Sie wissen, dass mit der Wende die Anzahl der Geburten je Frau von 1,5 auf 0,8 eingebrochen ist. Jetzt können wir uns natürlich alle einmal die Frage stellen, wer damals regiert hat.
Ich möchte natürlich nicht so unseriös sein und behaupten, die Opposition hätte damals die Geburtenrate so dramatisch absinken lassen, denn so viel Einfluss besitzt nicht einmal die CDU.
Aber es ist doch immerhin so, dass jeder einsehen muss, dass es enorme Probleme in der Bereitstellung von Schule, in der Bereitstellung von Krankenhäusern
und anderen öffentlichen Gütern in der langen Frist verursacht. Und wenn von einem Tag auf den anderen langfristig nur noch die Hälfte der Bevölkerung in bestimmten Bereichen vorhanden ist, dann schafft das riesige organisatorische Probleme.
Ich möchte den Professor Dr. Klaus Klemm zitieren, wissenschaftlicher Beirat des PISA-Projekts. Frau Fiedler, Sie sagten ja, PISA und Schulsystem, das hätte nichts miteinander zu tun. Da fragt die SVZ: „Herr Professor Dr. Klemm, die Landesregierung M-V wirbt gern mit dem selbstbewussten Spruch ‚MV tut gut.‘, gilt das auch für das Schulsystem?“
Professor Klemm: „Das System ist von Anfang an mit der Hypothek belastet gewesen, dass es die Dreigliedrig
keit der westdeutschen Länder mehr als reproduziert hat. Ich halte das eher für eine Last als für einen Fortschritt.“ Und Herr Professor Dr. Klemm, wissenschaftlicher Beirat des PISA-Projektes, führt in diesem Interview weiter aus,
„dass das dreigliedrige Schulsystem eine erhebliche Leistungsbremse ist, weil es auf Selektion setzt und nicht auf die Förderung einzelner Schüler“.
Und jetzt können wir uns wieder fragen, wer damals regiert hat. Und ich würde sagen, mindestens diese Entscheidung hat diese erste Koalition des Landes zu verantworten. Tut mir Leid!
(Unruhe bei Abgeordneten der CDU – Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU: Ja, das ist richtig. Sie hatten zehn Jahre Zeit. – Zuruf von Jörg Heydorn, SPD – Glocke der Vizepräsidentin)
Es ist ja so, dass wir, wenn wir dort vermutlich eine Volksabstimmung gehabt hätten, 1990 eine Volksabstimmung gehabt hätten,
da wäre ich mir sicher, hätte die CDU/FDP-Koalition mit ihrem Vorschlag eine Mehrheit in der Bevölkerung bekommen.
Nehmen wir mal an, damals hätte die CDU/FDP eine Mehrheit gehabt, gehen wir es von mir aus auch mal hypothetisch durch, sie hätte eine Mehrheit bekommen.
Warum ich auf diese Überlegung komme, ist relativ einfach. Jeder von uns reist zu Schüler-, zu Lehrer- und Elternvertretungen. Und wissen Sie, was die sagen?
Und die zweite Äußerung war: Macht endlich eine anständige Reform! Bringt ordentlich Ruhe ins Schulsystem und macht eine anständige Reform!
Und daraufhin habe ich gefragt: Wie kriegen wir denn eine Reform ohne Unruhe hin? Das ist mir nicht ganz klar.
Worauf ich damit verweisen will, ist, dass wir in Deutschland wirklich ein Problem haben. In Sonntagsreden …
Wenn ich mit Schülern rede, dann sagen die: Lass uns doch nach Skandinavien gehen, lasst uns unser Schulsystem nach skandinavischem Vorbild umbauen.
Das sagen die Lehrer und das sagen auch viele Eltern. Und wenn man dann sagt, das bedeutet aber, dass wir was verändern müssten, dann sagen sie: Nee nee, also wir brauchen jetzt erstmal Ruhe. Zwischen diesen beiden Problemen schwanken wir hin und her.
Wir haben in Deutschland nicht den Mut, aus den Erkenntnissen, die wir haben, auch die Konsequenzen zu ziehen.