Protocol of the Session on October 8, 2003

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU und PDS)

Dass sie auch die Anregung der CDU aus der heutigen Debatte sorgsam prüfen will, das hat mich persönlich gefreut.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Ich hoffe, dass wir heute hier anknüpfen können. Ich bin schon gespannt, wie sich die Ministerin heute zu diesem Thema positioniert.

Was wir beim letzten Mal nicht gemacht haben, ist, von einer Art Wunderwaffe zu sprechen, was auch der Pressemitteilung zu entnehmen ist. Ich denke auch nicht, dass wir diesen Eindruck vermittelt haben. Ich stehe auch heute auf dem Standpunkt, dass wir das nicht als Wunderwaffe bezeichnen dürfen,

(Torsten Koplin, PDS: Der Begriff ist belegt.)

sondern dass wir heute hier einen Versuch starten sollen, um diese Gesetzesinitiative auf den Weg zu bringen und nicht vielleicht vorschnell wie beim letzten Mal diese Chance auszuschlagen und das Gesetz einfach abzulehnen.

Wir haben vor vier Wochen angekündigt, dass wir bereit sind, die Zuarbeit zu leisten, sprich einen Gesetzentwurf vorzulegen. Der liegt Ihnen heute vor und es bedarf noch einmal der Klarstellung, auch für die Öffentlichkeit, wie der Verfahrensstand ist. Das Gesetz habe ich betitelt. Es geht also darauf zurück, dass das Bundesaltenpflegegesetz, am 17.11.2000 beschlossen, jetzt zum 01.08.2003 bundeseinheitlich die Ausbildung des Altenpflegers regelt. Wir hatten beim letzten Mal auch debattiert, dass das mit Verzögerungen auf den Weg gebracht wurde,

(Torsten Koplin, PDS: Da sage ich auch noch einmal was dazu.)

aber die Gerichtlichkeit dann festgestellt hat, das Bundesverfassungsgericht, dass die Helferausbildung durch das Land zu regeln ist. Das ist einfach die Tatsache, der

wir uns heute stellen müssen. Aus diesem Grunde haben wir dieses Gesetz eingebracht.

Die Frage, die sich heute hier gegenüber dem Parlament stellt, ist einfach die: Wollen wir ein Gesetz auf den Weg bringen, welches die Möglichkeit eröffnet, den dringend notwendigen Rahmen zu schaffen, dass die jungen Leute mit nicht so starken schulischen Leistungen in unserem Land eine Ausbildungsmöglichkeit als Altenpflegehelfer oder -helferin erhalten und somit nicht in andere Bundesländer abwandern müssen, wo diese Ausbildungsmöglichkeit besteht? Ich denke, das ist deutlich formuliert. Das wäre ein Mosaiksteinchen, ein Beitrag von uns, die Palette der Ausbildungsmöglichkeiten zu erweitern. Wir denken, das ist sinnvoll, und wollen uns nicht auf die Position begeben, eher gar nichts zu tun. Aus diesem Grunde sehen wir die Notwendigkeit, hier dieses Gesetz auf den Weg zu bringen.

Die Situation für die beiden Fraktionen der SPD und PDS stellt sich aus unserer Sicht relativ einfach dar. Sie müssen sich bekennen, ob Sie Ihren Beitrag dazu leisten wollen, dieses Gesetz, welches soziale und auch gesellschaftliche Bedeutung erlangen kann, mit auf den Weg zu bringen. Immerhin geht es hier um Ausbildungsmöglichkeiten für Jugendliche und da zeigt sich ein wachsender Bedarf. Und diese Möglichkeit, denke ich, sollten Sie heute nicht ausschlagen. Positionieren Sie sich einfach oder aber lehnen Sie auch diesen Antrag ab, weil, aus meiner Sicht uns nicht damit geholfen ist.

Das bringe ich noch mal an die Adresse von Herrn Heydorn, der beim letzten Tagesordnungspunkt auch darauf hingewiesen hat, dass wir uns einbringen und mitmachen sollen. Ich sage Ihnen, ich habe solche Ansprüche und ich hoffe, dass Herr Heydorn die auch hat, dass er hier nicht nur aufgrund der Verfahrensordnung sagt, okay, wir überweisen das, um vielleicht dem Recht Genüge zu tun, sondern ich erwarte jetzt schon in der Debatte eine inhaltliche Ausrichtung, ob eine positive Begleitung durch Ihre Fraktion gewollt ist. Das erwarte ich schon. Also, wie gesagt, ein bloßes Abnicken in Richtung Ausschuss bringt uns hier nicht weiter,

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

sondern ich erwarte hier schon etwas Substanz und lade Sie ganz einfach ein, hier mitzuarbeiten. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Danke schön, Herr Abgeordneter Renz.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Zuerst hat ums Wort gebeten die Sozialministerin des Landes Frau Dr. Linke. Bitte schön, Frau Ministerin, Sie haben das Wort.

Sehr verehrter Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Verehrte Gäste! Positionieren will ich mich sehr gern, denn es sind ja nur wenige Wochen seit der letzten Landtagssitzung vergangen. Herr Renz hat das erörtert, was wir beim letzten Mal besprochen haben. Der von der CDU auf der letzten Sitzung angekündigte Gesetzesentwurf liegt nun als Drucksache 4/800 vor. Man könnte auf den

ersten Blick meinen, zügig, zügig, und zwar innerhalb von vier Wochen. Aber bei näherer Betrachtungsweise weist doch dieser Entwurf, der uns jetzt hier vorgelegt wurde – möglicherweise ist der Entwurf an den des Saarlandes angelehnt worden –, aus meiner Sicht einige inhaltliche und fachliche Dissonanzen auf und diese will ich hier auch im Näheren darlegen.

Zwei wesentliche Grundanliegen sind Gegenstand des CDU-Entwurfes: Erstens geht es um den Beruf des Altenpflegehelfers und zweitens geht es um angeblich notwendige landesrechtliche Ausführungsregelungen zum Altenpflegegesetz, damit also um den Beruf des Altenpflegers.

Zu erstens. Sie fordern landesrechtliche Regelungen zum Beruf des Altenpflegers, das hatten Sie ja bereits in der letzten Landtagssitzung mündlich vorgetragen. Diesem Wunsch will ich mich nicht verschließen. Ich meine jedoch, dass mit diesem vorliegenden Gesetzesentwurf ein Weg eingeschlagen wird, den man so nicht gehen sollte. Ich sehe die Gefahr, dass im Verlauf der jetzt begonnenen Diskussion letztendlich die Konturen zwischen den verschiedenen Berufsbildern in der Pflege verschwimmen und dass wir damit der gerade neu gewonnenen Attraktivität des Berufes eines Altenpflegers eher Schaden zufügen würden. Die dreijährige Ausbildung in der Altenpflege hat andere Zugangsvoraussetzungen und auch einen sehr viel qualifizierteren Charakter als die bisher von den Ländern auf den Weg gebrachten Ausbildungen zum Beruf des Altenpflegehelfers. Meiner Meinung nach sollte man diese beiden Berufswege nicht vermischen.

Helfer werden schon heute sowohl in der Altenpflege als auch in der Krankenpflege tätig. Ich kann mir für die Zukunft gut einen auf beide Bereiche ausgerichteten Heilberuf vorstellen. Eine separate Regelung des Berufes des Altenpflegehelfers entspräche, nach meiner Auffassung und nach der Auffassung im Ministerium, nicht den neuesten pflegewissenschaftlichen Erkenntnissen. Studien v o n verschiedenen Fachhochschulen und Universitäten haben gezeigt, dass es weitgehende Übereinstimmungen bei den Berufen in der Kranken- und in der Altenpflege gibt. Und das trifft in besonderem Maße für die Grundpflege zu, die das Hauptaufgabengebiet für die Helferberufe ist.

In Mecklenburg-Vorpommern brauchen wir deshalb künftig durchaus landesrechtliche Regelungen – da stimme ich auch mit meinem Vorredner überein –, wir brauchen landesrechtliche Regelungen für eine Helferqualifikation. Allerdings muss diese Qualifikation den Erfordernissen der pflegerischen Praxis entsprechen und sie sollte generalistisch ausgerichtet sein, so dass die künftigen Pflegehelfer sowohl in der stationären Altenpflege als auch in der häuslichen Pflege und auch in der Pflege im Krankenhaus tätig werden können. Das wäre dann ein wirklich attraktives Berufsbild, mit dem in der Praxis auch ein hohes Maß an Flexibilität und Anpassung an die Erfordernisse erreichbar wäre.

Insofern können Sie es sich, verehrte Kollegen von der CDU, als Verdienst anrechnen, diese Diskussion erneut angestoßen zu haben. Ich denke aber, den Stein der Weisen werden wir dann im Rahmen der Diskussion noch gemeinsam suchen und finden müssen. Ich habe meine Fachleute beauftragt, sehr zügig eigene Vorstellungen zu entwickeln, um an dieser Stelle auch möglichst zeitig und vor Beginn des nächsten Ausbildungsjahres Entschei

dungsvorschläge unterbreiten zu können, damit hier in diesem Hause Entscheidungen getroffen werden können.

Zum Punkt 2 Ihres Gesetzesentwurfes habe ich dann allerdings eine grundlegend andere Auffassung. Sie führen insgesamt vier fachlich notwendige Regelungen zur Begründung eines angeblich notwendigen Durchführungsgesetzes für das Altenpflegegesetz des Bundes an. Keine dieser vier Gründe trägt aber wirklich. Für die befristete Erprobung von Ausbildungsangeboten, die vom Altenpflegegesetz abweichen, ist eine Ermächtigung für das Sozialministerium in Mecklenburg-Vorpommern für Einzelfallentscheidungen nicht erforderlich, denn diese Ermächtigung ist bereits in Paragraph 3 Absatz 6 des Altenpflegegesetzes des Bundes enthalten.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter meines Hauses arbeiten bereits gemeinsam mit den Schulen an der Umsetzung eines integrierten Lehrplanes, der eine gemeinsame Grundausbildung in allen drei Pflegeberufen, und zwar Kranken-, Kinderkranken- und Altenpflege ermöglichen sollen. Wir brauchen auch keine Regelung für den Status der Altenpflegeschule oder etwa ihre anteilige Finanzierung nach Maßgabe des Landeshaushaltes, denn in Mecklenburg-Vorpommern sind die Altenpflegeschulen höhere Berufsfachschulen und unterstehen damit dem Schulrecht. Damit sind ihr Statut, aber auch ihre Finanzierung gesichert. Und das sind ja gerade die guten Bedingungen, die wir in unserem Land haben, die wir als Standortfaktoren viel deutlicher herausstellen sollten, denn um diese beneiden uns andere Bundesländer. Es wäre also absolut kontraproduktiv, sie aus diesem Bereich herauszulösen, aber gerade das führen Sie zur Begründung Ihres Gesetzesentwurfes an.

Ebenso wenig bedarf es in Wirklichkeit einer landesgesetzlichen Vorschrift über die Zuständigkeit zur Ausführung des Altenpflegegesetzes. Die wesentlichen Schritte sind auch ohne eine solche Bestimmung bereits eingeleitet worden. Schon im Januar diesen Jahres haben die zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter meines Hauses Empfehlungen für die zukünftige Gestaltung des Unterrichtes sowie der praktischen Ausbildung vorgelegt und mit den Vereinigungen der Heimträger, den Leitern der Schulen sowie den Kostenträgern gesprochen. Das Ergebnis waren vorläufige Empfehlungen, die die Grundlage für den erfolgreichen Ausbildungsstart im vergangenen Monat gelegt haben.

Zunächst einmal sollte abgewartet werden, wie die Einrichtungen mit den neuen Regelungen und den von meinem Hause erarbeiteten Empfehlungen umgehen. Das sage ich auch im Interesse der Deregulierung, über die wir ja immer im Zusammenhang mit öffentlicher Verwaltung sprechen. Die Erfahrungen sollten gemeinsam mit allen Einrichtungsträgern evaluiert werden, damit dann wirklich eine tragfähige Basis für das weitere Handeln besteht. Die Aussage, dass durch fehlende landesrechtliche Regelungen ein Rückgang an Ausbildungsplätzen zu verzeichnen ist, muss ich ganz deutlich zurückweisen.

(Torsten Koplin, PDS: Zu Recht.)

Wir haben mit 180 Ausbildungsplätzen ein insgesamt gutes Ergebnis für das Ausbildungsjahr 2003/2004 erreicht. Für die Auszubildenden sind die Bedingungen anders, sicherer und auch besser geworden. Sie erhalten jetzt zwingend einen Vertrag und eine Ausbildungsvergütung. Die Bedingungen für die Ausbildung sind zudem so gefasst worden, dass gewissermaßen zusätzliche Kon

trollmechanismen eingebaut wurden. Die Einrichtungen müssen selbst jetzt als Träger der praktischen Ausbildung den Bedarf an Auszubildenden für ihre Einrichtungen festlegen. Sie müssen entsprechend geeignete Bewerber auswählen und Ausbildungsverträge abschließen. Danach wird sich auch künftig die Zahl der Ausbildungsplätze richten, egal ob es sich um eine Ausbildung zur Fachkraft oder um eine Helferqualifikation handeln wird. Es sind eben, und zwar anders als in der Vergangenheit, nicht mehr allein die schulischen Ausbildungskapazitäten, sondern der echte tatsächliche Bedarf in den Pflegeeinrichtungen vor Ort für die Zahl der Auszubildenden ausschlaggebend. Und das ist der eigentliche Grund für die künftige Bedarfsentwicklung, wie wir sie auch im Augenblick beobachten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete, die Probleme in der Altenpflege werden wir sicher nicht mit flüchtig abgekupferten Gesetzesentwürfen anderer Länder lösen können. Die notwendige Sorgfalt bei der Erarbeitung landesrechtlicher Regelungen habe ich bei diesem Gesetzesentwurf in den Passagen, die ich hier vorgestellt habe, vermisst. Ich denke aber, es wird gut möglich sein, dass wir bezüglich der Helferausbildung eine tragfähige Lösung gemeinsam für das Land finden. – Schönen Dank.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Harry Glawe, CDU: Das ist doch ein Wort.)

Danke schön, Frau Ministerin.

Gemäß Paragraph 85 Absatz 1 der Geschäftsordnung stehen der CDU-Fraktion drei Minuten zusätzlich zur Verfügung.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Heydorn.

(Harry Glawe, CDU: Müssen Sie immerzu reden?)

Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Ich will einmal mit Bertolt Brecht beginnen, der immer gesagt haben soll: Wer A sagt, braucht nicht B zu sagen, er kann auch erkennen, dass A falsch gewesen ist.

(Heiterkeit bei Dr. Gerhard Bartels, PDS)

Insofern, meine Damen und Herren von der CDU, brauchen Sie heute nicht damit zu rechnen, dass wir der Überweisung dieses Gesetzentwurfes nicht zustimmen werden, denn der Gesetzentwurf geht richtigerweise von einem steigenden Personalbedarf in der Altenpflege aus.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig.)

Es gibt Berechnungen des Ifo und des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. Diese Berechnungen konstatieren in den nächsten 15 Jahren einen Personalbedarf von zwei Millionen Fachkräften. Zwei Millionen Fachkräfte, das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen!

Wir müssen aber jetzt einmal der Frage nachgehen: Werden durch den vorliegenden Gesetzentwurf aktuell mehr Ausbildungsplätze in der Altenpflege geschaffen? Leisten wir damit eine Sofortmaßnahme zum Abbau der Jugendarbeitslosigkeit, wie es beim letzten Mal von Herrn Renz, glaube ich, stark vermittelt worden ist? Da kann

man nur deutlich Nein sagen, denn damit wird kein aktueller Beitrag zur Entlastung des Arbeitsmarkts geleistet,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig.)

weil der Bedarf an Ausbildungsplätzen nunmehr durch die Einrichtungen selbst festgelegt wird. Die Einrichtungen der Altenhilfe definieren ihren Ausbildungsbedarf heute selbst.