Protocol of the Session on April 10, 2003

(Dr. Gerhard Bartels, PDS: Eine für alle. Einigkeit, oder wie?)

Wir können diese Liste dann gerne fortschreiben,

(Dr. Gerhard Bartels, PDS: So viel zur Arbeit des Ausschusses, Herr Kollege!)

aber wir brauchen die Beschreibung eines Ist-Zustandes und die Beschreibung, wohin die Richtung in Fragen Tourismuspolitik gehen soll.

Meine Damen und Herren, ich möchte an dieser Stelle einige wenige Punkte nennen, die aus meiner Sicht Teil einer solchen Strategie sein müssen:

Der erste Punkt ist der Auslandstourismus. Wir haben viel zu wenig ausländische Gäste. Es waren 2002 nicht einmal 200.000, von denen nur 469.000 Übernachtungen gebucht hatten. Damit wurde etwa nur jede 45. Übernachtung in Mecklenburg-Vorpommern von einem ausländischen Gast gebucht. Das ist zu wenig. Die Tourismusstrategie muss ein Konzept beinhalten, wie die Marketingaktivitäten für die facettenreichen touristischen Angebote bei uns im Ausland deutlich verstärkt werden können. Auch unser Image und unser Service müssen noch internationaler werden. Mit Praxisbezug seien hier bessere Fremdsprachenkenntnisse beim Personal,

(Angelika Gramkow, PDS: Bei den Landtagsabgeordneten!)

mehrsprachige Straßenausschilderungen, Speisekarten und Geldautomaten genannt.

Der zweite Punkt ist der Fachkräftemangel. Trotz Massenarbeitslosigkeit klagt das Hotel- und Gaststättengewerbe über einen Mangel an Fachkräften. Dieses vielschichtigen Problems muss sich eine Tourismusstrategie annehmen, denn vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung wird sich diese Situation weiter verschärfen. Unser Ziel muss sein, insbesondere jungen, gut ausgebildeten Menschen eine Perspektive zum Leben und Arbeiten in Mecklenburg-Vorpommern zu ermöglichen.

Ein weiterer Punkt, der mir, aber auch meinem Kollegen Petters, wie ich vorhin hörte, sehr am Herzen liegt, ist die zu kurze Saison. Wir brauchen bessere Rahmenbedingungen für die Saisonverlängerung.

(Beifall Dr. Ulrich Born, CDU)

Genannt sei hier nur der Gesundheitstourismus, der ein solch ganzjähriges Geschäft darstellt und eine zentrale Rolle in der Tourismusstrategie des Landes spielen muss. Auch ganzjährig zu betreibende Attraktionen wie das geplante überdachte Skizentrum in Wittenburg oder ein möglicher Centerpark dienen dem Ziel, den Standort Mecklenburg-Vorpommern zu stärken.

Meine Damen und Herren, ganz wichtig im Zusammenhang mit Saison verlängernden Maßnahmen ist die bereits erwähnte weitere Entwicklung des Reit- und Radtourismus im Land. Umfragen der letzten Zeit haben es für den einen oder anderen vielleicht etwas überraschend zu Tage gebracht, dass ein Großteil der Urlauber unser Land besucht, um Rad zu fahren.

(Minister Dr. Till Backhaus: Und um zu reiten! – Wolfgang Riemann, CDU: Viele wollen auch reiten, nicht?!)

Die weitere Entwicklung und Vermarktung insbesondere der touristischen und landkreisüberschreitenden Radwege ist deshalb zwingend erforderlich, wenn wir in diesem Bereich nicht unseren natürlichen Kompetenzvorsprung verspielen wollen.

Meine Damen und Herren, eine weitere Anregung, die ich an dieser Stelle mit auf den Weg geben möchte, betrifft unser Image.

(Zuruf von Peter Ritter, PDS)

Da „Image“ ein weiter Begriff ist, möchte ich an dieser Stelle sehr konkret werden. Ich würde mir eine bessere Imagewerbung durch Kooperationen wünschen. Beispielsweise über die Förderung von Schüleraustauschen und Stipendiaten könnte meiner Meinung nach viel ehrenamtliche Werbung für unser Land erreicht werden.

(Beifall Andreas Petters, CDU)

Vor dem Hintergrund historisch gewachsener Beziehungen beispielsweise zu Mecklenburg County in den USA könnte so auch ein aktiver Beitrag des Landes Mecklenburg-Vorpommern zur Verbesserung des deutschamerikanischen Verhältnisses geleistet werden. – Ich bedanke mich.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Danke schön, Herr Vierkant.

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 4/330. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Gegenprobe. – Danke. Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 4/330 bei Zustimmung der Fraktion der CDU mit den Stimmen der Fraktion der SPD und der Fraktion der PDS abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 16: Beratung des Antrages der Fraktion der CDU – Harmonisierung für streckenbezogene Lkw-Maut, Drucksache 4/332.

Antrag der Fraktion der CDU: Harmonisierung für streckenbezogene Lkw-Maut – Drucksache 4/332 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Dr. Born.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe einen sehr kurzen Antrag hier, dem alle zustimmen können. Ich habe die Rede des Ministers hier und ich werde, damit das alles k ürzer geht, diese Ausführungen aufnehmen in meine eigenen, dann werden Sie sehen, wir haben sehr viel Übereinstimmung bei diesem Thema.

In einer der letzten Sitzungen des Landtages zum Thema Verkehrspolitik sprachen im Zusammenhang mit Innovationsfreude zur Einführung, Kollege Ritter, der Eisenbahn vor 150 Jahren und der Nichteinführung des Transrapid im Jahr 2003 in Mecklenburg-Vorpommern

(Dr. Gerhard Bartels, PDS: Suchen Sie sich doch mal ein anderes Thema! Transrapid ist langweilig.)

einige politische Entscheidungsträger von einem Delirium furiosum. Mir scheint, als weite sich dieses Phäno

men aus. Das momentane Durcheinander bei der Frage, wie Infrastrukturfinanzierung in Deutschland und Europa künftig organisiert sein soll, droht, wirtschaftspolitisch betrachtet, fatal zu enden, nämlich dann, wenn die Mauthöhenverordnung ohne eine entsprechende Harmonisierungsleistung für das einheimische Verkehrsgewerbe im Bundesrat verabschiedet würde. Um genau dieses zu verhindern, haben wir Ihnen den vorliegenden, sehr überschaubaren Antrag vorgelegt. Wir fordern darin die Landesregierung auf, sich im Bundesrat nachdrücklich – und der Minister tut das, wie er sagt – gegen die Einführung einer streckenbezogenen Maut für schwere Lkw einzusetzen, und zwar solange, bis eine Kompensationslösung gefunden wird, die dem Verkehrsgewerbe ein Überleben ermöglicht. Der Minister steht der Maut sehr kritisch gegenüber und deshalb kann ich nur sagen, ohne Kompensation wäre es wirklich schlimm. Das mag pathetisch klingen, ist aber leider brutale Realität. Ein schlichtes Gemüt könnte sich denken: Warum geben die, also die Transporteure, ihre Kosten nicht einfach weiter und erhöhen die Preise?

Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, ich kann nur eindringlich warnen, sich solchen Gedanken hinzugeben. Ein Blick in die Praxis zeigt, wie dramatisch die Situation für das deutsche Verkehrsgewerbe heute schon ist. Das deutsche Verkehrsgewerbe ist schon heute dermaßen stark mit Steuern und Abgaben belastet, dass der sich zunehmend verstärkende internationale Wettbewerb immer mehr zu einem reinen Kampf um das nackte Überleben des eigenen Unternehmens wird. Wer das aus ideologischer Verblendung – hier ist sicherlich keiner im Haus – vielleicht als gar nicht so schlimm empfinden sollte, dem muss mit aller Deutlichkeit gesagt werden, dass solch eine Haltung schlicht fatalistisch wäre. Denn mit dem Zusammenbruch deutscher Transportunternehmen würden nicht nur weitere Arbeitsplätze vernichtet werden, ein immenser volkswirtschaftlicher Schaden entstehen, sondern es würde dadurch auch mitnichten etwa Verkehr von der Straße auf die Schiene verlagert. Nein, zwar würden die deutschen Unternehmen flächendeckend vom Markt verschwinden, das will ich konstatieren, aber es entstünden nicht einmal Engpässe, sondern die Pleite gegangenen deutschen Unternehmen würden schlicht durch ausländische ersetzt werden. Das kann eigentlich nicht einmal der verbohrteste Pseudogrüne wollen.

Manch einer scheint das Verkehrsgewerbe als staatlich garantierte Goldgrube zu sehen, nur mit der Wirklichkeit hat das überhaupt nichts zu tun. Was wir dringend brauchen, ist Kostenwahrheit im Güterverkehr. Unsere Straßen sind hoch belastet, der Unterhalt entsprechend teuer, deshalb wollen wir eine Verteilung der Kosten, eine gerechte Verteilung auf alle Nutzer. Der vergleichsweise hohe Anteil ausländischer Lkw muss einen gerechten Beitrag zur Kostendeckung deutscher Autobahnen leisten. Eine Lösung ist deshalb nur gemeinsam in Europa möglich.

Nun kann man der Bundesregierung durchaus zugute halten, dass eine Harmonisierungsleistung für das deutsche Verkehrsgewerbe im ursprünglichen Entwurf einer streckenbezogenen Lkw-Maut auch enthalten war. Aber es mangelt hier offensichtlich an der erforderlichen Ernsthaftigkeit – das will ich aber gar nicht unterstellen – oder aber wahrscheinlich doch an dem notwendigen Durchsetzungsvermögen. Anders lässt sich wohl kaum erklären, dass seitens der EU-Kommission das ganze Verfahren aufgrund beihilferechtlicher Bedenken abgelehnt worden

ist. Jetzt muss die bundesdeutsche Gesetzgebung eine tragbare Lösung finden, genau darum geht es in unserem Antrag.

Eine Einführung des Systems zum geplanten Termin 31. August – hier spreche ich insbesondere Sie, Herr Minister Ebnet, an – scheint mir unrealistisch, denn zu chaotisch sind die bisherigen Vorbereitungen. Kontrollbrücken zur Erfassung der Lkw sind nur vereinzelt installiert. In Mecklenburg-Vorpommern ist gar erst eine von sechs Stationen beantragt, wenn ich das richtig sehe, ganz zu schweigen von den Vorbereitungen der zu zählenden. Die Einheiten, die die Spediteure für rund 1.000 Euro pro Stück in ihre Lkw einbauen lassen, stehen nicht in ausreichender Anzahl zur Verfügung.

Auf rund 30 Prozent, so befürchten Vertreter des entsprechenden Verbandes, wird sich die Zahl der Unternehmen belaufen, die sich in Mecklenburg-Vorpommern nach Einführung der Maut vom Markt verabschieden müssten. In internen Gesprächen sind mir sogar noch höhere Zahlen genannt worden. Es kommt also jetzt darauf an, eine übereilte Aktion auf Bundesebene mit allen Mitteln zu verhindern, eine Aktion, deren Schaden sich gerade auch in einem Flächenland wie Mecklenburg-Vorpommern in Insolvenzen und Entlassungen zeigen würde.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, mit der so genannten Mauthöhenverordnung haben wir in unserem Antrag das Herzstück der geplanten Mautverordnungen in den Mittelpunkt der Beratungen gestellt. Dem Unternehmen Maut fehlt schlicht die Marktreife. Nicht sachgerecht ist die extrem zeitnahe Abbuchung der Maut innerhalb eines Tages, während die Unternehmen bei ihren Kunden mit Zahlungszielen von 30 bis 60 Tagen arbeiten müssen. Hier haben wir ein ganz ähnliches Problem wie das, was wir neulich erörtert haben, Ist-Besteuerung im Zusammenhang mit Umsatzsteuer.

Um es noch einmal im Klartext deutlich zu machen: Nach den bisherigen Vorstellungen sollten die entsprechenden Unternehmer die Maut sofort abführen, während sie ihrerseits 30 bis 60 Tage Zahlungsziele bei ihren Kunden haben. Das heißt eine reine Vorfinanzierung, und das angesichts der schlechten Eigenkapitalausstattungen der Liquiditätsengpässe. Da kann jeder sich ausrechnen, was das für die Unternehmen bedeuten würde, ganz zu schweigen davon, dass die Banken nicht zur Verfügung stehen, um entsprechende Überbrückungsdarlehen auszureichen. Die geplante Mauthöhenverordnung würde in unveränderter Form größten Schaden an unserem Verkehrsgewerbe anrichten.

Wir fordern deshalb Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen aus den Fraktionen der SPD und PDS, auf, mit uns dafür zu stimmen, dass das verhindert wird. Und wir bitten die Landesregierung, sich im Bundesrat – ich sage hier den unionsgeführten Ländern – in dieser Sache in der Abstimmung anzuschließen. Ich nehme zur Kenntnis, dass erfreulicherweise der Wirtschaftsminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern hier entsprechend auch im Bundesrat tätig geworden ist.

Ich sage es Ihnen jetzt mal ganz salopp: Mir ist es völlig wurscht, wessen Antrag, wenn es denn der richtige ist, nachher die Mehrheit im Bundesrat findet. Hauptsache, es kommt das Richtige dabei heraus, also eine vernünftige Kompensationslösung. Und wenn die Länder sich dann gegenseitig dabei übertrumpfen und das vielleicht auch einstimmig so beschließen, ist das wunderbar. Also

ob das dann so herum oder so herum gehändelt wird, das ist nicht das Ziel unseres Antrages. Hier geht es um die Sache und deshalb bitte ich um Ihre Zustimmung. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Danke schön, Herr Dr. Born.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Wirtschaftsminister Dr. Ebnet.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit dem Thema Lkw-Maut haben wir uns heute ein ganz schwieriges Thema vorgenommen, das wir nicht umfassend behandeln können.

Sie wissen alle, die jetzige Bundesregierung hat das Thema Maut übernommen von der Vorgänger-Bundesregierung. Es ist von den Vorgängern Herrn Krause und Herrn Wissmann – und dann kamen die verschiedenen SPD-Minister – eigentlich nahtlos übernommen worden. Und es gab ja auch ganz gute Argumente und ehrenwerte Begründungen, für die Maut zu sein. Ich will nur die zwei wichtigsten aufzählen. Die Verkehrsminister wollten natürlich Mittel für den Straßenbau auf diese Art erzielen und dann manche Projekte, die sonst gefährdet gewesen wären, realisieren. Das ist ja kein unehrenhafter Grund. Und der zweite Hauptgrund war der, dass die ausländische Konkurrenz, die auf deutschen Straßen herumtobt, muss man schon fast sagen, natürlich zu Konditionen arbeiten kann, wo man nur feststellen muss, das ist kein fairer Wettbewerb auf der Straße und beim Transportgewerbe. Das deutsche Transportgewerbe zu schützen ist ja auch ein ehrenwerter Grund.

Aber das Ganze hat natürlich nicht nur positive Seiten, es hat auch negative Seiten. Und es hat vor allem wirtschaftliche Aspekte, Herr Dr. Born, Sie haben ja schon darauf hingewiesen. Wenn der Transportunternehmer die Maut zahlen muss, dann gibt es ja nur zwei Möglichkeiten: Entweder er zahlt sie letztlich aus seiner Tasche, dann belastet es das Transportgewerbe, in dem ja ein mörderischer Wettbewerb stattfindet und zu Kosten gefahren beziehungsweise Preisen gefahren wird, die die Kosten häufig nicht mehr decken. Oder aber er reicht es an seine Kunden weiter. Das heißt, seine Kunden sind Unternehmer. Dann bekommen die Unternehmer diese Abgabe in Rechnung gestellt, müssen sie bezahlen, und dann wirkt sich das auch wieder auf den Wettbewerb unter den Unternehmen aus.

Für Mecklenburg-Vorpommern ist die Situation insofern etwas ungünstiger als für andere Regionen in Deutschland, da bei uns die Transportstrecken weiter sind als in Ballungsräumen und die Transportkosten also höher sind als in anderen Regionen und von daher dann schnell ein Wettbewerbsnachteil für Mecklenburg-Vorpommern und seine Wirtschaft entstehen kann. Das sind alles Dinge, die sind nun mal auf der Schattenseite des Lebens und in diesem Fall auf der anderen Seite der Medaille.