Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Thema Ausbildung ist für die betroffenen Jugendlichen wie für die Zukunft unseres Landes in höchstem Maße wichtig.
Den ganzen Sommer über bei herrlichstem Urlaubswetter zeugten die Medien, also für jeden nachvollziehbar, von den Aktivitäten von Politikerinnen und Politikern aus Bund und Land in Sachen Ausbildung. In der ersten Sitzung des Wirtschaftsausschusses nach der Sommerpause, also noch im August, debattierten wir über die Lehrstellensituation mit dem Wirtschaftsminister.
Für Ende Oktober haben wir eine Anhörung vereinbart. Und heute wollen Sie uns, meine sehr verehrten Damen und Herren von der CDU, suggerieren, dass es erst der Anstöße Ihrer Fraktion bedürfe, damit überhaupt etwas passiert.
Frau Kollegin Dr. Bunge, können Sie mir bestätigen, dass der Wirtschaftsausschuss sich deshalb mit dieser Thematik befasst hat, weil die CDUFraktion dies eigens beantragt hatte, und dass Sie es gar nicht in dieser Ausschusssitzung behandeln wollten, sondern es sogar von der Tagesordnung absetzen wollten,
Die Gründe lagen darin, dass wir nicht generell gegen die Behandlung waren, sondern für eine Verschiebung auf einen Zeitpunkt, wo man wirklich verlässliche Zahlen hat und wo man auch Schlussfolgerungen ziehen kann. Insofern haben Sie mit Ihrer Darstellung Recht, aber unsere Motivation ist dann auch dokumentiert.
Frau Kollegin Dr. Bunge, können Sie aus heutiger Sicht unsere Auffassung teilen, dass wir gar nicht früh genug uns dieser Thematik annehmen konnten?
(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS – Beifall bei einzelnen Abgeord- neten der CDU – Dr. Gerhard Bartels, PDS: Kaffeesatz lesen kann man immer.)
Herr Born, es ist nie schlecht, wenn man über eine ernsthafte Sache ernsthaft spricht. Und ich habe heute auch den Eindruck, dass wir das
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS – Rainer Prachtl, CDU: Der Wirtschafts- minister will ja Weihnachten abwarten, aber da müssen Sie aufpassen, dass Knecht Ruprecht nicht den Knüppel holt. – Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der SPD, CDU und PDS – Heiterkeit bei Eckhardt Rehberg, CDU)
Ach, Herr Prachtl, Sie sind doch an und für sich so seriös. Kommen Sie doch jetzt nicht mit solchen Märchen!
Grundlegend braucht es nicht dieses Antrages, aber ich möchte auch sagen, warum ich wie auch meine Fraktion größtenteils vom Inhalt her den Antrag ablehnen. Wie gesagt, es ist der einzige Effekt, dass wir uns heute hier im Hohen Hause noch einmal darüber austauschen.
Zu Ihrem ersten Punkt. Der Wirtschaftsminister soll über die Situation berichten. Fast täglich ändert sich die Situation auf dem Lehrstellenmarkt. Der Wirtschaftsminister hat uns gerade informiert, wie die aktuellen Aussagen sind. Es ist doch aber so, dass wir als Parlamentarier alle die Möglichkeit haben, direkt beim Arbeitsamt Nord nachzufragen. Wir kennen die Bundes- wie die Landesprogramme, so dass wir uns selbst auch ein Bild machen können. Und die Medien tun das Ihrige, dass das Thema laufend präsent ist. Wir sind doch Fachleute genug, hier auch Einordnungen vornehmen zu können.
Ich meine, so ein Bericht ist wirklich vergebliche Liebesmüh, weil er, wenn er aufgeschrieben wird, schon wieder veraltet ist. Angesichts der Situation, die uns der Wirtschaftsminister sowohl im Ausschuss als auch heute hier noch etwas konkreter, da ja nun wieder zwei Wochen ins Land geschritten sind, dargelegt hat, kann ich der Einschätzung folgen, dass es auch dieses Jahr möglich sein wird, jeder und jedem, die beziehungsweise der es will, einen Ausbildungsplatz zur Verfügung zu stellen.
Natürlich ist damit für mich und für uns nicht alles, um es mal platt zu sagen, paletti. Die Statistik allein ist kein ausreichender Maßstab für eine erfolgreiche Berufsbildungspolitik. Wir alle wissen, dass für das bundesgesetzliche Berufsbildungsgesetz aus dem Jahre 1969 erheblicher Reformbedarf besteht. Wir alle wissen, wie schwer vielen Unternehmen angesichts der Wirtschaftslage ihr Ausbildungsengagement fällt. Aber solche Vorschläge, wie sie in Ihrem Antrag zu finden sind – Übernahme des so genannten Hessenpraktikums oder der Initiative „Ausbildung in Bayern“ –, sind zur Lösung der Probleme untaugliche Rezepte, denn der Wirtschaftsminister sagte bereits, wir haben sie stückweise. Und ich meine auch, solche Vorbereitungsmaßnahmen wie, sie wirken ja dann so, Parkmaßnahmen für Jugendliche sind kein Ersatz für Berufsabschlüsse.
(Dr. Ulrich Born, CDU: Es geht darum, dass wir eine Übergangsmöglichkeit schaffen, und nicht darum, die Jugendlichen auf der Straße zu lassen.)
Diese Vorschläge forcieren natürlich auch den Trend zu Ausbildungsmodulen. Das ist so ein neues Stichwort. Aber diese Module entsprechen überhaupt nicht den Erfordernissen künftiger Anforderungen für Wirtschaft, Handwerk und Dienstleister. Gebraucht werden Breite und Flexibilität, gebraucht werden frei anerkannte Berufsabschlüsse. Doch dazu bedarf Berufschule ebenso wie betriebliche Ausbildung weiterer Entwicklung. Geklärt werden muss aber auch die Rolle konkurrenzfähiger und attraktiver Alternativen zu betrieblichen Angeboten, denn sie werden sich entwickeln. Ich meine, wir müssen über den Platz, den sie haben, vorurteilsfrei diskutieren.
(Heiterkeit bei Andreas Petters, CDU: Genau. – Dr. Ulrich Born, CDU: Da muss sich der Arbeitsminister auch noch mal einschalten. – Zuruf von Minister Helmut Holter)
Schauen wir also darauf, welche Hausaufgaben die Berufsbildung zu erledigen hat, welchen Bildungs- und Erziehungsauftrag sie zu erfüllen hat, und zeigen wir nicht einfach nur mit dem Finger auf die Schule.
Es steht in Ihrem Antrag, es sollen marktgerechte Absolventen zur Verfügung gestellt werden. In der Debatte davor, wozu Schule da ist, habe ich vom Fraktionsvorsitzenden der CDU genau etwas anderes gehört, nämlich eine breite Allgemeinbildung zu vermitteln, und da gebe ich Ihnen ja voll Recht. Hier muss das Schwergewicht stehen, einen umfassenden Bildungs- und Erziehungsauftrag zu erfüllen. Natürlich ist es gut, wenn Absolventen für die Folgestufen passgerecht sind, aber, bitte schön, eingebettet. Die Ausgestaltung der Regionalschule hier im Land und die Stärkung der Kernkompetenzen, das sind Schritte auf einem guten Weg, meine ich.
Lassen Sie mich abschließend noch ein paar Worte zu dem heftig umstrittenen Vorschlag für eine Ausbildungsplatzabgabe machen. Meines Erachtens gehört dieser Vorschlag in das Reformpaket für die Berufsausbildung.
Ich halte ehrlich gesagt nichts davon, vermeintlich ausbildungsunwilligen Unternehmen mit der Ausbildungsabgabe als Strafe zu drohen. Gewerkschaften, auch der Kanzler – zumindest wenn man den Medien glauben darf – tun das in letzter Zeit. Vermeintlich mit Wirkung.
Gerade heute wieder, Wirtschaft bringt Ausbildungsinitiative. Für mich ist die Ausbildungsplatzabgabe ein geeignetes Instrument. Wenn wir heute sehen, dass die Berufsausbildung im Bundesdurchschnitt zu fast 80 Prozent aus der öffentlichen Hand finanziert wird, in den neuen Bundesländern mit den zig Programmen, SachsenAnhalt hat es ausgerechnet, zu fast 90 Prozent, so ist es doch wohl legitim, dass wir die Wirtschaft nicht nur an ihre fachliche, sondern auch an ihre finanzielle Verantwortung erinnern. Wenn Sie sich das Modell einmal konkret anse
hen, es ist auch eine gerechte Belastung der Unternehmen, von denen die Unternehmen in Mecklenburg-Vorpommern partizipieren würden.
Schauen Sie doch mal unvoreingenommen rein! Vielleicht muss ich mit ihm noch einmal debattieren, dass er auch mal unvoreingenommen in solche Sachen schaut. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Als Nächstes hat das Wort für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Petters. Bitte schön, Herr Abgeordneter.
(Dr. Martina Bunge, PDS: Der hat die Anfragen mit eingerechnet. – Angelika Gramkow, PDS: Ja, das ist unmöglich! – Heiterkeit und Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Angelika Gramkow, PDS: Ent- schuldigung, Herr Präsident.)
Vielen Dank, Frau Bunge, dass Sie im Prinzip auf diese Themensituation der Unternehmen eingegangen sind, dazu möchte ich im Laufe meiner Rede auch noch etwas sagen. Aber im Vorfeld möchte ich etwas zu den Zahlenjonglagen des Ministers sagen. Ich beobachte das Thema Ausbildung wirklich seit vielen Jahren. Bereits 1994 hat der Wirtschaftsminister Ringstorff ja Ähnliches gemacht. Es ist auch ein wirkliches Problem und ich sage das ganz klar, es fällt auch jedem Minister jedes Jahr umso schwerer, wirklich etwas zu diesem Thema zu sagen, weil sich dieses Problem durch die Politik der Landesregierung nicht unbedingt ganz lösen lässt. Das ist viel umfassender. Aber was ich in diesem Jahr vermisst habe, was in den Jahren davor immer eine Rolle gespielt hat, war, dass das Thema Ausbildungspakt mal gefallen ist. Wir haben in den letzten Jahren immer vom Ausbildungspakt zwischen Gewerkschaften, Unternehmern, Verbänden und der Landesregierung gesprochen.