Protocol of the Session on May 14, 2004

sierung des Föderalismus, aber im Gegensatz zur Opposition ist unsere erste Frage: Was tut Mecklenburg-Vorpommern gut? Und deshalb gilt für uns, die Zukunft in die eigenen Hände zu nehmen, Mecklenburg-Vorpommern zu stärken.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Danke schön, Frau Ministerin.

Das Wort hat jetzt der Fraktionsvorsitzende Herr Schlotmann von der Fraktion der SPD.

(Minister Dr. Till Backhaus: Volker, sag mal, dass es noch keinen Beschluss gibt!)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Einige Vorbemerkungen: Ich hatte tatsächlich mal wieder die falsche Hoffnung, Herr Rehberg, dass es völlig ohne Polemik abgeht, sondern Ihre Rede und Ihre Einbringung wirklich nur der Sache dienen.

(Zurufe von Dr. Ulrich Born, CDU, und Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU)

Ich rede doch mit Herrn Rehberg, Sie müssen nicht immer dazwischentottern.

(Zuruf von Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU)

Meine Damen und Herren, Herr Rehberg hat an einer Stelle Recht. Herr Rehberg hat an einer Stelle Recht, nicht Sie, Frau Fiedler.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Sie hat auch Recht.)

Herr Rehberg hat gesagt, das ist ein trockenes Thema. Und das ist wahrhaftig so,

(Minister Dr. Till Backhaus: Ist aber zu spät gekommen.)

aber mit einem spannenden Hintergrund, mit einer Dimension.

(Zuruf von Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU)

Das zeigt mir die Präsenz aller Fraktionen, aller drei Fraktionen zu diesem Thema. Diese Dimension, die dahinter steckt, ist so eigentlich gar nicht klar, bei den meisten jedenfalls. Dieses Eindrucks kann ich mich einfach nicht erwehren und ich denke, daran müssen wir alle arbeiten, denn es geht hier, auch da haben Sie Recht gehabt, um die Frage der Macht.

(Michael Ankermann, CDU: Ja.)

Welche Macht haben eigentlich noch Landtage in der Gesetzgebung, in der Politik dieser Bundesrepublik? Und das sollte, denke ich, jeden einzelnen Abgeordneten an irgendeiner Stelle wenigstens beschäftigen. Es geht auch um die Grundbedingungen, unter denen wir gemeinsam, denke und hoffe ich, versuchen und uns einsetzen wollen, um dieses Land als eigenständiges Land zu erhalten. Also auch da ist, denke ich, genügend Motivation vorhanden, um sich einzubringen.

Sie werden auch feststellen, Herr Rehberg, wir haben eine Föderalismuskommission auf Bundesebene, die aus einem Konvent resultiert, der in Lübeck – ich glaube, das ist jetzt etwas über ein Jahr her – von den Parlamenten organisiert worden ist. Dieser Konvent führte dazu, dass es Absprachen gab, was die Beteiligung der Parlamente

anbelangt und ihre Einbringungsmöglichkeiten in diese Föderalismusdebatte auf Bundesebene, das heißt, es sind also nicht nur die Ministerpräsidenten der Länder involviert, wie Sie es hier dargestellt haben, sondern, das gehört zu der Ehrlichkeit dazu, es gehören dazu die Landtagsfraktionen aus allen Bundesländern, ob SPD oder CDU. Alle diese bringen sich in einer Nebenarbeitsgruppe ein. Ich erwähne das, damit Sie nachher nicht wieder sagen, ich hätte das nicht hundertprozentig genau gesagt.

(Eckhardt Rehberg, CDU: Ja, das ist aber schon entscheidend.)

Das ist sicherlich mit entscheidend. Das Gleiche gilt auch für die Landtagspräsidenten fast aller Bundesländer. Ich schätze zum Beispiel auch die Arbeit Ihres Parteifreundes Spotke aus Sachsen-Anhalt, der sich da einbringt, mit dem wir auch in vielen Punkten deckungsgleiche Auffassungen haben.

Und das wäre die letzte Vorbemerkung von mir: Wer aufmerksam zuhört bei allen Reden zu diesem Thema, wird feststellen, dass eine sehr große Schnittmenge von dem, was CDU, PDS, SPD und Regierung hier vortragen, gleich ist, dass eigentlich zu diesem Thema die Schnittmengen da am größten sind, wo wir gemeinsame Auffassungen vertreten. Die Frage ist, wie man es dann rüberbringt auf der einen Seite, und die andere Frage ist natürlich, welche Schlüsse man daraus zieht. Und deswegen habe ich mir überlegt, ob ich einen Teil meiner Passagen herausstreiche, die hier schon angesprochen worden sind. Ich denke, das darf man nicht tun, auch wenn es Zeit bringen würde. Das darf man einfach nicht tun,

(Wolfgang Riemann, CDU: Doch, doch! Dürfen wir wollen.)

weil, so denke ich, es schon wichtig ist und auch Signalwirkung hat, dass es da, wo man gemeinsame Auffassungen hat, auch zum Ausdruck gebracht wird, lieber Kollege Riemann.

Meine Damen und Herren, die Strukturen des deutschen Föderalismus sind geprägt durch eine funktionale Aufgabenteilung. Dabei werden die öffentlichen Aufgaben überwiegend durch die Gesetzgebung des Bundes festgelegt, während die Länder sie in der Regel ausführen und größtenteils auch finanzieren. Auch haben die Länder kaum Einfluss auf die Höhe ihrer Einnahmen, da die Steuergesetzgebung aus guten Gründen nahezu ausschließlich in der Zuständigkeit des Bundes liegt. Überdies bestehen auf zahlreichen Gebieten einheitliche, zwischen Bund und Ländern abgestimmte Standards für öffentliche Leistungen, die ebenfalls Ausdruck des politischen Strebens nach einer Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik sind.

Meine Damen und Herren, das föderative System in Deutschland hat sich nach unserer Auffassung grundsätzlich bewährt. Ich glaube und hoffe, ein zentralistisches System zieht hier hoffentlich niemand in Erwägung. Im Verlauf der letzten Jahrzehnte ist es aber zu einer Aushöhlung der Kompetenzen und der Gestaltungsmöglichkeiten der Länder, insbesondere der Landesparlamente, gekommen. Anlass zur Sorge bietet hier der Kompetenzzuwachs des Bundes in fast allen Politikbereichen. Die bundesrechtlichen Regelungen im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung werden immer zahlreicher und im Bereich der Rahmengesetzgebung immer detaillierter. Die eigentlich im Grundgesetz vorgesehene Balance zwi

schen Gesetzgebungsbefugnissen hat sich im Ergebnis zu Lasten der Länder verschoben.

Mit der in der Vergangenheit stattgefundenen Veränderung der Verantwortlichkeit und den Entscheidungskompetenzen zwischen den Ländern und dem Bund, aber auch zwischen dem Bund und der EU, ist eine Kompetenzvermischung einhergegangen. Diese Vermischung – und hier gebe ich wieder ausdrücklich Herrn Rehberg Recht, aber auch Frau Keler hat dies angedeutet – lässt die Entscheidungsprozesse, und das nicht nur für den Normalbürger, zunehmend undurchsichtig werden. Aus dieser Situation heraus sind Tauschgeschäfte und Verhandlungen zwischen den Akteuren die Regel geworden. Dies empfinden die Bürgerinnen und Bürger als undurchsichtig. Die Leute fragen sich, wer eigentlich für Entscheidungen überhaupt verantwortlich ist und wer verantwortlich ist, wenn es in bestimmten Bereichen einfach nicht mehr vorangeht. Dem Bürger ist einfach nicht mehr klar, welche Teile eines Gesetzes, das verabschiedet wurde, wem noch zuzuschreiben ist.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Richtig.)

Man durchschaut nicht, warum bestimmte Reformen sozusagen halbiert aus dem Vermittlungsausschuss herauskommen und warum die Bundestagsmehrheit, die einen demokratischen Gestaltungsauftrag erhalten hat, an bestimmten Punkten durch den Bundesrat gehindert ist, ihr Vorhaben umzusetzen. Das gilt nicht nur punktuell für die akute Situation, sondern auch für die Vergangenheit.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Der hat auch einen demokratischen Rahmen.)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich an dieser Stelle ganz deutlich sagen: Die Verbesserung der Problemlösungsfähigkeit darf aber nicht einem entfesselten Standortwettbewerb geopfert werden. Ein Wildwestföderalismus würde auch zur Ausweitung staatlichen Handelns führen. Er würde aber andererseits auch zu einem Verzicht auf Einnahmen führen, was einer nachhaltigen Infrastrukturpolitik schadet, und eine Abwärtsspirale in Gang setzen. Das, meine Damen und Herren, kann und darf nicht die Lösung sein.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Angelika Gramkow, PDS)

Meine Damen und Herren, Bundestag und Bundesrat haben im Oktober 2003 beschlossen, eine Kommission zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung einzusetzen. Diese Kommission erarbeitet Vorschläge zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung in der Bundesrepublik mit dem Ziel, die Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit von Bund und Ländern zu verbessern, die politischen Verantwortlichkeiten deutlicher zuzuordnen sowie die Zweckmäßigkeit und Effizienz der Aufgabenerfüllung zu steigern.

Trotzdem halten wir Ihren Antrag, meine Damen und Herren und Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion, für nicht geeignet, einen entsprechenden Willen des Landtages Mecklenburg-Vorpommern zum Ausdruck zu bringen. Mit dem vorliegenden Antrag soll die Landesregierung unter anderem aufgefordert werden, sowohl in der gemeinsamen Kommission von Bundesrat und Bundestag als auch in der Ministerpräsidentenkonferenz folgende Schwerpunkte durch- und umzusetzen:

grundsätzliche Rückführung der Gesetzgebungskompetenzen in die Zuständigkeit der Länder zur Stärkung des Wettbewerbsföderalismus

Neuordnung von Gemeinschaftsaufgaben und Finanzverfassung, um den Ländern verstärkt Gestaltungsspielräume zu eröffnen

Bei der Neuordnung der Gesetzgebungskompetenzen und Mitwirkungsrechte geht es in der gemeinsamen Kommission um die Zielstellung einer Revitalisierung der Landtage. Mit dieser Begrifflichkeit, gebe ich offen zu, habe ich persönlich ein Problem. Das hätte man sich vielleicht auch ein bisschen anders ausdenken können.

(Heinz Müller, SPD: Tot sind wir ja nicht.)

So ähnlich.

Es geht auch darum, die Politikentflechtung und klare politische Verantwortlichkeiten und Transparenz, resultierend aus möglichst eindeutiger Zuordnung der Kompetenzen, herbeizuführen. Es geht um eine angemessene Kompensation für die Länder im Zuge der Abgabe von Mitwirkungsrechten im Bundesrat. Es geht um die Sicherstellung der Handlungsfähigkeit Deutschlands in Europa und der Europatauglichkeit des Grundgesetzes. Dabei wird von der Prämisse ausgegangen, dass das im Grundgesetz angelegte Kompetenzsystem grundsätzlich beibehalten werden soll.

Meine Damen und Herren, Mecklenburg-Vorpommern kann es bei einer Neuordnung von Kompetenzen nicht darum gehen, angesichts der ungleichartigen Startbedingungen unter den Ländern mehr Wettbewerbsföderalismus in dem Sinne zu unterstützten, dass strukturelle und finanzielle Ungleichgewichte festgeschrieben werden oder weiter anwachsen. Im Übrigen ist auch in jedem Fall eine Abwägung zwischen einer Stärkung der Ländergesetzgebungskompetenzen einerseits und der Finanzierbarkeit zusätzlicher Aufgaben andererseits zu treffen. Ebenso gilt es zu überlegen, dass mit der Regionalisierung von Gesetzgebungskompetenzen immer auch für den entsprechen Politikbereich gesamtstaatliche Verantwortung bis hin zur entsprechenden finanziellen Förderung zurückgedrängt oder aufgegeben wird.

In keinem Fall, meine Damen und Herren, kann die bedingungslose und pauschale Streichung von Gemeinschaftsaufgaben beziehungsweise Mischfinanzierungen von uns mitgetragen werden. Die Entflechtung von Gemeinschaftsaufgaben setzt voraus, dass der Bund die derzeit eingesetzten Mittel den Ländern vollständig und auf Dauer als freie Mittel zur Verfügung stellt. Bei der Sicherung der Bundesmittel für die Ländergesamtheit ist darüber hinaus auf eine Dynamisierung des Ausgleichs zu achten. Die überproportionalen Zahlungen an die ostdeutschen Länder zur Überwindung des teilungsbedingten Infrastrukturrückstandes und zur Wirtschaftsförderung sind gemäß des verabredeten und vereinbarten Solidarpakts II weiterzuführen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren, insbesondere von der CDU, der von Ihnen propagierte Wettbewerbsföderalismus, mit dem Sie Ihren Antrag betitelt haben, bietet keinen Ansatz für eine Reform des föderalen Systems. So erscheint die Erwartung, dass Konkurrenz unter den Ländern verfestigte Strukturen aufbrechen und deren Leistungsfähigkeit dann steigern könne, nur vordergründig plausibel. In Ihrer

Antragsbegründung formulieren Sie unter anderem: „Das verkrustete System des kooperativen Föderalismus hemmt Innovationen im öffentlichen und privaten Bereich. Nur wenn es gelingt, die verschiedenen Formen von Mischverantwortungen, Gemeinschaftsaufgaben und finanziellen Verflechtungen aufzulösen, erhalten alle Ebenen wieder eigenständige Gestaltungsmöglichkeiten. Die Länder verfügen derzeit nicht über das Kompetenzspektrum, um die entscheidenden Politikfelder zu gestalten und sich auf diesen Gebieten einen effizienten Wettstreit zu liefern. Nur ein echter und fairer Standortwettbewerb vermag den Herausforderungen der Gegenwart und der Zukunft zu genügen.“ So weit, so gut.

Das scheint auch auf den ersten Blick nachvollziehbar. Sie verkennen dabei aber völlig, was dies im Endeffekt für Konsequenzen für Mecklenburg-Vorpommern mit sich bringt. Gerade die Konsequenzen und Folgen für Mecklenburg-Vorpommern blenden Sie dabei einfach aus. Ich sage Ihnen, als problematisch sehe ich die grundsätzliche Orientierung weg vom kooperativen Föderalismus hin zu einem Wettbewerbsföderalismus oder gar einem konkurrierenden Föderalismus. Vor einer solchen Entwicklung kann ich hier nur eindringlich warnen. Man muss sich selbst klar vor Augen führen, was dies in seiner Konsequenz bedeutet. Kein verantwortungsvoller Politiker in diesem Hause kann doch ernsthaft der Auffassung sein, dass Länder wie Wirtschaftsunternehmen miteinander in den Wettbewerb treten. Länder sind nun einmal keine Unternehmen, sondern sie besitzen, wie Sie in Ihrem Antrag zutreffend ausführen, Staatsqualität. Länder sind als Staaten nicht zuletzt dadurch charakterisiert, dass sie öffentliche Güter bereitstellen, was Unternehmen verständlicherweise eben nicht tun. Staaten können mit Unternehmen demnach nur sehr bedingt verglichen werden, um es einmal ganz vorsichtig zu formulieren.

Meine Damen und Herren, wenn Sie von der CDU behaupten, nur durch einen Wettbewerbsföderalismus, einen Standortwettbewerb würde den Herausforderungen der Gegenwart und der Zukunft begegnet werden können, dann entziehen Sie vielen deutschen Ländern und auch Mecklenburg-Vorpommern die Mittel und Möglichkeiten, den Aufholprozess weiter voranzubringen. Ich sage Ihnen, das hat auch Herr Stoiber zumindest eingeschränkt erkannt. Es gibt da keinen Beschluss, die Frau Finanzministerin hat ja schon darauf hingewiesen. Herr Stoiber hat deutlich erklärt, auf eine Neuordnung der Steuerhoheit zu verzichten. Der Bund wird auch damit zukünftig allein für die Erhebung von Steuern zuständig sein. Dies hat er damit begründet, dass ein fairer Wettbewerb über Steuereinnahmen zum Beispiel zwischen den Bundesländern nicht möglich sei.

Ich biete Ihnen Folgendes an, Herr Rehberg und Frau Gramkow: Ich biete Ihnen an, und ich beziehe ausdrücklich die Landtagspräsidentin mit ein, wir sollten vielleicht eine Runde drehen der drei Fraktionsvorsitzenden mit der Präsidentin, in der wir uns einmal über ein Verfahren, wie gehen wir als Landtag – über Partei- und sonstige Grenzen hinweg – mit dem Thema Föderalismus um, verständigen. Das biete ich an. Ein solches Gespräch sollte stattfinden. Wir sollten uns über interne Strukturen einmal verständigen. Ich weiß aus gut unterrichteter Quelle, aus CDU-Fraktionen anderer Parlamente, dass diese Bestrebungen auch in anderen Bundesländern im Gange sind, und ich denke, es stünde uns gut zu Gesicht, wenn wir da mal ein bisschen die Ideologie zur Seite schieben und sagen, okay, es geht jetzt hier um die Frage des Landta