Herr Renz, ich habe Ihnen das eben schon gesagt in meiner Rede. Wenn ich aus reinen Gerechtigkeitsgesichtspunkten diese Angelegenheit betrachte, sage ich Ihnen, wir brauchen keine Beitragsbemessungsgrenze.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben in der Debatte – dem einen oder anderen ist das vielleicht gar nicht so bewusst gewesen – einen
historischen Moment hier erlebt, und das sogar zweimal, dass die Frau Ministerin, im Namen der PDS wahrscheinlich, hier Herrn Bismarck gelobt hat. Ich denke mal, das sollte man schon im Protokoll festhalten.
Ich hatte auch die Frage gestellt nach dem Ziel des Antrages. Das Ziel des Antrages ist mir jetzt mehr oder weniger klar geworden. Und zwar klang wieder recht deutlich an, dass gerade auf Bundesebene dieser ausgehandelte Kompromiss, der glücklicherweise zustande gekommen ist, in diesem Fall auch unter Mithilfe der CDU, erst einmal verhindert hat, dass dieses System an die Wand gefahren wird. Darüber sollten wir alle erst mal froh sein, dass das so passiert ist.
Aber es kann nicht sein, dass hier dann die Debatte aufgemacht wird – und so verstehe ich das Ziel des Antrages –, dass dann aber dieser Kompromiss leider in dieser Form nur zustande gekommen ist, weil die CDU sich so verhalten hat und die SPD hätte viel mehr machen wollen. Und diese Position wollen Sie der Bevölkerung jetzt hier im Lande verkaufen,
Da kann ich nur sagen, entweder wollen sich hier einzelne Personen profilieren innerhalb der SPD oder Sie wollen hier einfach Schaufensteranträge als Fraktion machen. Und das, denke ich mal, ist nicht in Ordnung.
Es ist zwar so, das haben Sie ja gesagt, dass es auch unterschiedliche Auffassungen in der SPD gibt zu diesem Thema und dass dieses Thema auch breit diskutiert werden muss. Es gibt sicherlich auch unterschiedliche Auffassungen, das ist nicht zu verkennen, bei der CDU. Aber wir stellen uns auch nicht hin und sagen, die Lösung ist die und wir werden jetzt alle hier zustimmen. Das ist nämlich ein wesentlicher Unterschied.
Und wenn ich dann Zitate nehme, gerade von nicht unwichtigen Personen aus Ihrer Partei, wenn ich zum Beispiel Herrn Scholz hier zitiere, der sich kritisch äußert zu den Vorstellungen der Grünen, Beiträge auch auf Einkünfte aus Mieten und Zinsen zu erheben, und weiter sagt, die sozialen Sicherungssysteme eignen sich nicht für solche Fragen der Steuererhebung, wenn das die Meinung von Herrn Scholz ist, der ja nun eine wesentliche Position einnimmt, dann ist das sicherlich legitim. Eine zweite Sache, wenn ich Herrn Wend höre, Chef des Wirtschaftsausschusses im Bundestag, SPD-Mitglied seines Zeichens, der lehnt die Bürgerversicherung ab: „Ich sehe mehr Vorteile beim Modell der Kopfpauschalen, weil ich glaube, dass so der Wettbewerb im Gesundheitswesen besser zu organisieren ist.“ Ich denke mal, das ist auch ein Mann, der wesentlich innerhalb der Sozialdemokratie sich einbringt und etwas zu sagen hat. Wenn der arbeitsmarktpolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag Herr Brandner meint: „Manche meinen, man müsse nur die
Einnahmegrundlage der Krankenkassen verbreitern und schon wären alle Probleme gelöst. Ich halte das für einen Trugschluss.“,
dann muss ich Ihnen sagen, meine Damen und Herren, das sind Meinungen, die eigentlich nicht das Bild zum jetzigen Zeitpunkt der SPD wiedergeben. Und deswegen ist es für mich eigentlich auch relativ unverständlich und ich kann demzufolge auch nicht davon ausgehen, dass die gesamte SPD-Fraktion dem folgen wird, dass Sie hier so einen Antrag stellen und sagen: Wir, die gesamte SPD ist dafür, für die Bürgerversicherung, und links und rechts von mir gibt es da nichts. Ich denke mal, das kann es nicht sein.
(Reinhard Dankert, SPD: Wissen Sie, wie viel Modelle einer Bürgerversicherung es gibt? – Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)
Wenn ich den Kanzler richtig verstanden habe vor circa ein bis zwei Monaten, dann hat er sich ähnlich geäußert, indem er zum Beispiel gesagt hat, private Krankenkassen haben Existenzberechtigung. Die sollen auch weiter existieren.
Und wenn Herr Rürup, der sicherlich auch ein entscheidender Berater Ihrer Partei sein wird, sagt, es macht keinen Sinn, neues Geld in das System zu pumpen, bevor es keinen Wettbewerb gibt, und er die Bürgerversicherung zum jetzigen Zeitpunkt ablehnt, aber dann gleichzeitig sagt, wir müssen weiter diskutieren und uns als Kommission in der Meinungsbildung befinden,
und dann stehen Sie bitte alle auf und sagen dann auch, dass das nicht Ihr Antrag ist. Nämlich nach Pressemitteilung ist es so, dass der Leitantrag der SPD bei diesem Bundesparteitag sich auf die Bürgerversicherung stützt, aber gleichzeitig Elemente des konkurrierenden Modells der Kopfpauschalen übernehmen will. Da frage ich mich: Was werden Sie dann machen?
(Minister Dr. Till Backhaus: Machen Sie mal Ihren Parteitag und dann werden wir weitersehen! – Zuruf von Beate Mahr, SPD)
Und deswegen kann ich mir jetzt in diesem Moment gar nicht vorstellen, was überhaupt SPD-Meinung ist.
Wenn Sie eine Frage haben, Herr Lohse, würde ich Sie bitten, ans Mikrofon zu gehen. Dann bin ich sehr gerne bereit, diese Frage zu beantworten.