Protocol of the Session on June 25, 2003

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Kollegen! Der Gesetzentwurf fußt ja auf der Grundlage eines Bundesgesetzes. Der Landes- wie der Bundesgesetzgeber haben einen Mangel. Die Verwaltungsaufgaben, die entstehen und im erheblichen Maße entstanden sind, werden den Kommunen aus unserer Sicht nicht erstattet. Das ist einer unserer Hauptkritikpunkte.

Der zweite Punkt ist, dass den Bürgerinnen und Bürgern im Land eine hohe Erwartungshaltung eingeredet wurde. Ich möchte Ihnen einmal beschreiben, wie sich das darstellt: Beim Landkreis Rügen sind zum Beispiel 1.600 Anträge eingegangen. Davon sind 429 Anträge bearbeitet und 27 bewilligt worden, da kommt im Einzelfall bei den Bewilligungen zum Beispiel eine Anpassung von 1 bis 2 Euro raus.

(Dr. Martina Bunge, PDS: Bundesgesetze.)

Hier muss man sich fragen: Hat diese Sache überhaupt Sinn? Ist der Verwaltungsakt so viel wert, dass man dort Personal und Kraft in ein Gesetz hineininvestiert, das vielen Bürgerinnen und Bürgern bei der Grundsicherung im Alter nicht entscheidend weiterhilft. Deswegen können wir mit diesem Bundesgesetz wenig anfangen und dadurch ist natürlich das Landesgesetz als Landesausführungsgesetz auch nicht besser geworden.

Meine Damen und Herren, wir möchten auf eins hinweisen: Nach unserer Überzeugung, ich habe es vorhin schon anklingen lassen, muss das Konnexitätsprinzip beachtet werden, wir haben es in der Landesverfassung im Artikel 72 Absatz 3 stehen.

Meine Damen und Herren, insgesamt, denke ich, können wir gut damit leben, dass die Heranziehung von kreisangehörigen Ämtern und amtsfreien Gemeinden passieren muss, aber sie müssen darüber unterrichtet werden. Auch ihnen sollte der Aufwand, wenn also die Landkreise diese Aufgaben sozusagen delegieren sollten, erstattet werden.

Insgesamt können wir dem Gesetz unsere Zustimmung nicht geben. – Danke schön.

(Beifall Michael Ankermann, CDU, und Egbert Liskow, CDU)

Danke, Herr Glawe.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Koplin von der PDS. Entschuldigung, das Wort hat Herr Heydorn von der Fraktion der SPD. Der Fehler lag bei mir.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Ich möchte Ihnen gerne drei gute Gründe nennen, der Beschlussempfehlung des Sozialausschusses zuzustimmen:

Der erste Grund ist, dass mit dem Ausführungsgesetz die Möglichkeit eröffnet wird, dass die Kreise ihre kreisangehörigen Gemeinden zu den Aufgaben nach dem Grundsicherungsgesetz heranziehen können. Das können sie bisher nicht. Das heißt, es ist in der Fläche so, dass Menschen, die Anträge stellen wollen, sich direkt und unmittelbar an die Kreise zu wenden haben, im Gegensatz beispielsweise zur Sozialhilfe. Bei der Sozialhilfe haben wir die Situation, dass die Kreise, nach meinem Wissen, alle von dieser Delegationsmöglichkeit Gebrauch gemacht haben. Hier macht es Sinn, zu einem einheitlichen Verfahren zu kommen. Das ist der erste Grund.

Der zweite Grund ist die Tatsache, dass wir mit dem Ausführungsgesetz ein Erstattungsverfahren regeln. Nähere Einzelheiten dazu hat mein Kollege Koplin gerade dargelegt.

Und der dritte Grund ist, dass wir das Flüchtlingsaufnahmegesetz anpassen. Das Flüchtlingsaufnahmegesetz regelt Erstattungsvorgänge für Kreise und kreisfreie Städte beispielsweise für den Personenkreis der russischen Kontingentflüchtlinge. Diese sind nach dem Grundsicherungsgesetz grundsätzlich anspruchsberechtigt, daher muss auch hier eine Erstattungsregelung getroffen werden.

Das sind nach meinem Dafürhalten drei gute Gründe, warum wir diesem Ausführungsgesetz heute unsere Zustimmung erteilen sollen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS, Heinz Müller, SPD, und Ute Schildt, SPD)

Danke schön, Herr Heydorn.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Koplin von der Fraktion der PDS.

Danke schön, Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch die PDS wirbt um die Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf. Die Gründe sind hier genannt worden. Es geht vor allen Dingen darum, dass wir den rechtlichen Rahmen für die Ausreichung der Grundsicherung an die Anspruchsberechtigten nunmehr vervollständigen und dass die Menschen, die einen Anspruch haben, ihn letztendlich auch geltend und wirksam machen können. Gleichwohl möchte ich noch einmal darauf verweisen, dass es aus Sicht der PDS in der Bundesrepublik einer existenzsichernden sozialen Grundsicherung bedarf. Das ist etwas anderes als die bedarfsorientierte Grundsicherung, von der in diesem Gesetz die Rede ist.

In dem einen Punkt stimme ich Herrn Glawe zu. Einer der Vertreter, die wir im Sozialausschuss angehört haben, hat gesagt: Dieses Gesetz ist das, was wohl in jüngster Zeit in der Bevölkerung die größten Enttäuschungen hervorgerufen hat. Es sind tausende und abertausende Briefe rausgegangen, aus denen hervorging und man annehmen durfte, wer weniger als 844 Euro im Monat zur Verfü

gung hat und älter als 65 Jahre beziehungsweise dauerhaft erwerbsunfähig ist, einen Anspruch auf eine entsprechende Zuwendung hätte, und dann erfahren musste, wie sukzessive vieles gegengerechnet wird, dem bleibt nur die pure Enttäuschung. Deswegen sagen wir: Bedarfsorientierte Grundsicherung ist etwas anderes als die existenzsichernde soziale Grundsicherung, sie ist aber notwendiger denn je, denn unter dem Druck der Arbeitslosigkeit wird der Niedriglohnsektor ausgeweitet.

Ich schätze Herrn Heydorn sehr, ich empfinde die Polemik vorhin aus der Aktuellen Stunde auch immer sehr anregend.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Wolfgang Riemann, CDU: Das war aber nur Polemik.)

Lassen Sie mich dazu sagen, dass der Vergleich, den Sie vorhin in Sachen Niedriglohnsektor und den Vergleich Bruttoinlandsprodukt Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern getroffen haben, ja allen noch, denke ich, gegenwärtig ist. Er ist sachlich nicht korrekt, denn das Bruttoinlandsprodukt als Leistungsmesser der Wirtschaft hat vier Bestandteile. Dazu gehört nicht der Lohn, sondern dazu gehören Investitionen der Unternehmen, Ausgaben des Staates, Differenzen zwischen Export und Import, also Salden, und der private Konsum. Privater Konsum hat nur indirekt etwas mit dem Lohn zu tun. Insofern bin ich nicht Ihrer Meinung, dass der Niedriglohnsektor ein Segen für unser Land ist.

(Harry Glawe, CDU: Nun reden Sie mal zum Thema! Bleiben Sie mal beim Thema hier. Er lenkt vom Thema ab.)

Der Niedriglohnsektor belastet nämlich im Umkehrschluss die öffentlichen Kassen, der Niedriglohnsektor ist ein Abwanderungsgrund für die Menschen aus unserem Land und der Niedriglohnsektor ist ein volkwirtschaftliches Hemmnis.

Darüber hinaus lassen Sie mich sagen, wir haben es tendenziell mit der Situation zu tun, dass existenzsichernde Vollzeitarbeitsplätze mehr und mehr in geringfügige und schlechtbezahlte Beschäftigungsverhältnisse umgewandelt werden. Wir sind der Meinung, dass es einer existenzsichernden sozialen Grundsicherung auch deshalb bedarf, weil sich auf Bundesebene, Herr Glawe, CDU/CSU und SPD in Tateinheit begeben und die Privatisierung des Krankheitsrisikos betreiben.

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Wer länger als sechs Wochen krank ist, wer etwas mit den Zähnen hat und wer Arzneimittel auf pflanzlicher Basis braucht, muss zukünftig selbst und zusätzlich zahlen. Und aus diesem Grund, das untergräbt ja die Existenz, bedarf es einer Grundsicherung. Insofern rede ich auch zum Thema.

(Heiterkeit und Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Deshalb werden wir als PDS weiter für eine existenzsichernde soziale Grundsicherung streiten.

(Wolfgang Riemann, CDU: Machen Sie doch einen Bundesratsantrag! Sie sind doch in der Regierung.)

Ich bedanke mich bei Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit, auch bei Ihnen, Herr Riemann.

(Beifall Dr. Martina Bunge, PDS)

Danke schön, Herr Koplin.

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Einzelberatung über den von der Landesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Ausführung des Gesetzes über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung auf Drucksache 4/429. Der Sozialausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung, den Gesetzentwurf der Landesregierung entsprechend seiner Beschlussempfehlung anzunehmen.

Wir kommen zur Einzelabstimmung.

Ich rufe auf die Paragraphen 1 und 2 sowie die Überschrift entsprechend der Beschlussempfehlung. Wer diesen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Danke. Damit sind die Paragraphen 1 und 2 sowie die Überschrift entsprechend der Beschlussempfehlung des Sozialausschusses auf Drucksache 4/552 mit den Stimmen der Fraktion der SPD, der Fraktion der PDS bei Gegenstimmen der Fraktion der CDU und zwei Enthaltungen der Fraktion der CDU angenommen.

Ich rufe auf den Paragraphen 3 entsprechend der Beschlussempfehlung des Sozialausschusses. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Damit ist der Paragraph 3 entsprechend der Beschlussempfehlung des Sozialausschusses auf Drucksache 4/552 mit den Stimmen der Fraktion der SPD, der Fraktion der PDS bei Gegenstimmen der Fraktion der CDU angenommen.

Ich rufe auf die Paragraphen 4 und 5 entsprechend der Beschlussempfehlung des Sozialausschusses. Wer diesen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Damit sind die Paragraphen 4 und 5 entsprechend der Beschlussempfehlung des Sozialausschusses auf Drucksache 4/552 mit den Stimmen der Fraktion der SPD, der Fraktion der PDS bei Gegenstimmen der Fraktion der CDU angenommen.

Wir kommen zur Schlussabstimmung.

Wer dem Gesetzentwurf im Ganzen entsprechend der Beschlussempfehlung des Sozialausschusses auf Drucksache 4/552 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Damit ist der Gesetzentwurf entsprechend der Beschlussempfehlung des Sozialausschusses mit den Stimmen der Fraktion der SPD, der Fraktion der PDS bei Gegenstimmen der Fraktion der CDU angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 6: Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung der Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern, Drucksache 4/509.

Gesetzentwurf der Landesregierung: Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung der Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern (Erste Lesung) – Drucksache 4/509 –

Das Wort zur Einbringung hat der Minister für Arbeit, Bau und Landesentwicklung Herr Holter.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Handy, Mobilfunk und damit verbundene Anlagen sind eine durchaus schon zum Alltag gehörende technische Einrichtung. Nun geht es darum, wie kann das Mobilfunknetz weiter ausgebaut werden. Deswegen haben wir diesen vorliegenden Gesetzentwurf eingebracht, um im Sinne von Deregulierung, im Sinne von Beschleunigung, im Sinne des Aufbaus von Mobilfunkantennen einen Beitrag zu leisten.

Es geht also darum, die Errichtung von Mobilfunkantennen bis zu zehn Metern zu erleichtern, das heißt, sie genehmigungsfrei zu stellen. Die Betreiber von Mobilfunknetzen sind daran selbstverständlich interessiert. Sie wollen die Funknetze in Mecklenburg-Vorpommern zügig erweitern. Wem ist es nicht auch schon so ergangen, in Mecklenburg-Vorpommern in ein Funkloch zu kommen? Dann ist die Verbindung abgebrochen und man konnte so seinen dringenden Anruf gerade nicht erledigen. Hier besteht tatsächlich auch weiterer Handlungsbedarf. Darüber hinaus geht es darum, die UMTS-Technik in Mecklenburg-Vorpommern sehr zügig einzuführen, damit auch diese moderne Technik dann genutzt werden kann.

Der vorliegende Entwurf unseres Gesetzes sieht vor, Mobilfunkantennen mit einer Höhe bis zu zehn Metern und die dazugehörigen Versorgungseinrichtungen baugenehmigungsfrei zu stellen. Dies auch dann, wenn sie auf bereits bestehenden Gebäuden errichtet werden. Der Mobilfunk, das sagte ich ja schon, besteht ja nicht nur aus dem Handy, sondern dazu gehören Sende- und Empfangsstationen mit den dazugehörigen Antennen. Und je größer die Zahl der Teilnehmer und je umfangreicher die Zahl der zu übermittelnden Daten ist, umso mehr Antennen und entsprechende Sende- und Empfangsstationen braucht man. Wir brauchen also ein dichteres Netz von Antennenstandorten, weil es wichtig ist, dass die Sendeleistung pro Antenne beschränkt wird, damit die Werte der elektrischen und magnetischen Feldstärke gering gehalten werden können.

Die Netzbetreiber bemühen sich erkennbar um gemeinsame Antennenstandorte und darum, dass bestehende Gebäude für die Errichtung der Antennen genutzt werden können, um das Orts- und Landschaftsbild zu schonen. Städtebaurechtlich sind Mobilfunkantennen bis zu zehn Metern Höhe auf bestehenden Gebäuden fast überall ohne Einschränkungen zulässig, also kein Problem. Unter dem Blickwinkel der Planungshoheit der Kommunen ist die Genehmigungsfreistellung vertretbar, da den Antennen bis zehn Metern Höhe kein nennenswertes städtebauliches Gewicht zukommt.

Ja, nun geht es noch bei bestehenden Bauwerken um die Statik, aber auch hier gibt es keinerlei Probleme. Und auch die materiell-rechtliche Situation ist in den meisten Fällen unbedenklich. Das heißt: Die Anlagen sind zulässig und müssen genehmigt werden. Es stellt sich also die Frage: Warum denn überhaupt noch ein Genehmigungsverfahren? Deswegen haben einige Länder die mit der Errichtung verbundenen Nutzungsänderungen der Gebäude in die Baugenehmigungsfreistellung einbezogen. Das heißt, es gibt hier gute Erfahrungen und hier ist die Errichtung solcher Antennen auf bestehenden Gebäuden bereits genehmigungsfrei. Das haben wir auch vor und stützen uns dabei auf die neue Musterbauordnung, die im vergangenen Jahr durch die Bauministerkonferenz verabschiedet wurde. Die Landesbauordnung soll in diesem Punkt zügig angepasst werden. Vielleicht ist es Ihnen