Protocol of the Session on June 27, 2002

nicht weit weg gelegen von Marlow, Süderholz oder auch die Feldberger Seenlandschaft. Nur, das alles ist überhaupt nicht von Schwerin angeschoben worden,

(Zuruf von Heidemarie Beyer, SPD)

das haben die Gemeindevertreter vor Ort mit den Bürgern so besprochen und gemacht.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Außerdem gibt es sehr gute Beispiele für Ämterzusammenschlüsse, und zwar derzeit vor allem dort, wo eine Gemeinde die Geschäftsführung für ein neues Amt übernimmt. Ich nenne als Beispiele Sternberg oder Burg Stargard, Penzlin und Möllenhagen. Friedland hat es auch vor und da gibt es weitere Initiativen. Deswegen sage ich Ihnen noch mal in aller Klarheit: Ziel ist es, die Verwaltungsleistung der Gemeinden zu erhöhen und, mit anderen Worten, die Kosten für die Verwaltungsaufwendungen zu senken. Und welcher Weg vor Ort beschritten wird, kann man sagen, das kann so gemacht werden wie in Marlow oder wie in Sternberg. Da gibt es mehrere Möglichkeiten, die alle durch die Arbeit der Enquetekommission offen gehalten worden sind.

Nun will ich noch etwas sagen zu der von Ihnen aufgeworfenen oder aufgestellten These, das Innenministerium hätte in der Enquetekommission versagt. Herr Rehberg, ich sage Ihnen in aller Nüchternheit, und zwar weiß ich auch aus meiner Arbeit als Parlamentarier, was Ministerien leisten können: Wenn das Innenministerium nicht so intensiv in der Enquetekommission mitgearbeitet hätte, dann hätte es dieses Ergebnis nicht gegeben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Eckhardt Rehberg, CDU: Um Sie geht’s, um Sie geht’s!)

Ich sage in aller Bescheidenheit: Die Beamten meines Hauses und die Beamten des Bauministeriums und ande

rer Ministerien haben sehr viel Arbeitszeit reingesteckt in die Vorlagen, die aus den Ministerien kamen. Natürlich schleicht sich auch mal ein Fehler ein, aber deswegen gleich,

(Eckhardt Rehberg, CDU: Fehler?! Uns die wichtigsten Daten verweigern?! Fehler?!)

Herr Rehberg, deswegen gleich die Beamten so zu beschimpfen, das haben sie nicht verdient!

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD – Eckhardt Rehberg, CDU: Und uns mal eine kleine Anfrage zu beantworten?)

Und deswegen sage ich Ihnen, wenn die Mitarbeiter Sie nicht so intensiv in Ihrer Arbeit unterstützt hätten,

(Heiterkeit bei Eckhardt Rehberg, CDU: Ach, hören Sie doch auf!)

dann wäre dabei gar nichts herausgekommen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Deswegen bin ich froh darüber, dass wir das Ziel erreicht haben.

Im Übrigen haben wir als Koalition nicht nur in dieser Frage der Gemeindestrukturen gearbeitet, sondern ich habe schon hingewiesen auf das Konnexitätsprinzip oder auch auf den Gleichmäßigkeitsgrundsatz im Finanzausgleichsgesetz. Dieser schafft Planungssicherheit für die nächsten Jahre.

(Beifall Heidemarie Beyer, SPD: Richtig.)

Das ist eine viel wichtigere Leistung der Landes- und der Kommunalpolitik, weil hier Verlässlichkeit entstanden ist, die vorher unter Ihrer Zeit, Herr Rehberg, die Gemeinden nicht hatten.

(Zuruf von Eckhardt Rehberg, CDU)

Und das soll auch so bleiben. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Eckhardt Rehberg, CDU: Das war schwach.)

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Schoenenburg von der PDS-Fraktion. Bitte sehr, Herr Schoenenburg.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Herr Rehberg, Sie haben es wieder mal verpatzt. Sie haben nämlich der Versuchung nicht widerstehen können, hier wieder kräftig Parteipolitik zu machen bei einem Thema,

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

das auch durch die Enquetekommission – und das haben Sie ja selbst gesagt – ganz anders behandelt worden ist.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Und leider haben Sie auch wieder versucht, aus dem Thema Wahlkampf zu machen.

(Ministerpräsident Dr. Harald Ringstorff: Sehr richtig.)

Manchmal sollte man eben der Versuchung widerstehen, überall punkten zu wollen. Das geht nämlich nach hinten los. Und deswegen will ich an der Stelle auch nicht

heftig mit der CDU polemisieren, obwohl ihre Rolle in der Enquetekommission, na ja, doch sehr verschieden bewertet werden kann.

(Reinhard Dankert, SPD: Das war höflich ausgedrückt.)

Nein, ich denke, das entspricht nicht dem Geist und der Tätigkeit der Enquetekommission.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Man kann sagen – und ich sage das hier ganz bewusst –, die Arbeit hat sich gelohnt. Es hat sich erwiesen, dass sie in einem parlamentarischen Gremium zu einer fruchtbringenden konstruktiven und parteiübergreifenden Zusammenarbeit zwischen Abgeordneten, Vertretern der Ministerien, der kommunalen Spitzenverbände sowie Praktikern aus Verwaltungen und den kommunalen Vertretungen kommen kann, die auch zahlreiche Ergebnisse hervorbringt. Das ist doch der Punkt.

Die Arbeit der Enquetekommission, aller Mitglieder, beratender Mitglieder, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Sekretariats und der Fraktionen soll hier von uns, der PDS-Fraktion, ausdrücklich gewürdigt werden. Und es ist doch ganz klar, dass eine Enquetekommission, die am Ende Beschlüsse fasst, auch Streit auf den Weg bringt. Und es ist doch ganz klar, dass der Innenminister nicht unbedingt die Meinung haben muss, die dieser oder jene Abgeordnete hat oder diese oder jene Fraktion. Das bringt doch den Streit, die Sache voran. Das behindert sie doch nicht. Und selbstverständlich ist, wenn wir uns am Ende anders entschieden haben, der Gedanke einer Gesamtgemeinde ein legitimer Gedanke. Andere Länder tun es doch, gerade Länder, die unter CDU-Führung stehen. Deswegen meine ich nicht, dass man es hier tun muss, aber darüber nachzudenken und das als ein Denkmodell zu sehen, das ist zulässig, das ist in Ordnung.

(Beifall Angelika Gramkow, PDS, und Caterina Muth, PDS)

Also wir danken allen, die da mitgewirkt haben. Und ich denke, auf der Grundlage des Berichts und der Ergebnisse sollte jetzt in der nächsten Legislaturperiode weitergemacht werden.

Leider, das muss ich an der Stelle doch sagen, tat sich die CDU zunächst sehr schwer, überhaupt in der Kommission mitzuarbeiten. Und ich sage auch voll Stolz, wenn es bei der CDU sehr schwer war, uns ist es sehr leicht gefallen. Im Gegenteil, wir haben als PDS diese Enquetekommission initiiert gemeinsam mit unserem Partner. Von der CDU hatte ich da nichts gehört. Gegen die Wahl des Vorsitzenden und der stellvertretenden Vorsitzenden am 28. September 2000 wurde erst einmal – und das war der CDU das Wichtigste – Klage beim Landesverfassungsgericht Mecklenburg-Vorpommern eingelegt. Bis zur Klärung nahm die CDU-Fraktion nicht an den Sitzungen der Enquetekommission teil. Das ist natürlich ihr gutes Recht, aber für die Sache der Kommunen war das wenig hilfreich. Besser gesagt, die Arbeit der Kommission wurde durch diese Verhaltensweise der CDU behindert. Und nun sage ich mal, es war doch wohl ein großes Zugeständnis der Enquetekommission, Herren der CDU als sachkundige Bürger oder was auch immer in die Sitzung der Kommission einzuladen. Das hätte gar nicht zu sein brauchen, aber das war ein Entgegenkommen. Und es ist schon ein bisschen seltsam, wenn Sie sich dann sozusagen hier mit

diesem Entgegenkommen auch noch brüsten und sich spreizen wie ein Pfau. Der Einsetzungsbeschluss hatte die Richtung der Arbeit bestimmt. Nach seinen Vorgaben konnte die Arbeit auch ohne Mitwirkung der CDU strukturiert werden.

Seine Grundstruktur wird auch in dem nun vorgelegten Bericht deutlich. Auf der Grundlage einer Analyse der Situation der Städte und Gemeinden des Landes und unter Berücksichtigung bisheriger Erfahrungen mit verschiedenen Modellen zur Verwaltungsvereinfachung und Verwaltungseffektivierung sollten Empfehlungen für zukünftige Strukturen gegeben werden mit dem Ziel, die verfassungsrechtlich garantierte kommunale Selbstverwaltung tatsächlich dauerhaft zu sichern und zu stärken. Modelle und Maßnahmen zur Gestaltung einer effizienten und leistungsfähigen Gemeindestruktur sollten dargestellt und in Bezug auf Mitwirkungsmöglichkeiten der Bürger, demokratische Struktur, Personalbedarf, Kosteneinsparung und kommunale Handlungsfähigkeit bewertet werden. Im Ergebnis wurden Strukturveränderungen sowie Maßnahmen zur Sicherung ihrer politischen Akzeptanz vorgeschlagen, erste Ergebnisse zur Funktionalreform und zu den Stadt-Umland-Beziehungen erarbeitet, und das ist doch was.

Wichtigstes Ergebnis aber für uns, die PDS-Fraktion, ist, dass im Lande eine breite öffentliche Debatte auf den Weg gebracht wurde und die kommunale Ebene – die Gemeinden und Landkreise, Gemeindevertretungen, Verwaltungen sowie nicht wenige Bürger – für die Problematik sensibilisiert wurde. In den Gemeinden, Ämtern, Landkreisen und Städten wurde das Thema diskutiert, umfangreiche Befragungen, die im Rahmen der Arbeitsgruppentätigkeit zur Rolle der amtsfreien Gemeinden, der Amtsverwaltungen und amtsangehörigen Gemeinden sowie der geschäftsführenden Gemeinden und zu Kooperationsmodellen vorgenommen wurden, ließen die Erfahrungswerte mit den momentanen Strukturen und die Anregung für deren Weiterentwicklung in die Arbeit der Enquetekommission einfließen. Sitzungen der Arbeitsgruppen vor Ort unterstützten diesen Prozess, wo kommunale Verantwortungsträger aktiv in die Arbeit einbezogen wurden.

Aber auch darüber hinaus nutzten viele Betroffene aus dem kommunalen Raum die Möglichkeit, der Enquetekommission ihre Meinung mitzuteilen. Leider wurden ja – vielleicht auch konnten – viele der Anregungen und Bedenken nicht weiterverfolgt und in den Empfehlungen berücksichtigt. Eines wurde jedoch ganz klar: Die im Land bestehende und durch die Kommunalverfassung vorgegebene Grundstruktur aus amtsangehörigen Gemeinden und amtsfreien Gemeinden des kreisangehörigen Raumes hat sich bewährt. Sie soll beibehalten und weiter ausgestaltet werden.

Eine weitere wichtige Erkenntnis aus den durchgeführten Untersuchungen ist es, dass es in den Bedingungen des weiträumigen dünn besiedelten Flächenlandes Mecklenburg-Vorpommern entsprechend kein Strukturkorsett nach dem Beispiel anderer Bundesländer geben sollte. Wir brauchen unseren eigenen Weg. Sinnführend bei notwendigen Veränderungen muss das reale Leben sein. Nicht die Arbeitserleichterung für die Verwaltung darf an erster Stelle stehen, sondern an erster Stelle müssen stehen der Bürger, die Bürgerin, die Einwohner in ihrem Lebensumfeld mit ihren Bedürfnissen und Anforderungen an staatliche Verwaltung. So herum wird ein Schuh daraus.

Ein Mangel tat sich in unserer Arbeit doch auf. Die erreichten Arbeitsergebnisse zu den vier Schwerpunkten wurden relativ beziehungslos nebeneinander gestellt. Es gab und gibt den Versuch, einzelne Resultate – zum Beispiel die Empfehlung bezüglich der Mindestgrößen von Gemeinden und Ämtern – zu verabsolutieren, sie ohne Einbettung in die Gesamtsituation, ja ohne ausreichende Untersuchungen zur Umsetzung zu empfehlen. Dabei zeigt sich nach Meinung der PDS-Fraktion ganz deutlich, dass die Arbeit noch nicht abgeschlossen ist. Der Versuch, ohne ausreichende Untersetzung erlangte Ergebnisse umzusetzen, wird sich als nicht machbar erweisen. Die gemachten Zahlenvorgaben sind weder wissenschaftlich begründet, noch gehen sie auf die Bedingungen des Flächenlandes Mecklenburg-Vorpommern in ausreichender Weise ein.

Beispiele von Gemeindestrukturreformen von oben sehen sich heute einer Flut von gerichtlichen Anfechtungen gegenüber, wie das Beispiel Brandenburg zeigt. Dort hat der Innenminister Schönbohm, CDU, in der Koalitionsvereinbarung mit der SPD die Ergebnisse der dortigen Enquetekommission rigoros beiseite geschoben und versucht, eigene Vorstellungen durchzusetzen. Erste Ergebnisse sind schon gerichtlich in Frage gestellt worden. Es gibt erheblichen Widerstand gegen die dortige Gemeindegebietsreform. Circa 300 Gemeinden sind nicht bereit, sich zu Großgemeinden zusammenzuschließen. Und auch da sage ich den Bürgern in unserem Land, in den Gemeinden: Schaut nach Brandenburg und schaut, was dort die CDU anrichtet, und bedenkt das, wenn ihr wählen geht!

Eine ähnliche Reaktion wäre auch bei uns zu erwarten, wenn es zu gesetzlichen Festschreibungen der bisherigen Empfehlungen ohne weitergehende Untersuchungen käme. Eine Vielzahl von Ausnahmeregelungen wäre unabdingbar häufig schon allein den weiten Entfernungen, die zwischen einzelnen Gemeinden liegen, geschuldet.

Die beiden PDS-Abgeordneten in der Enquetekommission haben in einem Sondervotum zum Bericht die Probleme dargestellt, wegen derer sie sich bei der Abstimmung der Stimme enthielten. Gerade die bisher fehlende Thematisierung von Beziehungen zwischen Funktionalreform und künftigen Gemeinde- und Ämterstrukturen sowie die Prüfung von Rückschlüssen und notwendigen Auswirkungen hätten die eigentliche Substanz gesicherter tragfähiger und praktikabler Empfehlungen an den Landtag ergeben müssen. Rechtzeitige Hinweise darauf gab es von Herrn Professor Dr. Schröder. Ich zitiere: „Gerade mit Blick auf die zukünftige Entwicklung der Aufgaben der Gemeinde muss auch früh über die Verbindung zwischen einer Gemeindestrukturreform und einer Funktionalreform sowie deren Umfang gesprochen werden.“ Oder auch: „Die Kriterien zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit von Gemeinden sind nicht von einer Definition der Aufgaben der Gemeinden zu trennen.... Daraus folgt, dass eine mögliche Funktionalreform schon früh in die Überlegungen einbezogen werden muss.“

Professor Hesse schrieb dazu in seinem Gutachten „Regierungs- und Verwaltungsreform in MecklenburgVorpommern“: „Unter Berücksichtigung kultureller, traditioneller und politisch-gesellschaftlicher Rahmenbedingungen heißt dies, die Strukturen den Erfordernissen der jeweiligen Aufgaben anzupassen, nicht hingegen die Kompetenzverteilung an bestehenden Organisationsstrukturen zu orientieren. Struktur- und Funktionalreform bilden das eigentliche Handlungspotenzial für Regie