Die vom Bayerischen Rundfunk vor vier Wochen aufgedeckten Sicherheitslücken auf dem Münchener Flughafen sind auch nur Panikmache. Bei sieben Millionen kontrollpflichtigen Passagieren sind täglich bis zu fünf Stunden keine Kontrollen, und das auf einem Flughafen, wo ein riesiges Passagieraufkommen aus dem Nahen Osten ist.
Dort fehlt Personal, dort fehlt BGS. Und der wird ja angefordert, aber den können Sie gar nicht mehr anfordern, wenn er schon überlastet ist. Der Bundesgrenzschutz kann also unter normalen Umständen nicht all seine Aufgaben erfüllen, geschweige denn nach Artikel 35 und 87 a Grundgesetz.
Man kann sich teilweise auch hier des Eindruckes nicht erwehren, dass Sie zu vieles runterreden, um natürlich nicht tätig zu werden. Das ist ein Argument! Aber entscheidend ist doch, die Sicherheit der Bevölkerung in Spannungslagen zu gewährleisten, und das können wir mit dem heutigen Grundgesetz eben nicht. Das ist eine Politik, die uns nichts nützt, die vielleicht sogar den Islamisten mehr Auftrieb gibt, als uns lieb sein kann. Und weil Spanien nach dem Anschlag und nach dem Wahlsieg der Sozialisten seine Truppen aus dem Irak zurückzieht, drohen jetzt die islamistischen Terroristen in Frankreich mit Vergeltung, allein wegen des Gesetzes zum Verbot von Kopftüchern. Das ist politische Erpressung. Das betrifft übrigens auch uns. In sieben Ländern werden solche Gesetze vorbereitet und Renate Schmidt hat sich auch für ein Kopftuchverbot ausgesprochen.
Der Verteidigungsminister zeigte in der Aussprache vom 11. März, also am Tage des Anschlages, im Bundestag seine Einstellung. Kurz vor der eintreffenden Meldung sagte er: Er könne sich nicht vorstellen, wodurch die Sicherheit in Deutschland bedroht sein könnte. Und da ging es zum Beispiel um die so genannte Heimatschutztruppe. Das sind starke Worte, aber der Kontrast zwischen starken Worten und der Realität ist leider viel zu groß. Auf eines muss ich noch einmal verweisen, in Frankreich ist das völlig normal. Ihre Argumentation, dass das so genannte militante Gesellschaften sind, die können die bestimmt nicht nachvollziehen. Oder meinen Sie, dass Frankreich keine parlamentarische Demokratie ist?
Und ich muss noch auf eins verweisen: Am 25. März 2004 haben die Staats- und Regierungschefs sich in einer gemeinsamen Erklärung ausdrücklich für den Einsatz der Streitkräfte gegen terroristische Angriffe ausgesprochen. Das waren die Regierungschefs der EU-Staaten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es war sicherlich ein anstrengender Tag, aber es entsteht zunehmend Unruhe. Ich bitte doch, dass der Redner hier vernünftig seinen Vortrag halten kann.
Auch in Deutschland gehört das Undenkbare leider zur realen Gefahr. Deswegen geht diese Diskussion, die aus unserer Sicht zum Teil ideologisch gefärbt wird, an der Realität vorbei. Wir brauchen ein Gesamtverteidigungskonzept ohne Trennung zwischen innerer und äußerer Sicherheit, einschließlich eines integrierten Systems des Bürgerschutzes, als Antwort auf diese allumfassende terroristische Bedrohung. In dieses Konzept sind BGS, Polizei, Zoll, Nachrichtendienste, Katastrophenschutz, Bundeswehr und Reservisten einzubeziehen. Dafür aber sind die rechtlichen Grundlagen eben nicht ausreichend, weil Artikel 35 Absatz 2 Grundgesetz nur eine unbewaffnete Unterstützung der Bundeswehr erfasst, eine unbewaffnete.
Die Möglichkeit des bewaffneten Einsatzes nach Artikel 87 a Absatz 4 gilt nur für den Fall eines schweren inneren Notstandes mit sehr beschränkten Handlungsspielräumen. Geregelt sind nur die Bekämpfung organisierter und militärisch bewaffneter Aufständischer sowie der Schutz von zivilen Objekten. Allerdings nur unter diesem Aspekt, Herr Innenminister. Es ist überhaupt nicht einzusehen, warum die Bundeswehr all ihre Ressourcen im Ausland einsetzt, aber selbst bei Notsituationen zum Schutz der eigenen Bevölkerung im Inneren nicht eingesetzt werden soll, weil die Rechtslage das nicht zulässt. Die Nutzung der Fähigkeiten der Streitkräfte zur Gefahrenabwehr im Inneren ist aus unserer Sicht unverzichtbar.
Die Bundeswehr wird dabei auch nicht zur Hilfspolizei auf Abruf. Sie darf und sie wird nach unseren Änderungen im Grundgesetz nur im Ernstfall und bei konkreten Hinweisen auf Anschläge eingesetzt werden. Dann soll sie aber zivile Objekte schützen und bei der Abwehr von Katastrophen und Unglücksfällen eingesetzt werden und nicht nur zur Beseitigung von deren Folgen. Denn nur darauf bezieht sich Artikel 35, das ist ja unser Problem. Die Bundeswehr soll auch zur wirksamen Bekämpfung von Gefahren aus der Luft und von See her eingesetzt werden. Wer sich unberechtigt oder mit feindlicher Absicht in unserem Luftraum bewegt, muss mit militärischen Mitteln bekämpft werden können. Auch das haben Sie doch erst nach Frankfurt eingesehen.
Auch von See her drohen uns Gefahren, die nur durch den Einsatz von Seestreitkräften und nicht etwa vom BGS und Zoll abgewendet werden können. Das ist doch reinweg lächerlich! Sie sind doch Innenminister in diesem Lande! Das gilt zum Beispiel auch für einen Tanker, der als Waffe benutzt wird. Wozu haben wir denn die Schnellboote in Warnemünde, wenn wir sie nicht bei dieser drohenden Gefahr nutzen. Und das gilt natürlich auch für Kontrollen auf See bei Verstößen gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz und das gilt vor allem auch bei gewaltigen Umweltdelikten, die zu einer tödlichen Gefahr für unsere Küste in diesem Binnenmeer werden können. Derzeitig ist das eben grundgesetzlich nicht klar geregelt. Und deswegen fordern wir diese Konkretisierung. Aber
ich denke, es ist gut, dass die Positionen klar gemacht werden. Und ich verweise noch einmal darauf, dass 68 Prozent der Bürger unsere Position teilen.
Die Sicherheit der Bürger darf nicht wegen dieser unklaren Zuständigkeiten aufs Spiel gesetzt werden. Auch wenn Sie nicht folgen, denken Sie trotzdem darüber nach! Und ich hoffe nicht, dass wir den Tag erleben. Ich fürchte, dass noch viel radikalere Forderungen kommen. Ich denke, wir sollten nüchtern und sachlich eher eine Grundgesetzänderung in Erwägung ziehen, als uns dann von dem Geschehen treiben zu lassen. Das Beispiel, dass Schily schon über eine Schutzhaft nachdenkt, das ist ja selbst für uns viel zu stark. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. Und vielleicht stimmen Sie trotzdem zu.
Herr Thomas, ich habe gestaunt, wie Sie ohne kaum Luft zu holen ein Horrorszenarium hier darstellen, dem ich kaum folgen konnte, was alles so passieren kann. Ich habe eine ganz einfache Frage: Haben Sie Angst?
Das ist wirklich eine sehr nette und einfache Frage. Nur, das ist kein Horrorszenario. Das, was in der Welt bisher passiert ist, das ist das Horrorszenario. Das müssen wir nüchtern zur Kenntnis nehmen, und zwar seit dem 11. September 2001. Wenn das keine Horrorszenarien waren, Bali, Istanbul und Madrid.
Wir wollen uns aber auf solche Horrorszenarien vorbereiten. Das hat mit Angst nichts zu tun, denn wir sind in der Pflicht, das zu tun, was notwendig ist, um die Bevölkerung höchstmöglich zu schützen. Einen hundertprozentigen Schutz wird es nicht geben.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS – Heinz Müller, SPD: Zugabe!)
Wer jetzt noch eine Frage an den Abgeordneten Thomas stellen möchte, der trete bitte ans Mikrofon und zeige das an.
Sie ist so ähnlich! Herr Thomas, sagen Sie bitte, fühlen Sie sich durch den Terrorismus persönlich bedroht? Ja oder nein? Das ist eine klare Frage.