Und, Herr Ministerpräsident, Frau Finanzministerin, wenn eine Finanzministerin sich damit begnügt, in knapp 35 Minuten einen Doppelhaushalt einzubringen,
dann frage ich mich ganz besorgt, Frau Finanzministerin: Wo ist wirklich die Substanz Ihrer Rede gewesen? Ich gehe nachher noch dezidiert auf einige Ihrer Ausführungen ein.
Das ist ein Doppelhaushalt. Sie haben sich für einen Doppelhaushalt entschieden. Wir sind in einer besonders schwierigen Situation. Ich muss Ihnen sagen, das war mehr als schwach und schmal.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich hatte wirklich gehofft, dass die Zeit der Schönrederei vorbei ist. Denn was haben wir zu verzeichnen? Rezession habe ich bereits beschrieben.
Die Einbrüche des Nachtragshaushalts 2003 sind doch die Folge falscher Analysen und der Schönrederei in Schwerin und Berlin. Und, Herr Ministerpräsident, wenn Sie anmahnen, dass man sich im Bundesrat verfassungsgemäß verhalten soll, dann hätte ich diese gleichen Worte – das sind ja klare Worte, das kommt selten bei Ihnen vor – 1997 erwartet, als Sie Herrn Schröder und Herrn Lafontaine zugestimmt haben, als die Steuerreform der Kohl-Regierung blockiert worden ist.
Und wenn Sie sich die Steuersätze der Steuerreform basierend auf den Petersberger Beschlüssen von damals und heute angucken im Endergebnis: Die dritte Stufe ist fast adäquat den Petersberger Beschlüssen.
Weiter fragen Sie sich doch einmal ernsthaft, warum es denn in Deutschland 1999 und im Jahr 2000 noch ein Wirtschaftswachstum von deutlich über zwei Prozent gab! Was ist denn ab 1999/2000 insbesondere bei der ominösen Steuerreform im Juli 2000 gelaufen? Übrigens wir waren das Zünglein an der Waage: 2001 Rückgang Wirtschaftswachstum, 2002 Rückgang. Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, alle führenden Wirtschaftsforschungsinstitute rechnen für dieses Jahr mit einem Minus, nicht mit einem Minuswachstum, einfach mit einem Minus. Das heißt, was Sie heute als Aufhebung von Reformstau bezeichnen, das ist doch der Reparaturbetrieb von Rot-Grün der falschen Weichenstellungen der Jahre 1999/2000.
Ich hätte erwartet, Herr Ministerpräsident, dass Sie zumindest einen Schritt nach vorn machen zu realitätsbezogener Politik, wie es am 15. Juli Ihr Wirtschaftsminister getan hat. Er hat gesagt: „Die aktuellen Zahlen spiegeln die Lage schonungslos wider. Die Wirtschaftsleistung in Mecklenburg-Vorpommern ist im Jahr 2002 um 0,2 Prozent zurückgegangen, 0,4 Prozentpunkte unter dem Bundesdurchschnitt. Die Arbeitslosigkeit im Land ist mit 176.247 Personen auf dem höchsten Stand in einem Juni
seit der Wende. Das sind 15.294 Arbeitslose mehr als im Juni 1998 und 22.188 mehr als im Juni 2000 und die Arbeitslosenquote des Landes im Juni bei 19,6 Prozent war von Dezember 2002 bis März 2003 die höchste und ist seit April 2003 wieder die zweithöchste aller Bundesländer.“ Herr Ministerpräsident, das ist ein erster Schritt zu realitätsbezogener Politik.
Ich gebe ja zu, dass die Wahrheit schmerzhaft ist, aber auf die Wahrheit muss man sich einstellen. Und wenn Sie von einem soliden Haushalt sprechen, obwohl sich hier der Wirtschaftsminister zum letzten Jahr dazu bekennt oder in diesem Jahr von Minuswachstum spricht, dann frage ich mich, warum Sie weiter bei der Mittelfristigen Finanzplanung im Jahr 2004 von 2 Prozent, 2005 von 2 Prozent und 2003 von 0,75 Prozent ausgehen. Sie widersprechen sich doch hier vollkommen selber.
Fangen Sie endlich an, eine realitätsbezogene Haushaltspolitik auf der Einnahmeseite zu veranschlagen, dann werden Sie auch nicht so viel Probleme haben auf der Ausgabenseite!
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Haushaltspolitik fängt nicht heute an. Und, Frau Keler, die Linien der Haushaltspolitik seit 1997 bis zum Jahr 2005 – ich weise darauf hin, für 2005 sind es die Planzahlen – sind folgende: Die Investitionen sind um 623,4 Millionen Euro zurückgegangen. Die Verwaltungskosten, zusammengesetzt aus Personalkosten und Sachausgaben, sind um 215,7 Millionen Euro gestiegen. Und, Frau Keler, es ist nicht korrekt, wenn Sie sagen, dass die Personalausgaben sinken. Übrigens habe ich heute von Ihnen eine phantastische Wortschöpfung erlebt: Kernhaushalt.
Wo sind denn die Haushaltsunterlagen mit dem Randund Nebenhaushalt? Die hätte ich auch gerne mal gesehen. Aber scheinbar haben Sie da irgendwie noch etwas in der Schublade bei sich.
Also dieser Begriff „Kernhaushalt“ ist für mich völlig neu, denn das impliziert, dass es noch Rand- und Nebenhaushalte gibt.
Und, Frau Keler, was ist die Wahrheit beim Ist 2002 zu Ihrer Finanzplanung 2005? Investitionen runter um 239,3 Millionen Euro und rauf mit den Sachausgaben, mit den Verwaltungskosten auf plus 56,5 Millionen Euro. Übrigens, Frau Keler, einschließlich BBL und einschließlich der Globalhaushalte bei den Fachhochschulen, das ist die Wahrheit.
Das heißt, Konsumtion rauf, Investitionen runter, das ist Ihre Politik für die nächsten drei Jahre. Und entschuldigen Sie, Herr Ministerpräsident, das ist für mich keine solide ausgerichtete Haushaltspolitik, das ist keine zukunftsweisende Haushaltspolitik für Mecklenburg-Vorpommern.
Meine Damen und Herren, Frau Keler, die Zahlen sind alle belegbar und ich werde Sie auch nicht mit Prozentzahlen behelligen, denn die absoluten Zahlen sind viel klarer. Noch deutlicher wird das, wenn man Ihre Angaben nimmt zur Ausgabenstruktur, und zwar im Vergleich – bereinigte Gesamtausgaben, das heißt 100 Prozent, nivelliert auf das gleiche Einwohnerniveau, mit dem Durchschnitt der neuen Bundesländer zu Mecklenburg-Vorpommern. Da sind wir bei den Ausgaben der laufenden Rechnungen und bei den Personalausgaben um 373 Millionen Euro über dem Durchschnitt. Zitat Seite 23, Mittelfristige Finanzplanung: „Mecklenburg-Vorpommern muss die Ausgabenstruktur deutlich verbessern, um den Anschluss an den Durchschnitt der neuen Länder nicht zu verlieren.“ Frau Keler, wir haben ihn schon verloren. Trösten Sie sich, die Zahlen sagen dies klipp und klar aus!
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Frage ist doch ganz einfach, wenn ich diese Haushaltslinie in der Vergangenheit sehe, auch für die Zukunft und die Zahlen belegen das, dann ist doch die Frage, wie stelle ich Zukunft sicher. Doch nicht so, dass man sich, wie der Arbeitsminister Holter wenige Tage vor der Wahl im Jahr 2002, brüstet, seine Bilanz als Arbeitsminister sei es, dass von 1998 bis 2001 575 Millionen Euro für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen ausgegeben worden sind. Und jetzt kommt die Crux: Die durchschnittliche Arbeitslosigkeit ist um 3.200 gesunken. Ich kann nur sagen, Herr Holter, Sie förderten den Rückgang der Arbeitslosigkeit je Arbeitslosen mit knapp 180.000 Euro. Ich muss Ihnen sagen, ein relativ kostspieliges Unterfangen, was Sie da veranstaltet haben. Ich kann nur dringend raten, dass Sie aus dem Nirwana zwischen öffentlichem Beschäftigungssektor, Personal-Service-Agenturen, Ich-AGs und kostenträchtigen Werbungen für Existenzgründerprogramme endlich rauskommen und eine ganz solide Arbeitsmarktpolitik machen, die klipp und klar ausgerichtet ist auf den ersten Arbeitsmarkt. Und schließen Sie endlich Ihre Spielwiesen! Frau Keler, da hätten Sie als Finanzministerin genug zu tun, Spielwiesen für Herrn Holter zu schließen, das bringt Millionen Euro für Mecklenburg-Vorpommern.
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Torsten Koplin, PDS: Das ist keine Spiel- wiese. – Zuruf von Egbert Liskow, CDU)
Die Frage ist auch ganz einfach, welchen Anspruch die Landesregierung an sich selber hat. Zitat: „Eine Fortführung dieser überproportionalen Nettoneuverschuldung hätte auf Dauer erhebliche negative Folgen für die wirtschaftliche Situation in Ostdeutschland.“
Übrigens, Frau Keler, nach Ihrer Aussage und der von Frau Gramkow, wo Sie ja durchaus ins Auge fassen aufgrund – ich gehe darauf nachher noch näher ein – der zu erwartenden Steuermindereinnahmen das Vorziehen der dritten Stufe: Frau Keler, was haben Sie eigentlich im Haushaltsjahr 2005 gemacht? Wo steckt denn da die dritte Stufe? Wir haben sie nicht entdecken können,
(Ministerin Sigrid Keler: Dann haben Sie es nicht verstanden. – Beifall Angelika Gramkow, PDS – Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU – Glocke der Präsidentin)
Ja, wissen Sie, ich finde das immer sehr nett, wenn vom Rücken her von der Regierungsbank dazwischengerufen wird. Ich habe die herzliche Bitte, wenn Sie Zwischenrufe haben, es ist interessanter, wenn man sich Auge in Auge gegenübersitzt oder gegenübersteht. Das macht sich dann besser.
Im Widerspruch dazu stehen doch Ihre ganzen Linien und auch die Verschuldung. Die Eckpunkte einer soliden Finanzplanung stehen weiterhin grundsätzlich fest. Sie sind insbesondere darauf auszurichten, dass die Nettokreditaufnahme auf null abgesenkt und die Tilgung der bisher angehäuften Schulden begonnen wird. Frau Keler, ich sage Ihnen eins voraus, mit dem, was Rot-Grün in Berlin plant zu Lasten der Länder, werden Sie auf keinen Fall die Einnahmesituation verbessern. Ich kann auch nicht erkennen, dass sich hier irgendwelche wirtschaftlichen Wachstumsimpulse ergeben sollen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein weiterer Widerspruch, auf Seite 9 der Mittelfristigen Finanzplanung sagen Sie: „Die konjunkturelle Erholung dürfte sich somit im Verlauf dieses Jahres festigen. Im Jahr 2004 wird sich die Aufwärtsentwicklung voraussichtlich fortsetzen und an Breite gewinnen.“ Diese Aussage hat ganz offenkundig nicht mal mehr 33 Seiten gehalten. Auf Seite 42 sagen Sie: „Die der Mai-Steuerschätzung zugrunde liegenden Wachstumserwartungen für 2003 und die Folgejahre müssen angesichts der weiterhin schleppenden Wirtschaftsentwicklung als optimistisch angesehen werden. Somit besteht ein zusätzliches Einnahmerisiko.“ Frau Keler, was ist denn nun wahr? Seite 9 oder Seite 42? Nur, Sie haben eins getan, Sie haben sich einnahmeseitig an der Seite 9 orientiert, nämlich den Vorgaben von Herrn Eichel. Ich rate Ihnen dringend: Nehmen Sie den Worst Case, Sie fahren besser dabei!
Sie haben es heute wieder getan und Sie tun es auch in der Mittelfristigen Finanzplanung. Das scheint ganz offenkundig Grundlage Ihrer Personalpolitik zu sein. Sie suchen die Sündenböcke für Personalausgaben. Und zwar schreiben Sie, in der Begründung für höhere Personalausgaben auf Seite 19 durchaus nachzulesen, von einer vergleichsweise höheren Lehrerzahl, die sich aufgrund überproportional großer Schülerzahlen in den oberen Klassenstufen ergibt. Auf die chaotische Situation in den Schulen werde ich noch extra eingehen. Zweiter Anstrich ist die stark ausgebaute Hochschullandschaft, nächster Anstrich der erhöhte Bestand an Polizeikräften je Einwohner aufgrund der großen Fläche.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, für mich sind die Hochschulen das Zukunftspotential des Landes.
Und, Frau Keler, trotzdem Sie hier sagen, wir hätten eine vergleichsweise höhere Lehrerzahl: Die Unterrichtsversorgung konnte nicht sichergestellt werden. Politisch