Und weil das so ist, hat das Thema Gesundheitswirtschaft einen aktuellen Bezug, und zwar aktueller geht es gar nicht mehr. Ich finde, dass wir hier klar an dieser Stelle sagen müssen, wir sind froh, auch für unser Land, dass es das Urteil gegeben hat
zu der Anerkennung der Bereitschaftsdienste der Ärzte und Ärztinnen im Land als Arbeitszeiten. Dieses Urteil wird ermöglichen, dass die Qualität in der Gesundheitswirtschaft oder im Gesundheitswesen steigt, und vor allen Dingen wird sie zu etwas anderem führen, nämlich dass das, was Ärztinnen und Ärzte leisten, wieder mehr anerkannt wird,
ihre Arbeitsbedingungen verbessert werden und das Berufsbild von Ärztinnen und Ärzten aufgewertet wird.
Und ich finde, was ist denn aktueller, als zu sagen, wenn dieses umgesetzt wird, haben wir die Chance, Qualität im Gesundheitswesen und für die Gesundheitswirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern umzusetzen? Und das Gejammere, wir können es nicht bezahlen – also nach unserem Kenntnisstand hat die gemeinsame Kommission von SPD, Grünen, FDP und CDU zur Gesundheitsreform in dieser Frage mit den Kassen 700 Millionen Euro eingeplant.
Wir erwarten, dass bei uns im Land damit die entsprechenden Qualitätsparameter umgesetzt werden können.
Und deshalb finde ich, es ist es wert, der Tourismuswirtschaft, den Beteiligten Dank zu sagen für das, was in diesem Jahr wieder geleistet worden ist. Wir haben hervorragende Zahlen und der große Ansturm der Touristinnen und Touristen ist fast zu Ende. Wir sind ein lohnendes Reiseziel und ich gestehe persönlich ein, ich habe mich diesen Sommer gefragt, warum ich eigentlich woanders hingefahren bin. Ich glaube, ich hätte hier im Land genauso gut Urlaub machen können.
Wir wissen, dass wir hier Tourismusland Nummer eins sind. Aber jeder, der sich im Bereich der Wirtschaft, jeder, der sich im Bereich von Tourismus auskennt, der weiß auch, dass man sich auf seinen Lorbeeren nicht ausruhen darf. Und wenn wir nichts tun – und hiermit meine ich Politik und Wirtschaft und Gesundheitswesen, letztendlich auch Bildung und Ausbildung –, dann werden wir diese hohen Zuwachszahlen vielleicht irgendwann einmal nicht erreichen. Wachstum kann auch umkippen. Deshalb ist es umso wichtiger, dass wir uns zur Frage verständigen: Müssen wir eigentlich für diesen Bereich noch mehr tun, die Rahmenbedingungen anders gestalten? Und da finde ich es hervorragend, wenn es eine Studie gibt, wenn es Überlegungen im Wirtschaftsministerium gibt zu sagen, hier gibt es Potentiale, die müssen wir aufnehmen und zusammen mit den Beteiligten in diesem Bereich weiterentwickeln. Und deshalb, sage ich, ist es wichtig, dass wir die Weichenstellung, die hier letztendlich vorgenommen werden muss, aktiv begleiten und sie nicht aus der Zeitung erfahren. Genau aus diesem Grund haben SPD und PDS in der Koalitionsziffer damals ja auch vereinbart, dass wir die Gesundheitswirtschaft als wichtiges Standbein der zukünftigen Entwicklung beschreiben wollen.
Und ich finde, die Visionen, die sich da auftun, die können sich doch sehen lassen. Diese Analyse, durch das Wirtschaftsministerium angeregt, hat Stärken und Schwächen analysiert. Wenn man das kennt, dann kann man doch sagen, wohin kann man Förderpolitik geleiten.
Und dann finde ich es schon ein bisschen lächerlich, Herr Petters, wenn Sie hier sagen, Sie finden im Haushalt keine Ansätze. Offensichtlich haben Sie die Rahmenpläne für die Gemeinschaftsaufgabe und die Umsetzung von EFRE nicht genau gelesen. Da sind neue Förderpotentiale für den Bereich Gesundheitswirtschaft aufgenommen worden.
Und ich denke, zusammen mit der Wirtschaft könnte man ja auch darüber nachdenken, diese Anregungen, die in der Studie vorgenommen worden sind, letztendlich gemeinsam auszugestalten und die finanziellen Mittel dafür auszubringen.
Von welcher Vision reden wir hier eigentlich? Wir reden doch von etwas ganz Normalem: dass Kureinrichtungen, Ärzte und Kliniken enger zusammenarbeiten mit den touristischen Unternehmen, dass Wellnessangebote letztendlich unterbreitet werden sowohl für die Touristen als auch für Patienten in Krankenhäusern und Reha-Einrichtungen, dass die Verknüpfung der Angebote für eine
höhere Auslastung sorgt – und was uns doch insbesondere Sorgen macht – in den Jahreszeiten, die nicht so nachgefragt sind, da der Tourismus bei uns immer noch eine zeitlich begrenzte Zeit umfasst. Viele Tourismusunternehmerinnen und -unternehmer sagen, ein halbes Jahr ist es top und ein halbes Jahr ist es auch Flop. Und hier, denke ich, gibt es Möglichkeiten, dass man durch die Verzahnung von Gesundheitswesen direkt im Tourismus und in der Gesundheitswirtschaft letztendlich auch mehr Arbeitsplätze schafft.
Wenn es uns gelingt, die Bereiche Biomedizin, Medizintechnik und die Biobauern zum Beispiel in diese Entwicklung mit einzubeziehen, haben wir ein echtes Potential, unsere Bestrebungen im Bereich der Tourismusentwicklung weiter zu unterstützen.
Ich möchte aber an der Stelle ein bisschen Wasser von unserem sehr guten Wasser, und das ist ja manchmal besser zu trinken als Wein, ich will trotzdem ein bisschen Wasser in den Wein gießen, weil die Entscheidung, die die Gutachter uns vorgelegt haben, wir sollten über einen Paradigmenwechsel in Mecklenburg-Vorpommern nachdenken, und jetzt zitiere ich: „vom sozialversicherungsfixierten Gesundheitswesen hin zu den gewerblichen/privaten Dienstleistungen (freie Wirtschaft)“, diesen Paradigmenwechsel in der hier beschriebenen Form halten wir allerdings doch für fraglich. Wir sind der Ansicht, es handelt sich bei der Frage der Vernetzung – hier unterstütze ich ausdrücklich das, was Kollege Schlotmann gesagt hat, die vorhandenen Potentiale zu vernetzen – nicht darum, dass das Gesundheitswesen, was die sozialpolitische Verantwortung hat für die Versorgung der Bevölkerung, und die Gesundheitswirtschaft am Ende unter ein Dach gehören. Denn es sollte doch nicht dazu führen, dass bei uns im Land es zu einem Bild kommt, dass der gesundheitsbedürftige Tourist von vielen Einwohnern unseres Landes nicht nur daran zu erkennen ist, dass er Urlauber ist oder Urlauberin und einen lockeren Eindruck macht, sondern auch, dass er gesünder ist.
Was meine ich? Ich denke, die soziale Bedeutung des Gesundheitswesens für die Bürgerinnen und Bürger und die Touristen ist die eine Seite der Medaille, die wirtschaftspolitische und beschäftigungspolitische Komponente ist die andere Seite der Medaille. Entwicklung von Gesundheitswirtschaft setzt ein gutes Gesundheitswesen voraus für die Bürgerinnen und Bürger und für die Touristinnen und Touristen. Und ich freue mich sehr, dass wir endlich dazu kommen, die Gesundheit, das Gesundheitswesen auch mit einer wirtschaftspolitischen Komponente zu versehen, dass man darüber nachdenkt, das, was dort geschaffen wird, als produktiven Wert anzuerkennen und endlich auch im Bruttoinlandsprodukt auszuweisen.
Warum sage ich das? Weil bei den Investitionen tun wir uns genauso schwer. Wenn wir sagen, wir fördern Investitionen, heißt das bei vielen, ja, Investitionen in Beton und die Straße. Aber Investitionen in Bildung, in Ausbildung
werden wir immer noch als konsumtive Ausgaben deklarieren. Wenn wir auch da so weit kommen, Investitionen in Zukunft nicht nur haushaltspolitisch umzusetzen,
Und deshalb sage ich, klar, Gesundheitswirtschaft ist die Option und die Vision für Mecklenburg-Vorpommern. Daran wollen wir mitarbeiten, da wollen wir unterstützen und ich denke, es wird über das Parlament auch möglich sein, hier, wenn finanzielle Mittel vorhanden sein müssen, zusätzliche zu erarbeiten.
Ich will noch einen Ansatzpunkt erwähnen. Das macht die Studie auch klar und das sollten wir uns nicht ersparen, auch gerade bei einer Debatte, auf die uns Polizistinnen und Polizisten heute aufmerksam gemacht haben, das ist, dass nach der Analyse zur Gesundheitswirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern letztendlich die Lohnentwicklung gegenwärtig kontraproduktiv eingeschätzt wird. Das ist keine Einschätzung der PDS, sondern das kann man in diesem Bericht, in diesem Gutachten nachlesen. Es wurde festgestellt, dass wegen der geringen Löhne qualifiziertes Personal oft abwandert. Viel schlimmer ist die Situation noch, dass in unserem Land durch Aus- und Weiterbildung eigentlich viel Nachwuchs bereitstünde, aber nicht eingestellt wird aufgrund der wirtschaftlichen Situation und aufgrund der Lohnsituation. Wir bilden gegenwärtig für andere Länder aus, auch für Personal in der Gesundheitswirtschaft anderer Länder. Damit Sie mich verstehen, das ist kein Vorwurf, sondern es ist eine Feststellung in den Schwächen und in den Stärken zur Entwicklung des Gesundheitslandes Mecklenburg-Vorpommern unter der Dachmarke „MV tut gut.“ Das dürfen wir nicht übersehen und letztendlich bleibt hier die Forderung, gute Arbeit muss gut bezahlt werden.
Ums Wort gebeten hat jetzt der Wirtschaftsminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern Herr Dr. Ebnet.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Beginn der Debatte hat gezeigt, dass es tatsächlich fällig ist, überfällig ist, sich dieses Themas Gesundheitswirtschaft hier im Landtag intensiv anzunehmen und es intensiv zu diskutieren.
Herr Petters, jetzt muss ich sagen, ich wäre ganz gerne anders eingestiegen in meine Rede, aber genau Ihr Beitrag war eher eine Missachtung all derer, die sich mit dem Thema ernsthaft beschäftigen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS – Torsten Renz, CDU: Trifft das auch auf Herrn Schlotmann zu?)
Und ich habe die herzliche Bitte, dieses Thema ernst zu nehmen, sich intensiv damit zu beschäftigen und dann auch ernsthaft zu diskutieren. Die Frage ist: Worum geht es denn? Es geht hauptsächlich und vor allem darum, wir brauchen Arbeitsplätze in Mecklenburg-Vorpommern. Das ist das Generalthema, unter dem das einzuordnen ist. Dann ist die Frage zu stellen: Wo gibt es denn Arbeitsplatzpotentiale, wo kann man Arbeitsplätze schaffen? Und da ist die Gesundheitswirtschaft, der Gesundheits
bereich ein wesentliches Potential, das wir ausschöpfen müssen, auch in Verantwortung für die Menschen, die Arbeit brauchen, die Arbeit suchen und die keine Arbeit haben.
Es gibt einige Entwicklungen in Deutschland, die muss man mal zur Kenntnis nehmen. Wir alle wissen, die Deutschen werden älter, und wir kennen alle die Kommentare, die kommen, Vergreisung, Altersheim und so weiter. Dann kommen negative Kommentare dazu. Ich finde, das wird der Sache auch nicht gerecht. Aber jede Entwicklung, ob man sie nun will oder nicht, hat negative, aber auch positive Seiten. Wir müssen die positiven Seiten aufnehmen und müssen uns die Frage stellen: Gibt es Entwicklungen, die zu unseren Stärken hier im Land passen? Und wir müssen aus unseren Stärken etwas machen, mit seinen Schwächen kann keiner Geld verdienen.