Protocol of the Session on November 18, 2004

Meine Damen und Herren, ich begrüße Sie zur 48. Sitzung des Landtages. Die Sitzung ist eröffnet. Die Tagesordnung der heutigen Sitzung liegt Ihnen vor.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 13: Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD und PDS – Weiterentwicklung der Palliativmedizin in Mecklenburg-Vorpommern, auf Drucksache 4/1406.

Antrag der Fraktionen der SPD und PDS: Weiterentwicklung der Palliativmedizin in Mecklenburg-Vorpommern – Drucksache 4/1406 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Dr. Norbert Nieszery von der Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu früher Stunde muss ich Sie mit einem sehr ernsten und schwierigen Thema behelligen. Beim Schreiben der Rede fiel mir eine alte lateinische Weisheit ein, die noch heute zahlreiche Kirchturm- und Sonnenuhren in Italien ziert. Sie lautet: Omnia vulnerat ultima necat.

(Wolfgang Riemann, CDU: Und das am frühen Morgen!)

Ja, Herr Riemann, ich übersetze das auch für Sie.

(Heinz Müller, SPD: Für Herrn Riemann musst du das auch.)

Dieses heißt übersetzt in etwas freier Form: Jede einzelne Stunde schmerzt, die letzte tötet. Um den medizinischen Umgang mit eben den letzten Stunden geht es mir heute.

Das Begleiten von unheilbar kranken Menschen in den Tod, die Linderung von Schmerzen, deren Ursache nicht mehr beseitigt werden kann, und die seelische Unterstützung der Angehörigen des Sterbenden stellen eine wichtige und vielleicht die schwierigste Aufgabe eines jeden Arztes dar. Das Bild des Arztes, der nachts mit seinem Pferdewagen zum Haus eines sterbenden Patienten eilt, um ihm beim Kerzenschein eine schmerzlindernde Morphiumspritze zu geben, prägt noch heue die Idealvorstellung vieler in Bezug auf den Arztberuf und auf die Sterbebegleitung. Für die moderne Form dieser Behandlung benutzt man heute den Begriff „Palliativmedizin“. Und bei dem Ihnen heute vorliegenden Antrag geht es um die Absicherung und Weiterentwicklung palliativmedizinischer Strukturen in Mecklenburg-Vorpommern.

„Pallium“, Herr Riemann, kommt aus dem Lateinischen und bedeutet „Mantel“. Das Verb „palliare“ bedeutet im übertragenden Sinne „lindern“ beziehungsweise „stützen“. Nach der Definition der WHO ist eine palliativmedizinische Therapie die umfassende und aktive Behandlung von Patienten, deren Erkrankung einer kurativen Therapie nicht mehr zugänglich ist und für die das Behandlungsziel die bestmögliche Lebensqualität für sie selbst und ihre Angehörigen ist. Palliativmedizinische Maßnahmen ermöglichen unheilbar kranken Menschen ein Sterben in Würde, in einer vertrauten Umgebung und ohne Schmerzen. Die Versorgung der Patienten muss sowohl im stationären als auch besonders in einem dünn besiedelten Flächenland wie Mecklenburg-Vorpommern im ambulanten Sektor gewährleistet sein. Die Palliativmedizin be

schränkt sich nicht nur auf die letzte Lebensphase des Patienten, sie schließt auch die psychosoziale Begleitung der Familie vor und nach dem Tod des Angehörigen mit ein.

Diese umfassende Betreuung der Patienten und deren Angehörigen erfordert ein multidisziplinäres Team, zu dem neben Pflegepersonal und Ärzten auch Sozialarbeiter, Psychologen, Seelsorger und Krankengymnasten gehören können. Eines der eindrücklichsten Beispiele dafür bildet die pädiatrische Palliativmedizin beziehungsweise Hospizarbeit, durch deren Hilfe selbst dauerbeatmete Kinder heute nicht mehr ihre letzten Lebenstage im Krankenhaus verbringen müssen, sondern in den Kreis der Familie zurückkehren können. Ich habe Berichte von betroffenen Eltern im Arbeitskreis dazu gehört, die mich tief berührt haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Patientenbetreuung durch Palliativ-Care-Teams beginnt bereits während des Krankenhausaufenthaltes und setzt sich nach der Entlassung auch am Wochenende und nachts ambulant fort. So lassen sich Krankenhauseinweisungen allein aufgrund unzureichender Schmerztherapie oder palliativmedizinischer Probleme weitgehend vermeiden. Insbesondere nach der Einführung des Fallpauschalensystems wird die ambulante Versorgung auch von unheilbaren Patienten mehr noch als bisher gefordert.

Enttäuschend ist allerdings die mangelnde Unterstützung, die diese Art der Behandlung nach wie vor durch die Krankenkassen erfährt. In der Folge sind viele Hospizund Palliativeinrichtungen chronisch unterfinanziert und arbeiten am Rande des finanziellen Zusammenbruchs. Die stationäre Palliativmedizin ist zudem durch ihre mögliche Einbeziehung in das Fallpauschalensystem bedroht. Nach Aussage des Präsidenten der Bundesärztekammer, Professor Hocke, lassen sich palliativmedizinische Leistungen nicht angemessen durch Fallpauschalen abbilden, was zu weiteren Finanzierungsengpässen führen könnte. Besorgniserregend ist zudem, dass Fallpauschalen in diesem Bereich der Medizin einen Zwang setzen könnten, die Behandlungszeiträume zu kurz zu halten.

Die Krankenkassen sollten die Einführung des Fallpauschalensystems im Palliativ- und Hospizsektor eigentlich verhindern. Leider haben sie das im Rahmen der Anhörung im Bundestag versäumt. Allerdings hat der Bundesgesetzgeber gesetzliche Grundlagen geschaffen, auch palliativmedizinische und Hospizdienste im Rahmen der integrierten Versorgungsmodelle anzubieten und angemessen zu finanzieren. Die Krankenkassen sind nun gefordert, auf regionaler Ebene zusammen mit den Anbietern die vom Gesetzgeber zum Wohle der Patienten geschaffenen Möglichkeiten zu nutzen und entsprechende Modelle zu erarbeiten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir brauchen hauptamtliche ambulante Palliativdienste, die bisher leider in Deutschland kaum existieren. Von den Krankenkassen wurden bisher in größerem Umfang und über einen längeren Zeitraum nur die Arbeit der Brückenschwestern in Baden-Württemberg und der Homepairärzte in Berlin gefördert. Von 1996 bis 2001 liefen Modellprojekte des Bundesgesundheitsministeriums in Vorpommern und Südniedersachsen. Das Einzugsgebiet des Modellprojektes in Mecklenburg-Vorpommern umfasste die drei Landkreise Ostvorpommern, Nordvorpommern und die Insel Rügen sowie die kreisfreien Hansestädte Stralsund, Greifswald und die Stadt Demmin.

Das Palliativ-Care-Team, bestehend aus einem Brücken

arzt und einer Brückenschwester, betreute in der Region sowohl stationäre als auch ambulante Patienten in Zusammenarbeit mit den niedergelassenen Ärzten, um Lücken im Übergangsbereich zwischen stationärer und ambulanter Versorgung zu schließen. Entfernungen von 100 Kilometern bis zum Klinikum nach Greifswald sind für Krebspatienten mit einer fortgeschrittenen Erkrankung einfach nicht mehr zumutbar und können von den Betroffenen auch teilweise überhaupt nicht mehr geleistet werden. Deshalb sind gerade in einem Flächenland wie dem unseren kompetente Palliativmediziner zur häuslichen Betreuung der Patienten so wichtig.

Eine unserer Hauptforderungen ist es, dass wenigstens bei jedem Tumorzentrum eine Palliativstation eingerichtet wird, damit Synergieeffekte zwischen der ambulanten und der stationären Versorgung zugunsten der Patienten und zur Entlastung der Kostenträger ausgeschöpft werden können. Das Modellprojekt „Krebsschmerzinitiative Mecklenburg-Vorpommern“ in Greifswald hat gezeigt, dass die Tätigkeit von Palliativ-Care-Teams zur verbesserten Betreuung der betroffenen Patienten führt, das Behandlungsangebot erweitert und gleichzeitig die Behandlungskosten reduziert. Durch zeitgerechte und qualifizierte medizinische Maßnahmen werden auch Krebspatienten im fortgeschrittenen Stadium zu Hause optimal betreut und müssen nicht wiederholt wegen ihrer Schmerzen oder anderer Symptome ins Krankenhaus eingewiesen werden.

Der Vorsitzende der Landesarbeitsgemeinschaft Hospiz & Palliativmedizin Mecklenburg-Vorpommern e.V., Dr. Wolf Diemer, der auch heute hier anwesend ist, zieht in einem Artikel zu diesem Modellprojekt das folgende Fazit: „Auf diesem Wege kann die verzahnte ambulantstationäre Palliativmedizin zum Paradigma eines modernen Gesundheitswesens werden, das sowohl die Lebensqualität der Patienten verbessert als auch zur Kosteneinsparung beiträgt.“

Meine sehr verehrten Damen und Herren, sowohl unter ethischen als auch ökonomischen Gesichtspunkten ist eine Weichenstellung in diese Richtung unverzichtbar. Obwohl das Tabuthema „Sterben und Tod“ weder von den Krankenkassen noch von uns Politikern gern aufgegriffen wird, beschäftigen sich neben vielen engagierten Ärzten, Pflegern, Schwestern und Ehrenamtlichen mittlerweile auch mehr und mehr Institutionen mit der Ethik der Sterbebegleitung, so zum Beispiel der Nationale Ethikrat und die Enquetekommission des Bundestages „Ethik und Recht der modernen Medizin“. Ich bitte Sie, sich ebenfalls dieses Themas anzunehmen, denn, Herr Riemann, „Omnia vulnerat ultima necat“ gilt auch heute noch für uns alle. Ich bitte um Zustimmung für diesen Antrag und wünsche Ihnen ein langes Leben bei guter Gesundheit. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS)

Vielen Dank, Herr Dr. Nieszery.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Schubert von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch wir stimmen dem Antrag der SPD- und PDS-Fraktion zu, weiterhin eine Absicherung der palliativmedizinischen Versorgung zu ge

währleisten. Ein Pilotprojekt in Greifswald, das von 1996 bis 2001 lief, hat gezeigt, wie wichtig und sinnvoll eine solche Betreuung und Versorgung ist. Patienten äußerten sich überaus positiv und auch deren Angehörige waren von einer solchen Innovation begeistert. So fällt es todkranken Menschen leichter, in ihrer häuslichen, wohlbekannten Atmosphäre Pflege zu empfangen und in Ruhe und in Würde Abschied zu nehmen.

Das damalige Projekt wurde ausschließlich mit 800.000 Euro vom Bundesministerium für Gesundheit finanziert. Von 1996 bis 2001 gab es keine Förderung vom Land und von den Krankenkassen. Von 2001 bis 2002 blieb das Projekt in der Schwebe und lief erst Mitte 2002 wieder an. Von dieser Zeit an wurde es durch die Krankenkassen finanziert mit einem Budget von 160.000 Euro pro Jahr und Palliativ-Care-Team. Wir, meine Damen und Herren, müssen uns nun einerseits dafür einsetzen, dass diese Projekte keine Modellprojekte bleiben, und andererseits dafür Sorge tragen, dass die finanzielle Absicherung und Unterstützung durch die Krankenkassen weiterhin gewährleistet werden können. Nur mit deren Finanzierung wird es möglich sein, auch zukünftig Palliativ-Care-Teams einzusetzen.

Dieses Projekt sollte flächendeckend im Land zu finden sein und nicht nur in Greifswald. So wären Rostock, Neubrandenburg, Schwerin, Güstrow, Wismar und Pasewalk weitere erstrebenswerte Standorte, so die Aussagen des Leiters dieses Care-Teams. Diese Zentren würden flächendeckend dafür sorgen, dass eine ausreichende Versorgung des Landes gewährleistet ist. Es sollten je Standort drei Teams existieren und jedes müsste mit 250.000 Euro ausgestattet werden, immer entsprechend der Vorstellung des Leiters. Dazu benötigt es unbedingt eine Förderung durch die Krankenkassen. Nur dadurch kann eine ausreichende Versorgung aller Patienten gewährleistet werden.

Dass diese Care-Teams von immenser Wichtigkeit sind, haben die Pilotprojekte in beeindruckender Weise gezeigt. Die Brückenärzte und Brückenschwestern sind zu den Krebspatienten gefahren und haben zu Hause in deren gewohnter Atmosphäre geeignete Therapiemethoden besprochen und eventuell sofort durchgeführt. Die Palliativ-Care-Teams sind speziell ausgebildet und können im Notfall 24 Stunden rund um die Uhr gerufen werden. Das sagte schon Herr Dr. Nieszery. Da sie bereits im Vorfeld über den Krankheitsstand informiert sind, können sie schneller und kompetenter Hilfe leisten als Notärzte oder der Hausarzt. Auch zeitlich und fachlich gesehen sind Hausärzte nicht selten überfordert mit todkranken Krebspatienten und haben in einem Notfall nicht die richtige Ausrüstung, wie sie die Care-Teams vorweisen können. Die Versorgung durch Palliativ-Care-Teams stellt darüber hinaus eine große Kosteneinsparung dar, da weniger Hausbesuche von Haus- und Notärzten erfolgen müssen, die keinerlei fachspezifische Hilfe und Unterstützung leisten können, da die meisten Haus- und Notärzte eben auf diesem Spezialgebiet der Medizin gar nicht ausreichend fortgebildet sind.

Des Weiteren fallen teure Krankentransporte zum Krankenhaus zu etwaigen Untersuchungen weg. Der psychologische Aspekt für die Betroffenen und deren Angehörige spielt hierbei natürlich auch eine nicht zu vernachlässigende und immens wichtige Rolle. Der Patient bleibt in seiner gewohnten Umgebung und empfängt die nötige Hilfe direkt an Ort und Stelle ohne einen ständigen Ortsund Umgebungswechsel zwischen Krankenhäusern und

Ärzten. Er hat die Möglichkeit, Vertrauen zu seinem CareTeam aufzubauen und gleichzeitig die nötige medizinische und psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Es ist außerdem erwiesen, dass Patienten in ihrer gewohnten Umgebung weniger psychisch labil werden als in der Fremde und Anonymität eines Krankenhauses, wo nur stundenweise Besuchszeiten existieren.

Es ist auch für die Hinterbliebenen sehr wichtig, ob ihr Verwandter in Ruhe und im Beisein der Familie zu Hause einschläft oder an Schläuchen und Maschinen angeschlossen allein im Krankenhaus sterben muss. Besonders hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang, dass in Pilotprojekten ein Drittel der dokumentierten Patienten sehr jung waren. Für Kinder stellt es selbstverständlich eine enorme psychische Belastung dar, wenn sie nur sporadisch von ihren Eltern im Krankenhaus besucht werden können und sie den Rest der Zeit allein und verängstigt in der Fremde verbringen müssen, ohne ihre gewohnten Spielsachen oder geliebten Haustiere. Für diese Altersgruppe von Patienten ist eine palliativmedizinische Versorgung zu Hause mindestens so vorteilhaft wie für alle anderen Gruppen. Das zeigt, wie überaus wichtig diese Projekte sind.

Ein weiterer Punkt, den die CDU-Fraktion als äußerst wichtig ansieht, ist, dass die einzelnen Teams untereinander in Kontakt stehen müssen, um Erfahrungs- und Gedankenaustausche zu gewährleisten. Diese Vernetzung dient der fachlich übergreifenden Kommunikation zum Wohle der Patienten. Wenn dieser Informationsaustausch nach standardisierten Vorgaben abläuft, wird zum einen dem Patienten schneller und effektiver geholfen und zum anderen ermöglicht es den Ärzten, sich über Neuerungen zu informieren und diese Innovation anzuwenden. So können Ärzte eine umfassende palliativmedizinische Krisenintervention betreiben und unnötige Krankenhausaufenthalte vermeiden. Allerdings kann eine optimale Versorgung nur dann gewährleistet werden, wenn diese PalliativCare-Teams bereits während des Krankenhausaufenthaltes Kontakt zum Patienten aufnehmen und ihn daraufhin weiter zu Hause betreuen. Diese engmaschige Betreuung sichert eine qualifizierte Versorgung Schwerstkranker in Kooperation mit Angehörigen, ambulanten Pflegediensten, den Hausärzten und ehrenamtlichen Helfern wie ambulanten Hospizdiensten. Auch sie, die ambulanten Hospizdienste, bedürfen noch einer stärkeren finanziellen Unterstützung durch die Krankenkassen, aber auch durch das Land.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

An dieser Stelle möchte ich ebenfalls ausdrücklich die stationären Hospize erwähnen, denen in der Versorgung sterbenskranker Menschen auch eine zentrale Rolle zukommt. Sie stellen ein weiteres Glied eines umfassenden Versorgungsnetzwerkes dar, das in den nächsten Jahren noch engmaschiger geknüpft werden muss. Nur so kann vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung eine flächendeckende Versorgung in unserem Land dauerhaft gewährleistet werden.

(Beifall Rainer Prachtl, CDU)

Ich bin in diesem Zusammenhang jedoch sehr optimistisch, haben wir doch in den letzten Jahren große Fortschritte erzielt. So wurde vor kurzem die Genehmigung für das vierte stationäre Hospiz erteilt, das seinen Sitz in Greifswald haben wird. Es wird eine Lücke in der Versorgung schließen und stellt eine gute Ergänzung zu den lan

desweit knapp 20 ambulanten Hospizdiensten dar. Aber auch hier müssen wir auf eine finanzielle Unterstützung achten, denn es gibt gerade im ländlichen Raum große Schwierigkeiten für die ambulanten Hospizdienste. Nach meinem Kenntnisstand gibt es erst ab zehn Betroffene eine finanzielle Unterstützung. Bei Zahlen darunter wird dieser ambulante Hospizdienst nicht gefördert.

Meine Damen und Herren, auch wir halten die Fort

führung der Palliativ-Care-Teams-Versorgung für überaus wichtig und sinnvoll und stimmen dem Antrag der SPDund PDS-Fraktion zu. Allerdings weisen wir nochmals ausdrücklich darauf hin, dass eine finanzielle Absicherung durch die Krankenkassen gesichert werden muss, um eine optimale Versorgung der Patienten zu gewährleisten. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, CDU und PDS)

Vielen Dank, Herr Schubert.

Das Wort hat jetzt der Minister für Arbeit, Bau und Landesentwicklung Herr Holter in Vertretung der Sozialministerin.

Sind Politiker schmerzfrei? So, Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordnete, fragt der Arzt und Autor Dietrich Grönemeyer in seinem Buch „Mensch bleiben“. Der Grund für diese Fragestellung: In den Debatten zur Gesundheitsreform kommt das Thema „Schmerz“ so gut wie nicht vor. Die Palliativmedizin ist untrennbar mit dem Wort „Schmerz“ verbunden. Auch Palliativmedizin oder Sterbebegleitung tauchen in den aktuellen gesundheitspolitischen Debatten nicht auf. Deshalb begrüße ich die Initiative der Regierungsfraktionen und bedanke mich für die Unterstützung der Opposition, die Entwicklung der Palliativmedizin in Mecklenburg-Vorpommern zu einem Thema des Landtages zu machen.

Palliativmedizin – das bedeutet Behandlung von Patienten, die an einer nicht heilbaren und weit fortgeschrittenen Erkrankung leiden. Das Ziel dieser Behandlung ist die Verbesserung ihrer Lebensqualität. Deshalb ist die Palliativmedizin ganzheitlich ausgerichtet. Neben der Schmerzund Symptomkontrolle umfasst sie auch die psychische, soziale und seelsorgerische Betreuung der Patienten und bezieht die Angehörigen hier ausdrücklich mit ein.

Die Palliativmedizin ist in Deutschland und so auch in Mecklenburg-Vorpommern erst in Ansätzen in die Regelversorgung eingebunden. Im Bereich der stationären Versorgung ist es gelungen, in den letzten Jahren Palliativeinheiten an allen vier onkologischen Zentren aufzubauen. Dort bestehen die besten strukturellen Voraussetzungen für eine umfassende und auf Schmerztherapie spezialisierte Behandlung.

Diese Forderung des Antrages ist bereits Realität. Die Betten für die Palliativmedizin werden im Krankenhausplan gesondert ausgewiesen. Die erste Palliativeinheit mit zehn Betten entstand bereits 1993 in Neubrandenburg. Weitere gibt es am Rostocker Südstadtklinikum mit sieben Betten, in Stralsund mit vier Betten und in Schwerin mit acht Betten. In diesem Jahr kam das Universitätsklinikum Greifswald mit einer Einheit mit zehn Betten hinzu. Die bestehenden Palliativeinheiten mit insgesamt 39 Betten entsprechen hinsichtlich ihrer Strukturqualität den Empfehlungen, die in einem Modellprojekt des Bundesgesundheitsministeriums erarbeitet wurden.

Wir gehen in Mecklenburg-Vorpommern jedoch von einem Bedarf von 50 bis 55 Betten aus. Daher, Herr Schubert ist darauf eingegangen, stehen wir vor der Aufgabe, die palliativmedizinische Versorgung auszuweiten. Zwei weitere Palliativeinheiten, bevorzugt in den Regionen Güstrow und Waren, sollen aufgebaut werden. Dieses wurde auch von der Ärztekammer so vorgeschlagen.

Ein wesentlicher Teil, meine Damen und Herren, der palliativmedizinischen Arbeit muss ambulant stattfinden, denn die Patientinnen und Patienten wünschen sich häusliche Betreuung und ein würdiges Sterben in vertrauter Umgebung. Die ambulante palliativmedizinische Behandlung ist in Mecklenburg-Vorpommern jedoch unterentwickelt.

In den Jahren 1997 bis 2003 wurde das Modellprojekt „Krebsschmerzinitiative – Palliativ-Care-Teams“ in Mecklenburg-Vorpommern in Anbindung an die Universität Greifswald durchgeführt. Die beiden Vorredner sind darauf schon eingegangen. Über 540 Patienten wurden durch Palliativ-Care-Teams im Krankenhaus und zu Hause betreut. Die Übernahme des fachlich anerkannten Projektes in die Regelversorgung ist jedoch nicht gelungen. Wir brauchen also in Mecklenburg-Vorpommern eine Vernetzung von stationärer und ambulanter Versorgung. Sparen – das ist meine Überzeugung – in der palliativmedizinischen Betreuung halte ich für ethisch nicht vertretbar und aus gesundheitsökonomischer Sicht nicht für sinnvoll. Schließlich soll eine gute ambulante Betreuung auch helfen, Folgekosten durch stationäre Aufenthalte einzusparen.