Protocol of the Session on November 25, 2002

Wie lange dieses hält, meine Damen und Herren, das werden wir ja sehen.

Fakt ist, die Steuereinnahmen brechen dramatisch weg.

(Eckhardt Rehberg, CDU: Das ist hervorragend!)

Bei uns schlägt dies insbesondere durch den Länderfinanzausgleich zu Buche. Insgesamt werden wir voraussichtlich von 2002 bis 2006 1,862 Milliarden Euro an eigenen Einnahmen verlieren.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.)

1,862 Milliarden Euro!

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Für 2002 und 2003 fehlen uns damit mehr als die notwendigen Ausgaben, die wir für beide Jahre für den Sozialhaushalt dieses Landes brauchen würden.

(Unruhe bei Abgeordneten der CDU – Eckhardt Rehberg, CDU: Und dafür haben Sie die Hand gehoben. – Wolfgang Riemann, CDU: Für fünf Umgehungsstraßen.)

Und allerorts ist zu hören,

(Zurufe von Dr. Ulrich Born, CDU, und Harry Glawe, CDU)

dass die wirtschaftliche...

(Glocke des Vizepräsidenten – Wolfgang Riemann, CDU: Fragen Sie mal Herrn Holter! Einen warmen Händedruck hat er gekriegt.)

Allerorts ist zu hören, dass die wirtschaftliche Situation dafür verantwortlich ist.

(Wolfgang Riemann, CDU: Verkauft ist sie worden.)

Ja, die Wachstumsraten befinden sich augenscheinlich im freien Fall. Alle warten auf den Aufschwung, der eben nicht kommt. Und Deutschland ist das Schlusslicht in der Europäischen Union.

(Eckhardt Rehberg, CDU: Stimmt nicht. Sie reden das Land schlecht, Frau Gramkow.)

Das Bruttoinlandsprodukt sank von 9,6 Prozent in 2001 auf 0,2 Prozent in 2002. Nach dem letzten Gutachten der Fünf Weisen, was nachweislich nicht die PDS geschrieben hat, ist auch klar, wer eigentlich die Wachstumsbremse sein soll: Ostdeutschland, meine Damen und Herren, und insbesondere unsere Bauwirtschaft sollen es sein. Und schuld ist sowieso der Vereinigungsprozess.

(Unruhe bei Abgeordneten der CDU – Wolfgang Riemann, CDU: Immer die andern!)

Keiner und auch Sie sprechen nicht davon, dass der Bauboom honoriert wurde durch Sonderabschreibungen, die massenhaft zu Leerständen auch in Mecklenburg-Vorpommern geführt haben,

(Unruhe bei Eckhardt Rehberg, CDU)

dass Dienstleistung und verarbeitendes Gewerbe nur langsam Wachstumsimpulse entwickeln konnten und dass im Einigungsprozess westdeutsche Unternehmen Marktanteile und horrende Gewinne eingefahren haben. 1988 betrugen die Gewinne der Unternehmen West 145 Milliarden Euro. Im Jahr 2001 waren es bereits 295 Milliarden Euro. Aber das alleine ist noch nicht genug.

(Torsten Koplin, PDS: Mehr als das Doppelte.)

Im gleichen Zeitraum stieg, meine Damen und Herren, die Körperschaftssteuer, 1988, da waren es 15,3 Milliarden, auf ganze 23,5 Milliarden Euro im Jahre 2000.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Und danach ging es bergab.)

Im Jahre 2001 – sehr richtig, Herr Jäger –

(Dr. Armin Jäger, CDU: Dank Ihrer Steuerreform.)

wurden dann 426 Millionen Euro an Unternehmen ausund zurückgezahlt für die, die niemals eingezahlt haben.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig, da hat Herr Ringstorff zugestimmt.)

Die Lasten in diesem Prozess trugen die Beschäftigten

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.)

durch höhere Abgaben und durch Lohnzurückhaltung.

(Beifall Torsten Koplin, PDS)

Die Lasten trugen die öffentlichen Haushalte

(Dr. Armin Jäger, CDU: Auch richtig.)

durch zunehmende Verschuldung und Zinsexplosionen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Dem haben Sie zugestimmt. Einstimmig im Bundesrat dafür.)

Drastische Konsolidierungen gingen zu Lasten des Sozialstaates, zu Lasten von Bildung und Kultur, zu Lasten von aktiver Arbeitsmarktpolitik – und das bis heute und das auch in Mecklenburg-Vorpommern.

(Harry Glawe, CDU: Was?!)

Hinzu kam, Herr Rehberg hat darauf verwiesen, eine einseitige Exportorientierung in der Wirtschaftspolitik und eine Vernachlässigung der Binnenkonjunktur. Das haben auch die Fünf Weisen festgestellt. Und nicht umsonst haben wir doch zu konstatieren, dass Nordrhein-Westfalen mit minus 1 Prozent und Baden-Württemberg, die Exportprofis in der Wirtschaft, mit minus 0,9 Prozent BIPWachstum am Ende der Wirtschaftsskala stehen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Aber auf einem sehr hohen Niveau, junge Frau.)

Und am Anfang steht Mecklenburg-Vorpommern

(Heiterkeit und Unruhe bei Abgeordneten der CDU – Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

mit 0,9 Prozent Wirtschaftswachstum, gefolgt von Sachsen-Anhalt mit 0,6 Prozent Wachstum.

(Unruhe bei Abgeordneten der CDU – Dr. Armin Jäger, CDU: Können Sie das mal in absoluten Zahlen ausdrücken? – Zuruf von Dr. Ulrich Born, CDU – Glocke des Vizepräsidenten – Zurufe von Dr. Ulrich Born, CDU, und Eckhardt Rehberg, CDU)

Einen Grund, darauf stolz zu sein, sehe ich allerdings nicht.

(Eckhardt Rehberg, CDU: Die Zahlen- trickserei führt uns auch nicht weiter.)

Und das hat nichts mit Schlechtreden zu tun, sondern mit der Einschätzung, einseitige Exportorientierung zu Lasten der Binnennachfrage ist falsch.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Fakt ist, dass der Einbruch im Wirtschaftswachstum, insbesondere der Rückgang des Konsums und die hohe Arbeitslosigkeit zu Ausfällen der Umsatz- und Lohnsteuer führen. Das ist auch nicht zu bestreiten. Fakt ist aber auch, es ist nicht die wirtschaftliche Situation allein, die verantwortlich ist, es ist auch die Steuerpolitik der Regierungen, auch der von Mecklenburg-Vorpommern.

Unter Kohl wurden die Vermögenssteuer ausgesetzt, die Erbschaftssteuer reduziert, riesige Sonderausschreibungen gefahren und die Umverteilung von unten nach oben beschleunigt.