Ich erinnere mich noch gut, wie wir in Gesprächen mit Mitgliedern bereits arbeitender Härtefallkommissionen, und das sollten Sie vielleicht auch mal tun – speziell denen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen –, Informationen einholten, Fakten sammelten und zu Schlussfolgerungen für unser Bundesland verdichteten. Wir erkannten schnell, dass ein solches Gremium die Gebrechen der bundesdeutschen Ausländergesetze nicht zu heilen vermag, wohl aber es möglich ist, einzelnen abgelehnten Asylsuchenden, die sich in einer besonderen Härte durch drohende Abschiebung befinden, zu helfen. Und da sagen wir im Gegensatz zu Ihnen, Herr Thomas: Jeder Einzelfall zählt, jeder Einzelfall.
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Reinhardt Thomas, CDU: Oder die sind schon rechtlich beschieden worden.)
Herr Thomas, wer mit den Mitgliedern der ehrenamtlich arbeitenden Kommission spricht – und wir werden Ihnen die Gelegenheit im Innenausschuss dazu verschaffen, dass Sie Auge in Auge mit den ehrenamtlichen Mitgliedern der Härtefallkommission reden können und Ihre Tiraden dort ablassen können –,
wird schnell erkennen, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass deren engagiertem Bemühen das unbedingte Bedürfnis zugrunde liegt, jeder Antragstellerin und jedem Antragsteller zu helfen.
Das ist, wie gesagt, in Einzelfällen möglich und auch nur dann, wenn, was glücklicherweise der Regelfall ist, die zuständige Ausländerbehörde die Empfehlung der Kommission anerkennt. Und Letzteres – die Anerkennung der Empfehlung durch die Ausländerbehörde – unterstreicht die fundierte Arbeit der Kommissionsmitglieder, aber auch, dass Ausländerbehörden, aus welchem Grund auch immer, soziale und humanitäre Aspekte ihrer Entscheidungen nicht in jedem Fall erschöpfend bedenken. Und das korrespondiert mit Erfahrungen, die in den meisten Fällen von Kirchenasyl dahin gehend gemacht werden, als eine Abschiebung vermeidbar ist. Jedes Mitglied der Härtefallkommission beschäftigt sich eingehend mit dem Schicksal der Antrag stellenden Flüchtlinge, im Gegensatz zu Herrn Thomas. Das ist in der Regel hart und wird von vielen Entbehrungen, aber auch von Hoffnungen gekennzeichnet. Wenn dann den Menschen nicht geholfen werden kann aufgrund des Asylrechts oder einem anderen dem entgegenstehenden Tatbestand, dann ist das für die Kommissionsmitglieder psychisch schon sehr belastend. Der Härtefallkommission für die Bewältigung ihrer schweren Aufgabe herzlichen und vielleicht auch motivierenden Dank zu sagen ist meiner Fraktion ein Bedürfnis.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, individuelle Schicksale rechtlich einzuordnen bleibt eine schwierige, aber notwendige Aufgabe des Flüchtlingsschutzes, denn es geht immerhin um Menschen. Die Erkenntnis ist so richtig wie bitter, dass rechtliche Kriterien dabei nicht immer ausreichen, um die humanitäre Dimension der zu treffenden Entscheidung in geeigneter Weise zu würdigen. Die Konsequenz aus dem Bemühen, dem verliehenen Mandat gemäß zu handeln, war und ist ein differenzierter Ansatz für die Mitglieder der Härtefallkommission. Und man kann dabei nicht umhin festzustellen, wegen der restriktiven Interpretation des Flüchtlingsbegriffs im Asylverfahren und anderer menschenrechtlicher Abschiebungshindernisse ist der Kreis der Schutzbedürftigen und formal Schutzberechtigten in Deutschland aus unserer Sicht nicht deckungsgleich. Diese Analyse wiederum bildet die Grundlage für auch von uns aufgenommene oder selbst entwickelte Vorschläge zur Verbesserung des Asylverfahrens beziehungsweise zur innerstaatlichen Anwendung internationaler Standards.
Konkret denke ich dabei an ein Eckpunktepapier zum Flüchtlingsschutz in Deutschland, das der UNHCR zu Beginn der Legislaturperiode 2002 vorgestellt hatte. Neben der uneingeschränkten Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention in einem Einwanderungsgesetz und einer verbesserten Verfahrens- und Rechtsberatung im Asylverfahren hatte er als einen weiteren zentralen Punkt vorgebracht, den Aufenthalt bestimmter Flüchtlingsgruppen zu regeln. Es wäre deshalb aus unserer Sicht sehr begrüßenswert, würde sich die Landesregierung für ein Bleiberecht für in Deutschland lebende ausländische Flüchtlinge mit Duldung einsetzen. Eine solche Bleiberechtsregelung sollte unter anderem folgende Gesichtspunkte berücksichtigen:
Eine für den Daueraufenthalt geeignete Aufenthaltserlaubnis sollen alle Flüchtlinge mit Duldung, Bescheinigung oder Aufenthaltsgestattung erhalten können, die fünf Jahre und länger in Deutschland leben. Familien mit minderjährigen Kindern sowie ältere, chronisch kranke und behinderte Menschen mit einer Duldung, Bescheinigung oder Aufenthaltsgestattung sollen eine für den Daueraufenthalt geeignete Aufenthaltsbefugnis nach drei Jahren erhalten. Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge mit Duldung, Bescheinigung oder Aufenthaltsgestattung sollen eine für den Daueraufenthalt geeignete Aufenthaltsbefugnis nach zwei Jahren erhalten. Opfer rassistischer Gewalttaten sowie psychisch traumatisierte Familien mit minderjährigen Kindern mit Duldung, Bescheinigung oder Aufenthaltsgestattung sollen eine für den Daueraufenthalt geeignete Aufenthaltsbefugnis sofort erhalten.
Es dürfen keine bestimmten Personengruppen beziehungsweise Herkunftsländer ausgeschlossen werden und ein zeitweiliger illegaler Aufenthalt darf dem nicht entgegenstehen.
Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, mit Blick auf die Härtefallkommission noch einige abschließende Überlegungen – Herr Thomas, dann werden Sie wieder in die Luft gehen –: Ausgehend von dem Tatbestand, dass die Kommission eine anerkannte Arbeit leistet –
eine anerkannte Arbeit außer bei Herrn Thomas –, sollte die Landesregierung prüfen, inwiefern ihr Status gegenüber den Ausländerbehörden erhöht werden kann.
Sie können Ihren Unmut, wie gesagt, in der Debatte des Innenausschusses vis-à-vis mit den Kommissionsmitgliedern darlegen.
Des Weiteren sollte ein Antrag an die Härtefallkommission eine aufschiebende Wirkung entfalten, so dass während der Behandlung des Antrages nicht abgeschoben werden darf.
Und drittens sollte es der Härtefallkommission gestattet werden, in ihre Entscheidung die Situation im Herkunftsland der Antragstellerin beziehungsweise des Antragstellers mit einzubeziehen.
Wenn ich eingangs, meine Damen und Herren, darauf hinwies, dass mit der Entscheidung zur Härtefallkommission eine sich verändernde, mehr humanitäre Gesichtspunkte beachtende Migrationspolitik in Mecklenburg-Vorpommern eingeleitet werden konnte und weitere inzwischen gefolgt sind,
so hoffen wir, auf diesem Weg weitere Schritte gehen zu können. Deshalb bedanke ich mich auch bei den Kollegen der SPD-Fraktion, dass sie dieses Thema auf die Tagesordnung gesetzt haben.
Und zum Schluss, meine Damen und Herren von der CDU, wenn Ihnen die Härtefallkommission ein Dorn im Auge ist, sage ich noch einmal: Klagen Sie und Sie werden verlieren. – Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Am 26. November vorigen Jahres fand ein Gespräch im Arbeitskreis Innen zwischen dem Vorsitzenden der Härtefallkommission, Herrn Dr. Ruben Cardenas, und dem Leiter der Geschäftsstelle der Härtefallkommission im Innenministerium, Herr Hartmut Siegmund, statt. Beide Herren begrüße ich hier in dieser Runde. Es war für mich ein sehr konstruktives Gespräch, für das ich dankbar bin.
Herr Ruben Cardenas wurde im vorigen Jahr wieder gewählt als Vorsitzender der Härtefallkommission. Dies war für mich Anlass, das Gespräch mit ihm zu suchen, um zu fragen, in welcher Art und Weise die Kommission arbeitet, welche Probleme es gibt, welche Schwierigkeiten, wo wir helfen können. Dieses Gespräch war sehr fruchtbar. Wir haben thematisiert die Länge von Asylverfahren, die sicherlich nicht ganz unproblematisch ist. Es wurde dabei festgestellt, dass die Entscheidungen des Bundesamtes in der Regel recht schnell fallen, dass dort also nicht der teilweise doch zu beklagende Verzug bei Verfahren auftritt, aber dass diese im zweiten Schritt – Gerichtsentscheidungen – oft sehr langwierig sind und Probleme in sich bergen. Ich werde Ihnen nachher einen Fall kurz schildern, in dem das in einer unzumutbaren Form passiert ist.
Im Übrigen kann ich hier erfreulich auf ein Schreiben des Justizministers an den Vorsitzenden des Innenausschusses verweisen. Der Justizminister hat in dem Bereich Asyl die Richterstellen um sechs aufgestockt.
In der Mitteilung an den Vorsitzenden des Innenausschusses schreibt der Staatssekretär: „Der Justizminister hat nunmehr mit Schreiben vom 02. Februar ‘94 mitgeteilt, dass der Bestand an anhängigen Asylverfahren in einem Zeitraum von nur sechs Monaten … um 493 Verfahren abgebaut werden konnte. Somit zeige sich schon nach einem halben Jahr sehr deutlich, dass die Einstellung von sechs zusätzlichen Richtern im Asylbereich einen ganz erheblichen Beitrag zur Normalisierung der Verhältnisse bei den Verwaltungsgerichten leiste.“
Dieser Auffassung – in diesem Fall des Staatssekretärs Innen – schließe ich mich uneingeschränkt an. Ich denke, das ist eine gute Bewegung, die hier hineingekommen ist, die hier erkennbar war.