Es wurden in diesem Zusammenhang auch die Berufsschulen angesprochen und gesagt, dass auch in den Berufsschulen bereits Rechtskunde unterrichtet wird. Aber es ist doch wohl so, dass nur unterrichts- beziehungsweise ausbildungsbezogen Rechtskunde unterrichtet wird. Das heißt, der Einzelhandelskaufmann lernt Kaufrecht, der Tischler lernt möglicherweise Werkvertragsrecht, vielleicht auch ein bisschen Kaufrecht.
Was ist aber mit dem Schweißerlehrling von der Werft? Fällt der nun durch das weitmaschige Netz? Frau Polzin, das, was hier ab Klasse 8 und 9 unterrichtet wird, kann in dem Fall eigentlich nicht ausreichend sein, wenn man die Komplexität dieses Stoffes beachtet.
(Angelika Gramkow, PDS: Während des Sozial- kundeunterrichtes wird das unterrichtet! Zumindest habe ich das immer unterrichtet. – Zurufe von Andreas Bluhm, PDS, und Torsten Koplin, PDS)
Ich würde mir wünschen, dass auch die SPD-Fraktion und die PDS-Fraktion hier noch einmal ihre Haltung überdenken. Man kann diesen Antrag, wenn Sie ihn in Teilen nicht für zustimmungsfähig halten, durchaus verändern. Eine Überweisung, verehrte Frau Kollegin, schadet doch in keinem Falle.
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Heike Polzin, SPD: Lassen Sie uns doch einen neuen Antrag machen!)
Herr Abgeordneter, geht es Ihnen auch so wie mir, dass Sie eine gewisse Spannung zwischen den Ausführungen des Ministers und der Abgeordneten Frau Polzin spüren, dass es bereits im Sozialkundeunterricht und im AWT-Unterricht Rechtskunde gibt, und Ihren Ausführungen, dass wir unseren Schülern dringend auch mal etwas über unser Rechtssystem beibringen müssten?
Herr Kollege, natürlich verspüre ich Spannungen, die auf Mehrheitsverhältnisse in diesem Hause zurückzuführen sind. Das ist ganz eindeutig!
(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der SPD, CDU und PDS – Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Dr. Gerhard Bartels, PDS: Das sind Sachen, die auf die Realität des Lebens zurück- zuführen sind. – Zuruf von Heike Polzin, SPD)
Sie müssen aber bitte zur Kenntnis nehmen, dass unser Schwerpunkt auch darauf gerichtet ist, nicht nur eine Materie zu vermitteln, sondern eine Materie auch durch die Person zu vermitteln, die eine möglichst hohe Sachkompetenz in der Sache selbst aufweist.
Gehe ich also recht in der Annahme, dass aus dieser Argumentation zwei Dinge folgen: Erstens, dass an unseren Schulen bisher rechtliche Fragen nicht unterrichtet werden und wenn, das ist die zweite Möglichkeit, dass, da die Fachlichkeit im Mathematikunterricht et cetera offenbar nicht gegeben ist, man auch die Hochschulprofessoren einbinden müsste oder Bauingenieure, die in Zukunft beispielsweise Versuchsanordnungen erklären oder so?
Herr Kollege, ich will mich hier über Mathematikunterricht überhaupt nicht auslassen, denn das ist auch nicht unser Thema, aber ich bleibe dabei, dass nach Auffassung unserer Fraktion ein Mehr, ein notwendiges Mehr
dadurch erreicht werden kann, dass neben dem Sozialkundelehrer oder neben der Sozialkundelehrerin eine gewisse zeitlang ein Jurist steht, der diese Dinge auch aus seinem täglichen Erleben, aus der täglichen Praxis, aus der Verfassung unzähliger Klagen, aus der Bearbeitung des Rechts, aus dem Erleben des täglichen Strafrechts und aus dem Gerichtsalltag anders rüberbringen kann als ein Lehrer, der sicherlich eine ganze Menge, aber eben doch trockene Materie gelernt hat. Das macht Jura leider häufig auch so trocken.
(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Wolfgang Riemann, CDU: Unser Vorbildminister! Aber er hat sich ja heute disqualifiziert, er ist nicht mehr Vorbildminister! – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich wollte eigentlich nicht zu dem Thema sprechen, aber ich bin jetzt zweimal direkt angesprochen worden, deshalb möchte ich dazu auch nur ganz kurz etwas sagen.
Wir haben ja zwei Themen. Wir haben einmal den Antrag und wir haben das, Herr Born, was Sie vorgetragen haben. Zu dem Antrag hatte ich mir fest vorgenommen, nichts zu sagen, weil es um Bildungspolitik geht. Es geht nämlich um die Frage: Wie vermitteln wir unseren Schülern die notwendigen Kenntnisse in Rechtskunde? Da kann man sich dafür entschließen, es gibt andere Länder, die haben sich dafür entschieden, dass es Juristen machen sollen. Man kann sich, glaube ich, aus sehr guten Gründen dazu entschließen, das so zu machen, wie wir das machen. Vielleicht ein Gegenargument zu dem, was Herr Ankermann gesagt hat. Ich möchte nicht, dass hier im Haus der Eindruck entsteht, dass es verschiedene Grenzen gibt. Es gibt auch Grenzen zwischen den Juristen und den Nichtjuristen. Also man kann als Jurist auch sehr gut vertreten, dass das Lehrer machen sollen. Wenn man Ihr Argument aber zu Ende denkt, dann müsste man ja Jugendrichter, Verwaltungsrichter, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Steuerberater, Staatsrechtler und Politologen in die Schulen schicken.
(Heike Polzin, SPD: Und alle zehn Minuten müssen die sich abwechseln!? – Zuruf von Michael Ankermann, CDU)
Punkt 1: Zu dem Antrag meine ich, dass sehr viel dafür spricht, dass wir das so geordnet lassen, wie wir das tun. Aber, und deshalb habe ich mich gemeldet und bin hier vorn hingekommen, weil ich auch direkt angesprochen worden bin, dieses andere Anliegen, was Sie angesprochen haben, Herr Born, das liegt mir natürlich auch am Herzen, dass wir nicht nur guten Rechtskundeunterricht in der Schule machen, wie Frau Polzin das auch schon gesagt hat, sondern dass wir auch dafür sorgen und natürlich alle Vorkehrungen treffen, dass möglichst viel Praxisbezug in die Schulen kommt. Und da fühle ich mich als Justizminister natürlich schon angesprochen.
Ich selbst gehe in Schulen und führe Diskussionen. Sie tun das auch. Ich möchte alle im Hause sehr ermuntern, das auch weiterhin zu tun. Die Punkte, die wir hier unter Rechtskunde angesprochen haben, zum Beispiel Staatsbürgerkunde, das sind Dinge, die kann jeder Abgeordnete des Hauses sehr gut und sehr praxisnah vermitteln, daran würde mir auch sehr liegen.
Der zweite Punkt ist, dass es Jugendliche in erster Linie natürlich interessiert, wie geht es bei Gericht zu. Dann besucht man einen Jugendrichter. Dazu kann ich Ihnen sagen, dass natürlich die Richter und die Staatsanwälte des Landes hoch belastet sind, aber trotzdem – deshalb bin ich auch nicht für eine Lösung, die ihnen ermöglicht, mit Geld als Nebenerwerb regelmäßig tätig zu sein, das ist nicht gut –
erwarte ich auch bei großer Belastung von meinen Staatsanwälten und Richtern, dass sie für den Rechtsstaat werben. Dazu ist eine ganz tolle Gelegenheit zum Beispiel für einen Jugendrichter, dass er in Absprache mit Lehrern Schulklassen einlädt, vor seiner Verhandlung kurz mit ihnen redet, eine halbe Stunde einführt in die Fälle, die
gleich kommen, und dass er mit ihnen bespricht, wie die Fälle erledigt worden sind. Ich kann Ihnen sagen, dass das in sehr großem Umfang geschieht. Das hängt natürlich wie vieles im Leben von dem persönlichen Engagement der einzelnen Leute ab.
Sie haben eben gesagt, Sie wollen in den Ausschüssen etwas dazu erörtern. Ich bin sehr gerne bereit, ohne eine Überweisung dieses Antrages dies als eines der Themen im Rechtsausschuss anzusprechen: Wie können wir unter anderem weiter vorwärts kommen, den Rechtsstaat insoweit zu vermitteln? Wie können wir dafür werben, dass vielleicht noch mehr Richter und Staatsanwälte dahin kommen?
Ich will noch einen ganz kleinen Schlenker machen. Man muss diese Dinge, die ich für sehr positiv halte, nicht schon wieder regeln. Sie wissen, ich bin auch noch zuständig für Deregulierung. In diesem Sinne halte ich es für sehr vernünftig, wenn wir diese Dinge in einer Weise regeln, dass das auf freiwilliger Basis von engagierten Leuten passiert, so, wie das schon im Lande sehr häufig gemacht wird. Und ich kann Ihnen auch sagen, wenn Sie in Schulen gehen wollen und etwas über Gerichte und Staatsanwälte vermitteln wollen, dann bin ich jederzeit bereit, Ihnen Kontakte zu Jugendrichtern zu vermitteln, damit man diese Veranstaltungen praxisnah gestalten kann. Das halte ich für eine sehr gute Sache. Zu dem Antrag, wie gesagt, schließe ich mich voll Frau Polzin an. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Dr. Born, sehr geehrter Herr Ankermann, Ihre Plädoyers für eine Verbesserung der Qualität schulischer Ausbildung in Mecklenburg-Vorpommern insbesondere im Bereich der Rechtskunde kann ich nur begrüßen und alle Kollegen Ihrer Zunft im Lande auffordern, sich mit Lehrerinnen und Lehrern in Verbindung zu setzen, um mit ihnen gemeinsam die entsprechenden Unterrichtsstunden vorzubereiten.
Wenn es um den vorliegenden Antrag geht, suggeriert er in Punkt 1 leider, dass es scheinbar keinen Rechtskundeunterricht geben soll. Nun haben der Minister und auch Frau Polzin, glaube ich, sehr nachdrücklich deutlich gemacht, dass dem nicht so ist, dass in den Rahmenplänen der Jahrgangsstufen 8 und 9 entsprechende Regelungen vorgesehen sind.
Im Rahmen des Schulgesetzes, und das wissen wahrscheinlich – und von daher bin ich natürlich froh über die Debatte hier heute – meistens nur die Bildungspolitiker, geht es um einen ganzheitlichen Ansatz der Persönlichkeitsentwicklung. Herr Ankermann hat ihn hier zitiert und natürlich ist der Paragraph 2 des Schulgesetzes in der Tat eine sehr umfassende Beschreibung des Bildungs- und Erziehungsauftrages. Er ist genau deshalb so umfassend und universell, weil er eine weite Begriffsbestimmung für allgemeine und umfassende Bildungs- und Erziehungs
ziele sichern muss. Natürlich passt insofern alles hinein, was mit Bildung und Erziehung zu verbinden ist, und in diesem konkreten Fall natürlich auch rechtskundliche Befähigung. Es ist allerdings schwierig, ein bestimmtes Themengebiet aus bildungspolitischer Sicht hier zu bevorzugen. Und es ist auch nicht möglich, wegen aktueller Probleme – ich weiß, dass im Rahmen der Anhörung im Wirtschaftsausschuss zur Zahlungsmoral unter anderem auch eines dieser Themen eine Rolle gespielt hat – jedes Mal den Bildungs- und Erziehungsauftrag entweder zu erweitern oder einfach zu verkürzen.
Ich hatte kurzzeitig die Überlegung, was denn passieren würde, wenn wir diesen Antrag in alle Ausschüsse des Landtages überweisen würden, denn dann hätten wir mit Sicherheit aus Sicht der Fachpolitiker einen Wust von Änderungsanträgen, was denn in der Schule noch alles so behandelt werden müsste. Verzeihen Sie mir an dieser Stelle ein wenig meine Ironie, aber vielleicht hätten wir dann aus dem Tourismusausschuss den Vorschlag gehabt, dass man regeln muss, dass die Schülerinnen und Schüler des Tourismuslandes unsere baulichen und landschaftlichen Schönheiten des Landes erklären können müssen im Interesse von mehr Touristen in diesem Lande oder dass vielleicht das Segeln wegen der Vorbereitung der Olympischen Spiele in den Schulsport aufzunehmen ist.