jahr 2005 zu verabschiedenden Präventionsgesetz, das wissen Sie auch, Herr Schubert, sollen drei wesentliche Handlungsfelder abgegolten werden:

Erstens. Auf der Bundesebene sollen 20 Prozent der 152 Milliarden Euro Gesamtmittel verwendet werden. Durch eine Stiftung der Sozialversicherungsträger sollen Präventionsziele und Qualitätssicherung geregelt, Modellprojekte und gegebenenfalls ergänzende Maßnahmen im Einvernehmen mit den Ländern geregelt sowie bundesweite Kampagnen durchgeführt werden. Ich glaube, das sind Ansätze, die auch von der Opposition ausdrücklich befürwortet werden.

Zweitens. Der Landesebene werden 40 Prozent der Gesamtmittel aus diesem Stiftungsvermögen zugewiesen. Hier werden dann unter anderem Aktivitäten gemeinsam mit den Sozialversicherungsträgern und in den Regionen zusammengeführt. Künftig werden im Übrigen Kranken-, Renten-, Unfall- und Pflegeversicherung gemeinsam mit den Ländern entscheiden, welche Maßnahmen die Präventionsziele am besten erreichen können. Den spezifischen Bedarfslagen wird dann auch in diesem Rahmen Rechnung getragen. Diese Arbeit organisieren die Länder in der Zukunft selbst.

Drittens. Der Ebene der Sozialversicherungsträger werden ebenfalls 40 Prozent der Gesamtmittel zugewiesen. Diese bewährten Maßnahmen der individuellen Verhaltensprävention und Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung sollen auf die Präventionsziele ausgerichtet und weiterhin eigenverantwortlich von den Sozialversicherungsträgern erbracht werden. Ich komme nachher auch noch auf ein paar interessante Zahlen, die aus meiner Sicht deutlich machen, was gerade in den nächsten Wochen und Monaten getan werden muss.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, seit langem fordern Gesundheitsexperten ein Präventionsgesetz, und nicht nur die Gesundheitsexperten, sondern natürlich auch andere. Prävention und Gesundheitsförderung müssen aufgewertet und ausgebaut werden, um Vorrang vor Kuration, Rehabilitation und Pflege zu erhalten. Der Grundsatz „Vorbeugen ist besser als Heilen“ stammt schließlich aus der Medizin. Er fordert – und das erfordert auch einen Paradigmenwechsel in unserem Gesundheitssystem, das heißt im deutschen Gesundheitswesen –, das leider noch dominierende Krankheitsansatzsystem muss zunehmend durch den Gesundheitsansatz verändert werden.

Auf der 77. Gesundheitsministerkonferenz am 17. und 18. Juni dieses Jahres wurde man sich parteiübergreifend einig, dass Prävention und Gesundheitsförderung als eigenständige und gleichwertige Säulen im Gesundheitswesen zu etablieren sind. Es wurde eine Bund-LänderArbeitsgruppe eingerichtet, die ein gemeinsames Eckwertepapier für ein Präventionsgesetz zu erarbeiten hat. Bereits im Sommer 2003 hat die Bundesregierung ein Präventionsgesetz angekündigt. Die Verhandlungen zwischen Bund, Ländern und Sozialversicherungsträgern haben sich doch schwieriger gestaltet, als erwartet war, insbesondere bezüglich der Aufgabenverteilung und Abgrenzung der Zuständigkeit. Dieses ist jetzt aber wohl

im Wesentlichen ausgeräumt, so dass es jetzt vorwärts gehen wird.

(Torsten Renz, CDU: Na, na, da hab ich meine Zweifel!)

Nun haben sich die genannten Beteiligten gemeinsam mit vielen wichtigen Akteuren...

(Torsten Renz, CDU: Die haben so viele Pro- bleme, die kommen gar nicht zu dem Thema.)

Ja, hören Sie mal zu, Herr Renz!

(Torsten Renz, CDU: Die haben so viele Pro- bleme, die werden das weiter verschleppen.)

Man hat sich mittlerweile geeinigt, so dass man sich jetzt in die gleiche Richtung bewegt. Der Zug in Richtung Prävention hat endlich Fahrt aufgenommen. Von daher kommt der Antrag der Opposition einfach ein bisschen spät.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Er hinterlässt den Eindruck, als wollte man hier Trittbrettfahrern glauben machen, man sei selbst die Lokomotive. Die Lokomotive ist auf dem Weg.

Was unternimmt denn nun die Landesregierung, meine sehr geehrten Damen und Herren?

(Heiterkeit bei Torsten Renz, CDU)

In Ihrem Antrag zur Kinder- und Jugendvorsorgeinitiative laufen Sie der Landesregierung jedenfalls offene Türen ein. Kinder- und Jugendgesundheit liegt uns schon immer sehr am Herzen und dazu haben wir auch Initiativen unterschiedlicher Zielrichtungen auf den Weg gebracht. Unbestritten sein dürfte, der Tabakkonsum ist die Gesundheitsgefährdung Nummer eins in der gesamten industrialisierten Welt, so auch in Deutschland und insbesondere in Mecklenburg-Vorpommern.

Umfragen nicht nur hier im Lande, sondern europa- und weltweit, bestätigen, Kinder beginnen durchschnittlich, man darf sich das noch mal auf der Zunge zergehen lassen, in einem Alter von zehn bis zwölf Jahren mit dem Rauchen. Und das ist leider, betone ich ausdrücklich, in Mecklenburg-Vorpommern so. Zumindest in unserem Land ist es auch so. Grundlagenforscher haben festgestellt, weil der Körper dieser jungen Menschen noch nicht ausgereift ist, reagiert das jugendliche Gehirn auf Drogen besonders empfindlich, gleichgültig, ob es sich nun um Nikotin, Alkohol, Cannabis oder andere Drogen handelt. Es ist auch mittlerweile bestens dokumentiert, aus dem Konsumverhalten und den Lebensgewohnheiten der heutigen Kinder und Jugendlichen resultiert schließlich ein hoher Gesundheitskostenablauf in den nächsten 20 bis 30 Jahren.

Auf der Kindergesundheitskonferenz 2003 wurden vier prioritäre Gesundheitsziele für Kinder und Jugendliche festgelegt:

1. Bewegungsförderung

2. Förderung des richtigen Ernährungsverhaltens Auch dies ist ja hier schon angesprochen worden.

3. Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Gesundheitsförderung in der Schule Ich glaube, da haben wir gerade auch mit dem, was wir in den letzten Stunden diskutiert haben, einen wichtigen Beitrag geleistet.

4. Stärkung und Fähigkeit zur Stressbewältigung, hierin enthalten auch die Suchtvorbeugung

Ich will hier nur einige wichtige Programme nennen. Da gibt es unter anderem das Kooperationsprogramm „Gemeinsam Sport in Schule und Verein“ sowie die Modellprojekte „Sport, Jugend, Kinder“ oder „Bewegte Kinder“. Es wird mit dem Ziel durchgeführt, die Bewegungsförderung im Vorschulalter schrittweise zu verbessern und zu erhöhen. Auf der Grundlage des Gesetzes zur Sportförderung werden jährlich immerhin 8,2 Millionen Euro zur Unterstützung sportlicher Aktivitäten in Mecklenburg-Vorpommern zur Verfügung gestellt.

(Beifall Detlef Müller, SPD)

Das ist ja auch kein Pappenstiel.