Protocol of the Session on May 30, 2002

Alle Fachleute, auch das Ministerium, auch wir haben schon mindestens seit einem Jahr gesagt, ein Investiti

onsstau im Kita-Bereich liegt bei 100 Millionen, das heißt, das ist eine gewaltige Zahl. Das wird man in einem Jahr nicht schultern können, aber man muss sich dieser Aufgabe stellen, denn die Rahmenbedingungen müssen stimmen. Und deswegen bin ich auch der Meinung, dass so was in so eine Analyse mit einfließen muss. Wenn das nicht geschieht, kommen wir nicht voran.

(Zuruf von Annegrit Koburger, PDS)

Und noch eins: Denken Sie daran, dass in den Pflegeeinrichtungen der stationären Pflege das Durchschnittsalter der dort ihren Lebensabend verbringenden Bürger zwischen 78 und 82 Jahren liegt. Im Durchschnitt, es ist immer sehr schwankend, in den Einrichtungen unterschiedlich. Aber der Aufwand wird größer werden, wir werden mehr Personen bekommen, die in die Pflegestufe 3 kommen. Wir brauchen nach meiner Einschätzung mehr Pflegende, mehr gut ausgebildete und sehr engagierte. Und deswegen noch mal mein Appell: Die Altenpflegeausbildung im Land Mecklenburg-Vorpommern muss kommen, sie muss vorangetrieben werden und die Finanzierung muss geregelt werden zwischen den Kassen, den Pflegeeinrichtungen und selbstverständlich dem Land.

Meine Damen und Herren, ich hoffe, dass Sie unserem Änderungsantrag mit zustimmen können. Er sattelt sozusagen auf Ihren Vorschlag auf und er ist, denke ich, auch verständlich,

(Dr. Margret Seemann, SPD: Verständlich und richtig.)

so dass ich hoffe, dass Sie sich diesem nicht entziehen können.

Meine Damen und Herren, wir stehen vor Richtungsentscheidungen gerade im Gesundheits- und Sozialbereich. Da wird es auch Einschnitte geben müssen, aber die wichtigen Dinge wie Versorgung der Bevölkerung und Sicherstellungsauftrag und die Sicherung der stationären Krankenhäuser im Land ist eine ganz entscheidende Frage, denn die Versorgung der Bevölkerung in der Fläche und in der Spezialisierung in den großen Krankenhäusern muss gesichert sein. Ich sage Ihnen jetzt noch eins, bevor ich aufhöre: Zurzeit geben wir etwa 1 Milliarde Euro aus alleine für die Gesundheitsversorgung in den Krankenhäusern im Land Mecklenburg-Vorpommern. Ich hoffe, dass wir zu einer vernünftigen Lösung in dieser Frage kommen und danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und einzelnen Abgeordneten der SPD)

Danke schön, Herr Glawe.

Als Nächste hat das Wort die Sozialministerin des Landes Frau Dr. Bunge. Bitte schön, Frau Bunge, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Fachkräfte im sozialen Bereich zu sichern, das ist die Kardinalfrage der Qualität von gesundheitlichen, pflegerischen, betreuerischen Leistungen. In allen sozialen Bereichen stehen wir in Mecklenburg-Vorpommern vor einem mehr oder weniger intensiven Generationenwechsel, bei dem einen heute, bei dem anderen morgen. Der enorme Nachwuchsbedarf entsteht in einer Zeit, wo soziale Berufe stark an Attraktivität verloren haben oder auch schlechtgeredet werden. Insofern können die jeweils Verantwortlichen nicht allein

gelassen werden. Maßnahmebündel und gemeinsames Wirken sind erforderlich. Als Sozialministerin sehe ich mich dabei in etlichen Bereichen als Initiatorin beziehungsweise Moderatorin.

Besonders intensiv und rasch sind wir mit dem Generationenwechsel im Bereich der ärztlichen Versorgung, vor allen Dingen im ambulanten Bereich konfrontiert. Normal ist bei einem durchschnittlich 40-jährigen Berufsleben, wenn in einem 5-Jahr-Zeitraum 12,5 Prozent der Beschäftigten in den Ruhestand gehen. Da bei den Hausärzten, zum Beispiel bei den Allgemeinmedizinern, 25 Prozent und bei den Internisten 30 Prozent über 60 Jahre alt sind, der Ruhestand also absehbar ist, engagiert sich das Sozialministerium seit über einem Jahr für die Sicherung der gesundheitlichen Versorgung. Den Sicherstellungsauftrag hat zwar die Kassenärztliche Vereinigung, aber an einem runden Tisch in meinem Haus entstand ein Maßnahmekatalog mit zehn Punkten, den ich letzten Freitag der Öffentlichkeit vorstellte. Jetzt sind alle Beteiligten gefordert, ihren Part wahrzunehmen. Der bloße Ruf nach der Politik ist da wenig hilfr e i c h.

Hilfreich ist es auch nicht, wenn der Chef der Kassenärztlichen Vereinigung unseres Landes mich auf dem Ostdeutschen Kassenärztetag am Samstag letzter Woche des Abschreibens bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung bezichtigte.

(Torsten Koplin, PDS: Pfui!)

Ja, wir haben nicht das Fahrrad neu erfunden, wir haben uns darauf verständigt, das in Angriff zu nehmen, was wir für wesentlich und erfolgversprechend halten. Ein Maßnahmekatalog ist für mich verpflichtend und nicht nur eine Ideensammlung – und das war das Papier der KBV. Was der KV-Chef hier abzieht, ist purer Wahlkampf, Wahlkampf in eigener Sache – wir alle wissen wofür – und wenig förderlich für das Anliegen der Sicherung der ärztlichen Versorgung.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Ich habe in diesem Bereich Ergebnisse vorzuweisen: eine Gesetzesänderung mit der Möglichkeit, die ärztlichen Honorare 2002 bis 2004 um insgesamt sechs Prozent zusätzlich anzuheben.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Endlich ist auf Bundesebene die Approbationsordnung durch und damit der AiP, der Arzt im Praktikum, mit seiner diskriminierenden Bezahlung nicht mehr nötig. Und die Angleichung muss weitergehen, dafür habe ich mich diese Woche eingesetzt und werde ich mich auch künftig einsetzen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Im Landespflegeausschuss beschäftigen wir uns in diesem Jahr Anfang Juli das zweite Mal mit der Problematik der Sicherung des Fachkräftenachwuchses. Ein Problem ist, den tatsächlichen Bedarf zu erkunden, denn die Altersstruktur der Beschäftigten wird statistisch nur sehr global ausgewiesen. Für Umfragen braucht es aber rechtliche Grundlagen. Zurzeit bauen wir auf freiwillige Auskünfte von Trägern der freien Wohlfahrt wie von der kommunalen Seite. Im Pflegebereich drücken die prekäre Situation der Kranken- und Pflegekassen und die gesetzliche Orientierung auf wirtschaftliche Leistungserbringung

das Entlohnungsniveau. Und da sind wir in einer anderen Situation als Bayern, Herr Glawe.

(Harry Glawe, CDU: Ja, ich hab ja nur …)

Bayern hat eine andere Potenz in der Leistungserbringung, das wissen Sie genauso gut.

(Harry Glawe, CDU: Ja, ich hab’s ja nur gesagt.)

Und damit ist hier im Land ein anderer Druck.

Was aber die häusliche Krankenpflege anbetrifft, haben wir in Mecklenburg-Vorpommern den höchsten Stand pro Versicherter in der Bundesrepublik. Das ist ja nicht nichts! Das heißt, dass ich natürlich als Aufsicht auch Maßnahmen der Krankenkassen tolerieren muss, auch wenn ich die Form bekrittelt habe, dass sie hinterfragen: Wofür geben wir denn so viel in diesem Bereich aus? Und ich habe gesagt, es war – einfach nur 80 zu zahlen und 20 einzubehalten – nicht der richtige Weg.

(Harry Glawe, CDU: Ja, das hat aber wehgetan, das hat wehgetan.)

Aber das Hinterfragen ist notwendig gewesen. Und Sie wissen genau, dass ich mich dafür eingesetzt habe, dass die 20 Prozent, wenn nicht Unregelmäßigkeiten festgestellt worden sind, gezahlt worden sind.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Torsten Koplin, PDS – Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Noch gibt es im Pflegebereich Nachwuchs und Umgeschulte genug. Und all das, was in diesem Bereich an Ausbildungsverbesserung getan wurde, meine ich, damit braucht die CDU-Opposition sich hier keinesfalls in irgendeiner Richtung zu schmücken.

(Harry Glawe, CDU: Nee.)

Wir haben ein neues Bundesaltenpflegeausbildungsgesetz. Es ist auf Eis gelegt durch die Klage der Landesregierung Bayerns.

(Heiterkeit bei Dr. Margret Seemann, SPD: Das wollte ich auch sagen. – Annegrit Koburger, PDS: Von wegen Rehberg, Stoiber und Co!)

Wir haben gestern im Bundeskabinett ein neues Krankenpflegegesetz verabschiedet. Es basiert auf Ideen von dieser rot-grünen Bundesregierung.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Warten Sie ab! Warten Sie ab!

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Die Ideen dafür gibt es seit 1985. Und die CDU und Blüm und alle haben es nicht geschafft, aber gestern ist es verabschiedet worden.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS und einzelnen Abgeordneten der SPD)

Es hat gedauert, aber es geht vorwärts in diesem Bereich. Deshalb, meine ich, muss die CDU hier ganz schön leise sein.

(Heiterkeit bei Nils Albrecht, CDU: Gut, dass die PDS mitregiert! – Barbara Borchardt, PDS: Das ist wohl wahr. – Nils Albrecht, CDU: Jaja. – Barbara Borchardt, PDS: Sonst sähe es ganz anders aus, Herr Albrecht. – Nils Albrecht, CDU: Jaja.)

Ich war davon ausgegangen, dass es im Pflegebereich noch Nachwuchs und Umgeschulte genug gibt.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Aber die Bereitschaft, in Mecklenburg-Vorpommern tätig zu werden, ist angesichts der besseren Verdienstmöglichkeiten in den alten Bundesländern nicht sehr ausgeprägt.

(Harry Glawe, CDU: So ist es.)

Hier muss Abhilfe geschaffen werden, denn immer mehr Ältere, die Leistungen bedürfen, stellen steigende Anforderungen.

Der Kinder- und Jugendhilfebereich ist seit Jahren mit geringer werdenden Zahlen von zu Betreuenden, mit zu Fördernden konfrontiert. Im Kita-Bereich liegt im Sozialministerium für das Jahr 2000 eine detaillierte Erfassung der Altersstruktur der Beschäftigten vor. Sie belegt das Vermutete: wenig junge Erzieherinnen, normale Altersabgänge, aber spätestens in zehn Jahren scheiden überproportional viele Erzieherinnen aus. Deshalb sagte ich eingangs Generationenwechsel heute, bei anderen morgen. Das war nicht einfach lax dahergesagt,

(Harry Glawe, CDU: Da haben Sie auch Recht.)