Protocol of the Session on June 26, 2003

Sehr schön.

Andererseits begrüße ich sie zunächst sehr, sie soll ein europäisches Netz von Schutzgebieten entwickeln, soll dazu beitragen und das finde ich sehr gut.

Das ist das, was ich sagen kann. Im Übrigen können Sie diese Frage selbstverständlich an alle Minister stellen. Ich war oft genug in Brüssel, habe darüber diskutiert und hoffe, dass es vielleicht auch mal Mehrheiten dafür gibt, dass einige Passagen anders gestaltet werden.

Vielen Dank.

Jetzt hat das Wort die Abgeordnete Frau Schwebs für die Fraktion der PDS.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hilfe – der Naturschutz droht! Unter diesem Motto steht scheinbar die derzeitige öffentliche Diskussion zu dieser Problematik. Aber worum geht es ganz emotionslos betrachtet wirklich? Es geht um Naturschutz, es geht um Biodiversität, es geht um den Erhalt spärlich gewordener natürlicher Lebensräume für bestimmte Arten

und es geht um eine nachhaltige Entwicklung unseres Landes. Und das alles soll europaweit harmonisiert werden. So, wie es die CDU immer fordert: europäische Harmonisierung. Es soll auch nur europäisches Naturschutzrecht durchgesetzt werden, das von der EU 1992 schon in Kraft gesetzt wurde, tatkräftig unterstützt damals von Bundesumweltminister Töpfer (CDU) und unter einem Bundeskanzler Kohl (CDU). Jetzt sind elf Jahre vorbei und Deutschland hat das geltende EU-Recht immer noch nicht umgesetzt.

Die EU droht aus diesem Grunde mit einem Gerichtsurteil des Europäischen Gerichtshofes, in der Hinterhand mit finanziellen Sanktionen. Und ich sage: zu Recht. Warum sollte die EU, Herr Rehberg, Strukturfondsmittel und Ausgleichszahlungen nach Deutschland geben, wenn Deutschland seinen Verpflichtungen nicht nachkommt?

(Beifall Angelika Gramkow, PDS, und Gabriele Schulz, PDS)

Wenn die Voraussetzungen von den Ländern nicht geschaffen worden sind, welchen Grund hätte die EU, Gelder zur Verfügung zu stellen? Im Land Mecklenburg-Vorpommern dagegen scheinen Teile der CDU noch weiter hinter dem Mond zu leben. Sie entfesseln hier im Lande eine beispiellose Kampagne gegen gültiges Recht, gegen EURecht und gegen bundesdeutsches Recht. Denn seit dem Mai 1998 regelt das Bundesnaturschutzgesetz den Umgang mit der FFH-Problematik, im Übrigen beschlossen von einem Bundestag, in dem die CDU damals die Mehrheit hatte. Und wie immer, wenn die CDU ihre politische Oppositionsrolle auslebt, reicht ihr Gedächtnis so weit wie... und hier rede ich nicht weiter, das wäre unparlamentarisch. Sie können meine Kollegin Frau Wien fragen, die erklärt Ihnen, wie weit das politische Gedächtnis der CDU dann reicht: von 12.00 Uhr bis Mittag, kann man auch sagen.

Schon 1999 wurden die FFH-Meldungen von einem

großen öffentlichen Interesse begleitet. Auch damals waren Stimmen zu vernehmen, dass zu viel gemeldet werde, die Entwicklung unseres Landes Schaden nehmen würde, dass das Land die Kommunen übergehe und so weiter und so fort. Und ich frage Sie, meine Damen und Herren der CDU-Fraktion: Wer hat denn den Umweltminister 1999 so unter Druck gesetzt, gefordert, die zu meldenden Gebiete so klein wie möglich zu halten, so dass letztendlich nur noch die Hälfte von dem, was ursprünglich angedacht wurde, gemeldet wurde? Das beklagen Sie natürlich in Ihrem Antrag. Und wer forderte den Minister auf, bloß nicht die Schattenliste der Umweltverbände zu beachten? Wer war denn das 1999, der von Ministerpräsident Ringstorff verlangte – und ich zitiere jetzt –, „den Umweltminister zurückzupfeifen und die Meldefrist nach Brüssel nicht einzuhalten“? Es war der seinerzeitige CDUGeneralsekretär von Mecklenburg-Vorpommern Dr. Hubert Gehring, der mit diesen Worten damals schon versuchte, die FFH-Meldung des Landes zu verzögern. Der Umweltminister hat damals öffentlich und mehrmals betont, so, wie er es jetzt auch wieder getan hat, dass er nur einen Kompromiss – ein Kompromiss ist immer ein Ergebnis, das nach einer oder mehreren Verhandlungen entsteht – von allen Beteiligten, und zwar der Umweltverbände, der Landesregierung, der Kommunen und der Wirtschaft, akzeptieren würde und diesen würde er nach Brüssel melden. Was wollen Sie eigentlich mehr als einen Kompromiss?

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS und Rudolf Borchert, SPD)

An dieses Versprechen hat er sich gehalten und das gilt für die Einbeziehung der Öffentlichkeit genauso wie für die Liste der gemeldeten Gebiete. Und in welcher Situation befinden wir uns jetzt? Dieselben Kreise, die ihn damals aus dieser, aus heutiger Sicht verkürzten, Meldung drängten, selbstverständlich wieder unter Meinungsführerschaft der CDU hier im Lande, genau die selben Leute bezichtigen den Umweltminister heute der Unfähigkeit. Sicherlich ist in dieser Sache der Ruf nach Information berechtigt, aber wie jede Sache hat auch diese zwei Seiten.

Im März, meine Damen und Herren, gab es eine erste Information aus dem Ministerium über einen zu meldenden Vorschlag, der zur Diskussion steht, an die unteren Naturschutzbehörden mit der Bitte, die unteren Naturschutzbehörden möchten sich zu dem Vorschlag positionieren, nicht zu der Meldung. Zeitgleich wurde im Umweltministerium und in anderen Ministerien mit Hochdruck an der Abstimmung untereinander und der fachlichen Untersetzung gearbeitet. Und jeder von Ihnen weiß, dass weder der Wirtschaftsminister noch der Landwirtschaftsminister Ambitionen haben, den Umweltminister bei der Umsetzung von Naturschutzrecht zu überholen. Und im Klartext heißt das auch, dass all diejenigen ganz genau wissen, dass die Vorschläge des Umweltministeriums, die rein naturschutzfachlich begründet sind, so, wie es die EU fordert, aus den Ressortverhandlungen mit den anderen Ministerien nicht ungeschoren wieder herauskommen. Es ist also ganz bewusste Panikmache,

(Rudolf Borchert, SPD: So ist es.)

meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, die Sie hier im Lande betreiben, obwohl Sie selbst ganz genau wissen, dass die Dinge so am Ende nicht liegen werden.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Und damit komme ich zum eigentlichen Anliegen Ihres Antrages, der sich hinter einer Aufforderung nach umfassender Information und Mitbeteiligung versteckt. Sie haben wieder mal ein Thema gefunden, an dem sie sich abarbeiten können, um zu verstecken, dass Sie keine eigenen Vorstellungen haben, dass es zur Ausweisung keine Alternative gibt, und dann wird auf der Grundlage angeblich mangelnder eigener Information kräftig palavert und öffentlich spekuliert, schwadroniert und Schaum geschlagen. Und das alles nach dem Motto: Wissen ist Macht, aber nichts wissen macht auch nichts.

(Beifall Peter Ritter, PDS)

Und ich betone es noch mal: Der Ruf nach mehr und detaillierten Informationen ist sicherlich gerechtfertigt, aber mit dem eigenen Halbwissen zu kokettieren, daraus zielgerichtete Handlungsoptionen abzuleiten, politische Spielchen zu spielen und andere dabei mit ins Boot zu nehmen, so eine Vorgehensweise halte zumindest ich für sehr zweifelhaft.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Meine Damen und Herren, nicht die Gefahren durch die FFH-Ausweisungen stehen vor uns, sondern es sind Chancen für unser Land. Wie kann man einerseits Werbung mit Natur, Ruhe und Schönheit für die Touristen machen, sich über wachsende Touristenzahlen freuen, die ja deshalb kommen, weil wir so viel unberührte Natur haben, weil sie Natur erleben können, und andererseits

dann das Instrument, mit dem wir diesen Status erhalten könnten, verteufeln? Der Tourismus geht davon aus, dass wir eine einmalige Naturlandschaft hier in MecklenburgVorpommern haben, und die soll nicht unter eine Glasglocke gesteckt werden, sondern es soll alles getan werden, auch mit der Ausweisung der FFH-Gebiete, um diesen Zustand zu erhalten. Das ist der Zweck und der Inhalt der FFH-Richtlinie.

Es gibt hier zwei Regeln, das ist das Verschlechterungsverbot. Wir wollen diesen Status für bestimmte Arten, für bestimmte Lebensraumtypen erhalten und es soll Managementpläne geben, die dazu dienen, diesen Status zu erhalten. Es geht nicht nur um Fledermäuse oder um Waldmeister-Buchenwälder, sondern der Schutz von Lebensräumen, meine Damen und Herren, ist vor allem auch der Schutz der Lebensgrundlagen der Menschen. Mit den Fördermitteln aus den EU-Strukturfonds können Wirtschaft und Landwirtschaft auch im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung gefördert werden, und das ist doch unser aller Ziel hier im Lande.

Ich möchte es noch mal betonen und komme damit sofort zum Schluss: Eine Ausweisung nach der FFHRichtlinie konstituiert keinen Schutzstatus, sondern es gilt nur das Verschlechterungsverbot. Im Übrigen möchte ich Sie darauf hinweisen, dass der Umweltminister seiner Informationspflicht über die Ausweisung der FFH-Richtlinie im Umweltausschuss in Person des Staatssekretärs in einer sehr umfassenden Art und Weise nachgekommen ist. Und wir haben im Umweltausschuss auch beschlossen, obwohl es parlamentsfreie Zeit ist, in der sich das Kabinett mit der Meldung der FFH-Vorgaben beschäftigen wird, dass wir trotzdem informiert werden wollen. Das Umweltministerium hat es zugesagt, uns unverzüglich nach der Kabinettsbefassung über die Ausweisung der FFH-Richtlinie, die geplante Ausweisung der FFH-Gebiete in unserem Lande zu informieren. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Danke schön, Frau Schwebs.

Gemäß Paragraph 85 Absatz 2 der Geschäftsordnung hat der Abgeordnete Borchert jetzt noch mal eine Redezeit von bis zu acht Minuten.

Herr Borchert, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich werde diese acht Minuten natürlich nicht benötigen.

Ich möchte aber noch mal die Gelegenheit nutzen, Herr Rehberg, etwas klarzustellen. Ich glaube, hier gibt es ein Missverständnis. Ich habe die Nichtanwesenheit der Umweltpolitiker sowohl aus unserer Fraktion als auch aus Ihrer Fraktion hier lediglich bedauert. Und Frau Holznagel selbst hat mir gesagt, Sie wäre gerne bei dieser Debatte dabei gewesen. Das gleiche gilt natürlich auch für Herrn Jarchow aus der SPD-Fraktion. Mir sind die Gründe durchaus bekannt,

(Eckhardt Rehberg, CDU: Dann lassen Sie das! – Zuruf von Reinhard Dankert, SPD)

warum die Kolleginnen und Kollegen heute nicht anwesend sein können. Von daher fand ich Ihre polemische Überspitzung an der Stelle wirklich völlig überflüssig.

Zweitens, Herr Rehberg, würde ich Sie wirklich einladen, mal in den Landkreis Müritz zu kommen, und ich empfehle ausdrücklich das Gespräch mit Ihrem CDUParteifreund Landrat Jürgen Seidel, Landkreis Müritz. Ich habe es gestern bereits gesagt, im Kreistag wurden zwei ganz entscheidende Fragen gestellt und entsprechend hat Herr Seidel auch reagiert. Erstens die Frage: Gibt es nachweisbar Projekte, Planungen, wie auch immer, die durch die FFH-Nachmeldungen der ersten oder zweiten Tranche, das heißt bis 1999, im Nachhinein in irgendeiner Weise gefährdet waren oder wo sich im Nachhinein Probleme ergaben? Herr Seidel hat bestätigt, dass da kein einziger Fall bekannt ist. Und als es um die zweite Aussage ging, ob denn mit der jetzt vorliegenden FFH-Nachmeldung für den Landkreis Müritz, für die jetzt in den Planungen oder in Rede stehenden Tourismusprojekte ewige Probleme damit verbunden werden und ob dieses im Raum stand, hat Herr Seidel klar gesagt, dass das momentan mit Fakten überhaupt nicht belegbar ist.

Ich bleibe dabei, Herr Rehberg, und alle anderen: Gehen Sie bitte in die Landkreise, gehen Sie in die Wahlkreise und benennen Sie die konkreten Beispiele, die konkreten Probleme, dann kann man – das Angebot des Ministers steht – sicherlich auch im Einzelfall noch mal darüber diskutieren! Und bleiben Sie, versuchen Sie es zumindest, in dieser Thematik sachlich! Dann werden wir auch insgesamt für unser Land vernünftige Lösungen finden. – Danke schön.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Danke schön, Herr Borchert.

Jetzt hat noch einmal das Wort gemäß Paragraph 85 Absatz 1 und Absatz 2 der Geschäftsordnung mit einer Redezeit von bis zu 16 Minuten der Abgeordnete Herr Rehberg.

Herr Minister! Das macht sich sehr leicht, hier in wohlgesetzten Worten sich für Fehler zu entschuldigen.

(Zuruf von Torsten Koplin, PDS)

Nur die Frage steht: Wenn diese Fehler nicht passiert wären, hätte es dann trotzdem die großflächige Ausweisung dieser FFH-Gebiete gerade bei den Boddengewässern gegeben? Denn dieser Fehler, Herr Minister, ist nicht nur einmal passiert, der ist mehrmals passiert, der zieht sich durch.

(Minister Dr. Wolfgang Methling: Ich habe von anderen Fehlern gesprochen.)

Herr Minister Methling, noch einmal: Das macht sich alles sehr leicht. Sie müssen sich die Frage stellen: Was haben diese Fehler bewirkt? Das ist Ihre politische Verantwortung, die können Sie auch nicht auf andere wegschieben.

Und ein Zweites, dazu haben Sie überhaupt nicht Stellung genommen: Sie tun immer so, als ob es keine Ermessensspielräume gebe. Uns liegt eine Antwort der Europäischen Kommission auf die schriftliche Anfrage bezüglich des Ermessensspielraumes vor. Ich zitiere: „Gemäß der Richtlinie 92/43 EWG-Vertrag des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen der so genannten Habitat-Richtlinie sind die Mitgliedsstaaten nicht verpflichtet,

alle Gebiete vorzuschlagen, in denen ein Lebensraumtyp des Anhangs 1 oder eine Art des Anhangs 2 vorhanden ist. Die Mitgliedsstaaten haben jedoch die Pflicht, alle diese Gebiete anhand der Kriterien des Anhangs 3 zu bewerten.“

Herr Abgeordneter Rehberg, gestatten Sie eine Anfrage der Abgeordneten Frau Schwebs?

Danach gerne.

Und das erwarten wir, dass Sie Ihren rechtlichen Ermessensspielraum ausnutzen.

Wenn ich mir heute die großflächigen Ausweisungen betrachte, die offenkundig teilweise mit Fehlern behaftet sind – das haben Sie zugegeben, das ist ganz offenkundig in diesem Fall, ich kann Ihnen noch mehrere Fälle nennen, aber so viel Redezeit habe ich nicht und will ich auch nicht in Anspruch nehmen –, da muss man schon nicht nur auf das Heute gucken, Herr Kollege Borchert. Natürlich können heute gegebenenfalls keine Planungen vorliegen, keine Projekte in Sicht sein, die die FFH-Gebiete oder die Nähe tangieren, aber dies hat Bestand auch in 15 Jahren, ich wiederhole das. Und noch einmal: Eine Hürde haben Sie immer zu überspringen, im Gebiet, am Rande des Gebietes, und zwar um nachzuweisen, dass sie die Erhaltungsziele nicht gefährden beziehungsweise auch nicht die Wiederherstellung. Es geht nämlich nicht nur um Zielerhaltung, es geht auch um Wiederherstellung. Gucken Sie sich die entsprechenden Unterlagen an! Deswegen halte ich es schon für gravierend, wenn wir eine so große Landesfläche, denn Wasserfläche ist auch Entwicklungspotential, haben.

Und eine Alternative, Herr Minister Methling? Warum wird nicht das ganze maritime Gebiet des Nationalparks Vorpommersche Boddenlandschaft ausgewiesen? Warum nicht? Gucken Sie sich die Karten ganz genau an! Und spielen – das frage ich wirklich immer wieder – die Kiefernwälder wirklich eine Rolle? Hat man nicht schon 1999 den Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft, der den höchsten nationalen Schutzstatuts hat, in Gänze ausgewiesen? Und was ist da mit Vernetzung der Lebensräume und so weiter und so fort? Wissen Sie, Ihre Argumentation ist für mich an diesem Punkt nicht zutreffend.