Protocol of the Session on September 11, 2003

Vielen Dank, Frau Bunge, dass Sie im Prinzip auf diese Themensituation der Unternehmen eingegangen sind, dazu möchte ich im Laufe meiner Rede auch noch etwas sagen. Aber im Vorfeld möchte ich etwas zu den Zahlenjonglagen des Ministers sagen. Ich beobachte das Thema Ausbildung wirklich seit vielen Jahren. Bereits 1994 hat der Wirtschaftsminister Ringstorff ja Ähnliches gemacht. Es ist auch ein wirkliches Problem und ich sage das ganz klar, es fällt auch jedem Minister jedes Jahr umso schwerer, wirklich etwas zu diesem Thema zu sagen, weil sich dieses Problem durch die Politik der Landesregierung nicht unbedingt ganz lösen lässt. Das ist viel umfassender. Aber was ich in diesem Jahr vermisst habe, was in den Jahren davor immer eine Rolle gespielt hat, war, dass das Thema Ausbildungspakt mal gefallen ist. Wir haben in den letzten Jahren immer vom Ausbildungspakt zwischen Gewerkschaften, Unternehmern, Verbänden und der Landesregierung gesprochen.

(Ute Schildt, SPD: Dann sind Sie aber schlecht informiert!)

In diesem Jahr, vor allem während des Sommers, haben wir sehr viel in den Zeitungen gelesen, aber in Ihrer Rede habe ich vom Ausbildungspakt nicht mehr viel gehört.

(Ute Schildt, SPD: Dann sind Sie aber schlecht informiert, Herr Petters!)

Man muss fast vermuten, dass das auch etwas damit zu tun hat, dass das Bündnis für Arbeit hier im Lande gescheitert ist.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Eckhardt Rehberg, CDU: Richtig.)

Aus diesem Grunde, meine Damen und Herren, haben wir vielleicht auch die schlechten Zahlen im Bereich Ausbildung vorliegen.

Frau Dr. Bunge, ich möchte vielleicht noch einmal auf Ihren Beitrag eingehen.

(Ute Schildt, SPD: Damit haben Sie sich aber wirklich erst im September beschäftigt.)

Ich möchte ganz klar sagen, der Mittelstand ist wirklich der traditionelle Ausbildungsmotor in Deutschland.

(Beifall Dr. Ulrich Born, CDU: Richtig, so ist es.)

Rund 3,3 Millionen Unternehmen in Deutschland und 58.000 Selbstständige

(Dr. Martina Bunge, PDS: Habe ich irgendetwas anderes gesagt?!)

in Mecklenburg-Vorpommern, davon sind 99,3 Prozent mittelständische Unternehmen, wissen, was es bedeutet, Fachkräfte zu haben und in der Zukunft überhaupt noch zu bekommen.

(Zuruf von Dr. Martina Bunge, PDS)

Deswegen danke ich hier schon mal den Unternehmen dafür, dass sie ausbilden. Das ist schon mal eine ganz wichtige Geschichte.

(Dr. Martina Bunge, PDS: Habe ich denn irgendetwas anderes gesagt?!)

Rund 1.000 Euro,

(Beifall Dr. Ulrich Born, CDU: Dem stimmt Frau Dr. Bunge auch zu. – Dr. Martina Bunge, PDS: Das habe ich doch gar nicht in Frage gestellt.)

rund 1.000 Euro werden von den Unternehmen pro Mitarbeiter in mittelständischen Unternehmen, das sage ich ganz klar, weil ich auch die Gewerkschaft auf der Tribüne sehe, nicht in der Industrie, aber von mittelständischen Unternehmen für Aus- und Weiterbildung investiert. Seit 1980 hat die mittelständische Wirtschaft rund 2,9 Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen.

Versetzen wir uns mal in die Lage von Unternehmen. Warum sollte eigentlich ein Unternehmer heute noch ausbilden? Der Mittelstand wird durch die verfehlte Politik von Rot-Grün in Berlin und teilweise auch hier in diesem Land ausgesaugt und beschimpft, meine Damen und Herren.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Es wird mit Zwangsabgaben gedroht und Frau Bunge sagt, warum nicht, die können eigentlich noch mehr bezahlen. Überlegen Sie mal: Wer schafft denn in diesem Land überhaupt Arbeit? Das sind Unternehmen!

(Dr. Martina Bunge, PDS: Gerechter verteilt werden muss das! – Angelika Gramkow, PDS: Sie haben das Prinzip aber auch nicht verstanden, ne?!)

Warum sollten Mittelständler also heute noch ausbilden?

(Angelika Gramkow, PDS: Ganz einfach, weil sie Nachwuchs brauchen, und zwar eigenen!)

Die überbordete Bürokratie, meine Damen und Herren, wir haben gestern in der Zeitung gelesen, die Kammerkritik an Förderbürokratie, das 17-seitige Antragsformular wird absolut mit dem Preis „Maßlos überzogenes Antragsformular“ ausgezeichnet.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Ja.)

Auch zu diesem Thema habe ich heute nichts vom Minister gehört, im Ausschuss haben wir etwas dazu gesagt, aber leider heute hier in der Öffentlichkeit nicht.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Ich habe gedacht, er bringt heute ein 3-seitiges Formular, das das Problem löst!)

Das habe ich auch gehofft, Herr Kollege. Das ist aber auch ein Problem, dass sich die Landesregierung nicht an der Beseitigung der nicht so guten Rahmenbedingungen für Ausbildung in diesem Lande beteiligt.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Vielleicht könnte doch der Arbeitsminister helfen. – Angelika Gramkow, PDS: Aber, Herr Petters, das habe ich gestern ja schon klar formuliert!)

Warum sollte ein Unternehmer heutzutage ausbilden, wenn er beim Thema schlechte Zahlungsmoral überhaupt nicht unterstützt wird. Wir sind hier in diesem Landtag schon seit Monaten dabei, Tippelschritte zu machen, Tippelschritte, um dieses Problem zu lösen.

(Zuruf von Ute Schildt, SPD)

Ich fordere einfach, dass wir mal größere Schritte machen und dass wir uns gemeinsam verständigen, dass wir etwas dafür tun, dass auch die Unternehmer ihr Geld wieder bekommen, denn Ausbildung kostet Geld, meine Damen und Herren!

(Reinhard Dankert, SPD: Mir erzählen sie immer etwas anderes, warum sie nicht ausbilden können. Das stimmt in keiner Weise mit Ihren Ausführungen überein.)

Selbst die Landespolitik wirft dem Mittelstand Knüppel zwischen die Beine. Ich will nur zwei dieser Knüppel nennen, und zwar das Tariftreuegesetz, das geplant ist, und das Bildungsfreistellungsgesetz. Fragen Sie doch die Unternehmen! Ich erzähle hier doch nicht irgendwie Parteipolitik, von den Unternehmen kommt doch diese Kritik und mit denen müssen wir doch zusammenarbeiten, wenn wir in diesem Bereich etwas erreichen wollen.

(Dr. Martina Bunge, PDS: Ja, natürlich. Fragen Sie einmal die Sicherheitsunter- nehmen! Die brauchen das Gesetz.)

Wie soll denn wirklich dem Mittelstand – diesem kleinen Mittelstand, dem Unternehmen mit 2 bis 50 Arbeitnehmern – geholfen werden, wie soll denn diesen Menschen geholfen werden, damit sie wieder Luft haben, um auch Ausbildung machen zu können? Die Mittelständler wissen, was sie für eine Verantwortung haben. Es geht um ihre eigene Überlebensfähigkeit und qualifizierter Nachwuchs ist die Basis jeden Unternehmens, das sage ich Ihnen. Dieses Thema scheint ja die meisten hier in diesem Parlament nicht sehr zu interessieren.

(Gabriele Schulz, PDS: Insbesondere Ihre Fraktion. – Dr. Gerd Zielenkiewitz, SPD: Insbesondere von Ihrer Fraktion.)

Aber ich denke, zumindest die Fachpolitiker sind heute hier, das freut mich, damit wir auch in den Fachausschüssen dieses Thema weiterberaten können. Die Unternehmer hier in diesem Lande, und ich mache das heute absichtlich, dass ich auch mal über die Unternehmer

spreche, denn wir haben auch viel zu wenig Unternehmer in diesem Parlament, die sich hier …

(Angelika Gramkow, PDS: Wie sieht es mit den Unternehmerinnen aus?)

Auch die Unternehmerinnen, Frau Gramkow.

(Angelika Gramkow, PDS: Na, ist doch schön. Dann sind wir uns doch einig.)

Wir haben viel zu wenig Unternehmerinnen in diesem Landtag, die sich dann auch hier mal hinstellen können und das sehr einseitig besetzte Thema einmal klarstellen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Heiterkeit bei Gabriele Schulz, PDS)

Der Mittelstand möchte, dass sich etwas ändert. Wir haben heute über das Thema Unterrichtsversorgung gesprochen. Eine Grundvoraussetzung dafür ist, dass wir wirklich die Einstiegsqualifikationen für die Ausbildungsgänge, die immer anspruchsvoller werden in Deutschland, auch mal darstellen. Ich war vor ein paar Wochen beim 10-jährigen Bestehen der IHK in der Handwerkskammer in Rostock und da wurde von einem Unternehmen ein Bewerbungsschreiben eines Schülers präsentiert: Warum will ich Elektroinstallateur werden? Auf einer Seite waren dort 52 Fehler zu lesen. Meine Damen und Herren, das können wir doch einfach nicht als Einzelfall abstempeln, das ist doch generell der Fall. Deswegen war das Thema, was wir vorher hier besprochen haben, besonders wichtig.

Weiterhin will der Mittelstand, dass sich etwas im Bereich der Organisation der Ausbildung ändert, insbesondere in der Organisation des Berufsschulunterrichtes, aber auch darüber haben wir in diesem Hause schon gesprochen. Das sind Themen, die man gerne auch den Handwerkskammern und den IHKs einfach überlässt. Die Unternehmen sagen auch ganz klar, wir brauchen größere Freiheiten und man muss doch auch etwas im Sinne der Unternehmer tun, damit sich im Bereich Ausbildung etwas verbessert. Und nicht einfach immer nur, wie es Frau Bunge gesagt hat, wir brauchen eine Ausbildungsabgabe, damit sie gezwungen werden können. Wer will denn heutzutage dann noch Unternehmer sein?

(Angelika Gramkow, PDS: Der, der aus- bildet, hat doch auch gar kein Problem. – Regine Lück, PDS: Es gibt auch Unter- nehmen, die das gut finden, Herr Petters.)