Protocol of the Session on May 22, 2003

Ich sage Ihnen jetzt die Zahlen. Wenn Sie der Auffassung sind,

(Wolfgang Riemann, CDU: Sie haben vorhin schon mal falsche Zahlen genannt, Herr Backhaus.)

dass innerhalb des Landes Mecklenburg-Vorpommern nur alte LPG-Ställe in diese Modulationen hineinkommen, dann sagen Sie wissentlich die Unwahrheit.

(Renate Holznagel, CDU: Das habe ich nicht gesagt.)

Das haben Sie hier angedeutet.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Ach was!)

Zurzeit gibt es in Mecklenburg-Vorpommern 704 Anträge, 704 Anträge mit einem Volumen, das bei weitem die Mittel übertrifft, die in die Modulation hineingegeben werden. Das heißt, Ihre These, die Landwirte würden diese Modulation nicht annehmen – und Sie haben von tierartgerechter Produktion gesprochen, ich sage, wir haben mit dieser Richtlinie, und wir haben nur eine in Kraft gesetzt, und zwar für eine tierartgerechtere Tierproduktion, sowohl insbesondere beim Rind als auch beim Schwein zu sorgen –, bezweifle ich. Ich nehme zur Kenntnis, dass die Landwirte geradezu einen Run auf diese Richtlinie gemacht haben. Gerade das ist der Fall.

(Beifall Ute Schildt, SPD – Renate Holznagel, CDU: Aber viele haben gar keinen Antrag gestellt.)

Und ich bin gespannt, wie Sie mir dabei helfen werden, wenn wir von irgendwoher das Geld suchen müssen. Das frage ich mich heute schon. Das heißt, diese populistische Art, darüber zu reden, dass die Modulation nicht angenommen wird und dass wir damit keine Möglichkeiten für die Landwirte eröffnen, um das Geld – und das war von Anfang an mein Ziel – in den Landwirtschaftsbetrieben zu lassen, Punkt 1, und Punkt 2 es für Beschäftigung und für Wertschöpfung in diesem Lande zu behalten, dies geht auf. Nach meiner Auffassung geht dies auf und damit haben wir erreicht, dass das Geld tatsächlich in den Landwirtschaftsbetrieben bleibt, und zwar in den Betrieben, wo möglichst viele Menschen beschäftigt werden und wo man 365 Tage im Jahr tatsächlich an den Tieren arbeitet.

(Beifall Ute Schildt, SPD)

Insofern ist das, was Sie hier erzählt haben, wirklich die Unwahrheit.

Ich will auch noch mal deutlich machen, dass grundsätzlich die Modulation auch auf europäischer Ebene kommen wird. Wir werden morgen eine Sonderagrarministerkonferenz haben, wo es um die Verhandlungen geht, wie im Juni voraussichtlich die Halbzeitbewertung zu Ende gebracht wird. Ich gehe davon aus, dass die Modulation tatsächlich einen Konsens in Europa haben wird. Es war im Übrigen auch Konsens, dass die Agrarförderung so umgestaltet werden muss, dass sie auch von der Gesellschaft als notwendig und sinnvoll akzeptiert wird, und dazu soll die Modulation auch beitragen.

Das heißt, die Modulation ist ein geeignetes Instrument, um die Umschichtung von EU-Finanzmitteln aus der ersten Säule in die zweite Säule im Interesse einer umweltgerechteren Produktion und Produktionsverfahren zu verstärken, denn es geht um die Verbesserung der

Politik für die ländlichen Räume, um tierschutzgerechtere Landwirtschaft und um die Verbesserung des Umweltschutzes und des Tierschutzes. Und dieses habe ich insbesondere für die Tierproduktion in Mecklenburg-Vorpommern angefahren. Dass natürlich der eine oder andere Landwirtschaftsbetrieb, der auf reine Marktf r u c h t p r oduktion gesetzt hat, nun traurig ist, dass er wahrscheinlich keinerlei Mittel daraus bekommen wird, dafür habe ich Verständnis. Aber wir waren von Anfang an bemüht, gerade für die Veredlungsproduktion in unserem Lande etwas zu tun. Und wir brauchen, um die Anerkennung in der Landwirtschaft weiterhin zu haben, einen grundlegenden Paradigmenwechsel für die Begründung der Direktzahlen an die Landwirtschaft, solange wir ein solches System auf dieser weiten Welt haben.

Mir geht es darum, dass es künftig einen Ausgleich von Einkommensverlusten im Interesse der Landwirte gibt. Es geht mir aber insbesondere darum, auch die Honorierung von Gemeinwohlleistungen der Landwirte anzuerkennen und damit diese Mittel bereitzustellen. Ich wäre dankbar, wenn Sie mich dabei unterstützen würden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Die Diskussion über die Modulation an sich vor diesem Hintergrund und auch im Zusammenhang mit den WTOVerhandlungen – ich bin gespannt, was denn da noch gesagt werden wird – halte ich für notwendig. Lediglich den Zeitpunkt, zu dem die nationale Modulation umgesetzt wird, den halte ich persönlich nach wie vor nicht für richtig. Aber wir haben die Weichen gestellt und ich bin gespannt, Frau Holznagel,

(Wolfgang Riemann, CDU: Der Zug fährt in die falsche Richtung.)

was mir Ihre Kolleginnen und Kollegen morgen sagen werden, wie sie mit der nationalen Modulation umgehen, und zwar Ihre Kollegen aus den Ländern, die CDU-geführt sind. Nach meinem Kenntnisstand haben jetzt eine ganze Reihe von Ländern große Schwierigkeiten, zum frühestmöglichen Termin den Landwirten das Geld wieder auszuzahlen. Ich habe für die Landwirte die Verantwortung übernommen, dass sie im nächsten Jahr, weil die Laufzeit ein Jahr beträgt, schnellstmöglich auch in den Genuss dieser Mittel kommen werden.

Und es ist auch unwahr, und das wissen Sie ganz genau, wir wissen es und Sie wissen es, es werden insgesamt 7,5 Millionen Euro aus der Landwirtschaft herausgenommen. Diese werden komplementiert mit 2,5 Millionen Euro, so dass insgesamt tatsächlich mehr Geld bereitgestellt wird, als den Landwirten abgezogen wird. Das heißt, 10 Millionen Euro werden den Landwirten zurückgegeben und damit zweckgebunden und zielgerichtet in die tierische Produktion und in die Veredelungsproduktion gegeben. Das war hier zum Glück immer Beschlusslage und damit tun wir etwas für Beschäftigung, für Veredelungsproduktion in diesem Lande

(Wolfgang Riemann, CDU: Dann können wir ja bald keine Arbeits- losen mehr haben, Herr Backhaus.)

und im Übrigen ausdrücklich, ausdrücklich auch etwas für die Schweineproduktion.

Gut, ich komme zum Schluss. Ich bin davon überzeugt, dass mit diesen über 700 Anträgen deutlich geworden ist, dass die Landwirte dieses Programm ange

nommen haben, dass die Modulationsmittel tatsächlich in vollem Umfang im Lande zurückfließen und an die landwirtschaftlichen Unternehmen zurückgehen. Wir gehen heute eher davon aus, dass es bereits schwierig sein wird, alle Ansprüche aus dem bereitstehenden Modulationsfonds abzudecken. Das heißt zum anderen, die Maßnahmen werden von den Bauern und von den Landwirten in Mecklenburg-Vorpommern trotz, das sage ich auch, vereinzelter Kritik – ich weiß auch, dass jemand von der „Bauernzeitung“ hier im Saale sitzt –, die wir aufgenommen haben und im Wesentlichen beantwortet haben, angenommen werden. Ich gehe davon aus, dass die Tierhalter in diesem Lande davon profitieren, damit Arbeit geschaffen und erhalten wird. Die Resonanz der Landwirte ist vorhanden und darüber bin ich wirklich sehr froh.

(Renate Holznagel, CDU: Ich weiß aber genau, dass viele gar keinen Antrag gestellt haben.)

Dieser Weg ist gangbar und wir können auf diese Weise wirklich die Mittel umverteilen und mit anderen wichtigen Zielen verbinden und damit erreichen, dass der arbeitsintensive Bereich untersetzt wird. Damit danke ich für die Aufmerksamkeit und hoffe, dass die Modulationsmittel so schnell wie möglich an die Landwirte zurückfließen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Danke schön, Herr Minister.

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Kühnel für die Fraktion der SPD.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Einer meiner Grundsätze, der sich im Laufe meines Lebens gefestigt hat, heißt: Lass dich mit deiner Meinung nie vor den Karren anderer spannen! Dieser Grundsatz hat etwas mit Ehrlichkeit und Glaubwürdigkeit zu tun. Und ich kann Ihnen sagen, ich bin bisher mit diesem Prinzip sehr gut gefahren.

Meine Damen und Herren der CDU, als ich Ihren Antrag las, musste ich leider feststellen, dass – das wurde eigentlich schon betont – er in seiner Dürftigkeit und in seinem Populismus kaum zu überbieten ist

(Vincent Kokert, CDU: Unterstellung!)

und fehlerhaft auch noch in seiner Begründung. Sie haben bis heute nicht verstanden, warum bestimmte Elemente der Förderung für die Landwirtschaft korrigiert werden müssen. Wer von Einkommensverlusten spricht, muss natürlich ehrlicherweise dazusagen – das kam im Beitrag unseres Ministers bereits zum Ausdruck –, dass die Mittel aus der nationalen Modulation in unserem Bundesland in erster Linie auf Betriebe umverteilt werden, die sich vorrangig mit der Veredlungsproduktion befassen. Die Antragstellung der Betriebe auf solche Mittel ist so gut wie abgeschlossen. Wir haben gehört, das Geld wird wahrscheinlich nicht reichen.

Ihnen scheint entgangen zu sein, dass sich bereits viele Landwirte diesen neuen Herausforderungen durch die so genannte nationale Modulation gestellt haben. Ich habe selber sehr viele Diskussionen zu diesem Punkt mitgemacht, aber es war auch immer die Frage dazu, dass man sich darauf einstellen muss, dass Veränderungen in der Förderung der Landwirtschaft kommen werden.

(Renate Holznagel, CDU: Deshalb verstehe ich nicht, warum die Verbände die nationale Modulation immer noch nicht wollen.)

Und je eher wir uns darauf einstellen, sehr geehrte Frau Vizepräsidentin, umso besser. Das müssen wir auch so ehrlich sagen. Ich komme nachher noch mal darauf zurück, was wir letztes Mal im Agrarausschuss festgestellt haben. Unsere Landwirte blicken, soweit ich es aufgenommen habe, nach vorn und mit Interesse auf die neuen Fördermöglichkeiten. Sie sind bereit und willens, die Chancen für ihre Unternehmen zu nutzen. Das zeigt die Menge der Anträge. Endlich gibt es eine Möglichkeit – und das können Sie mir glauben, das sage ich vor allen Dingen als Tierproduzent –, die arbeitsintensive Tierproduktion in der Förderung gegenüber den Marktfruchtbetrieben etwas besser zu stellen. Etwas.

(Beifall Ute Schildt, SPD)

Das dürfte Ihren Agrarexperten auch nicht entgangen sein. Anstatt zu blockieren, sollten Sie sich aktiv mit eigenen Vorschlägen einbringen, wie die Richtlinie unter den unterschiedlichen Bedingungen der Praxis jetzt umgesetzt werden kann. Ich erinnere hier nur an den kürzlich stattgefundenen Besuch des Agrarausschusses in dem Milchviehbetrieb Griepentrog, wo deutlich wurde, dass zum Beispiel Stroh als Einstreu in großen Milchviehbetrieben nicht das Allheilmittel für artgerechte Tierhaltung ist.

Ziel sollte es immer sein, den Bedürfnissen der Tiere möglichst gerecht zu werden. Da gibt es gute andere Lösungen, die dieser Forderung sehr entgegenkommen, die arbeitswirtschaftlich und damit auch wettbewerbsfähig sind. Wir sollten aber auch von hier ein Signal senden. Wir können unseren Bauern heute nicht das und morgen jenes erzählen. Wann sollen sie letztendlich noch der Politik glauben? Ihr Antrag weckt unerfüllbare Hoffnungen. Aus dem Grunde bitte ich, diesen Antrag abzulehnen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und Angelika Gramkow, PDS)

Danke schön, Frau Kühnel.

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Wien von der Fraktion der PDS.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Gäste! Dass die nationale Modulation nicht unumstritten ist, das wissen wir alle hier in diesem Raum, und dass es noch recht viele Unwägbarkeiten gibt, das wissen wir auch. Aber irgendwann muss man ja mal anfangen.

Die Praxis ist ja bekanntlich der Prüfstein der Wahrheit. Herr Dr. Backhaus hat inzwischen genügende Beispiele genannt, dass nämlich die Modulationsmittel eigentlich schon wieder eingesetzt sind und damit zu den Bauern zurückgeflossen sind, zumindest die Anträge sind bereits da. Und mehr sollte doch auch nicht erreicht werden. Das ist doch Sinn und Zweck dieser ganzen Geschichte. Und hier, Frau Schlupp, haben wir dann auch schon wieder die sich selbstverwirklichenden Schweine, denn unter anderem wird nämlich auch die Tierhaltung artgerechter mit Hilfe dieser Modulationsmittel.

Unter diesen Umständen sehen wir als PDS überhaupt keinen Grund, hier noch mal Unruhe in den ganzen Pro

zess, der jetzt damit begonnen hat, hereinzubringen, denn diese Unruhe tut unseren Landwirten wahrhaftig nicht gut. Sie haben genug Unruhe zu erleiden gehabt in den letzten Jahren. Lassen wir sie jetzt einfach in Ruhe so weitermachen. Und in diesem Sinne werden wir den Antrag ablehnen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS)

Danke schön, Frau Wien.

Jetzt hat das Wort in der Aussprache die Abgeordnete Frau Schlupp für die Fraktion der CDU. Bitte schön, Frau Abgeordnete.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Die schreibt sich ihre Reden selbst, Herr Landwirtschaftsminister. – Zuruf von Volker Schlotmann, SPD)

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben heute schon viel über die freiwillige nationale Modulation und ihre Auswirkungen auf die Landwirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern gehört. Einigkeit sollte darin bestehen, dass die Einführung einer freiwilligen nationalen Modulation für einen kurzen Zeitraum nicht verantwortbar ist, da sie mit hohen Kosten, einem enormen Verwaltungsaufwand und Anlastungskriterien verbunden ist. Gerade vor dem Hintergrund der derzeitigen Haushaltslage sind die mit der Einführung einer freiwilligen nationalen Modulation einhergehende Steuerverschwendung und die aus ihr resultierenden Einkommenseinbußen für die Landwirte nicht tragbar.