Protocol of the Session on October 13, 2004

In der Europäischen Union hat sich diese Zahl in den letzten zehn Jahren mehr als halbiert. 2003 gab es einen Rückgang von über 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. In Deutschland sanken die Asylzugangszahlen im Jahr 2003 auf 50.000. Das ist der niedrigste Stand seit 1984, ein Trend, der sich auch dieses Jahr augenscheinlich fortsetzen wird. Von Januar bis August stellten lediglich 24.501 Menschen einen Asylantrag. Es wäre doch vor diesem Hintergrund problemlos möglich, vorhandene Ressourcen des Bundesamtes auf eine Verbesserung der Qualität der Asylanhörungen und -entscheidungen zu konzentrieren. Dies aber geschieht leider nicht. Gestiegen ist vielmehr die Zahl der Abschiebungen, auch europaweit, und das alles vor dem Hintergrund, dass laut UNHCR weit über 80 Prozent der aktuell circa zwölf Millionen Flüchtlinge weltweit meist unter katastrophalen Verhältnissen in der jeweiligen Herkunftsregion leben. Darüber hinaus gibt es schätzungsweise 20 bis 25 Millionen Binnenvertriebene.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch wir sind gefordert, unser Augenmerk auf Entwicklungen und konkrete Geschehnisse auf dem gesamten Erdball zu richten. Und wir sind gefordert, aus diesem Wissen heraus Pers

pektiven zu entwickeln, die auf dem Völkerrecht, auf der Genfer Flüchtlingskonvention und auf menschenrechtlichen Erfordernissen beruhen, fern jeder unseligen Diskussion um Asylauffanglager in Nordafrika und fern, meine sehr verehrten Damen und Herren, von unzähligen Diskussionen über Unterschriftenaktionen für, besser gesagt, gegen die EU-Mitgliedschaft der Türkei.

(Zuruf aus dem Plenum: Richtig.)

Spätestens jetzt, meine sehr verehrten Damen und Herren von der CDU, da die Vorsitzenden von NPD und DVU Voigt und Frey volle Unterstützung für ihre Kampagne signalisiert haben, sollten Sie Ihre Kampagne zurückziehen, bevor sie begonnen hat. – Schönen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS und Beate Mahr, SPD – Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Vielen Dank, Herr Ritter.

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Ums Wort gebeten hat jetzt noch einmal der Abgeordnete Herr Dr. Jäger.

(Zurufe von Wolfgang Riemann, CDU, und Peter Ritter, PDS)

Herr Riemann und Herr Ritter, das Wort hat jetzt Herr Dr. Jäger.

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU – Heike Polzin, SPD: Lassen Sie doch mal den Redner reden!)

Herr Riemann!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bedaure, dass ich noch einmal das Wort ergreifen muss, aber ich glaube, ich bin gründlich missverstanden worden, auch von dem Herrn Innenminister. Ich habe nicht gesagt, dass ich glaube, dass der Innenminister rechtswidrig handelt. Ich habe gesagt, dass es rechtswidrig ist, wenn Mitarbeiter einer Behörde, die sich an das Recht halten, von einer Organisation, die noch nicht einmal demokratisch legitimiert ist, aber auch eine demokratisch legitimierte dürfte das nicht, öffentlich unter Druck gesetzt werden. Dies ist in unserer Rechtsordnung Gott sei Dank nicht vorgesehen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Also das gesunde Volksempfinden möchte ich nicht als Rechtsstandpunkt in unserem Lande erfahren.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Sehr richtig. – Siegfried Friese, SPD: Unterschriftenaktion.)

Das Zweite ist, der...

Bitte schön, also Sie können von mir auch ein Glaubensbekenntnis haben, Herr Friese. Wenn es eine solche Unterschriftenaktion geben sollte, werde ich mich daran bei den vielen türkischen Freunden, die ich persönlich habe, nicht beteiligen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und CDU)

Damit das nur einmal klar ist. Und deswegen fühle ich mich auch sehr betroffen, wenn mir jemand ein gestörtes Verhältnis in diesem Bereich vorwirft. Ich bin der Einzige

in diesem Saal, glaube ich, der schon einmal Vorsitzender einer solchen Härtefallkommission war, nämlich der Berliner.

(Peter Ritter, PDS: Und haben Sie Recht gebrochen in Ihrer Funktion? Und haben Sie Recht gebrochen in Ihrer Funktion?)

Und, Herr Ritter, ich sage Ihnen eins. Ich habe kein Recht gebrochen.

(Peter Ritter, PDS: Und warum machen Sie es denn mit der Härtefallkommission?)

Aber ganz einfach, Herr Ritter, weil die Berliner hatte einen Vorsitzenden, der sehr auf das Recht geachtet hat.

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Heiterkeit und Zuruf von Peter Ritter, PDS)

Das kann ich Ihnen aber...

Da fragen Sie mal Ihre PDS-Kollegen in Berlin, wie die mich angefeindet haben, weil ich mich auf die Rechtsordnung berufen habe. Da finden Sie bei mir nichts.

(Zuruf von Peter Ritter, PDS)

Bei Ihnen will ich nicht gucken.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Gabriele Schulz, PDS: Ach, Herr Jäger, das ist doch unter Ihrem Niveau, was Sie hier machen. Herr Ritter hat Sie doch nicht persönlich angegriffen!)

Natürlich hat er mich persönlich angegriffen. Er hat gesagt, ich würde nicht dazulernen.

(Zuruf von Peter Ritter, PDS)

Ich lerne jeden Tag dazu. Ich habe zum Beispiel gemerkt, was dabei herauskommt – der Innenminister ist leider nicht da –,

(Zuruf von Rainer Prachtl, CDU)

wenn man eine solche Diskussion anfängt, welches Fass dann die PDS aufmacht nach dem Motto „Kommt doch alle!“. Das, meine Damen und Herren, ist nicht Sinn des Zuwanderungsgesetzes

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

und das wird es auch nicht sein.

(Angelika Gramkow, PDS: Das ist eine kritische Auffassung, die man haben kann in einer multikulturellen Gesellschaft, Dr. Jäger!)

Also, Frau Gramkow, ich mache Ihnen wirklich einen Vorschlag: Leben Sie erst einmal ein paar Jahre in einer multikulturellen Gesellschaft, die haben wir hier nicht im Lande,

(Angelika Gramkow, PDS: Das stimmt, leider.)

die haben wir wirklich nicht.

(Gabriele Schulz, PDS: Leider. – Zuruf von Peter Ritter, PDS)

Also bei multikulturell, da sollten Sie wirklich ein bisschen von persönlicher Erfahrung sprechen und dann können wir beide wieder miteinander reden.

(Angelika Gramkow, PDS: Sie unterstellen mir, dass ich sie nicht habe?)

Aber ich habe etwas auszuloben, meine Damen und Herren, vielleicht, damit wir uns ein bisschen friedlicher stimmen. Der Innenminister hat mich aufgefordert, wenn ich denn glaube, da sei etwas rechtswidrig, ich solle klagen.

(Holger Friedrich, SPD: Ja.)

Nun bin ich ja ein...

Ich bin ja ein lernbegieriger Mensch und er hat einen ganzen Apparat.