Protocol of the Session on May 12, 2004

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU und PDS)

Wir stimmen, so, wie ich es gesagt habe, zunächst ab über die Artikel 1 bis 3 sowie die Überschrift in der Fassung des Gesetzentwurfes.

Gut, noch einmal die Abstimmung über die Artikel 1 bis 3

sowie über die Überschrift in der Fassung des Gesetzentwurfes. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. –

(Dr. Ulrich Born, CDU: Wir müssen doch erst über die Beschlussempfehlung abstimmen! – Rainer Prachtl, CDU: Wir stimmen gar nicht mehr ab jetzt. – Reinhard Dankert, SPD: Das gibt es doch gar nicht!)

Wer stimmt dagegen? – Stimmenthaltungen? – Damit sind die Artikel 1 bis 3 sowie die Überschrift in der Fas

sung des Gesetzentwurfes der Fraktion der CDU auf Drucksache 4/800 bei Zustimmung der CDU-Fraktion und Gegenstimmen von SPD und PDS abgelehnt.

Wir kommen zur Schlussabstimmung.

Wer dem Gesetzentwurf, nein, wer der Beschlussempfehlung des Sozialausschusses in der Fassung auf Drucksache 4/1165 zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Beschlussempfehlung auf Drucksache 4/1165 mit den Stimmen von SPD und PDS zugestimmt worden, gegen die Stimmen der Fraktion der CDU.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 6: Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Landesdatenschutzgesetzes, auf Drucksache 4/1168.

Gesetzentwurf der Landesregierung: Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Landesdatenschutzgesetzes (Erste Lesung) – Drucksache 4/1168 –

Das Wort zur Einbringung hat der Innenminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern Herr Dr. Timm.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem vorgelegten Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Landesdatenschutzgesetzes soll die Aufsicht für den nichtöffentlichen Bereich vom Innenministerium auf den Landesdatenschutzbeauftragten übertragen werden.

(Beifall Angelika Gramkow, PDS)

Auch dieses Vorhaben zeigt, meine verehrten Damen und Herren, die Landesregierung will eine Modernisierung der Verwaltung, die mehr Effizienz und eine erhöhte Leistungskraft bewirkt, und zwar spürbar für die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes.

(Beifall Reinhard Dankert, SPD)

Vielen Dank.

Denn mit diesem Gesetzentwurf hat es sich die Landesregierung zum Ziel gesetzt, künftig den Datenschutz für den privaten wie auch den wirtschaftlichen Sektor mit der behördlichen Datenschutzkontrolle in einer Hand zusammenzufassen. Durch diese Aufgabenverlagerung will die Landesregierung die Bürgerfreundlichkeit im Datenschutz erhöhen und die Ressourcen in der Verwaltung stärker konzentrieren.

Die Ihnen vorliegende Neuregelung ist auch mit Blick auf Paragraph 44 Absatz 2 des Landesdatenschutzgesetzes geboten. Diese Bestimmung sieht vor, dass die geltende Regelung über die Kontrollbefugnisse des Landesbeauftragten für den Datenschutz am Ende des Jahres 2004 außer Kraft tritt. Außerdem hatte der Landtag im März 2002 in einer Entschließung die Erwartung geäußert, er gehe davon aus, ich zitiere: „dass die Landesregierung prüft, die Datenschutzkontrolle im öffentlichen und im privaten Bereich institutionell einheitlich zu regeln.“ Diese Umstrukturierung der Datenschutzkontrolle bringt nun drei ganz entscheidende Vorteile. Ich nenne diese drei Vorteile:

Erstens. Der Bürger, der bisher zwei mögliche Ansprechpartner für die Durchsetzung seiner Interessen

hatte, nämlich den Landesbeauftragten für den Datenschutz für den öffentlichen Bereich und das Innenministerium als Aufsichtsbehörde für den nichtöffentlichen Bereich, kann sich nun in allen Fragen des Datenschutzes an den Beauftragten selbst wenden. Er muss sich daher auch nicht mehr mit der Frage auseinander setzen, ob es sich bei seinen Anliegen, zum Beispiel die Stadtwerke, den Nahverkehr oder die Videoüberwachung auf Bahnhöfen, um eine Angelegenheit des öffentlichen oder aber um eine Angelegenheit des nichtöffentlichen Bereiches handelt. Alle Aufgaben liegen nun in Zukunft in einer Hand.

Zweitens. Die Möglichkeiten des Datenschutzes werden verbessert und damit die Persönlichkeitsrechte des Einzelnen gestärkt. Denn mit der Kompetenzverlagerung geht es nicht nur um eine bloße Formalie, sondern um eine nüchternde Konzentration von Aufgaben, auch und gerade darum, weil die Wahrnehmung des Datenschutzbeauftragten für die Belange des Bürgers jetzt besser und auch effizienter wahrgenommen werden kann.

Damit komme ich zu einem dritten Punkt. Die vorhandenen Ressourcen beim Datenschutzbeauftragten, zum Beispiel die vorhandenen IT-Ressourcen können nun intensiver und damit auch wieder effizienter eingesetzt werden.

Im Ergebnis der Entschließung des Landtages hat die Landesregierung nach eingehender verfassungsrechtlicher Prüfung einige ihrer rechtlichen Bedenken zurückgestellt. Sie ist auch unter Berücksichtigung der Ergebnisse der interministeriellen Arbeitsgruppe zur Verwaltungsreform zu dem Ergebnis gekommen, dass es zulässig und auch zweckmäßig ist, die Aufsicht dem Landesbeauftragten zu übertragen. Damit wird auch einer bestehenden Auslegung der EG-Datenschutzrichtlinie Rechnung getragen, wonach die Kontrollstellen ihre Arbeit unabhängig wahrnehmen sollen. Damit folgt Mecklenburg-Vorpommern dem Beispiel einiger anderer Bundesländer, die auch heute schon die Aufsicht im nichtöffentlichen Bereich vom jeweiligen Datenschutzbeauftragten des Landes wahrnehmen lassen. Ich will darauf hinweisen, dass mit der Datenschutzaufgabenübertragung auch das Personal vom Innenministerium auf den Landesdatenschutzbeauftragten übertragen wird, und zwar eine Personalstelle des höheren Verwaltungsdienstes.

Die Landesregierung geht davon aus, dass – wie schon sie selbst in ihrer eigenen Arbeit – auch der Landesdatenschutzbeauftragte in der Lage ist, mit dem vorhandenen beziehungsweise dem zusätzlichen Personal diese Aufgabe zukünftig ebenso effizient oder auch sogar effizienter bei der Ressourcenbündelung, ich habe darauf hingewiesen, im IT-Bereich zu erfüllen. Auch das ist ein Beitrag zu einer schlanken und modernen Verwaltungsstruktur in Mecklenburg-Vorpommern. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Vielen Dank, Herr Minister.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat zunächst der Abgeordnete Herr Ringguth von der CDU-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen

(Angelika Peters, SPD: Darum bitten wir!)

und Kollegen!

Ja, immer wieder die gleiche Stelle, ich weiß es wohl.

Ich möchte Ihnen zunächst einmal ein Kompliment machen. Das Thema Zuständigkeitsübertragung im Bereich Datenschutz ist nicht unbedingt der ganz große Straßenfeger. Und jetzt, wo Sie nun alle, spätestens seitdem die neuen gelben Zettel verteilt wurden, ja auch gelesen haben, dass wir heute Abend um 00.10 Uhr, 00.10Uhr ist morgen früh, eine Abstimmung vorhaben, …

(Dr. Ulrich Born, CDU: Was?!)

Ja, gucken Sie einmal nach!

… eine Abstimmung vorhaben, zum gemeinsamen Gesetzentwurf

(Dr. Ulrich Born, CDU: Das müssen Sie nicht so eng sehen!)

der SPD, der CDU und der PDS zur Sechsten Änderung der Kommunalverfassung. Also dann, meine Damen und Herren, à la bonne heure! Es sind ja noch eine Menge Damen und Herren Abgeordnete, übrigens aus allen drei Fraktionen, da. Aber, meine Damen und Herren, das muss einfach einmal gesagt werden:

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Zuruf von Peter Ritter, PDS)

Zu diesem Thema hätten wir jetzt eigentlich überhaupt nicht sprechen müssen. Die Zeit hätten wir theoretisch sparen können.

(Beifall Jörg Vierkant, CDU – Angelika Gramkow, PDS: Setzen!)

Meine Damen und Herren, wenn wir heute hier in diesem Hohen Hause zum Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Landesdatenschutzgesetzes miteinander sprechen, dann hat das mit Sicherheit nichts mit den sieben klarstellenden und redaktionellen Korrekturen zu tun, sondern vielmehr damit, dass sich die Koalitionäre in der letzten umfassenden Novellierung des Landesdatenschutzgesetzes im Jahre 2002

(Gabriele Schulz, PDS: Richtig.)

in einem wesentlichen Punkt zu einer Entscheidung irgendwie nicht so richtig durchringen konnten oder wollten, nämlich die Zuständigkeit für die Kontrolle des Datenschutzes sowohl für den öffentlichen als auch für den nichtöffentlichen Bereich zusammenzufassen oder es bei einer klaren Trennung der Zuständigkeiten zu belassen. So hat die verehrte Kollegin Schulz in der Debatte in der 77. Sitzung am 13. März 2002 zwar eingeräumt, dass sechs Jahre vonnöten gewesen seien, um eine vergleichsweise harmlose und übersichtliche EU-Richtlinie von 1995 auf Bundesebene und dann innerstaatlich umzusetzen. Aber das, meine Damen und Herren, was bei der Umsetzung landesrechtlich brisant und heikel war, im Übrigen damals genau wie heute auch noch ist, ist die Frage, ob eine Vereinheitlichung der Zuständigkeit vorgenommen werden kann und wie diese denn aussehen könne, ohne zum Beispiel mit dem Grundgesetz oder der Landesverfassung zu kollidieren. Diese Frage wurde damals salomonisch und als Ausdruck großer Entschluss

freudigkeit der Koalitionäre mit Entschließung des Landtages vom 13.03.2002 auf heute, also quasi auf 2004 vertagt.

Frau Schulz! „Die Kuh ist … noch nicht vom Eis“, haben Sie damals befunden und gesagt: „Die getroffene gesetzgeberische Lösung, den Status quo befristet beizubehalten,“ sei „eben lediglich ein gewisser Notnagel.“ Nun gut. Aber, ob es uns nun mit zwei Jahren Denkpause mit der Konzentration – und jetzt kommt’s, meine Damen und Herren – dieser Novelle, auf sage und schreibe eine, ja, meine Damen und Herren, wirklich nur eine neue materielle Regelung durch den uns vorliegenden Gesetzentwurf gelingt, diese Kuh nun endgültig vom Eis zu bekommen, na ja, das scheint nach wie vor zumindest fraglich.

(Zuruf von Torsten Koplin, PDS)

Aus der Begründung des Gesetzentwurfes, meine Damen und Herren, jedenfalls geht wohl überhaupt nicht zwingend hervor, welche Vorteile nunmehr in dieser Neuregelung zu sehen sein sollen. Gegen die schon im Jahr 2002 beabsichtigte Übertragung der Aufsicht über den behördlichen Datenschutz auf den Landesdatenschutzbeauftragten –, das ist ja Ziel dieser Novelle – hatte dieser schon damals vorgetragen, daran hat sich eigentlich nichts geändert, dass eine derartige Regelung nicht mit der Richtl i n i e 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr übereinstimmen würde.

Die Überwachung des Datenschutzes im nichtöffentlichen Bereich ist eine klassische Aufgabe der Exekutive. Dass das Verwaltungshandeln hinsichtlich der Rechtmäßigkeit des Vorgehens der Rechtsaufsicht unterliege, das ist ebenfalls nicht neu. Eine derartige Aufsicht seiner Tätigkeit – so hat er damals gesagt – würde sich nicht mit dem Amt des Landesdatenschutzbeauftragten vereinbaren, denn dieser sei in der Wahrnehmung seiner Aufgaben zur Kontrolle des Datenschutzes im öffentlichen Bereich vollkommen unabhängig und keinerlei übergeordneter Kontrolle unterlegen.

Nun, meine Damen und Herren, diese Rechtsauffassung ist ebenso strittig wie auch die Frage, ob die Aufgabenübertragung auf den Landesbeauftragten aus verfassungsrechtlichen Gründen, zum Beispiel Artikel 37 der Landesverfassung, zu verwirklichen wäre. Es ist also schon eine spannende Aufgabe der Ausschussberatungen, hierüber Klarheit zu erzielen. Ich freue mich deshalb auch schon auf die Diskussionen im Innenausschuss, im Übrigen, weil es im Gesetzentwurf, trotz des Berichtes der Deregulierungskommission – und das ist eigentlich eine hochinteressante Sache, wir arbeiten da wirklich auch gemeinsam –, zum Beispiel ganz offensichtlich versäumt wurde, über die Institution des behördlichen Datenschutzbeauftragten, das ist Paragraph 20, jedenfalls in Bezug auf die kommunale Ebene, noch mal neu oder vielleicht auch kritisch nachzudenken. Das wurde einfach versäumt. Vielleicht können wir das ja im Innenausschuss noch zusätzlich machen. Hierzu fehlt jedenfalls jede Aussage.