Protocol of the Session on June 27, 2002

Unterbrechung: 9.18 Uhr

Wiederbeginn: 9.19 Uhr

Wir setzen die unterbrochene Sitzung fort.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 19: Bericht der Enquetekommission „Zukunftsfähige Gemeinden und Gemeindestrukturen in Mecklenburg-Vorpommern“, Drucksache 3/2959, hierzu Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD, CDU und PDS – Entschließung zum Bericht der Enquetekommission „Zukunftsfähige Gemeinden und Gemeindestrukturen in Mecklenburg-Vorpommern“, Drucksache 3/2972.

Bericht der Enquetekommission „Zukunftsfähige Gemeinden und Gemeindestrukturen in Mecklenburg-Vorpommern“ – Drucksache 3/2959 –

Antrag der Fraktionen der SPD, CDU und PDS: Entschließung zum Bericht der Enquetekommission „Zukunftsfähige Gemeinden und Gemeindestrukturen in Mecklenburg-Vorpommern“ – Drucksache 3/2959 – – Drucksache 3/2972 –

Das Wort zur Berichterstattung wird nicht gewünscht.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 90 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Zunächst hat das Wort der Innenminister Herr Timm. Bitte sehr, Herr Minister.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Arbeit und vor allem die Ergebnisse der Enquetekommission „Zukunftsfähige Gemeinden und Gemeindestrukturen“ gehören zu den Erfolgsstorys dieser Legislaturperiode, und zwar nicht nur deshalb, weil sinnvolle und zukunftsweisende Beschlüsse einstimmig – mit Enthaltungen, aber einstimmig – zustande kamen, sondern vor allem auch deshalb, weil heute im ganzen Land Mecklenburg-Vorpommern, in jeder Gemeindevertretung und in jedem Amt die Frage einer Fusion konkret diskutiert wird. Das zeigt: Das Problembewusstsein für die Modernisierung kommunaler Strukturen ist überall geweckt und vorhanden.

(Heiterkeit bei Eckhardt Rehberg, CDU: Das gibt’s nicht!)

Und die Richtung, meine Damen und Herren, für die weitere Arbeit ist durch die Enquetekommission, Herr Rehberg, an der Sie dankenswerterweise mitgearbeitet haben,

(Eckhardt Rehberg, CDU: Herr Timm, Sie haben nicht mal den Bericht gelesen!)

die Richtung ist...

(Eckhardt Rehberg, CDU: Sie haben nicht mal den Bericht gelesen!)

Meine Damen und Herren, die Richtung ist

(Eckhardt Rehberg, CDU: Sie haben sich nicht mal die Mühe gemacht, den Bericht zu lesen und das Minderheitenvotum der PDS zur Kenntnis zu neh- men. Nicht mal die Mühe haben Sie sich gemacht.)

durch das Ergebnis der Enquetekommission gewiesen. Ich will noch mal betonen, dass das Ergebnis einstimmig zustande kam,

(Eckhardt Rehberg, CDU: Das ist falsch, was Sie erzählen.)

mit Enthaltungen.

(Eckhardt Rehberg, CDU: Nein, das ist falsch.)

Nein. Ich war bei der Abstimmung dabei, Sie nicht, Herr Rehberg,

(Eckhardt Rehberg, CDU: Ich bin dabei gewesen.)

Sie nicht.

(Eckhardt Rehberg, CDU: Es gibt ein Minderheitenvotum. Sie sind nicht ein einziges Mal dabei gewesen.)

Deshalb will ich mich, meine Damen und Herren, als Vertreter der Landesregierung ausdrücklich dem Dank der Fraktionen des Landtages – so liegt es in der Beschlussempfehlung vor – anschließen. Die kommunalen Vertreter, die Wissenschaftler, die Mitglieder der Verbände, die Abgeordneten und die Beamten der Ministerien haben diesen Dank verdient. Und an dieser Stelle, glaube ich, ist es auch geboten, dem Kommissionsvorsitzenden Herrn Müller die besten Genesungswünsche von hier aus zu übermitteln.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, CDU und PDS)

Meine Damen und Herren! Die Modernisierung unseres Landes, die Weiterentwicklung der Verwaltungsstrukturen ist keine Aufgabe, die einmal gemacht wird und dann für immer erledigt ist. Modernisierung ist ein dauerhafter Prozess. Das gilt vor allem auch für die Rolle unseres Bundeslandes als europäische Region. Wer in Zukunft vorn sein will, der, meine Damen und Herren, muss in Europa vorn sein. In dieser europäischen Perspektive liegt die Chance für Mecklenburg-Vorpommern und für die Menschen, insbesondere auch für die jungen Menschen, die hier leben.

Für die Verwaltungen auf unterster Ebene heißt das, mit der Entwicklung von e-Government Schritt zu halten. Es heißt, das gesamte Landesrecht, Bundesrecht und das europäische Recht rechtssicher und zügig zur Anwendung zu bringen. Es bedeutet weiter, die Selbstverwaltungsaufgaben wie Schulen, Kindertagesstätten, Feuerwehren und weitere zu tragen und dabei effizient und effektiv zu arbeiten. Außerdem, meine Damen und Herren, das war ein großes Thema, darf die Bürgernähe nicht verloren gehen.

(Heiterkeit bei Eckhardt Rehberg, CDU – Dr. Armin Jäger, CDU: Das haben wir Ihnen ja erklärt.)

Aber Bürgernähe, Herr Dr. Jäger, meine ich nicht – möglicherweise unterscheiden wir uns da –

(Dr. Armin Jäger, CDU: Aber ja.)

allein im geographischen Sinne, sondern Bürgernähe heißt auch, dass wir Qualität der Verwaltungen dem Bürger anzubieten haben. Der Bürger erwartet, und das darf er auch erwarten, dass sein Anliegen vor Ort sicher, kompetent, zügig und, wenn es geht, abschließend behandelt wird, auch dann, wenn die Materie schwierig ist, zum Beispiel beim Baurecht.

(Beifall Heidemarie Beyer, SPD)

Meine Damen und Herren! Heute haben wir in Mecklenburg-Vorpommern 974 Gemeinden. Davon sind 918 in Ämtern zusammengeschlossen und 56 sind amtsfrei. Die amtsangehörigen Gemeinden werden durch 117 Ämter verwaltet, so dass wir auf unterster Ebene 173 Gemeindeverwaltungen haben. Von den Gemeinden haben 416 weniger als 500 Einwohner. Bereits heute erreichen mehr als die Hälfte der Ämter nicht einmal die vom Gesetz vorgegebene Regeleinwohnerzahl von 6.000. Hier, meine Damen und Herren, liegt der Handlungsbedarf, der ja auch in der Enquetekommission erkannt wurde, zumal keine deutsche und vor allem auch keine europäische Region so kleinteilig verwaltet wird wie Mecklenburg-Vorpommern. Unter den neuen Bundesländern ist Sachsen das Land, das diesen Weg in den letzten Jahren am konsequentesten unter den neuen Ländern beschritten hat.

Die Landesregierung wird die Ärmel noch weiter aufkrempeln

(Heiterkeit bei Eckhardt Rehberg, CDU)

und die Empfehlungen der Enquetekommission umsetzen. Wir sind in vielen Bereichen bereits mitten in der Umsetzung. Dabei ist klar, meine Damen und Herren, dass an der Grundstruktur der Kommunalverwaltung festgehalten wird, aber die Fusion von Ämtern nun konkret angegangen wird. Um diesen Prozess bis 2005 abzuschließen, halte ich es auch für richtig, wie es die Enquetekommission gesagt hat, die Freiwilligkeit beim Zusammengehen der Gemeinden hervorzuheben. Die 8.000er Zahl bei den Ämtern als Regeleinwohnerzahl, 6.000 als Mindestforderung, ist ja gerade durch die Erhebung dieser Daten in den Ämtern selber faktisch legitimiert worden. Der Hinweis, dass in diesem Zusammenhang die Phase der Freiwilligkeit bei den Ämtern mit dem Ende des Jahres 2004 enden soll, muss dabei immer hervorgehoben werden, sonst lässt vor Ort der Handlungsdruck nach.

Meine Damen und Herren! Es würde vielleicht an dieser Stelle zu weit führen – vielleicht habe ich noch Gelegenheit dazu –, wenn ich jetzt die weiteren Einzelergebnisse bewerten würde. Aber ich will meiner Hoffnung Ausdruck verleihen, dass auch in der nächsten Legislaturperiode die Zusammenarbeit zwischen Parlament, Regierung und vor allem auch dem außerparlamentarischen Sachverstand, der hier in dieser Enquetekommission sehr gute Arbeit geleitstet hat, weiterhin gute und konkrete Ergebnisse bringt. Nicht allein die teilweise offen gebliebene Stadt-Umland-Problematik oder die Fragen zur Funktionalreform bedürfen einer Lösung, sondern vor allem auch die Optimierung und die Deckungsfähigkeit der horizontalen und vertikalen Verwaltungsstrukturen zwischen dem Land und den kommunalen Gebietskörperschaften in Mecklenburg-Vorpommern. Nur dann, meine Damen und Herren, wenn wir langfristige Entwicklungsziele klar benennen und diese dann auch im großen Konsens möglichst einheitlich umsetzen, werden wir die Chance unseres Landes als europäische Region mit Nachdruck nach vorne bringen. Ich jedenfalls fand die Arbeit und vor allem, wie gesagt, die Ergebnisse dieser Kommission gut und würde mich freuen, wenn wir auf dieser konstruktiven Arbeits- und Vertrauensbasis weiterarbeiten. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Das Wort hat der Vorsitzende der CDU-Fraktion Herr Rehberg. Bitte sehr, Herr Rehberg.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Hier hat eine Kommission, besetzt mit sechs Landtagsabgeordneten – zwei von der CDU, zwei von der SPD, zwei von der PDS –, fast zwei Jahre getagt. Und jetzt wird hier – und das bedauere ich außerordentlich, weil ich das eben zu Beginn dieser Landtagssitzung erst mitbekommen habe – der Bericht dieser Enquetekommission nicht eingebracht. Dass der Kollege Müller von der SPD das nicht machen kann, das ist bedauerlich und verständlich. Aber es sitzen hier noch die Kollegen Müller, Detlef, Frau Schmidt, Herr Jäger und Herr Rehberg, die mitgearbeitet haben und hier Rederecht im Parlament haben.

(Angelika Gramkow, PDS: Sie wollten nicht.)

Und ich glaube, es hätte dieser Arbeit gut getan...

Ich habe es nicht gewusst, wir sind nicht angesprochen worden, Frau Gramkow.

(Angelika Gramkow, PDS: Doch.)

Es hätte der Arbeit dieser Enquetekommission gut getan, es hätte diesem Landtag gut getan, wenn man die Arbeit aufgezeigt, skizziert hätte,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

insbesondere auch das Engagement der kommunalen Vertreter,

(Zuruf von Rainer Prachtl, CDU)

der wissenschaftlichen Experten, die dabeigesessen haben. Die haben das doch nicht zum Spaß gemacht, sondern, und das hat man gespürt in der Kommissionsarbeit, insbesondere in Verantwortung zu diesem Land, um Mecklenburg-Vorpommern in diesem Punkt ein Stück weit voranzubringen.