Protocol of the Session on May 14, 2004

Das Land fördert außerdem Maßnahmen, die die kleinräumige Infrastruktur der Kommunen verbessern, aber mit Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Infrastruktur“ nicht gefördert werden können. Auch der Initiativfonds des Arbeitsmarkt- und Strukturentwicklungsprogramms kann in Anspruch genommen werden, so zum Beispiel in Stavenhagen/Basepohl. Der Standort mit einer Gesamtgröße von 480 Hektar wird bis zum Jahre 2006 schrittweise aufgegeben. Eine Nachnutzung soll durch die Ansiedlung von Gewerbe- und Industriebetrieben erfolgen. Der Standort muss planungsrechtlich vorbereitet werden, das heißt, für ein Gewerbe- und Industriegebiet müssen die baurechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden. Die Kosten für den Bebauungsplan und für die Änderung des Flächennutzungsplanes belaufen sich nach einer ersten Schätzung auf 100.000 Euro für die Stadt Stavenhagen und 43.000 Euro für die Gemeinde Grammentin, also summa summarum 143.000 Euro. Beide Kommunen haben aber nicht genügend Geld in der Kasse, um die Bauleitplanung zu finanzieren. Während Stavenhagen in der Lage ist, ein Drittel aufzubringen, kann die kleine Gemeinde Grammentin mit 300 Einwohnern dazu keinen Beitrag leisten. Deswegen haben wir uns entschieden, 100.000 Euro für die Finanzierung dieser Planungsarbeiten dort bereitzustellen.

Damit wird sehr deutlich, meine Damen und Herren, die neue Konversion ist vor allem eine Kompensationsaufgabe. Die Bundeswehr ist in den betroffenen strukturschwachen Regionen ein maßgeblicher Verbraucher, auf dessen Bedarf sich Wirtschaft und Handel eingestellt haben. Verbunden mit der Standortaufgabe ist daher meist ein beträchtlicher Abbau von Arbeitsplätzen. Berechnungen zufolge geht durch den Wegfall der Kaufkraft ein Arbeitsplatz pro sieben Soldaten verloren. Das ist die Herausforderung, auch die Problematik, mit der wir es ganz konkret zu tun haben.

Standortaufgabe hat auch erhebliche Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt, sprich eine geringere Nachfrage zur Folge. Eggesin zum Beispiel war 50 Jahre lang Garnisonsstadt. Ganze Wohnviertel wurden in den 50er und 70er Jahren nur für Militärangehörige und ihre Familien gebaut. Seit 1990 wurde der Bedarf an Wohnraum mit der

Standortverkleinerung immer geringer. Leerstand mit all seinen negativen Aspekten war die Folge. Nicht nur in Eggesin, sondern auch in den umliegenden Standorten kann man solche Entwicklungen beobachten. Daraufhin haben sich Ueckermünde, Torgelow und Eggesin zusammengetan und ein regionales Entwicklungskonzept erarbeitet unter dem schönen Namen UTE, also die drei Anfangsbuchstaben, die die Städte kennzeichnen. Sie haben ein Leitbild entwickelt, welches sozusagen ein strategischer Wegweiser für die Verwaltung ist. Deswegen ist es ihnen auch gelungen innerhalb des Stadtumbauprogramms Ost, im Rahmen ihres integrierten Stadtentwicklungskonzeptes – die drei Städte haben eins gemeinsam eingereicht – im bundesweiten Wettbewerb eine Silbermedaille zu gewinnen. Nun werden durch Rückbau, Abriss und Aufwertung intakte Stadtstrukturen mit zukunftsfähigen Beständen hergestellt. Dieser Prozess ist längst nicht abgeschlossen, aber es gibt positive Erfahrungen, auf die soll zurückgegriffen werden.

Im Haushaltsjahr 2004/2005 stellt Brüssel 3,7 Millionen Euro für die Standortkommission zur Verfügung, die vom Land ergänzungsfinanziert werden. Um alle vorliegenden Anträge auf Zuschüsse genehmigen zu können, brauchen wir jedoch doppelt so viel Geld. Trotzdem wird die Landesregierung die betroffenen Kommunen weiterhin mit allen ihr zur Verfügung stehenden Instrumenten unterstützen. Ich bin mir gewiss, dass das Land Mecklenburg-Vorpommern, namentlich die Landesregierung, diese Kommunen nicht alleine lassen wird. Wir werden – und deswegen kann ich mich ausdrücklich für diesen Antrag bedanken – natürlich unsere Aktivitäten verstärken müssen, um hier auch weitere positive Effekte im Interesse der Menschen in diesen Regionen und an diesen Orten zu erreichen. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Danke schön, Herr Minister.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Petters. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man sich einmal die Tagesordnungen der Landtagssitzungen der laufenden beziehungsweise der 3. Legislaturperiode vornimmt und sich auf das Thema Bundeswehr konzentriert, dann fällt eines besonders auf: Während es anfangs um die Sicherung und den Erhalt von Bundeswehrstandorten im Rahmen der Bundeswehrstrukturreform ging, setzen wir uns heute mit den Folgen derselbigen auseinander, so auch mit vorliegendem Antrag „Konversion in Mecklenburg-Vorpommern“, denn Konversion wird erst notwendig, wenn der Bundeswehrstandort bereits geschlossen ist.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Sehr richtig!)

Meine Damen und Herren, Kern des Problems ist doch, dass die Koalitionsfraktionen ein ambivalentes Verhältnis zur Bundeswehr pflegen

(Beifall Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU, und Rainer Prachtl, CDU)

und somit mit zweierlei Stimmen, also geschwächt als Vertreter des Landes Mecklenburg-Vorpommern in Berlin auftreten.

Wäre ich Bundesverteidigungsminister und müsste eine entsprechende Strukturreform inklusive Standortschließungen durchsetzen, würde ich mich über Länder wie Mecklenburg-Vorpommern als leichtes Opfer freuen. Wenn die SPD einerseits die Eurofighter in Laage stationiert, andererseits aber entsprechende Übungsplätze verhindern möchte, will die PDS keines von beiden.

(Peter Ritter, PDS: Einstimmiger Landtagsbeschluss!)

Andererseits versucht der militärpolitische Sprecher der PDS, Herr Ritter, den wir ja gehört haben,

(Peter Ritter, PDS: Friedenspolitisch bitte. Darauf lege ich Wert.)

natürlich alles, um die in seinem Wahlkreis gelegenen Standorte, und zwar in erster Linie Stavenhagen, vor Einschnitten zu retten.

(Peter Ritter, PDS: Und was ist da Schlechtes dran?)

Wer soll das alles noch verstehen, meine Damen und Herren?

(Torsten Koplin, PDS: Sie verstehen das nicht, das ist klar!)

Ich frage Sie: Wer in Berlin soll bei so einer Vorgehensweise dieses Land noch ernst nehmen?

(Zuruf von Gerd Walter, PDS)

Zu Ihrem Antrag. Wir, sprich der Landtag, sollen also die Initiativen der Landesregierung zum Thema Konversion begrüßen. Diese weichgespülte Politikrhetorik sind wir ja bereits von anderen Anträgen der Koalitionsfraktionen gewöhnt. Begrüßen wir also das Handeln, das nötig geworden ist, weil im Vorfeld nicht gehandelt worden ist.

Meine Damen und Herren, es geht nicht um irgendwelche belanglosen Absichtserklärungen, wenn wir über die Bundeswehr sprechen. Wir sprechen von insgesamt 16.960 Dienstposten, also auch von vielen Soldaten, zivilen Beschäftigten und deren Familien. Machen Sie sich das bitte, wenn Sie über dieses Thema diskutieren, bewusst!

Und dann schreiben Sie in Ihrem Antrag, dass die Landesregierung aufgefordert wird, die Leitlinien für Konversion auf der Grundlage der Bestimmungen des regionalen Förderprogramms bis Ende 2004 fortzuschreiben, sprich GA-Mittel für die Konversion einzusetzen. Ich hoffe nicht, dass es sich bei diesen eingesetzten Mitteln um die 7 , 9 Millionen Euro handelt, die der Wirtschaftsminister bereits zur Umsetzung der globalen Minderausgabe angeboten hat.

Punkt 2 Ihres Antrages wird auch immer wieder gern genommen. Das Schreien nach Bundeshilfen ist nicht immer legitim, kommt jedoch oft zu spät, um wirklich etwas für die Menschen vor Ort zu erreichen. Handeln, wenn fast alles zu spät ist, kann im Einzelfall die Probleme abmildern, lösen lassen sich die Probleme nicht. Ich habe dem Ministerpräsidenten des Landes am 7. April 2004 einen Brief zu diesem Thema geschrieben, in dem ich ihn gebeten habe, sich als Regierungschef ganz eindeutig noch einmal für die Standorte der Bundeswehr in diesem Land einzusetzen,

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Dr. Ulrich Born, CDU: Sehr gut.)

und dies gegenüber dem Bundesverteidigungsminister und dem Bundeskanzler deutlich zu machen. Und was ist passiert, meine Damen und Herren?

(Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU: Nichts.)

Ich habe nichts gehört von der Staatskanzlei, ich habe weder eine Eingangsbestätigung noch einen Zwischenbescheid bekommen.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Das stimmt doch nicht?! Kollege Petters, das gibt es doch nicht!)

Wie soll sich erst ein Soldat in diesem Land fühlen, ein Kommandeur oder die Bürger, wenn hier sogar schon Abgeordnete absolut ignoriert werden in diesem Land?

(Dr. Ulrich Born, CDU: Das gibt es doch gar nicht! Das kann doch gar nicht sein! – Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU: Das ist ein unbeliebtes Thema.)

Meine Damen und Herren, auch wenn Sie das nicht hören wollen, es ist einfach Tatsache, wenn man sich hier für dieses Land einsetzen will und den Ministerpräsidenten bittet, sich wirklich dafür einzusetzen, wofür er eigentlich da ist, und zwar für dieses Land und auch für die Soldatinnen und Soldaten im Land, dass man keine Antwort bekommt.

(Zuruf von Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU)

Meine Fraktion hat Ihnen einen Änderungsantrag vorgelegt – weil dieser Antrag, wie Sie ihn präsentiert haben, aus unserer Sicht einfach nicht hinnehmbar und nicht zustimmungsfähig ist –, der sich in erster Linie mit unseren bisherigen Anträgen zum Thema Bundeswehr befasst und unsere Position auch ganz klar unterstützt.

Punkt 1 unseres Änderungsantrages ist ein klares Bekenntnis zur Bundeswehr.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Das ist erst einmal ganz notwendig. Ihre Aufgaben, die Standorte und die dort arbeitenden Menschen sind Voraussetzung, um insbesondere glaubhaft nach Berlin zu vermitteln, dass es einem ernst ist mit den dort vertretenen Positionen, nämlich der Sicherung dieses auch wichtigen Wirtschaftszweiges in einem strukturschwachen Flächenland.

Direkt daran knüpft Punkt 2 unseres Änderungsantrages an. Dieser macht deutlich, dass es gerade dem fehlenden Engagement aufgrund der ambivalenten Haltung der Landesregierung geschuldet ist, dass ehemalige modernste Großstandorte wie Eggesin, Basepohl oder andere diesen Aderlass hinnehmen mussten.

Punkt 3 unseres Änderungsantrages bedeutet, dass die Landesregierung jetzt wirklich aufgefordert ist, denn es geht uns darum, dem Landtag umfassende Nachnutzungskonzepte vorzulegen. Schon jetzt wissen Sie ja, dass die letzte Veränderung der Standortkonzeption der Bundeswehr noch nicht abgeschlossen ist und da wird schon wieder über die nächste gesprochen. Was tun wir jetzt? Warten wir erst, bis wieder weitere Standorte dichtgemacht werden?

(Zuruf von Peter Ritter, PDS)

Nein. Jetzt müssen wir im Vorfeld schon Kontakt mit der Bundeswehr und mit dem Bundesverteidigungsministerium haben. Was aber zu kritisieren ist, ist, dass im Vor

feld weder die bundeseigene Verwertungsgesellschaft GEP noch die Oberfinanzdirektion Bundesvermögensabteilung in der Lage noch willens sind. Mein Wahlkreis ist unmittelbar davon betroffen, denn das Sanitätszentrum der Bundeswehr in Neustadt-Glewe soll geschlossen werden. Da muss man sich doch jetzt schon einmal darum kümmern, wie so ein attraktiver Standort am Neustädter See vermarktet wird.

(Minister Dr. Till Backhaus: Wo ist denn Ihr Wahlkreis? – Zuruf von Peter Ritter, PDS)

Da bekommen Sie weder von der Stadt noch von der Oberfinanzdirektion, noch von der GEP irgendwelche Unterlagen, um eventuell erste Investorengespräche führen zu können.

Meine Damen und Herren, auch dort haben wir keine Unterstützung, weder vom Bund noch vom Land. Und es reicht auch nicht, dass man sich zu diesen Standorten bekennt, denn Nachnutzungskonzepte sind für uns ganz klar nicht die Ausweisung ehemaliger Großstandorte der Bundeswehr wie beispielsweise Pütnitz als Biotop. Das ist sicherlich der falsche Weg.

(Zuruf von Peter Ritter, PDS)

Und wenn ich den militärpolitischen Sprecher der PDS noch einmal zitieren darf:

(Torsten Koplin, PDS, und Peter Ritter, PDS: Friedenspolitisch!)